▪️Wieder Teil von etwas▪️

Nachdem Jenny verschwunden ist, verändert sich die Atmosphäre zwischen den drei Männern merklich. Sie diente bislang als Überbrückung zwischen Rick und den beiden Cousins, ohne sie ist die Spannung den anderen gegenüber deutlich spürbar. Rick weiß, erneut auf sich selbst gestellt nicht, wie er mit den anderen umgehen soll. Er fühlt sich nicht so ganz wohl in seiner Haut.

Sie machen sich langsam auf den Weg zu Lyda, hüllen sich dabei jedoch in Schweigen. Unwillkürlich liegt Ricks Augenmerk deshalb mehr auf seiner Umgebung. Er kann nicht anders, als das verschlafene nächtliche Kay mit dem Lager zu vergleichen.

Er ist es nicht gewohnt, von sich zu erzählen. Jenny gegenüber kam ihm das wie eine Erleichterung vor, ein Von-der-Seele-reden. Erst als er begonnen hatte, seine Geschichte mit ihr zu teilen, wurde ihm klar, wie gut ihm das tat. Nachdem jetzt auch Ariu und Lukka über ihn Bescheid wissen, fühlt er sich jedoch seltsam hohl und verletzlich. Bei Jenny wusste er, woran er ist, er hat von Beginn an eine Bindung zu ihr gefühlt. Rick wollte sich ihr anvertrauen, er fand sich bei ihr gut aufgehoben. Die beiden Cousins erscheinen ihm jedoch noch fremd.

Fast wünscht er sich wieder in die Einsamkeit seiner Suche zurück. Das war das, was er kannte. Zwar war er alleine, aber er wusste immer, woran er war. Er musste nur mit sich selbst auskommen. In der Zelle, mit Jenny, war es in Ordnung. Sie erschien ihm als der richtige Wiedereinstieg in das Leben mit anderen. Ohne sie, dafür aber mit Lukka und Ariu, fühlt Rick sich seltsam überfordert und unruhig. Es drängt ihn danach, aus diesem Dorf, aus dem Unbekannten und vor dem Kommenden zu fliehen. Aber er hat seine Entscheidung getroffen, und er wird sie mit der gleichen Beharrlichkeit verfolgen wie auch seine Suche.

Als Lukka ihn leicht in die Seite stupst, fährt er zusammen und geht instinktiv auf Abstand. Das freundliche, beruhigende Lächeln, dass der andere ihm dennoch unbeirrt schenkt, verwirrt ihn noch mehr.

"Wir müssen da entlang, Rick."

Er wendet sich in die Ricktung, die Lukka ihm weist, in eine breitere Straße, an der er eigentlich schnellstmöglich vorbeigehen wollte. Ariu sieht ihn forschend an.

"Wir sind bald da, ist nicht mehr weit."

Wieder Lukka.

Versucht er, ein Gespräch zu starten?

Stockend nickt er, bevor sich die Dreiergruppe erneut in Bewegung setzt. Wieder schweigend, aber Rick spürt ab und an den Blick der anderen auf sich.

Wenige Meter von einem etwas eigentümlich aussehenden Haus entfernt bleiben Ariu und Lukka stehen und ziehen Rick tiefer in den Schatten der umgebenden Gebäude.

Ariu tauscht mit seinem Cousin einen kurzen Blick, dann wendet er sich auch Rick zu.

"Wartet kurz."

Er verschwindet leise in Richtung des Hauses, das augenscheinlich Lyda gehört und lässt Rick alleine mit Lukka zurück. Rick folgt ihm mit dem Blick und sucht gleichzeitig etwas, womit er auch seine Gedanken festhalten kann. In ihm steigt langsam Ärger darüber auf, wie angespannt er ist. Wieder zuckt er zurück, als er Lukkas Hand auf seinem Arm spürt.

"Hey. Du kannst dich entspannen. Wirklich."

Rick wendet seine Augen von Ariu ab und sieht Lukka ins Gesicht. Bei dem Wort "entspannen" überkommt ihn fast ein automatisches Lächeln. Das erscheint ihm gerade so absurd. Trotzdem weiß er Lukkas Worte zu schätzen und versucht, sich ein wenig zusammenzureißen.

Einsam in der Wildnis herumzustreifen ist kein Problem, aber anschließend normal mit jemandem zu reden...?

"Mach dir nicht zu viele Gedanken. Wir kriegen das schon irgendwie hin. Ariu kundschaftet die Lage aus, und dann gehen wir da rein. Ein Schritt nach dem anderen. Wir haben das gemeinsam vor, ja?" Wieder grinst ihn der andere kurz an.
"Du gehörst jetzt erstmal zu uns."

Rick merkt erst, dass er Lukka wohl etwas seltsam anstarrt, als dieser leise zu Lachen beginnt und ihm einen Klaps auf die Schulter gibt. Er zieht den Kopf ein wenig ein, aber diesmal erwidert er ein leichtes Lächeln. Lukka scheint es ehrlich zu meinen. Rick ist, zumindest für den Moment, wieder Teil einer Gruppe.
Egal, wie gut sie einander kennen oder eben nicht, aktuell gehört er dazu.

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