▪️Verräter▪️
Seit Stunden ist Rick langweilig.
So langweilig war ihm selbst in den ersten Wochen seiner Suche nicht.
Er hockt in seinem Versteck, beobachtet das Dorf und seine Beine schlafen langsam ein. Rick verändert seine Position, bewegt seine Beine, aber viel mehr kann er nicht tun.
Mit einem Mal horcht er auf.
War da nicht was?
Kopfschüttelnd lehnt er sich wieder zurück, doch dann hört er es erneut.
Stimmen.
Stimmen, die er kennt.
"Diese Kinder! Dümmer geht's ja gar nicht! Denken die ernsthaft, die Anführer ließen sie einfach so entkommen? Noch dazu haben sie mit ihrem Wagen unübersehbare Spuren hinterlassen!"
Rick will der Name des Mannes, der eben gesprochen hat, nicht mehr einfallen.
Aber er hat einige Situationen im Kopf, in denen er diesem im Lager gegenüberstand.
Und, wenn ihn nicht alles täuscht, ist er in Begleitung von seinen drei Kumpanen.
Die Stimme des Mannes kommt von links hinter ihm und Rick duckt sich tiefer in die Büsche.
Eine andere Stimme wirft ein:
"Na, jetzt sind die Spuren doch gar nicht mehr zu sehen. Bei dem Sauwetter!"
Sauwetter?, denkt Rick verwundert.
Er schaut an sich herab und betrachtet die Büsche vor sich. Alles ist triefnass, was ihm bisher noch nicht aufgefallen war. Rick schüttelt den Kopf über sich selbst.
"Sei still! Ist doch auch egal. Wir haben das Dorf gefunden und jetzt bekommen wir eine fette Belohnung von den Anführern", meldet sich die erste Stimme wieder zu Wort.
Rick wollen die Namen der vier Männer einfach nicht mehr einfallen, obwohl er sein Gedächtnis von vorne bis hinten danach durchforstet.
"Also ich weiß ja nicht. Schau dir doch mal das Dorf an, ich meine, unser ganzes Lager gegen das mickrige Häufchen Stein da, findet ihr das nicht auch einen eher... ungleichen Kampf? Das ist ja, wie wenn ein Elefant auf eine Schildkröte tritt!
Die Anführer und die anderen machen die doch platt wie nichts! Und was hat das dann gebracht?"
"Halt's Maul!" Die erste Stimme bellt die dritte an.
"Sei lieber leise! Oder willst du, dass die uns hören?"
Der vierte Mann meldet sich schüchtern zu Wort, Rick kann sich vorstellen, wie er auf die Wachen am Eingang des Dorfes zeigt.
Die Stimmen zwei, drei und vier scheinen nicht ganz so erpicht darauf zu sein, die Lage dieses Dorfes an die Anführer weiterzugeben wie Stimme eins. Nummer eins wirkt sehr entschlossen.
"Ich geh jetzt. Macht ihr, was ihr wollt, aber ich hau ab und geb den Anführern Bescheid, dass ich das Dorf gefunden habe. Wenn ihr nicht mitwollt, kann ich ja sagen, ihr seid unterwegs verdurstet."
Stimme eins lacht laut auf. Das ist anscheinend seine Vorstellung von Humor.
"Egou, nun warte doch mal!"
Rick hört das Knacken von Ästen und das Rascheln von Büschen, dann vernimmt er noch die rufende Stimme von Mann Nummer eins: "Hahahahaha! Ich hab das Dorf früher gefunden als diese Lusche Rick, die erst noch neulich angekrochen kam und um Essen, Trinken und einen Schlafplatz gebettelt hat!"
Noch mehr Knacken und Rascheln, dann hört Rick erst einmal nichts mehr. Er vermutet, das Egou gegangen ist.
Rick kocht vor Wut. Wenn Egou wüsste, dass er ganz in der Nähe ist!
"Der spinnt doch! So ein Verräter!" Stimme drei empört sich.
"Hey!" Der zweite Mann schreit Egou hinterher. Am liebsten würde Rick aus seinem Versteck springen und ihm den Mund zuhalten.
Merkt der denn nicht, dass er gerade im Begriff ist, sich und seine Begleiter zu verraten?, denkt er erschrocken.
Das ist dem vierten Mann wohl auch gerade aufgegangen. Rick nimmt an, dass der eine den anderen Mann irgendwie zum Schweigen bringen will, auf jeden Fall hört man ein lautes Krachen und Knacken, als beide in einen großen Busch kippen.
Rick macht sich so klein wie möglich und kriecht so tief es nur geht ins Gebüsch hinein. Gerade als er versucht, mit dem Baum neben sich zu verschmelzen, sieht er durch einen Spalt zwischen den Ästen, dass die Wachen nicht mehr auf ihren Posten am Eingang zum Dorf stehen.
Er hört ein ersticktes Schluchzen und vermutet, dass es von Mann vier kommt.
Dann geht alles ganz schnell.
Rick hört die Rufe und Schreie der Wachsoldaten und die ängstlichen und verärgerten Laute der drei Männer aus dem Lager. Die Wachen rufen sich gegenseitig Anweisungen zu und schreien die Männer an. Aber anscheinend wird den Leuten aus dem Lager keine Gewalt zugefügt. Jedenfalls hört Rick keine Schmerzenschreie, als die Männer schließlich festgenommen werden. Die Soldaten aus dem Dorf haben keine Ahnung davon, dass sie nur drei Viertel des Suchtrupps festgenommen haben, schießt es Rick durch den Kopf.
Er überlegt, dass die Wachen, wären sie grausam und auf Kämpfe aus, wie es ihm ehemals eingetrichtert wurde, die Männer einfach mit ihren Gewehren abknallen würden. Die Anführer, die Soldaten und Wachen aus dem Lager würden das so machen.
Und Rick hat gesehen, dass die Wachsoldaten des Dorfes Gewehre haben. An mangelnder Ausrüstung kann die fehlende Brutalität also nicht liegen.
Die Rufe der Wachen und Männer aus dem Lager versteht Rick nicht. Er versucht allerdings auch nicht, aus dem Wörterwirrwarr irgendetwas herauszuhören, denn es interessiert ihn nicht wirklich.
Das Einzige, was er laut und deutlich hört, ist:
"Kev, bleib du da! Such das umliegende Gelände nach weiteren Eindringlingen ab!"
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