🍲Versalzen🍲

Jins Sicht

Ich weiß nicht, wie man es nennen soll, aber ich war auf jeden Fall viel mehr als nur verliebt.
Besessen wäre vielleicht der passenste Ausdruck.
Alles an ihm war nämlich einfach perfekt. Seine Augen, seine Haare, sein Lächeln, bei dem seine süßen Grübchen hervortraten, der Klang seiner Stimme, seine Lippen, seine Tollpatschigkeit. Ich könnte tausende weitere Dinge aufzählen. Selbst die Art wie er sich an der Nase kratzte fand ich absolut wundervoll.
Ich war glücklich, solange er glücklich war und wenn er traurig war, fühlte ich ebenfalls Schmerz.
Dabei kannten wir uns noch gar nicht so lange. Er arbeitete erst seit zwei Wochen in dem kleinen Gasthaus, wo ich gefühlt mein halbes Leben verbrachte.
Und trotzdem waren meine Gefühle für den Blondhaarigen innerhalb weniger Tage immer stärker geworden.
Gesagt hatte ich ihm das alles allerdings noch nicht. Das würde ich niemals schaffen, dafür war ich einfach viel zu schüchtern.
Wahrscheinlich erwiderte er meine Gefühle sowieso nicht.
Aber wenn doch, würden wir vielleicht irgendwann heiraten, Zwillinge adoptieren und einen Hund haben namens...
Meine Gedankengänge wurden von einem lauten Scheppern unterbrochen und ich musste automatisch lächeln. Das klang ganz eindeutig nach Namjoon und sein folgendes Fluchen bestätigte mich in meinem Verdacht.
"Verdammt!", klang es aus dem Nebenraum von einer wunderschönen Stimme und ich seufzte leise.
Dann hörte ich Lara kichern. "Namjoon, das war heute schon das dritte Glas. Wie machst du das nur?", fragte sie und der Angesprochene seufzte nur frustriert.
Ich rührte die Suppe, die ich gerade kochte noch einmal um und ging dann durch eine Tür in den Abstellraum neben der großen Küche, um den beiden beim Einsammeln der Scherben zu helfen.
Sie waren auch schon eifrig dabei, versuchten es allerdings mit ihren Händen.
"Hey, nehmt lieber das hier, sonst schneidet ihr euch noch", sagte ich schnell und hielt ihnen eine Kehrschaufel und einen Besen hin.
"Zu spät", zischte Namjoon und betrachtete einen kleinen Schnitt an seinem Finger, aus dem dunkelrotes Blut quoll.
Lara lächelte. "Komm, ich mach das hier fertig und du kümmerst dich um Namjoons Wunde", wandte sie sich an mich und zwinkerte mir unauffällig zu.
Lara war wie eine Schwester für mich geworden und da sie auch noch ausgesprochen hartnäckig ist, hatte ich ihr von meinen Gefühlen für den Blondhaarigen erzählt. Seitdem versuchte sie immer wieder mich dazu zu kriegen, ihm diese zu gestehen.
Bisher jedoch erfolglos.
"Okay, komm mit", sagte ich zu Namjoon und versuchte meine Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen. Er sollte bloß nicht merken, wie nervös ich war.
Wir gingen durch die Küche in den Flur, der zum Hinterausgang führte, den die Angestellten benutzten. Hier hing ein Erste-Hilfe-Kasten an der Wand, den ich vorsichtig aus seiner Halterung nahm und öffnete.
Ich holte eine Packung mit Pflastern heraus und drehte mich zu Namjoon um.
Dieser stand noch immer an derselben Stelle und schien mich zu beobachten. Ein leichtes Lächeln umspielte seine wunderschönen Lippen, während sein Blick über mein ganzes Gesicht wanderte, von meinen Augen bis zum Kinn und wieder zurück.
Ich legte meinen Kopf leicht schief und schaute ihn ebenfalls an.
"Alles okay?", fragte ich und musste mir ein Grinsen verkneifen, als er bei meinen Worten stark zusammenzuckte und einige Male blinzelte.
"Äh...was?", fragte er leicht verwirrt und ich kicherte.
"In was für einer Traumwelt warst du denn gerade?", fragte ich, während ich die Packung in meiner Hand öffnete.
"In einer mit dir", antwortete er gedankenverloren und ich stockte mitten in meiner Bewegung.
"W-wie bitte?", krächzte ich leicht geschockt und Namjoon starrte mich erschrocken an.
"Was? Hab ich das laut gesagt? Ich meine natürlich, wie wir zusammen...kochen. Ja, weil ich es mag mit dir zu kochen", stammelte er herum und setzte ein schiefes Lächeln auf.
"Ah okay", meinte ich einfach nur. Kochen also.
Namjoon wusste nicht, wie traurig mich diese Aussage machte.
War doch klar, dass er keine Gefühle für mich hatte. Wir waren einfach nur Kollegen, die gerne gemeinsam arbeiteten. Warum hatte ich mir überhaupt Hoffnungen gemacht?
Ich wusste ja nicht mal, ob er schwul war.
"Ähm...kann ich jetzt ein Pflaster?", fragte mein Gegenüber zaghaft und ich schüttelte kurz verwirrt meinen Kopf, bevor ich umso kräftiger nickte und eines aus der Packung nahm. Ich zog die kleinen Papierstreifen, die zum Schutz dienten ab und sah den Blondhaarigen abwartend an.
Unsere Blicke trafen sich und ich verlor mich sofort in seinen dunklen Augen. Erwähnte ich schon, dass diese wunderschön waren?
Einen Moment herrschte Schweigen, bis er sich räusperte und mir seinen Finger hinhielt.
Widerwillig löste ich mich von seinen Augen und klebte ihm behutsam das Pflaster auf die Wunde. Dabei berührten sich unsere Hände ganz leicht und ich bekam eine Gänsehaut.
"Danke", sagte Namjoon, nachdem ich ihn fertig 'verarztet' hatte und wir räumten den Erste-Hilfe-Kasten wieder auf.
"Jiiinnn!", kam es plötzlich aus der Küche.
"Was ist?", fragte ich.
"Deine Suppe brennt gleich an!", warnte mich Lara und ich lief schnell zurück in die Küche.
Ich ging zum Herd und drehte die Temperatur etwas runter.
Dann ging ich zum Schrank mit den Gewürzen.
"Und?", fragte mich Lara neugierig, die in meiner Nähe stand und Gemüse schnitt. Dabei warf sie einen vielsagenden Blick in Richtung Namjoon, der mir in die Küche gefolgt war und nun einige Teller aus einem Regal holte.
"Was und?", gab ich leicht trotzig von mir. "Nix und. Er mag es, mit mir zu kochen".
"Na das ist doch schon mal ein Anfang", grinste Lara. Dieses Mädchen ließ sich echt von nichts die Zuversicht nehmen.
Kopfschüttelnd wandte ich mich wieder den Gewürzen zu. Ich entschied mich für Salz, Pfeffer, Petersilie und etwas Chili.
Damit ging ich zurück zu meinem Topf, als plötzlich ein breit grinsender Rotschopf in der Küchentür auftauchte.
"Dreimal Kimchi!", trällerte er und wedelte mit seinem Tablett herum.
"Ist gleich soweit", gab ich dem Kellner als Antwort.
"Hoseok!", ertönte es in diesem Moment aus dem vorderen Bereich des Gasthauses und Angesprochener drehte sich in die entsprechende Richtung. "Was ist?", fragte er.
"Wir brauchen dich! Tisch 7 hat fünfmal Sprite bestellt!"
"Uh Sprite. Ich komme!", antwortete Hoseok und verschwand aus meinem Blickfeld.
Dafür tauchte jedoch Namjoon darin auf. Wieder einmal war ich völlig gefesselt von seiner Schönheit. Ich beobachtete ihn bei jeder seiner Bewegungen, die alle so elegant wirkten. Kaum zu glauben, dass er so ein großer Tollpatsch ist. Im Moment sah er bei dem, was er tat, total sicher aus.
"Du starrst schon wieder", hauchte mir plötzlich jemand ins Ohr, weshalb ich zusammenzuckte und der grinsenden Lara einen wütenden Blick zuwarf.
"Gar nicht war", grummelte ich beleidigt und schaltete den Herd aus. Dann holte ich drei Schüsseln und befüllte jede mit Suppe. Obendrauf kam noch ein Blatt Petersilie und fertig.
Zufrieden betrachtete ich mein Werk, als auch schon ein anderer Kellner die Küche betrat. "Ist die Kimchi-"
"Ja", unterbrach ich Taehyung und winkte ihn zu mir.
Er kam rüber und hielt mir breit grinsend sein Tablett entgegen.
Meine Kollegen waren alle so fröhliche Leute, das ist vielleicht auch ein Grund, warum ich so gerne hier arbeitete.
Ich lächelte zurück und stellte die Schüsseln vorsichtig auf das Tablett. Taehyung bedankte sich und verschwand wieder.
Ich ging in den Nebenraum und holte eine Packung Fleisch aus dem Kühlfach. Während ich dieses in einer Pfanne briet, stand Namjoon neben mir und schnitt Gemüse.
Hatte ich schon mal erwähnt, wie wunderschön er war? Bei allem, was er tat?
Plötzlich hörte man einen lauten Schrei aus dem vorderen Bereich, wo die Gäste saßen. Dann ein starkes Husten. Irgendjemand beschwerte sich lautstark über etwas.
Lara, Namjoon und ich hielten in unserem Tun inne und blickten uns verwirrt an.
Plötzlich kam Jungkook, ebenfalls ein Kellner, in den Raum gestürmt und griff eilig nach einigen Wasserflaschen, die auf der Anrichte standen.
"Jungkook, was ist denn los?", fragte Lara und Jungkook atmete genervt aus.
"Das Essen ist völlig versalzen und die Gäste sind alle total sauer", seufzte er.
"Bringt mal bitte Brot mit!", rief er noch, bevor er die Küche wieder verließ.
Lara, Namjoon und ich folgten ihm überfordert und Namjoon nahm auch noch einen kleinen Korb mit Brot mit.
In der Gaststube herrschte das totale Chaos. Irgendein Mann diskutierte mit Taehyung und sah sehr wütend aus. Jungkook verteilte das Wasser an einige Tische und Hoseok und Jimin liefen herum und entschuldigten sich bei den Gästen.
Namjoon machte sich schnell daran, das Brot zu verteilen und Lara holte weitere Körbe aus der Küche, während ich einfach nur nutzlos herumstand.
Schuldgefühle kamen auf, als mir bewusst wurde, dass ich die Kimchi gekocht hatte. Also hatte ich sie auch versalzen. Doch wann war das passiert?
Ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich das Salz an die Suppe gemacht hatte. Seltsam.

🍲🍲🍲

Als die Gäste sich wieder beruhigt hatten, gingen wir alle zurück in die Küche.
Und da wartete schon jemand auf uns...
"Also, wer hat das Essen versalzen?!", rief der Mann mit den mintgrünen Haaren uns wütend entgegen. Es war Yoongi, der Besitzer dieses Gasthauses. Eigentlich ein sehr gutherziger Mann, nur leider ziemlich leicht reizbar.
Wir standen alle in der Küche und es herrschte betretenes Schweigen. Yoongi verschränkte die Arme. "Ich höre?"
Langsam ging ich einen Schritt nach vorn.
"Ich habe...die Kimchi gekocht", sagte ich kleinlaut. "Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dort Salz reingetan zu haben", fügte ich schnell hinzu.
Plötzlich vernahm ich hinter mir ein Kichern. Verwirrt drehte ich mich um. Es war Lara.
"Was ist so lustig?", fragte ich sie und hob die Augenbrauen.
Lara kam zu mir, legte mir einen Arm um die Schultern und schaute dann breit lächelnd zu Yoongi.
"Ich weiß, warum unser lieber Jin die Suppe versalzen hat", sagte sie. "Kennt ihr nicht diesen Klassiker: Wenn das Essen versalzen ist, ist der Koch verliebt".
Alle starrten mich überrascht an und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden.
"Du bist verliebt?", fragte Namjoon nochmal nach. Das hatte noch gefehlt, dass ausgerechnet er mich das fragte. Ich sah in diesem Moment sicher aus wie eine der Tomaten, die Namjoon vorhin noch geschnitten hatte, als ich schüchtern nickte.
Lara zog mich zu Namjoon herüber und legte auch ihm einen Arm um die Schultern.
"So", sagte sie feierlich, "ihr klärt das jetzt. Also Namjoon, Jin wird dir gleich etwas sagen und dann küsst du ihn bitte, denn wenn du es nicht tust, komm ich und trete dir in deinen Arsch. Aber dann wäre er nicht mehr so hübsch und Jin würde ihn nicht mehr durchgängig anstarren, von daher küsst du ihn lieber einfach".
Bei jedem nächsten Satz, der Laras Mund verließ, wurde ich noch eine Spur röter und schaute überall hin außer in Namjoons Gesicht.
Hinter uns hörte ich Jimin, Taehyung, Jungkook und Hoseok herzlich lachen, während ich einfach nur im Boden versinken wollte vor lauter Peinlichkeit.
Lara schob uns beide in den Nebenraum und schloss die Tür hinter uns.
"Vermassel es nicht!", hörte ich sie noch rufen und war mir in diesem Moment nicht sicher, ob sie es zu mir oder zu Namjoon sagte.
Schnell versteckte ich mein feuerrotes Gesicht in meinen Händen und senkte den Blick.
Doch Namjoon nahm meine Handgelenke und zog meine Hände wieder weg, weshalb ich überrascht zu ihm aufschaute. Direkt in seine wunderschönen Augen, in denen ich mich sofort verlor.
Ein sanftes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er sagte: "Schön zu wissen, dass du meine Gefühle erwiderst".
Und eh ich richtig begreifen konnte, was er da gerade gesagt hatte, lagen seine Lippen schon auf meinen.
Oh mein Gott.
Er küsste mich.
Ach du heilige Scheiße, er küsste mich!
Und wie er das tat!
Ich hatte schon immer gewusst, dass das mit den Schmetterlingen im Bauch völliger Blödsinn war. Es fühlte sich eher so an, als würde ein riesiges Feuerwerk in mir explodieren. Es war einfach ein unbeschreiblich schönes Gefühl.
Überglücklich vergrub ich meine Hände in Namjoons weichem Haar und er legte seine auf meine Wangen. Ich hätte quietschen können, so glücklich war ich gerade.
Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten wir uns wieder und ich schaute in Namjoons glänzende Augen. Ich begann zu lächeln und er erwiderte es.
"Sag mal, hast du heute Abend schon was vor?", fragte er grinsend und ich begann zu lachen.
"Nein, noch nicht", antwortete ich genauso breit grinsend.
"Nun ja...jetzt schon", meinte Namjoon und ich nickte glücklich.
Wenn das Liebe war, dann war es das schönste Gefühl auf der ganzen Welt.

🍲End🍲

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