Unerkannt
Schon wieder wurden meine Augen verbunden und Jeff nahm mich Huckepack. War das eigentlich deren ernst? Seit MEHR als EINEN MONAT war ich nun schon hier und die glauben immer noch das ich ohne weiteres fliehen werde. Jeff schien es zu genießen mich zu tragen, da er genau wusste wie unangenehm es mir ist.
,,Vergiss bitte nicht dich dieses mal richtig festzuhalten Kätzchen, ich habe kein Bock dich wieder großartig suchen zu müssen.“
Sollte ich aus Protest und um ihn zu ärgern extra loslassen? Anders verdient hat er es nämlich nicht...
Doch er schien meinen Gedanken erfasst zu haben, denn mit einen ruck war ich nicht mehr auf seinen Rücken, sondern lag in seinen Armen.
,, Ich glaube es ist besser wenn ich dich festhalte, wir wollen ja nicht das dir was passiert.“ Er drückt mich fester gegen sich und kurz danach reist er mir meine Augenbinde vom Kopf.
Ich blinzle einige Male um mich ans Licht zu gewöhnen. ,,Ich habe mir das reisen durch die zwei Welten schon letztes Mal ein wenig, ich weiß nicht, anders vorgestellt? Das man bemerkt wenn man rüber zu einer anderen Welt schreitet. Ich meine wir durchqueren das Raum-Zeit-Kontinuum.“
Jeff lässt mich runter, hält mich aber noch immer in den Armen. ,,Würdest du es besser finden, wenn dir dabei schlecht werden würde oder schwindelig oder was auch immer?“
,, Natürlich nicht und du weißt bestimmt was ich meine!“ Ich reiße mich aus seinen Armen, nicht weil ich seine Nähe nicht mochte, nein, sondern weil ich die Umgebung betrachten wollte.
,, Warum sind wir hier? Ich dachte wir wollten in einen Laden und glaub mir, hier in der Gegend findest du keine Boutique.“ Sage ich nach einer Zeit des Schweigens. Der Himmel wird von einer schier endlosen grauen Wolkendecke bedeckt, die Bäume vom Wald zu unserer linken haben schon alle fast keine Blätter mehr und der Asphalt hat Risse von Knospen wie eh und je. Aber nicht das ist was meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht, nein, denn es ist ein großes Backsteinhaus was ich nicht aufhören kann anzustarren.
,, Weiß ich doch, nen Laden suchen wir auch erst auf wenn es wieder dunkel geworden ist. Und du wolltest deine Eltern doch wieder sehen oder?“ Er sieht zu Boden, spricht mit einer monotonen Stimme und hebt seine Schultern ein wenig, während er redet.
Ich schlinge meine Arme um seinen Körper und drücke meinen Kopf in seinen pinken Hoodie. (Sein letzten weißen Hoodie hat Sally in der vergangen Nacht gestohlen und mit einer Schere Löcher rein geschnitten) und murmle in den Stoff hinein: ,,Danke Jeff.“
,, Du solltest jetzt rein gehen. Ich warte hier auf dich.“
,, Willst du nicht mit kommen?“ Ich schaue zu ihm hoch.
Er lacht. ,,Klar. Ich glaube deine Eltern wären ja auch so begeistert das du mit einen Typen wie mir abhängst. Aber keine Sorge, ich bleibe bei dir in der nähe.“
,, Vielleicht hast du recht …“ Ich lächle ihm nochmal zu und gehe dann Richtung Haus.
,, Ach Kate! Hier, vergesse die nicht. Ich glaube deine Eltern werden sich schon wundern warum du auf einmal rote Augen hast.“
Ich selbst beruhige meinen Atem. Was soll ich bloß sagen, wenn sie mir die Tür öffnen? Ich meine … ich war weg, meine Eltern wissen nicht wo ich war, warum ich mich nicht gemeldet habe … Oh man! Das ist doch einfach alles so kompliziert!
Mit zittriger Hand klopfe ich an die dunkel braune Lacktür, da die Klingel seid bestimmt schon einen halben Jahr nicht mehr funktioniert. Von drinnen ist Getrampel zu hören, ich presse meine Lippen zusammen und blicke noch einmal kurz über meine Schulter. Jeff ist weg.
Im nächsten Moment wird die Tür aufgerissen, eine Frau im mittleren Alter, mit dunkel blonden Haaren steht davor.
,, Mum.“, bringe ich gerade so zu stande, da ich danach sofort meine Stimme verliere.
,, Entschuldigung, aber kann ich ihnen helfen?“ Meine Mutter starrt mich an als wäre ich ein Geist, als ob sie … mich nicht kennen würde.
,, Mum, ich bin es, Kate.“, versuche ich ruhig zu sagen. Sie zieht ihre Augenbrauen hoch, verschränkt ihre Arme vor der Brust, sieht mich skeptisch an.
,, Ich hatte mal eine Tochter Namens Kate. Also bitte, schonen sie meine Nerven und nennen sie mich nicht 'Mum'.“ Ihre Stimme klingt mir fremd, nicht so wie sie sonst immer mit mir geredet hat.
,, Aber … aber ich bin es doch. Deine Tochter. Erkennst du mich etwa nicht?“ All mein Mut entweicht mir. Was ist hier nur los?
,,Schatz, wer ist denn da vor der Tür?“, ertönt nun eine männliche Stimme. Mein Vater.
,, Jemand der behauptet unsere Tochter zu sein.“
Nun eilt auch mein Vater zur Tür. Einen kurzen Augenblick glaube ich in seinen braunen Augen, die ich von ihm geerbt habe, etwas aufblitzen zu sehen. Das er mich erkennt, mich in die Arme nimmt.
Doch dann schüttelt er seinen Kopf, tränen treten ihn in die Augen und seine Stimme ist hart: ,,Wir haben keine Tochter mehr.“ Auch Mum´s Augen werden nun feucht.
,, Schären Sie sich mit ihren schlechten Scherzen sonst wo hin, aber reißen Sie nicht weiter unsere Wunden auf. Einen schönen Tag noch.“ Und die Tür wird mir direkt vor meiner Nase zugeknallt.
Mit langsamen Schritten entferne ich mich von der Tür. Was war das gerade eben?
Ich höre jemanden Atem. Ein Atem der immer schneller und lauter wird, kein halten kennt. Mein Atem.
Und dann laufe ich.
Renne zur linken in den Wald, vorbei an all den Bäumen die ich schon aus meinen Kinder Jahren kenne. An denen so viele Erinnerungen stecken, Erinnerungen unter anderem mit meinen Eltern.
,,Wir haben keine Tochter mehr.“ Was meinte mein Vater damit? Haben sie mich vergessen?
Schneller. Ich muss schneller rennen.
Immer mehr Bäume fallen hinter mir zurück, immer schneller renne ich. Ich stoppe erst als ich falle. Falle auf den Boden direkt unter meinen Füßen. Dann kommen die Tränen. Erst dann spüre ich so richtig den Schmerz. Die Menschen die mich aufgezogen haben erinnern sich nicht mehr an mich, oder erkennen mich jedenfalls nicht mehr. Menschen die ich so sehr liebe.
Ich ziehe meine Beine an meine Brust, sitze so da und vergrabe mein Gesicht in meine Knie. Lasse meinen Tränen freien lauf, so auch all meine Gedanken und Gefühlen, die mich überrollen, viel zu viele sind auf einmal.
,, Sie erkennen mich nicht, erkennen mich nicht.“, höre ich mich selbst vor mich hin nuscheln.
Dann legt sich eine warme Hand auf meine Schulter und ich fahre schnell herum.
Jeff.
,, Es … es tut mir so leid Kate.“, seine Augen zeigen wirklich Mitgefühl. Ich schüttle seine Hand von meiner Schulter. ,,Ich will nicht darüber reden.“
,, Kate es ist … es ...“
,, Jeff. NEIN. Sei einfach leise.“ Ich weiß das meine Stimme zu hart ist, aber es ist mir egal.
Dann stehe ich auf, will einfach das er mich von hier wegbringt, doch dann realisiere ich erst wo meine Füße mich hin getragen haben.
Die Lichtung auf die Jeff mich das erste mal gejagt hat. Da wo alles anfing.
,, Wenn ich das mit deinen Eltern gewusst hätte, hätte ich dich nicht hier hergebracht. Es tut mir leid und ich kann verstehen wenn du sauer bist.“
Schnell drehe ich mich zu ihm um.
,, Ich habe dir gesagt du sollst leise sein! Du bist doch erst Schuld daran! DU und deine SCHEI? FREUNDE! Jetzt kommst du damit an das es dir leid tut, aber weißt du was? Wegen dir ist doch die ganze Scheiße! Meine Eltern erkennen mich nicht mehr, meine Freunde, oh Gott, ich will gar nicht wissen wie die reagieren!
Meinst du MICH hat jemand gefragt? Wie ich mich fühle?! NEIN!
Niemals hat jemand mich gefragt! Geschweige denn ob ich überhaupt in deine BESCHISSENDE WELT wollte! NEIN, ich wollte NICHT! Hatte ich eine Wahl? NEIN! Oh Gott und jetzt kommst du an mit es tut mir leid? Weißt du was? DU KANNST MICH MAL!“, fange ich an zu schreien und zu weinen und zu schluchzen. Ich selbst denke überhaupt nicht über die Worte nach, sie sind einfach da.
,, Kate...“
,, Nein!“
,, Na schön! Okay ich habe es kapiert! Du willst dein normales Leben! Ohne mich und ohne die anderen! Schön! Aber wo willst du jetzt hin? Kate, du kannst hier nicht bleiben, du musst mit mir mitkommen!“
Wieder kommt er auf mich zu.
,, Aber Kate ...“, seine Stimme ist wieder ruhiger, ,,Wenn es dir so viel bedeutet … Ich .. Ich werde einen Weg finden. Einen Weg das du wieder hier Leben kannst … Das du dein normales Leben wieder bekommst.“
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