verlorene Göttin
Kapitel 29:
Erik versuchte aufzustehen, doch eine unsichtbare Kraft fixierte seine Knochen auf den Boden und machte es ihm unmöglich sich zu bewegen. Dennoch kämpfte er bis seine Knochen barsten und in Sekundenschnelle wieder zusammen wuchsen.
Janiyana. Er musste zu ihr, er konnte nicht zulassen, dass ihr etwas passierte und dass ihr etwas passieren würde, stand außer Frage. Wie der Stoß einer Dampflokomotive spürte er die pure Bösartigkeit in kleinen Wellen gegen seine Obsidianschilde schlagen, sodass diese Risse bekamen. Das sollte nicht passieren. Eriks Schilde, die sich aus diesem schwarzen Sternenmeer geformt hatten, um ihn zu schützen, hatten selbst bei Marius' Angriff keinerlei Schaden genommen. Doch nun erbebten sie unter der absurden Kraft direkt vor ihm.
Das helle Licht, das das Zimmer erfüllte war so rein und klar, dass er kurz glaubte sein Gefühl müsste ihn täuschen. Wie konnte etwas so helled, so klares nur so böse sein? Der Teil seines Verstandes, der noch immer aus menschlichen Erfahrungen geprägt war, konnte es nicht wirklich begreifen - das schwarze etwas in ihm allerdings sofort. Und es sagte ihm, dass er sich nicht täuschen lassen durfte und Janiyana um jeden Preis beschützen musste.
Instinktiv griff er nach dem Band, das seinen Verstand mit dem ihren verband und zog so kräftig daran, dass es normalerweise gerissen wäre. Doch es hatte sich verändert. Erik bemerkte nur am Rande wie aus dem einst dünnen Faden, den jeder Vampir mit seinem Erschaffer verband, sofern dieser einer der Ersten war, miteinander teilten, ein Armdickes Band war, das diese Bezeichnung nun endlich auch verdiente. Doch es blieb keine Zeit sich darüber zu wundern, er schob das schwarze Meer zu ihr herüber ohne darauf Rücksicht zu nehmen wie es um seine eigenen Schilde gestellt war und befahl dem schwarzen etwas sich um Janiyanas' Verstand zu verhärten.
Doch kurz bevor er sie erreichen konnte, war da plötzlich eine zierliche Mädchenhand, die sich mit unendlicher Kraft in seinen Hals bohrte. Ein Kind, keine zehn Jahre alt und doch mit so viel Wissen in den eiskalten Augen, dass er glaubte in ein fernes Universum zu schauen.
„Du. Es wäre so einfach diese Hülle endlich zu vernichten, nicht wahr, mein Kind? Aber wo bliebe dann das Vergnügen dir dabei zuzusehen, wie du abermals hinter ihr her rennst, wie ein alleingelassener herrenloser Köter? Also, wie ging dieses Spiel nochmal, wo man etwas versteckt und du musst es suchen? Ach ja. Du zählst bis hundert und machst die Augen zu, damit ich ein Vorsprung habe. Nicht schummeln!"
Mit diesen absurden Worten, grinste das Kind, lachte verkommen und ließ ihn los. Während das Meer ins Nichts fasste. Kurz erstarrte er, war wie paralysiert, tastete noch einmal, doch das Wasser verschwand mit demselben Ergebnis. Da war nichts.
Er brüllte.
Erik schrie voller Zorn und Trauer, als hätte man ihm abermals seine Seele gestohlen. Es tat körperlich weh, als er mit dem Geist nach Janiyana tastete und statt ihrer vertrauten Aura nur eine trostlose Leere zu fassen bekam. Es war, als hätte man ihm ein Körperteil abgetrennt und es war schlimmer als damals, als sie zum ersten Mal entführt worden war. Das Wasser in seinem Inneren schäumte vor Wut, schlug riesige Wellen in seinem Verstand und ließ die Obsidianschilde zerspringen wie dünnes Glas, während Erik die Wut ins Unsiversum herausbrüllte
Er schrie.
Selbst noch, als sich das blendende Licht legte und das Zimmer wieder erkennbar wurde, als er aufhören konnte sich selbst die Knochen zu brechen, um sich bewegen zu können. Ohne jede Anmut rappelte er sich auf, stürmte ins Zimmer und begann damit die Möbel umzuwerfen und zu zerstören, um – nach was auch immer – zu suchen. Nach ihr. Nach Janiyana. Doch da war nichts, bis auf sein hämmerndes Herz und das Tosen in seinem Geist.
Als seine Suche erfolglos blieb und sich die Glut vor seinem inneren Auge immer noch nicht gelegt hatte, mischte sich auch Trauer darunter. Er brüllte wieder auf, zerschmetterte fast eine Wand als er darauf einschlug und fiel dann voller Verzweiflung auf die Knie.
Sich selbst vor dem Schmerz schützend, wurde das Meer zu einer absolut ebenen Oberfläche, als würde sich Eis auf dem Wasser bilden und schloss sich selbst ein. Wie ein verzweifeltes Kind.
Sie war weg.
Janiyana war weg. Schon wieder.
Man hatte sie ihm weggenommen. Schon wieder.
Und er hatte keine Ahnung wie er sie nun finden sollte.
Aber eines wusste er genau: Er würde es nicht überleben. Das Band, das diese Bezeichnung endlich verdiente, verlief ins Leere und würde reißen. Früher oder später würde es verkümmern, wenn er nicht in ihre Nähe sein konnte. Er wusste es, er spürte es und er ahnte, dass dies sein Tod bedeuten würde. Das Meer, das sonst seinen Selbsterhaltungstrieb am Leben hielt, ihm Kraft und Hoffnung gab, war verstört und verwirrt wegen des Fehlens ihres Geistes und da es nichts gab, was seine Gefühle ertrug – er selbst konnte diese Leere nicht ertragen – beschloss er es nach außen zu tragen. Was auch immer das bedeuten möge.
Und irgendwo, unendlich weit entfernt, erlosch ein Stern. Zerstört durch eine Macht, die niemals hätte entfesselt werden dürfen. Er implodierte, ganz plötzlich ohne Grund und hinterließ ein kleines, schwarzes Ungetüm, dass alles Licht in sich hineinzog, das alles verschlang.
Das Licht hatte ihm etwas genommen und nun würde er dieses Licht in sich einsaugen, in diese Leere ziehen, die Janiyanas Geist hinterlassen hatte. Und das Meer wusste, dass dies nicht im übertragenen Sinne gemeint war.
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