Frische Luft°

Es klopfte an der Tür zu seinem Zimmer und riss ihn damit ruckartig aus seinen Gedanken. Harry hatte keine Möglichkeit, sich überhaupt zu entscheiden, ob er denjenigen hereinbitten wollte oder nicht, denn da ging schon die Tür auf und ein großgewachsener recht junger Mann trat in den Raum und lächelte ihn an.

Harry hatte sich nach der notwendigen Dusche, die ihm kurzzeitig geholfen hatte, etwas abzuschalten, eine bequeme Stoffhose und einen leichten Pullover angezogen und vor dem bodentiefen Fenster auf dem Boden Platz genommen. Hatte bis eben den gepflegten Garten betrachtet, zumindest das, was er von diesem Platz aus sah.

Seine Verletzungen waren schon, dank der Salben und Tränke die er, so schwer zu glauben es auch für ihn war, von Severus und der Frau von Lucius Malfoy bekommen hatte, recht gut verheilt.
Er hatte ja schon immer vermutet, dass die Malfoys zu den Todessern gehörten. Auch was seine Schmerzen betraf, hatte er seinen Feind nicht belogen. Ihm tat zurzeit tatsächlich nichts weh, allerdings hätte er das auch gesagt, wenn es anders wäre.
Denn Dumbledore hatte ihm schon früh eingetrichtert, dass er niemandem zeigen durfte wie er sich fühlte, egal ob er Schmerzen oder Angst hatte ... keinen wissen lassen durfte wie nah er am Abgrund stand.
Denn dieses Wissen würde es dem Feind nur umso einfacher machen ihm zu schaden.

Aber im Moment fehlte nicht mehr viel, um ihn endgültig über den Rand stürzen zu lassen. Die Tatsache, dass er verkauft werden sollte wie ein Tier, ein Gegenstand, und der Ort, an dem er sich jetzt aufhielt, hatte ihm den Rest gegeben. Er merkte selber, wie nah er einem Nervenzusammenbruch war.
Am allermeisten machte ihm aber das komische Verhalten seines Feindes zu schaffen. Was wollte dieser damit bezwecken?!

Harry fühlte sich ausgelaugt und so unendlich müde. Vielleicht wäre es für ihn doch die bessere Wahl gewesen nicht zurückzukommen.
Ihm fehlte einfach die Kraft und bei allen Szenarien, die ihm durch den Kopf gingen, litt er am Ende, ohne Aussicht auf eine glückliche Zukunft. Was sollte er nur tun?

Harry hatte geseufzt und seine Stirn auf seinem Unterarm abgelegt, der auf seinen angewinkelten Beinen lag.
Trotz seiner miserablen Verfassung sollte er trotzdem versuchen zu fliehen! Aber er hatte nicht einmal seinen Zauberstab bei sich, oder eine Ahnung, wo Malfoy Manor überhaupt lag.
Er würde es nicht ungesehen nach Hogwarts schaffen und das Grundstück war mit Sicherheit von unzähligen Zaubern und Bannen umgeben. Er befand sich in einer ausweglosen Situation. Alle Möglichkeiten zur Flucht, die ihm durch den Kopf gingen, hatte er wieder verworfen.
Und jetzt sah er mit weit aufgerissenen Augen und etwas verwirrt in das hübsche Gesicht des lächelnden Mannes, der ohne Scheu und Zurückhaltung auf ihn zugelaufen kam.

Der Fremde war bestimmt ein Todesser, wenn er so ohne weiteres herumspazierte. Dennoch besaß er eine Ausstrahlung, die ihn sofort sympathisch erscheinen ließ, ohne das er überhaupt ein Wort gesagt hatte.
Der Junge runzelte die Stirn und beobachtete den anderen weiterhin schweigend. Er hatte nicht das Gefühl, sich in unmittelbarer Gefahr zu befinden.
Sein Selbsterhaltungstrieb war ihm anscheinend abhandengekommen.

Bevor der Mann ganz bei ihm angelangte, stand der Auserwählte langsam auf.
Zwar hatte er nicht das Gefühl, dass der andere ihm etwas Böses wollte, und hätte sich für diesen Gedanken am liebsten sich selbst einen Idioten geschimpft, fühlte sich aber trotzdem wohler, wenn er diesem aufrecht gegenüber stand.
Der Ältere blieb mit etwa einer Armlänge Abstand neben ihm stehen und lächelte immer noch freundlich.

„Hallo Harry. Es freut mich sehr, dass du dich dazu entschlossen hast, aufzuwachen.“
Der Gryffindor sah den Mann mit gerunzelter Stirn an, „... ich weiß, was zu diesem langen Schlaf geführt hat, und bin froh, dass du nicht aufgegeben hast. Mein Name ist übrigens Rabastan. Ich habe dich zusammen mit Severus Snape vor ein paar Tagen hierher gebracht.“

Harry schluckte sichtlich nervös und Rabastan sah einfach nur aus dem Fenster, um dem Jungen die Möglichkeit zu geben, alles eben gehörte zu verarbeiten.
Ein paar Augenblicken später, hatte der Grünäugige ebenfalls wieder seinen Blick nach vorne gewandt und betrachtete schweigend den Garten.

„Schön. Nicht wahr ...?“

Der Lestrange beobachtete den anderen etwas aus dem Augenwinkel, „... hast du nicht Lust mit mir nach draußen zu gehen? Ich würde dir gerne das Manor mit seinen Gärten zeigen und sicher tut es dir gut etwas aus diesem Zimmer zu kommen.“

Harry sah wieder direkt zu dem Todesser neben sich und hob fragend seine Augenbrauen, „... darf ich das denn? Und warum befinden wir uns bei den Malfoys?“

Rabastan lachte leise und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
„Auch wenn du es vielleicht nicht so recht glaubst, aber du bist kein Gefangener des dunklen Lords. Du kannst das Gelände zwar nicht verlassen, dennoch darfst dich natürlich frei und ungehindert bewegen.
Der Lord verbringt auch mal mehrere Tage auf diesem Anwesen anstatt in seinem Manor, es ist nichts Ungewöhnliches.
Tom möchte nur nicht, dass du am ersten Tag an dem du wach bist, alleine durch die Gänge irrst, und hat mich aus diesem Grund gebeten dich zu begleiten. Dem ich mit Freuden zugestimmt habe.
Ich hatte eh vor nach dir zu sehen. Da kam mir seine bitte, oder Anordnung, je nachdem, gerade recht.“

Rabastan wandte sich um und lief ein paar Schritte auf die Tür zu, blieb dort angekommen stehen und drehte sich wieder zu Harry um und hob dabei fragend eine Augenbraue, „... und ... was ist? Kommst du?“
Der 16-Jährige atmete tief durch und verließ hinter dem Todesser das Gästezimmer.

Während sie so durch die langen Gänge des Anwesens liefen, gelang es Harry nicht, sich nicht beeindruckt umzusehen.
Sein Zimmer lag im dritten Stock. Im vierten befanden sich nach Rabastans Aussage nur noch die Privaträume des dunklen Lords.

Es dauerte eine Weile, bis sie das Erdgeschoss erreicht hatten, da Rabastan seinem Begleiter alle Räume an denen sie auf dem Weg nach unten vorbei kamen, genau erklärte.

Schließlich in der gewaltigen Eingangshalle des Gebäudes angekommen, wurde der Junge mit den Metern immer langsamer, leicht erschlagen von der schieren Pracht des Manors wie auch etwas von seiner angenehmen Begleitung. Er konnte nicht umhin den Mann, der ein Stück vor ihm herging, beeindruckt zu beobachten.
Wie dieser mit seiner maßgeschneiderten eleganten Kleidung, so aufrecht, selbstbewusst und stolz vor ihm durch das Anwesen lief. Trotz der Tatsache was er war, eine wirklich angenehme Gesellschaft.
Bei diesem Gedanken, der einfach so in seinem Kopf auftauchte, verzog der Junge etwas das Gesicht und schüttelte über sich selber leicht den Kopf. Aber er musste dennoch zugeben, dass es stimmte.

Als hätte Rabastan den Zwiespalt seiner jungen Begleitung gespürt, wurde er selbst etwas langsamer und drehte sich im gehen nach hinten um, nur um Harry fröhlich anzulächeln.
„Ich bin nicht das, was du dir unter einem treuen loyalen Anhänger Lord Voldemorts vorgestellt hast, oder Harry.“

Diese Aussage war mehr eine Feststellung wie eine Frage und führte dazu, dass der Jüngere leicht erschrocken die Augen aufriss und den anderen anstarrte.
„Was ... aber wie ...?“, war das Einzige, was er darauf zustande brachte und verwirrt zusah, wie sein Begleiter anfing zu lachen, währendem sie nach draußen in die Sonne traten.

„Entschuldige bitte Harry. Deine Fähigkeiten in Okklumentik sind wirklich nicht berauschend. Aber auch ohne die Gedanken anderer zu lesen, bin ich ausgezeichnet darin zu erahnen, was mein Gegenüber beschäftigt.
Ich studiere und beobachte meine Mitmenschen genau und automatisch.
Das liegt in meiner Natur.“

Nach dieser Offenbarung schlenderte der Auserwählte eine Weile schweigend und in seinen Gedanken versunken neben Rabastan her.
Es stimmte, wenn es darum ging seine Gedanken zu verschließen, war er eine Niete.

Zwar sollte Snape ihm Okklumentik-Unterricht geben, was dieser ja auch getan hatte, aber der Lehrer hasste ihn einfach abgrundtief. Der Unterricht bei Snape war grauenvoll und das abwertende Verhalten diesem ihm gegenüber hatte dazu geführt, dass er letztlich keinen Versuch mehr unternommen hatte diese Fähigkeit, seine Gedanken zu verschließen, zu erlernen und dafür zu trainieren.
Diese Dummheit seinerseits hatte seinem Paten Sirius Black letztlich das Leben gekostet und dieses Wissen, dass er allein die Schuld an seinem Verlust hatte, machte ihm schwer zu schaffen.

„Du bist nicht schuld am Tod deines Paten Harry. Du wurdest in eine Falle gelockt.“

Der Jüngere funkelte den Mann erzürnt an, doch dieser zuckte nur mit den Schultern, ohne nur den Hauch eines schlechten Gewissens zu zeigen, weil er erneut in Harry’s Kopf eingedrungen war.
„Wenn du nicht willst, dass jemand deine Gedanken liest, solltest du besser schnell lernen sie niemandem wie ein offenes Buch zu zeigen. Vergiss nicht, unter welchen Leuten du dich befindest. Der dunkle Lord wird ebenfalls versuchen, deine Gedanken zu lesen. Und ich muss gestehen, dass er darin weitaus besser ist.“

Rabastan lachte erneut und warf dem Kleinen einen belustigen Blick zu.
Harry wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Diese offene ehrliche, direkte und doch freundliche Art Rabastans machte ihn sprachlos. So lief er einfach weiter neben diesem her und bewunderte währenddessen das bezaubernde Außengelände mit den unzähligen Rosengärten, Buxbäumen, Kieswegen, den perfekt gemähten Rasenflächen und bestaunte mit geweiteten Augen die Albinopfaue, die auf diesen frei umher liefen.
Sogar einen großen See mit Bäumen und einem Weg drumherum konnte er erkennen. Davor gab es eine Bank, die Rabastan dabei war anzusteuern und sich elegant darauf niederließ, nachdem sie diese erreicht hatten. Der Ältere überkreuzte seine Füße an den Knöcheln, verschränkte seine Arme lässig hinter seinem Kopf und beobachtete ihn abwartend.

Harry betrachtete seine Begleitung argwöhnisch, atmete dann jedoch geräuschvoll aus und ließ sich ebenfalls auf der Bank nieder. Eine Weile saßen sie nur schweigend nebeneinander und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Harry Rabastan mit leicht zugedrehtem Kopf ansah und schließlich die Frage stellte, die ihn schon etwas länger zu beschäftigte, „... warum bist du ein Todesser Rabastan? Du wirkst auf mich nicht so ... wie soll ich es sagen, ohne dass ich mich um Kopf und Kragen Rede ... naja ... gefährlich, böse, durchgeknallt!“

Der Schüler schluckte nervös.
Doch mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet ...  Rabastan lachte nur laut.
Harry zog überrascht die Augenbrauen nach oben und sah den Mann direkt an.
Nachdem dieser sich wieder etwas beruhigt hatte und sich mit einer Hand durch sein Haar gefahren war, sah er den Jüngeren mit vor Belustigung funkelnden braunen Augen an. „... na, da bin ich aber froh!“  

Harry blinzelte verwirrt, „... was?“

„Na das ich auf dich keinen bösen, gefährlichen, durchgeknallten Eindruck mache. Nun, ich bin durchaus in der Lage, dieses Klischee eines blutrünstigen Todessers zu erfüllen.  Muss man als Gefolgsmann an der Seite des dunklen Lords auch. Aber verrückt und durchgeknallt bin ich mit Sicherheit nicht.“

Harry schmunzelte leicht, „... und was deine erste Frage betrifft. Viele sind der Meinung, dass nur der dunkle Lord an diesem Krieg die Schuld trägt, aber es ist Dumbledore, der die schwarze Magie komplett auslöschen möchte und dem dabei jedes Mittel recht ist. Der nicht davor zurückschreckt Kinder wie dich in den Krieg zu schicken und an die vorderste Front zu stellen.
Der dunkle Lord hingegen möchte, teilweise auf nicht legale und vernünftige Art und Weise, das muss ich zugeben, erreichen, dass die schwarze Magie ihren Platz in der Zaubererwelt zurückerhält. Sowie die weiße Magie weiterhin ihren Platz beibehalten soll.
Er möchte mehr Rechte für die magischen Kreaturen wie zum Beispiel die Werwölfe oder Vampire.
Auch der dunkle Lord hat keine Lust auf einen Krieg, ebenso wenig wie wir Todesser oder die Anhänger der weißen Seite. Aber es ist wichtig, dass die schwarze Magie wieder legalisiert wird, denn wenn diese Art der Magie auf Dauer unterdrückt wird, wird sie unberechenbar, unkontrollierbar und lässt sich nur schwer beherrschen.
Das kann zu schlimmen Unfällen, Katastrophen und Morden führen, wenn sie wegen so etwas außer Kontrolle gerät.
Die schwarze Magie war vor der weißen Magie da, diese ist lediglich eine abgeschwächte Form von der dunklen, weshalb sie auch leichter zu kontrollieren, und lenken ist.
Reinblütige Familien wie zum Beispiel die Malfoys, werden aus Gründen wie diesen gefürchtet. Nur weil sie eine schwarzmagische Familie sind und über die stärkere Art der Magie verfügen.
Sie ist ein Teil von ihnen, ebenso wie die weiße Magie der sogenannten Weißmagier.  Für Kinder solcher schwarzmagischen Familien ist es ausgesprochen wichtig, schon sehr früh den richtigen Umgang mit ihrer Magie zu erlernen, damit sie mit ihr keinen Schaden anrichten.
Nur weil manche Schwarzmagier ihre Magie für Schlechtes verwenden, ist sie nicht von Grund auf böse.
Sie kann durchaus für Gutes verwendet werden, ebenso wie wie die Weiße für Schlechtes.
Es liegt an den Zauberern, wie sie ihre Magie verwenden. Nur weil auch Schlimmes mit der schwarzen Magie fabriziert wird und die Zauberer davor Angst haben, sollte man sie trotzdem nicht verbieten, sondern wieder legalisieren. Um den Menschen die Augen zu öffnen und jedem die gleiche Chance zu geben. Jeder sollte seine beherrschen lernen dürfen ohne Angst haben zu müssen irgendwann in Askaban zu landen.  
Deshalb stehe ich hinter Tom Riddle. Ich teile seine Ansichten.“

Harry runzelte die Stirn, „... das wusste ich nicht.“  
Doch Rabastan lächelte ihn weiterhin freundlich an.

„Aber Voldemort ist böse. Er tötet Menschen! Er hat meine Eltern getötet ... er.
Was will er von mir? Warum ist er regelrecht nett zu mir? Ich bin sein Feind, ich stehe auf Dumbledores Seite und ihm somit im Weg. Die Prophezeiung sagt, dass ich ihn töten muss oder selbst von ihm umgebracht werde. Was hat er von dieser Aktion hier?! Ich verstehe es nicht Rabastan!“ Harry sah aufgelöst erneut dem Älteren ins Gesicht.

„Diese Fragen sollte nicht ich dir beantworten. Ich kann dir nur soviel sagen, dass Dumbledore nicht der ist, für den du ihn hältst. Ich verspreche dir, dass du nichts mehr vor dem dunklen Lord zu befürchten hast.
Lass dich darauf ein ihn kennenzulernen, dann werden alle deine Fragen beantwortet und du wirst feststellen, wie vieles nicht so ist, wie man es dir dein Leben lang erzählt hat.“

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