6 - kaum Antworten, nur Fragen
Als ich erwache, liege ich wieder im gleichem Bett, des gleichen Zimmers.
Jeff's Zimmer.
Die Fenster sind verdunkelt, kein Licht kommt hindurch, sodass ich nicht sehen kann, ob es noch Nacht oder schon Tag ist. Eine Decke wärmt mich, sie ist weich und es ist angenehm, sich nicht ganz so nackt zu fühlen.
Dann fangen meine Gedanken an, sich zu überschlagen. Jeff sollte mich doch umbringen? Aber ... ich lebe.
Und ich habe mit Ben und Jeff geflirtet ... Ich habe die beiden angeschnurrt und sie ... förmlich abgeschleckt ...
Vertieft in den Peinlichkeiten, bemerke ich erst jetzt, dass ich noch das gleiche schwarze, knappe und verdammt Sexy geschnittene Teil wie Zuvor trage. Mit wackeligen Beinen stehe ich auf und ziehe die Tür des großen Kleiderschrankes auf, in dem ich schon meine Leggings und mein weißes Sweatshirt gesehen habe. Schnell schlüpfe ich in die Klamotten und tapse auf Zehenspitzen zur Tür. Vorsichtig öffne ich sie und spicke durch einen kleinen Spalt. Der Flur ist leer.
Haben die ein Badezimmer? Und wenn ja, wo ist es? Meine Blase wird es nicht mehr lange ohne Probleme aushalten ...
Unsicher trete ich aus den Raum aus und betrachte die vielen Türen. Wie viele Bewohner hat das Haus? Den Türen zu Urteilen, sind es bestimmt mehr als Zehn.
Das betätigen einer Spülung lässt mich aufhorchen. Ich bin mir sicher, dass es aus der Linken Richtung kommt und mein Blick schnellt dorthin.
Soll ich mich verstecken?
Aber ... ich will es nicht.
Wie angewurzelt bleibe ich inmitten des Flures stehen und fixiere die Tür, die einen kurzen Moment später geöffnet wird.
Ein kleines Mädchen.
Ihr langes, dunkles Haar trägt sie offen, ein rosa Nachthemd verdeckt ihren schmalen Körper und grüne, große Augen stechen aus ihren blassen Gesicht klar hervor.
Ich bin sprachlos. Was hat eine sechs bis acht Jährige hier verloren?
Ich sehe sie mir genau an. Umso länger ich sie betrachte, umso unheimlicher wirkt sie auf mich. Sie kommt mir so bekannt vor ...
Sie muss mich beim starren erwischt haben, mit einer leichten Bewegung dreht sie sich zu mir und grinst mich frech an.
,,Du muss Kätzchen sein.", sie mustert mich, ,,Es freut mich hier mal wieder eine Frau begrüßen zu dürfen. Die Jungs haben nämlich kein Benehmen, weißt du?"
Sally. Es ist Sally. Sie ist doch auch eine ... . ,,Ähm - anscheinend ... bin ich Kätzchen? Es freut mich dich kennen zu lernen Sally." Ich bin ein wenig unsicher. Sie ist doch auch eine Mörderin ... will sie mich auch ...?
,,Würde ich mich auch, könnte ich mich selber kennen lernen. Was suchst du denn? Jeff?"
,,Eigentlich suche ich eher nach einer Toilette und einer Dusche und wenn es Möglich wäre, noch nach einer Zahnbürste."
,,Dein erster Wunsch kommt Jeff ziemlich Nahe. Er kann oft echt Beschissen sein. Aber komm her, ich zeige die alles."
Sieben Schritte waren es, bis ich bei ihr war. Ihre kleine Hand legt sie in meine und umschließt sie mit ihren Fingern.
Ihre Hand ist eisig. Als käme sie direkt aus dem Kühlfach.
Zaghaft lächle ich sie an und sie zieht mich rein ins Badezimmer.
,,Darf ich dich etwas fragen Sally?"
,,Klar, aber nur, wenn ich dich auch etwas fragen darf."
Verwundert ziehe ich meine Augenbrauen nach oben. ,,Okay, frag mich was."
,,Woher kennst du meinen Namen?" Während sie spricht, hohlt sie mit einer Hand Handtücher aus einem Schrank hervor.
,,Zu Hause habe ich viele Creepypastas gelesen und in einer davon kommst du vor. Als ich dich denn gerade sah, musste ich sofort an das kleine Mädchen aus der Geschichte denken. Aber ich wusste nicht, dass ihr alle wirklich existiert, ich dachte immer, es wären nur Geschichten."
,,Das sind wir im Grunde auch nur."
,,Wie?"
,,Naja, Geschichten, wie du sagtest. In eurer Welt sind wir Geschichten, ihr kennt uns unter den Namen 'Creepypastas' , doch darauf kommt es nicht an. Wir können froh sein, dass jemand unsere Geschichten verfasst hat und sie in den Fantasien der Menschen lebendig werden, denn sonst wären wir alle nicht hier. Geschichten leben indem man sie erzählt, seine Fantasie freien lauf lässt. So lebt auch jede Geschichte die jemals erzählt wurde. Und so wiederum sind sie dadurch ,,Real", wie ich, Jeff, Slender, Smiley, ..."
,,Ich versteh das nicht. In ,,eurer Welt" hast du gesagt. Aber es gibt doch nur die eine..." Unendliche Fragen tuen sich mir auf.
,,Nein. Klar, deine Welt ist die einzig Wahre, denn ohne sie wären wir nicht hier. Sobald eine Geschichte geschrieben wurde, wird jemand in einer anderen Welt ,,geboren", vielleicht auch in unserer. Es ist kompliziert. Aber irgendwann verstehst du das auch. Du kannst ja sonst nachher auch Slendy fragen, der erklärt dir das gerne! Aber was ist nun deine eigentliche Frage?"
,,Achso ... ja ... hatte ich ganz vergessen. Ich wollte wissen, wer hier noch, also in diesem Haus, lebt?"
,,Hm." Sie schaute auf ihr kleinen Finger und zählt von dort ab. ,,Also, ich, Jeff, Slendy, Eyeless Jack, Laughing Jack, der ist aber immer nur am Wochenende da, Ben, Hoodie, Masky, Jane, Smiliey und Red, die beiden sind aber so gut wie nie da, und dann noch Ticci Toby, nein halt, der ist vor kurzem weggegangen."
,,So viele? Okay." Also ungefähr so viele wie ich geschätzt habe.
Dann reicht Sally mir ein flauschiges Handtuch, zeigt mir wie die Dusche funktioniert und welches Shampoo ich benutzen kann und gibt mir schließlich die Zahnbürste von Slender, mit der Begründung, er würde sie eh nicht gebrauchen.
Wo sie recht hat, hat sie recht ...
,,Ich lass dich denn jetzt alleine.", verabschiedet sie sich mit ihrer piepsigen Stimme.
Doch an der Tür bleibt sie stehen. ,,Bist du jetzt eigentlich mit Jeff zusammen? Oder werdet ihr noch zusammen kommen?" Ihre Augen funkeln.
,,Nein, garantiert nicht.", lache ich. Das ist doch absurd. Wieso sollte ich mit einen Mörder zusammen kommen?
Jedoch ... da ist dieses Gefühl in meiner Magengegend. Nein. Das bilde ich mir nur ein.
,,Och komm! Bitte, bitte, bitte!!"Sally macht einen Schmollmund, ,,du passt so gut zu ihm! Und er ist doch ein ganz Lieber! Auch wenn man dies nicht bemerkt, weil er einfach ein Arschloch ist. Und weil du so nett bist wird er auch vielleicht nett zu mir! Und du könntest dann immer mit mir spielen!"
,,Das kann ich auch so Sally, ich verspreche es dir." Ich beuge mich zu ihr runter und streiche ihr durch die Haare. Mit ihren Kulleraugen sieht sie mich an und gibt mir dann schnell einen Kuss auf die Wange, bevor sie den Flur entlang hüpft.
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