Alarmglocken

Liz schubste Mara weg. Die Zeit der Pizzaküsse war vorbei.

„Tu das nicht. Lizzie."

Mara schniefte leise. Ihre Augen glitzerten verräterisch.

Der Kühlschrank summte laut; das Geräusch ging Liz auf die Nerven. Vielleicht versuchte sie sich nur auf alles andere zu konzentrieren als auf Mara. Es war einfacher den Kühlschrank zu verabscheuen. Sicher ging der alte Kasten kaputt.

Kalte Finger schoben sich über ihre Hand. Langsam, fragend. Der Drang sie warm zu rubbeln kam automatisch, doch Liz entzog sich ihm und trat zur Küchentür.

Neues Jahr, neue Vorsätze. Zu gefährlich jetzt schwach zu werden.

„Lizzie!"

„Hör auf jetzt."

Mara zuckte zusammen unter ihrem harschen Ton. Die Worte schnitten durch die Nähe, die zwischen ihnen herrschte.

„Ich hab nichts get..."

„Wir beide haben. Du weißt das ganz genau."

Die Stimme der Vernunft klang richtig, aber sie verletzte. Sie riss Liz das Herz heraus und trampelte darauf herum. Ob Mara dieselben Schmerzen spürte?

Liz hatte lange darüber nachgedacht. Die Antwort gefiel ihr nicht, denn Mara musste eine andere Art von Liebe spüren. Eine die nicht danach verlangte, sich ganz einer Person zu verschreiben.

Mara liebte Fabi. Mara mochte Liz.

Das ermüdende Ergebnis einer Gleichung, die Liz tausende Male ausgerechnet hatte.

„Aber...ich möchte dich trotzdem küssen."

Wie ein trotziges Kind verzog Mara das Gesicht. Sie setzte den süßen Schmollmund ein, der Liz die klaren Gedanken verwirrte.

Ihr Atem stockte als das Mädchen sich näher schob, am Rand der Theke entlang, die eine sichere Barriere schuf.

Alarmglocken schrillten. Die passende Zeit das Feuer zu löschen, sich Schutz zu suchen, oder Gott um Hilfe an zu flehen. Als ob der sich dieses traurige Schauspiel angucken würden.

Ein Schauspiel des Versagens.

Mara lächelte vorsichtig. Nur das Trommeln ihrer Finger auf der Küchentheke verriet ihre Nervosität.

„Wenn du nicht willst, wirklich nicht willst, dann kannst du jetzt gehen. Küssen sollte man doch nur wenn man wirklich will. Du willst doch. Lizzie."

Warum blubberte dieses Mädchen so seltsam vor sich hin? Wie das Kind, das sie nicht mehr ganz war. Ein wahrer Irsinn weiter still zu stehen, Mara zu mustern und zu warten.

Du willst doch. Lizzie.

Wie sehr sie wollte. Bei ihr sein und mit ihr kuscheln. Spazieren gehen, verreisen, im Bett liegen und Filme gucken. Sich mit einem Küsschen begrüßen und sie ihrer Familie als die Freundin vorstellen. Alle diese kleinen, wunderbaren Momente, die ihr Mara nicht gab.

Die sie mit Flehen und Betteln nicht von ihr bekommen konnte.

Trotzdem blieb sie, mit klopfendem Herzen. Sie verharrte bei der Küchentür.

Alle Vorsätze flogen davon.

Liz besuchte ihre eigene Silvesterparty nur wegen dieser dummen, sinnlosen Liebe.

Ein Schauer überfiel sie, als Mara über ihre Taille strich. Den letzten, großen Abstand zu überwinden, zwängte das Mädchen ihre Hände zwischen Lizs Rücken und den Türrahmen. Sie pressten die Körper aneinander.

Ihr Blickkontakt brach nicht ab, denn Mara musste nicht mehr zu ihr aufsehen, wie noch ein Jahr zuvor.

„Du willst doch immer bei mir sein. Lizzie. Lüg nicht.", flüsterte Mara.

Beinah erahnte Liz Schmerz in ihren Zügen. Den Schmerz, den sie dort sehen wollte. Doch die blauen Augen verschleierten sich nur vor Lust. Zeigten nur dieses verdammte körperliche Wollen. Wie ein Messer verletzte es sie, doch es durchschnitt auch die Verbindung zu dem was nicht sein sollte. Von allem was falsch war.

Es ließ nur Leidenschaft zurück. Mit einem Hauch Schweiß auf ihrer Haut und ihrem Herz das heftig klopfte.

Vom ersten unschuldigem Kuss zwei Jahre zuvor, hatte Mara deutlich dazu gelernt. Viel mehr als Liz, die nicht den Drang verspürte, Verführung zu üben.

Mara übte. Mit ihr, mit Fabi und mit YouTube Videos.

Vielleicht vergaß Liz deshalb die Welt um sich herum. Sie kämpfte um Atem, den ihr Mara stahl und süßer noch wieder schenkte. Eine kleine Explosion in ihrem Kopf sprengte alle Neujahrsvorsätze wie eine Silvesterrakete.

Hilflos die Finger in Maras Schultern bohren, von ihr Trinken und geschlagen die Augen zu schließen, blieb der letzte Ausweg.

Es gelang ihr dieses Jahr wieder nicht stark zu sein.



„Was..Was macht ihr da? Liz. Mara. Verflucht."

Ein Schlag und Schmerzen. Sie taumelte zu Boden. Fabis Stimme dröhnte in ihren Ohren. Er schimpfte, schrie und heulte.


Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top