15. Ein tödliches Spiel

Verzweiflung- Während seine Tochter in einem Krankenhausbett auf ihr Ende wartete, verlor der kluge Mann seinen Verstand. Tag und Nacht verbrachte er in seinem Labor und experimentierte mit dem Serum. Er glaubte darin ein Heilmittel für seine Tochter gefunden zu haben. Die mutierten und toten Nagetiere bewiesen ihm das Gegenteil. Etwas fehlte, eine Entscheidende Zutat.

Ava ließ sich ziehen und ignorierte dabei Josefas scharfe Nägel, die sich unangenehm in ihren Arm bohrten. Unter keinen Umständen würde sie es der alten Frau einfacher machen, sie zu Hieronim zu bringen. "Beweg dich Mädchen.", knurrte Josefa und zog härter. Ava stolperte ein paar Schritte nach vorne, fing sich wieder und sah ihre Treiberin wütend an. "Du musst nicht so ziehen!", zischte sie und machte sich noch schwerer. Angestrengt stöhnte die Alte.

"Du willst dich nur rausreden. Aber für deine Sünden musst du büßen entweder in zehn Minuten oder in einer Stunde. Langsam gehen wird dich nicht retten." Ava verdrehte die Augen und sagte nichts. Die Sonne war mittlerweile aufgegangen und die meisten Bewohner des Dorfes begannen ihre Arbeit zu verrichten. Ava spürte die neugierigen Blicke und streckte stur das Kinn hervor.

Sie hatte nichts falsch gemacht und egal was Josefa glaubte, sie schämte sich nicht dafür William zu lieben oder mit ihm intim zu sein. Seufzend machte Josefa halt und lockerte ihren Griff, um sich über den schmerzenden Rücken zu streichen. Mitleidlos verschränkte Ava die Arme.

"Mina.", der ungewohnte Name kam aus dem Mund einer Bekannten. Magda lächelte ihr freundlich zu und warf Josefa einen fragenden Blick zu. Schulterzuckend erwiderte Ava das Lächeln und zeigte in die Richtung von Peters Haus. Wenn William ihm die Bilder gezeigt hatte, würde er sicher gleich mit Magda sprechen und einen Plan für Hieronims Bloßstellung erarbeiten wollen.

Ava konnte es nicht erwarten, Hieronim in einer kleinen, hoffentlich dreckigen Gefängniszelle sitzen zu sehen. Die junge Frau ihr gegenüber nickte und winkte ihr zu Abschied. "Warum hast du sie zu Peters Haus geschickt?", fragte Josefa sie misstrauisch, doch Ava ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.

"Jemand muss den Männern doch das Frühstück machen." "Hm, da hast du wohl recht." Ihre Antwort schien Josefa zu genügen. Erneut krallte sie sich Avas Arm und zog sie weiter. Die Kirche tauchte vor ihnen auf. Im hellen Licht der Morgensonne, schien das dunkle Holz zu glühen. Josefa drehte sich zu ihr um und hob einen Finger. "Du wirst ihm respektvoll gegenübertreten."

"Natürlich."

"Keine unhöflichen Antworten und sei ehrlich. Er wird wissen, wenn du lügst." "Das würde ich nie wagen.", log Ava mit ruhiger Miene. Josefa verengte die Augen und öffnete die Kirchentore. "Ich habe dich im Blick." "Ich weiß." Selbstsicher trat Ava ein und spürte sofort, dass es in der Kirche wärmer war als draußen. Dankbar rieb sie sich ihre verschwitzen Arme und öffnete das Haar. Zerzaust wie es war, versuchte sie schnell einen Zopf zu flechten, um zumindest halbwegs passabel auszusehen.

"Josefa bist du das?", hörten sie Hieronim sagen und aus einer Tür im hinteren Bereich der Kirche kommen. Offenbar gab es einen Hinterraum für Vorbereitungen. Sein skeptischer Blick flog über sie und blieb schließlich auf Josefa haften. "Hieronim. Ich muss dir eine Beobachtung melden."

"Eine Beobachtung?" Er kam näher. Sein dünner Körper war in eine schwarze Robe gekleidet, die Hände waren hinter seinem Rücken verborgen. Josefa nickte eifrig. "Ich habe wie versprochen auf sie aufgepasst, aber als ich schlief, hat das Mädchen den Jungen verführt! Ich habe sie zusammen gesehen und-"

"-das ist nicht der Ort für so ein Gespräch.", unterbrach Hieronim mit einem kalten Lächeln. Schwungvoll drehte er sich um und erwartete wohl, dass sie ihm folgten. Nacheinander traten sie in das Hinterzimmer der Kirche. Ein kleiner schmuckloser Raum mit einer Bank, einem Schreibtisch und einem hüfthohen Bücherregal. Fenster gab es keines und die Schlößer an der Tür, verursachten Ava ein mulmiges Gefühl.

"Setzt euch.", befahl der alte Mann und nahm selbst am Schreibtischsessel Platz. Josefa drückte Ava auf die gepolsterte Bank. Die Hände faltend beugte Hieronim sich vor. "Erzähl es mir von Anfang an, Josefa. Was ist geschehen?" Josefa rückte etwas nach vorne und begann etwas schuldig. "Ich...ich bin im Wohnzimmer eingeschlafen. Auf der Bank. Peter muss aus Höflichkeit den Fremden eines der Zimmer gegeben haben. Aber dann bin ich mitten in der Nacht aufgewacht. Ich glaube, es war ein Zeichen Gottes."

Oder ihrer vollen Blase, dachte Ava und lehnte sich weiter in die kuscheligen Polster. "Ich bin dann zu Sebs Zimmer gegangen und hab hineingesehen. Da hab ich sie gefunden. Mina und Liam sind zusammen im Bett gelegen. Nackt!" Bei dem Wort wanderten Hieronims Augen über Avas Körper. Angewidert verschränkte sie die Arme vor der Brust.

Ein Fehler, ziemlich offensichtlich hafteten seine Augen einige Sekunden auf ihrem versteckten Dekolleté. Mit einem wütenden Zug um den Mund wandte er sich Josefa zu. "Sie haben sich der fleischlichen Sünde hingegeben? Unter deinem Dach? Josefa, das ist nicht hinnehmbar. Und das obwohl ich dir befohlen habe, auf sie aufzupassen. Sie ist jung und dumm. Die Hormone in jungen Mädchen machen sie unfähig gute Entscheidungen zu treffen. Deshalb müssen wir sie lenken."

Ava schnaubte zornig. "Hast du etwas dazu zu sagen?" Hieronims Augenbrauen berührten fast seine Haarlinie. Nickend ignorierte sie Josefas harten Blick. "Ja. Ich bin nicht dumm und ich weiß genau was ich getan habe. Es war meine Entscheidung, die Nacht mit ihm zu verbringen." "Du hast deine Ehre damit besudelt. Welcher Mann wird dich, eine lüsterne Hure noch haben wollen.", rief der Priester empört auf.

"Liam, er will mich. Wir sind ein Paar und nichts was wir tun geht euch irgendetwas an." "Ein Paar? Das ich nicht lache. Was hast du dir im Gegenzug erwartet? Geld, Schmuck? Hat Josefa recht und du bist eine teuflische Verführerin, die in unserer Mitte nur Unruhe bringen wird."

Was? Verwirrt versuchte Ava seine Logik zu verstehen. Josefa schien voll durchzublicken und gab dem Priester mit jedem Wort recht. "Ich wusste gleich, dass man ihr nicht trauen kann. Und heute Morgen hat sie es wieder getan. Vor Peters Haus. Unsere Kinder hätten diese Schweinerei sehen können!", ereiferte sie sich und raufte ihre weißen Haare.

"In aller Öffentlichkeit? Das geht zu weit." "Vielleicht hätten wir es besser in einem Keller tun sollen. Tief unter der Erde hört man die Schreie nicht.", unterbracht Ava und sah ihn vielsagend an. Hieronim verengte die Augen. "Josefa, lass uns allein."

"Aber Herr-" "-Jetzt! Warte vor der Tür." Widerwillig stand die Alte auf und öffnete die Tür. Ein letztes Mal warf sie Ava einen angewiderten Blick zu, dann waren es nur noch der Priester und sie. Einige Sekunden betrachtete der heilige Mann sie, als hätte er sie nie zuvor gesehen. Seine taxierenden Augen tasteten jeden Zentimeter ihrer verhüllten Haut ab.

"So so, du willst also in einem Keller genommen werden?" "Ich weiß, was du in Starybol versteckst. Unter der Kirche.", Ava blieb ruhig. Sie beide wussten, worauf sie anspielte. Es erschien ihr dumm, doch sie wollte den Grund für seine Taten kennen. Hieronim nickte langsam. "Ein Archiv." "Eine Folterkammer. Die Matratze und die Eisenketten sind Beweis genug."

Mit blitzender Neugierde in den Augen lächelte er ihr leicht zu. Woher nahm er diese Ruhe?, fragte sie sich und begann nervös zu werden. "Und was denkst du was da unten passiert?" "Du..du vergewaltigst Kinder.", stammelte sie unsicher über sein kühles Selbstbewusstsein. Hieronim lachte leise und strich über die Lehne seines Sessels.

"Ach wirklich. Ist es das was deine verdrehte Logik dir in deinem beschränkten Glauben weißmachen will. Ach Mädchen. Ich würde einem Kind, doch niemals etwas antun." Ava schluckte hart und ballte die Fäuste. Sie wusste was sie gesehen, was Milo ihr gezeigt hatte. "Ich habe die Bilder gesehen. Die Bilder von all den Mädchen in deiner Gefangenschaft."

"Du warst also wirklich da unten. Wie hast du es geschafft mein Schloss zu knacken. Na egal. Du hast keine Ahnung was du gefunden hast. Diese Angelegenheit geht über deinen Horizont hinaus." "Über meinen...was für einen anderen Grund könntest du haben, um diese Bilder und diesen Keller zu haben? Wie erklärst du das alles?"

"Dir? Gar nicht. Das geht nur mich und meine Lieblinge etwas an." Übelkeit rumorte in ihrem Magen als sie ihn diese Worte aussprechen hörte. "Lieblinge? Nennst du so die unschuldigen Kinder, denen du Gewalt antust?" Hieronim zuckte gelassen mit den Schultern. "Diese Mädchen wollten unsere Beziehung. Sie haben sich mir aufgedrängt. Mich verführt. Was hätte ich dagegen tun sollen?"

Ungläubig riss Ava die Augen auf. Das konnte unmöglich sein Ernst sein. "Rechtfertigst du so, die Vergewaltigung kleiner Mädchen? Sie haben dich verführt?" "Natürlich haben sie das! Ich weiß, ich hätte stärker sein müssen. Ich bin ein guter Mensch, gottesfürchtig, aber diese Mädchen. Du hast keine Ahnung wie vielen Avancen ich ausweiche, aber einigen konnte ich nicht widerstehen. Sie alle wollten was wir in diesem Keller getan haben. Ihre Augen haben >Ja, bitte< gesagt."

Perplex blinzelte Ava und schrie ihm dann entgegen. "Ihre Augen? Ihre Augen haben ja gesagt?", Wut kochte in ihrem Herzen, die Fotos kreisten durch ihren Verstand, "und was haben ihre Stimmen geschrien? War ihr Schreien um Hilfe nicht eindeutig? Ihr verängstigtes Weinen?" Hieronim winkte abfällig ab.

"Teil unseres Spieles. Alle meine Partnerinnen haben unsere Zeit mehr als genossen. Du siehst, nichts was du gefunden hast deutet auf eine Vergewaltigung hin. Was für ein hässliches Wort." "Das waren Kinder! Sie waren NICHT deine Partner. Du hast ihnen Gewalt angetan. Du warst es, der in der handelnden Rolle war. Nicht sie.", rief sie verzweifelt.

Es erschien ihr vollkommen falsch ihm diese simple Tatsache erklären zu müssen. Wie konnte ein Erwachsener diesen Unterschied nicht verstehen? Hieronim schnaubte und mit verengten Augen rückte er seinen Sessel näher, bis ihre Beine sich schließlich berührten und sie die Poren auf seinem gealterten Gesicht erkennen konnte.

Der plötzliche Kontakt erschreckte sie. Zielstrebig suchte seine Hand nach ihrer Wange. Allein der Gedanke, er könne sie berühren ließ sie angeekelt ausweichen.  Hieronim ließ seine Hand senken, seinen Gesichtsausdruck konnte sie nicht deuten. "Du musst deine Gefühle nicht verstecken. Ich verstehe."

"Was? Was verstehst du?" Lächelnd legte er den Kopf schief. "Deine Eifersucht. Deine Verwirrung über die Anziehung zwischen uns. Viele meiner Partnerinnen haben ebenso empfunden. Du musst dich für deine Anziehung nicht schämen, auch ich habe sie gefühlt. Du erinnerst mich so sehr an eine alte Freundin. Sie war wunderschön, jung und etwas ganz Besonderes."

Er redete von Georgette, schoss es ihr durch den Kopf, gefolgt von bitterer Wut. Ihre Mutter war zu einem Monster geworden. Sie hatte in diesem Keller, unter ihm sich selbst verloren. "Wer war sie?", hörte sie sich heiser fragen und genießerisch strich Hieronim über seine Brust, unter der ein mörderisches Herz schlug.

"Ania. Sie war die erste mit der ich das Vergnügen in seiner reinsten Form teilte. Niemand vorher hat mich so berührt wie sie und wenn ich ehrlich bin, auch niemand nach ihr. Aber vielleicht bist du anders. Vielleicht bist du auch etwas Besonderes.", er beugte sich nach vorne, " willst du wissen, was wir zusammen in diesem Keller tun werden? Ich kann es dir genau erzählen, vielleicht lindert das deine Ungeduld."

"Nein. Kein Wort. Ich will nichts von dir hören.", krächzte sie entsetzt über seine Nähe. Hieronim lächelte. "Da ist wieder dieses süße Nein. Aber deine Augen sagen Ja. Hat dein Freund dich letzte Nacht nicht befriedigt? Er sieht nicht nach einem guten Liebhaber aus. Bei mir wird es dir besser gehen."

"Nein. Ich werde jetzt gehen.", stürmisch versuchte sie aufzustehen. Ihr einziger Wunsch war es weit weg von diesem Monster zu sein. Seine Hand packte sie erschreckend schnell und zog sie kräftig zurück auf die Bank. Hieronim stand auf und sah drohend auf sie herab. "Lass unser Spiel beginnen.", wisperte er und warf sich auf sie.

Erstaunlich stark für sein Alter, presste er Ava in die Polster und raffte seine Roben über seine Beine. Verschafften etwas Freiheit, dass sie niemals hatte sehen wollen. Seine Hände wanderten über ihren Körper, betatschten Orte, die zuvor nur William berührt hatte.

Ava versuchte schockiert die Situation zu erfassen, herauszufinden was auf ihr, mit ihr geschah. Alles ging so schnell und ihr Verstand schien in Zeitlupe zu arbeiten. Irgendwie hatte sie erwartet, die Fotos seiner Opfer hätten sie vorbereitet, oder ihr zumindest eine Idee von dieser Art Lage gegeben, aber alles woran sie denken konnte, war, dass er das nicht tun konnte.

Hieronim konnte ihr nicht einfach wehtun. Das Ganze war doch unsinnig. Er lag schwer auf ihr und sein fauler Atem strich über ihr Gesicht. Er küsste sie, jeden Zentimeter Haut, den er finden konnte, bedeckte er mit seinen kalten Lippen. Ava wimmerte ängstlich. Ihre Furcht und Panik pulsierten durch jede Zelle ihres erstarrten Körpers.

"Oh, Mädchen, du wirst mir schmecken.", hörte sie Hieronim an ihrer Halsbeuge atemlos stöhnen. Er wollte sie fressen. Er würde sie fressen. Mit Haut und Haaren würde er sie verschlingen wie zuvor ihre Mutter, wie all die anderen Kinder in diesem Keller. Wenn sie nichts unternahm, wäre ihr Schicksal besiegelt. Sich langsam aus ihrer Erstarrung lösend begann sie ihre Arme zu bewegen. Sie drückte ihn weg, presste ihre Beine zusammen, schrie und kratze.

"Ja, wehr dich nur. Ich weiß du willst es. Ich kann es sehen. Jetzt fängt der Spaß erst an." "Runter von mir, du Monster!" Ihre Worte wurden mit einem gehässigen Lachen quittiert. "Du gehörst mir.", mit einem Ratsch zerriss er ihre Strumpfhose und drückte ihre Beine auseinander. Das war zu viel. Ava schrie und drang in seinen Kopf ein. Sie sah all die Kinder, die bereits unter ihm gelegen hatten, sah ihre Hilflosigkeit und erkannte, dass sie anders war. Sie war weder ein Kind noch hilflos.

Sie konnte sich wehren, sie würde sich wehren. Sie gab der kalten Wut in ihrem Herzen nach. Telekinese nutzend warf sie ihn von sich und mit einem lauten Krachen landete er vor der Tür am Boden. Seine Stirn zeigte eine leichte Platzwunde von der Türklinke. Stöhnend hielt er sich den Kopf. Ava wartete nicht darauf, dass er wieder zu sich kam.

Sie wollte weg...weit weg. Hastig stand sie auf und zog den alten, verwirrten Mann von der Tür. Josefa wartete davor und versuchte sie am Fliehen zu hindern. "Du musst beichten und büßen.", schrie die Alte und zehrte an Avas Shirt. "Dieser Mann ist Abschaum. Das musst du doch sehen." "Er hat uns vor Georgette gerettet." "Nachdem er sie erschaffen hat. Wach auf Josefa! Oder seine Kontrolle wird auch Peter zerstören." Sie nahm Josefa an den Händen und drückte diese von sich. Da war etwas in ihrem Blick, als wüsste Josefa etwas, dass sie niemals hatte wissen wollen.

Mit zitternden Gliedern ließ sie die alte Frau vor der Kammer ihres Herren stehen und rannte aus der Kirche. Hinter sich hörte sie Josefa schreien. Sie hatte Hieronim gefunden. Die Konsequenzen dieses Morgens würden sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Avas einziger Gedanke war William. In diesem Moment brauchte sie ihn wie die Luft zum Atmen. Wie von Sinnen rannte sie durch das Dorf zu Peters Haus. Unaufhörlich liefen Tränen über ihre Wangen.

Egal wie oft sie sie wegwischte, es kamen einfach immer neue nach. Hektisch klopfte sie an Peters Haustür. "William...William...", schluchzend lehnte sie sich an das Holz. Es war leicht warm von den Sonnenstrahlen. Ihr war so furchtbar kalt und bebend erkannte sie die Anzeichen für Schock. Sie stand unter Schock. Die Tür öffnete sich, doch statt William stand Peter im Türrahmen und betrachtete sie unschlüssig.

"Was ist-", weiter kam er nicht. William drängte sich an ihm vorbei und zog sie in seine Arme. Sein starker, warmer Körper umschloss sie sanft. Nur Seb schien geistesgegenwärtig genug um sowohl William als auch sie in das Haus zu ziehen und die Tür hinter ihnen zu verriegeln. Ava sank zu Boden, hielt sich weinend an William fest. Er strich zärtlich über ihr Haar.

"Was ist passiert?", stammelte Peter neben ihnen fassungslos. Seb schüttelte den Kopf und holte eine Decke, um sie zu bedecken. Kopfschüttelnd lehnte Ava ab und biss die Zähne zusammen. Sie musste William einiges erklären. "Was hat er getan?", die Wut in seinen Augen beruhigte sie. Egal was passiert war, er würde an ihrer Seite stehen.

"Ich hab nein gesagt, das musst du mir glauben. Ich hab nein gesagt." "Und ihm war das egal.", er knurrte zornig, "ich werde ihn umbringen." "Das hab ich vielleicht schon." "Du hast was?", rief Peter dazwischen und fasste sie bei den Schultern. William war augenblicklich zwischen ihnen und stellte sich beschützend vor sie. Verwundert über sein Verhalten stand sie auf. "William?" "Ist das dein echter Name? William?", fragend hob Peter die Augenbrauen.

"Das geht dich nichts mehr an.", grummelte William und legte einen Arm um ihre Schultern. Der Körperkontakt half ihr, besänftigte ihre strapazierten Nerven. Neugierig suchte sie Peters Blick. "Du weißt es? William hat dir alles erzählt?" "Ja." Sein Gesicht war traurig.

"Und Peter hat eine Entscheidung getroffen. Er wird Hieronim nicht anzeigen. Er wird nichts unternehmen, um dieses Monster unschädlich zu machen." Das erklärte Williams beschützende Geste. Sein Vertrauen in Peter war zerstört. Der junge Mann senkte den Kopf und atmete langsam aus.

"Es ist kompliziert." "Das ist es immer.", erwiderte sie enttäuscht. Sie hatte zu viel erwartet und das war dumm von ihr gewesen. Die Menschheit war nicht ehrlich oder gut. Ihr ganzes Leben über hatten die Leute um sie herum, ihr genau das bewiesen, aber William hatte ihr Hoffnung gegeben. Nun mussten sie beide mit den zerstörten Erwartungen leben.

"Lebt Hieronim noch?" Peters Frage zielte auf mehr ab. Er würde ihr einen Mord zutrauen. Etwas das er ihr noch gestern niemals zugetraut hätte. Ava schluckte hart und wischte sich eine Träne von der Wange. Peter wusste wer ihre Mutter war und behandelte sie dementsprechend. Sie konnte die Furcht in ihm spüren, Furcht vor ihr.

"Ja, als ich weggerannt bin, lebte er noch." "Es tut mir leid...was auch immer er dir angetan hat." "Klar. Wir sollten gehen. Hieronim wird uns bestrafen wollen, wenn wir länger hierbleiben." Nickend reichte William ihr ihren Rucksack. "Wir haben, wofür wir nach Starybol gekommen sind. Den Rest finden wir auch noch raus.", wisperte er ihr zu, die Augen voller Liebe und Sorge um ihre Gesundheit.

Ava schwor sich den Rest des Tages in seinen Armen zu verbringen. Das plötzliche Ertönen einer Sirene ließ sie alle zusammenzucken. Peter und Seb sahen einander alarmiert an. "Was hat das zu bedeuten?", schrie William über den schrillen Alarm. Peter wartete, bis die Sirene verstummt war, bevor er antwortete. Mit sorgenvoller Miene sah er aus dem Fenster im Wohnzimmer.

"Ein gemeinschaftlicher Ruhetag. Wir dürfen nicht raus und müssen den Tag mit Selbstreflexion verbringen, bis am Ende des Tages eine Messe stattfindet. Hieronim ordnet diese Ruhetage nur sehr selten an, aber dann aus gutem Grund. Jeder der sich draußen aufhält wird von der Gemeinde verstoßen. Ich weiß nicht, wie er bei euch reagieren wird."

"Wir können nicht hierbleiben.", leicht panisch trat Ava zu ihm ans Fenster. Überall wurden Türen und Fenster verschlossen. Das Dorf vergrub sich. "Ich glaube nicht, dass wir eine Wahl haben.", meinte William ärgerlich und sah zwei große Männer mit Waffen vor Peters Haus Stellung beziehen.

Anmerkung der Autorin: endlich Weihnachten! Frohe Festtage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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