5 Jahre später IV
Es passierte alles, wie in Zeitlupe.
Mein Pfeil schoss knapp einen millimeter an der Kugel vorbei, die direkt auf mich zu flog.
Etwas packte meinen Knöchel, doch ich nahm es kaum wahr.
Mein Blick war auf das klitze kleine Stück Metall geheftet, dass jeden Moment dirket zwischen meine Augen treffen würde.
Die Welt drehte sich und einen Moment glaubte ich, ich wäre tod.
Doch wenn ich tot wäre, würde ich doch keinen Boden sehen, oder?
Langsam richtete ich mich auf.
Vor mir sah ich erst Peeta, der besorgt zu mir eilte.
Dann nahm ich Gale wahr, dessen Finger meinen Knöchel umfassten.
"Katniss, ist alles okay?", fragte Peeta besorgt und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht.
"Ja", antwortete ich. "Alles gut."
"Und, vertraust du mir jetzt?", fragte Gale, der sich gegen die Wand gelehnt hatte.
"Wieso sollte ich?! Diese psychopathischen Mörder gehen auf deine Kosten!", fuhr ich ihn an.
"Naja, ich habe dir gerade das Leben gerettet."
Ich beachtete ihn nicht weiter.
Und bedanken werde ich mich auch nicht.
Schließlich ist es alles seine Schuld.
"Peeta, du schießt gleich ein paar mal aus der Tür in Richtung Westen.", startete ich meinen Plan. "Ich gehe zur Hintertür raus und erschieße diesen Mistkerl."
Peeta nickte und half mir aufzustehen.
Gale hockte als einziger noch auf dem Boden, mitten in seinem Blut.
Sein Gesicht hatte die ungefähre Farbe der Tapete hinter ihm angenommen - gräulich bis gelb.
"Pass auf dich auf.", flüsterte Peeta noch, als ich mich umdrehte.
"Immer doch.", antwortete ich gelassen und schenkte ihm ein lächeln.
Die Hintertür war verschlossen und ich musste erst den Schlüssel unter der Fußmatte hervorholen.
Ich lugte durch einen kleinen Spalt.
Die Luft war rein. Niemand zu sehen.
Ich trat einen Schritt vor. Dann noch einen.
Als ich nicht erschossen wurde, dachte ich, es wäre keiner der Schützen in der nähe.
Dies dachte ich zumindest, bis mir von hinten eine Hand auf den Mund gepresst wurde etwas scharfes an meine Kehle gehalten wurde.
"Na, wie gehts denn so?", fragte eine mir unbekannte, raue, tiefe Stimme, die mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Ich spannte ganz langsam den Bogen, in der hoffnung, dieser Kyle - ich vermutete zumindest, dass er es war - würde es nicht bemerken.
Und ich behielt Recht.
Während er seinen Atem in meinen Nacken pustete, hob ich den linken Fuß und trat ihm mit voller Wucht in die schwachstelle jedes Mannes.
Er fluchte und lockerte den Griff um das Messer.
Sofort wandte ich mich aus seinen Armen und richtete den Bogen auf ihn.
"Bitte, ich möchte nicht sterben.", wimmerte er.
Sein Gesicht war schmal und von hellbraunen, zertausten Haaren umrahmt.
Seine Augen, die in einer anderen Situation vielleicht grün gestrahlt hätten, wirkten wie erloschene Flammen.
Und er zitterte.
"Ich werde dich nicht umbringen, wenn du dein Messer auf den Boden legst und genau hier Stehen bleibst, bis ich wiederkomme!" Meine Stimme klang hart und kühl und ich war davon selbst überrascht.
Er nickte eifrig, ließ sein langes Messer fallen und kickte es mit dem Fuß in meine Richtung.
Ich hob es rasch auf und steckte es in den Bund meiner Hose.
Wer weiß, wofür es noch nützlich ist...
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