Die Angst, Erik zu verlieren

  Kapitel 23

Janiyana drehte sich einmal um ihre eigene Achse und breitete ihre mentalen Fühler aus. Da war nichts. Weder sein Geist noch der von irgendeinem anderen. Ihre Telekinese sollte diese natürliche Gabe ihrer Spezies eigentlich so weit verstärken, dass sie auch Wesen hören sollte, die sie nicht selbst erschaffen hatte. Doch da war gar nichts.
Weil Marius alle in diesem Haus abschotte.
Frustriert und außer sich vor Wut stürmte Janiyana durch die Gänge und Flure des Palazzos um einen der Diener habhaft zu werden, aus dem sie herausquetschen konnte was sie wissen wollte.
„Sie sind weg. Du wirst sie nicht finden." ,erhob sich Marius Stimme hinter ihr und sie presste die Zähne aufeinander, um ihm nicht sofort an die Gurgel zu gehen. Ihr war es egal, ob er nun noch sehr viel Mächtiger war als sie. Sie würde ihn dafür büßen lassen, wenn er Erik auch nur ein Haar krümmte!
„Wenn du ihm etwas antust, werde ich Melody zerfleischen und dir ihre Überreste als Geschenk aufs Kopfkissen legen." Das war keine leere Drohung. Sie würde alles was er liebte niederbrennen. Ihn unendlich lange leiden lassen. Das schien auch Marius klar zu werden, denn er runzelte tatsächlich verwundert die Stirn, als sie sich mit geballten Fäusten zu ihm herumdrehte.
„Vorsichtig, Schwester. Das würdest du nicht wagen.", knurrte er ernst zurück. Seine Gelassenheit war verschwunden, wie immer, wenn jemand drohte Melody etwas anzutun.
„Ich mag schwach sein und ich werde Jahrzehnte brauchen um eine Gelegenheit zu finden, aber sei dir sicher: Einen kurzen Moment der Unachtsamkeit von dir und deine lieblings Dienerin ist Geschichte." Seien goldenen Augen verdunkelten sich und wurden fast schwarz.
In Gegensatz zu ihr konnten ihre Brüder es sich erlauben zu lieben und auch wenn Marius selbst es immer leugnete: Melody hatte es ihm mehr als nur angetan. Sie war stets die Einzige Konstante in seinen Leben gewesen. Egal wie oft er auch Höfe, Länder und Mätressen gewechselt hatten. Sie hatte er nie gehen lassen, er liebte sie und auch wenn Janiyana die stumme Dienerin immer sehr süß gefunden hatte: Sie würde sie gnadenlos hinrichten, um Erik zu rächen.
„Sie hat damit gar nichts zu tun!"
„Genauso wenig wie Erik. Er weiß nichts. Er hat bereits die Leute hingerichtet, die mit meiner Entführung etwas zu tun hatten. Glaubst du nicht, er hätte sich nicht selbst darüber Jahrhunderte den Kopf zermartert, was in dieser Nacht passiert ist?"
Marius baute sich vor ihr bedrohlich auf und sein Gesicht hätte ihr Angst einjagen sollen, doch es gab etwas, was sie mehr fürchtete: Erik zu verlieren.
„Ich bin mir sogar sehr sicher, dass er sich an vieles nicht erinnern kann. Er war wie ein wild gewordenes Tier und hat einen Unsterblichen nach den anderen massakriert. Ob nun begründet oder nicht. Wenn er etwas gesehen oder gehört hat, das uns weiter helfen könnte, erfahren wir es nur, wenn ich seinen Verstand auseinander nehme."
Sie knurrte. Ihre Telekinese entwand sich ihrer Kontrolle und sie hörte, wie die alten Dachbalken unter ihrer Wut knarrten. Es war ihr egal. Selbst wenn er etwas wusste, würde sie es nicht zulassen.
„Seh' dich doch an Schwester. Der Barbar geht dir viel zu nahe. Du stehst vor mir und bedrohst Melody seinetwegen. Du magst sie und du würdest niemals einen solchen Krieg mit mir vom Zaun brechen, wegen irgendeines Mannes. Ich bin dein Bruder. Ich will dich beschützen. Sein Tod kann uns dabei helfen und dabei ein offensichtliches Risiko beseitigt werden. Er muss sterben. Du darfst dich nicht verlieben."
„NEIN!"
Janiyana ließ ihre Wut freien Lauf. Sie wollte diesen Blödsinn nicht hören. Würde niemals zulassen, dass Erik etwas passierte. Würde dafür die Welt in Brand setzten und auf alles andere scheißen.
Ihre Telekinese brach wie eine Flutwelle über Marius hinein. Der war auf die Wucht so unvorbereitet, dass er nicht verhindern konnte, dass die Mauern an dem Haus begannen instabil zu werden und die ganze Stadt unter der Wucht ihrer Wut erzitterte.
Maya spürte, wie er mit seiner Kraft begann die tragenden Wände des Palazzos zu stützen und nutzte die Gelegenheit, um wovon ihm wegzukommen und weiter zu suchen. Sie suchte etwas, was darauf hindeuten konnte, wo genau Eriks ich befand, irgendetwas dass...

Sie fiel.
Janiyana war so abgelenkt von ihrer eigenen Verzweiflung, dass sie nicht merkte, wie die Steine unter ihr nachgab und sie mitsamt des Bodens in ein darunter liegendes Gewölbe stützte. Mist, wie unachtsam von ihr. Sie zog einen Fuß aus dem Schutt und blinzelte um den Stab von ihren Wimper zu vertreiben. Sie hatte dem Haus mehr zugesetzt als ihr lieb gewesen war.
Doch der Schreck half. Sie konnte wieder halbwegs klar denken und systematisch vorgehen. Marius Abschirmung hatte versagt, sie spürte seinen Geist...direkt vor ihr.
Ungeachtet ihrer Verletzungen, die mit Sicherheit jeden Moment verheilen würden stürzte sie den Gang entlang und entdeckte Erik in einer unverschlossenen Zelle.
Gefesselt an einen Stuhl. Es hätte so leicht sein können. Doch bevor sie auch nur eine der Metallstangen erreichte konnte, wurde ihr Körper zurückgerissen und gegen die Mauer gepresste. Marius hielt sie fest und schaltete mit wenigen schnellen Schlägen gegen ihre eigenen psychischen Blockaden ihre Telekinese aus.
„Eines Tages wirst du mir dafür danken." Dann begann Erik zu schreien und sie konnte nichts für ihn tun. Ihr Körper stand unter der Zwang-Fähigkeit ihres Bruders und nun durfte live dabei zusehen, wie der Verstand des einzigen Mannes, denn sie je wirklich so etwas wie Liebe entgegenbringen konnte, Stück für Stück auseinander genommen wurde.  


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