Sich in einem Netz aus Lügen zu verfangen und in einen Sumpf aus komplizierten Gefühlen hineinzurutschen, war zu einfach gewesen.

Eine unschuldige Geste zwischen zwei Mädchen. Finger die sich verschränkten. Ein Lächeln.

Sie mochten sich.

Daran konnte Liz nichts Falsches finden. Zumindest in diesem Moment nicht. Als sie die Geburtstagsparty ihres Bruders dazu nutzte, seine kleine Freundin besser kennenzulernen. Ganz unschuldig und freundlich. Sie unterhielten sich nur.

Ein niedliches Mädchen hatte sich ihre Bruder gesucht. Ein Hübsches. Mit ihren 15 Jahren, lachte und weinte Mara schnell. Oft schlug sie verlegen die Hände über den Mund. Oder kicherte bis sie Schluckauf bekam.

Ein bisschen albern.

Ihre blauen Augen funkelten. Mit flinken Fingern strich sie sich die blonden Locken aus dem Gesicht, das der Wind zerzauste. Dabei runzelte sie irritiert die Stirn.

Nachsichtig zog sich Liz den schwarzen Haargummi aus den brauen Haaren um Mara zu helfen.

„Dank dir. Lizzie."

Das Mädchen hauchte ein Bussi in die Luft. Liz blinzelte verblüfft und unterdrückte einen stockenden Atemzug.

Eine typische Geste für Mara, damals noch eine Überraschung.

Mara flirtete nicht mit ihr. Sie behandelte Liz freundlich, doch nicht besonders.

Bis sie sich küssten. Angetrunken. Wieder auf Fabis Geburtstagsparty. Ein Jahr später.

Im Sommer, am Steg. Das Wasser schwappte plätschernd gegen ihre nackten Füße. Fest spannte Liz ihre Finger um die modrigen Holzbretter. Versuchte Halt zu finden und löste dabei morsche Splitter ab.

Leises Seufzen blies warmen Atem über ihr Gesicht. Erdbeerlimes, Schokolade und Sahnetorte. Alles süß.

Längst nicht betrunken genug lehnte sich Liz vor. Nur ein paar Millimeter getrennt. Eine Grenze. Die Vernunft zwischen ihnen. Ihre Moral und ihr reines Gewissen. Unüberwindbare Mauern, die Mara einriss als sie flüsterte: „Traust dich doch nicht?"

Ihre Lider flatterten zu. Die Stimme, so süß, so gefährlich, sang die Verlockung immer wieder.

Rasch drückte Liz ihre Lippen auf die des Mädchens.

Mehr passierte nicht. Mehr durfte nicht passieren.

Sie flüchtete ins kühle Wasser.

Liz stieg die Treppen zum Wohnzimmer hinunter. Eine Masse Tänzer begrüßte sie zurück. Bass dröhnte in ihrer Brust. Lichtblitze zuckten. Benji, Fabis bester Freund hatte den Blitzer ausgepackt. Er gab den Dj, am Laptop verbunden mit der Stereoanlage.

Das neue Jahr ließ auf sich warten.

Fabi verteilte Getränke in Plastikbechern. Auf dem Sofa schlief Sofia. Eine ihrer eignen Freundinnen aus der Uni. Sie gehörte zu der Vielzahl Alkoholleichen, die das neue Jahr erst am Morgen mit Kopfschmerzen begrüßen würden.

Ihre zwei besten Freundinnen Moe und Hanna hatten sie allein gelassen. Sie feierten Silvester in New York. Liz blieb aus Geldmangel zu Hause.

Ausreden, alles Ausreden. Partys mit Mara. Die magische Formel, für die Liz alles andere liegen und stehen ließ.

Das Ergebnis war ein noch schlechteres Gewissen, ein miserabler Abend und eine Menge neuer Vorsätze.

Dazu Freundinnen die ihr Fotos von der Silvesterparty am Times Square schickten um sie eifersüchtig zu machen. Es wirkte.

„Ist deine Affäre das wert?"

„Grüße an Fabis Freundin"

„Flachgelegt, oder Schluss gemacht?"

Liz hätte den Beiden niemals von ihrem Schlamassel erzählen sollen.

Ihre Laune erreichte den Tiefpunkt. Ihre einzige Option blieben die Alkoholleichen. Ein paar Shots und neben Sofia auf dem Sofa einschlafen.

Auf der Küchentheke wartete Tequila auf sie. Dort lagerten sie den Alkohol zum Mixen.

Ein Schritt in die Küche und Liz machte kehrt.

„Hast du auch Hunger? Ist noch Pizza da."

Mara wühlte mit dem Rücken zu ihr im Kühlschrank und bemerkte sie trotzdem.

Sie knallte die Pizzaschachtel auf den Tresen und klappte einladend den Deckel auf.

„Schinken, oder Vegetarisch?"

Immer das Selbe. Mara drückte die Resettaste und sie fingen von vorne an. Sie erwähnte die Abfuhr von vorher nicht. Stattdessen bot sie Verführung in Form von Pizza.

Liz trat nach vorne um sich das letzte Stück Schinkenpizza zu schnappen. Doch Mara war schneller. Mit einem Grinsen hielt sie Liz das Stück zum Abbeißen hin.

Genervt seufzte Liz. Die Antwort war ein Kichern.

Sie lehnte sich vor und biss ab.

Mara stahl sich einen Pizzakuss.