drei; lennox

Wieso verdammt bereue ich Dinge, die ich sowieso nicht mehr rückgängig machen kann? Ich meine, was bringt das mir, außer dunklen Gefühlen und diesem mulmigen Rumoren in meinem Magen? Ich kann es doch sowieso nicht mehr ändern. Gott, ich mache mich damit nur fertig.

Schalt deine Gedanken endlich ab.

Eine leichte Brise weht über meinen Körper, lässt meine Armhärchen aufstellen und verschafft mir einen kühlen Kopf. Meine Haare zerzausen und legen sich wie ein schwarzer Vorhang vor meine Augen.

Seufzend stehe ich von dem winzigen Gartenstuhl auf, strecke mich einmal ausgiebig und ziehe dann in einer fließenden Bewegung mein T-Shirt über den Kopf. Mit einem großen Sprung, lege ich einen eleganten Kopfsprung in den Pool hin und tauche mit geschlossenen Augen wieder auf.

Das Wasser lenkt mich von meinen Gedanken ab und für ein paar Momente lasse ich mich einfach nur treiben; lasse mich gehen, in dieser angenehmen Schwerelosigkeit.

»Hey, Lennox!«

Ruckartig reiße ich den Kopf herum und schaue in Quentins Gesicht. Neben ihm stehen Carla, Viola und ... Caspian.

Bei ihm bleibt mein Blick unterbewusst viel länger hängen als beabsichtigt; streift über das hellgrüne Shirt, die schwarze Badehose und über die Ketten, die er auch heute wieder trägt.

Auf seinen Lippen liegt ein leichtes Lächeln, das ausschließlich mir gilt.

Schnell wende ich den Kopf ab und schwimme in schnellem Tempo zum Beckenrand, klammere mich daran fest und schaue zu ihnen nach oben. »Was tut ihr hier?«

»Dich besuchen«, erwidert Quentin und lächelt belustigt. »Ich zeige Caspian die Gegend. Und auf dem Weg haben wir die zwei Hübschen hier getroffen.«

Carla und Viola lachen und an Letzterer bleibt mein Blick kleben; Bilder von letzter Nacht tauchen vor meinen Augen auf. Schnell schaue ich weg.

»Okay.« Mit beiden Händen stemme ich mich auf den Beckenrand und klettere aus dem Pool. Alle drei beobachten mich, wie ich nach einem Handtuch greife und mich abtrockne.

Dabei fällt mein Blick auf Caspian und seine Haare schimmern so schön golden im Sonnenlicht, das ich das Bedürfnis habe, sie anzufassen. Schnell wende ich den Blick ab und vertreibe den Gedanken wieder.

»Was wollt ihr machen?«, frage ich und schaue etwas verwirrt von einem zu anderen.

Quentin lacht. »Mach dich locker, Lenny«, bei diesem Spitznamen verziehe ich das Gesicht, »zeig Caspian einfach mal dein Haus und so.«

Ich nicke nur und meine Mutter läuft mit einem Tablett auf uns zu. »Hier, ich habe gerade frische Zitronenlimonade gemacht«, teilt sie mit und gibt jedem von uns ein Glas. Dann verschwindet sie lächelnd wieder.

Ich beginne mit der kleinen Besichtigungstour; zeige Garten und Haus, die Weinsträucherfelder hinter dem Cottage und die kleine Wiese mit der alten Weide und dem winzigen Teich, der meinem Opa gehört.

Danach hocken wir alle genau unter diesem Baum; trinken unsere Limonade und unterhalten uns. Viola und Carla ziehen sich irgendwann ihre Shirts aus und waten in den kleinen Teich. Quentin lässt sich das natürlich nicht entgehen – zwei hübsche Mädchen in BH, wie könnte er? – und so bleiben nur Caspian und ich zurück.

Ich lehne mich an den dicken Baumstamm und schaue in die Ferne, während Caspian neben mir liegt und in den blauen Himmel starrt.

»Hier zu leben muss sich anfühlen, als wäre man durchgehend im Urlaub«, sagt er und dreht leicht den Kopf zu mir. Seine Augen leuchten so blau, so unfassbar blau, wie das tiefe, weite Meer, mit all seinen Geheimnissen und seiner Schönheit; wie der blaue, strahlende Himmel über uns, der uns beschützt und umhüllt, wie ein Käfig, aber nicht wie einer, der uns gefangen hält, einer, der uns beschützt; so unfassbar blau ...

»Ich weiß nicht«, sage ich schnell und wende den Blick von seinen Augen ab. »Du wirst es bald merken, wenn man hier wohnt, ist es nicht mehr das Gefühl des Urlaubs, aber es ist trotzdem schön.«

Er seufzt schwer und richtet sich etwas auf. Ich schaue zu ihm, verwundert, was ihn so auflöst.

»Ich will hier überhaupt nicht herziehen«, meint er plötzlich, seine Stimme ist ganz leise.

Ich weiß nicht ganz, was ich sagen soll, also lasse ich es bleiben, nach Worten zu suchen, sondern platze, total unsensibel, mit einem »warum?« heraus.

Aber ihn scheint es nicht zu stören, denn er wendet einfach nur den Blick zu mir und scheint zu einer Erklärung an zu setzten. »Meine ganzen Freunde sind in der Stadt; mein ganzes Leben. Ich werde es nicht einfach zurücklassen, nur weil meine Mutter das so will.« Er seufzt tief.

»Das tut mir leid«, sage ich leise, weil mir mal wieder nichts Besseres einfällt. Schweigen breitet sich zwischen uns aus und jeder von uns schaut wieder in die Ferne; genießt den schönen Sommertag. Im Hintergrund höre ich Carla und Viola kreischen und Quentin lachen.

»Merkst du, dass sie immerzu dich ansieht?«, bricht Caspian unerwartet die Stille und verwundert drehe ich den Kopf. Sofort kreuzt sich mein Blick mit Violas und schnell wendet sie den Kopf.

Etwas schuldbewusst kaue ich auf meiner Lippe und schaue dann zu Caspian.

»Ist da gestern etwas gelaufen?«, fragt er neugierig und ich seufze tief und ausgiebig.

»Ich bereue es.« Ich rutsche vom Baum weg und lege mich neben ihn; lasse die Sonne meinen Körper küssen.

Mitfühlend sieht er mich an. Dann schauen wir beide wieder in das Blau des Himmels. Wie einen Schirm lege ich meine Hand an meine Augen, um mich so vor der blendenden Sonne zu schützen, und beobachte eine vorbeifliegende Vogelfamilie. Dann lasse ich meine Hand wieder sinken und kurz streift sie die von Caspian. Daraufhin kribbelt sie seltsam und ich runzle die Stirn.

»Also, mit was fangen wir an?«, fragt Caspian.

Verwirrt drehe ich mich zu ihm. »Hm?«

»Na ja, du meintest doch, dass du mir die Sachen zeigst, bei denen man hier Spaß haben kann. Aber vielleicht sollten wir uns erstmal um dein Beziehungsproblem kümmern«, fügt er hinzu.

»Viola und ich haben keine Beziehung «, wehre ich prompt ab.

»Wie auch immer; reden hilft. Wie wäre es mit einer Flasche Weißwein und dem Sonnenuntergang?«

»Total kitschig«, sage ich, auch, wenn ich den Gedanken irgendwie mag.

Er lacht. »Ich weiß, so nennen mich meine Freunde auch immer.«

Schief grinsend schaue ich ihn an und verliere mich kurz in seinem Blick, nicke aber dann schnell. »Okay, das klingt gut. Dann treffen wir uns heute Abend. Wir können ja noch Quentin mitnehmen«, füge ich hastig hinzu, weil ich es irgendwie seltsam fände, mich nur zu zweit mit ihm zu treffen. Auch noch mit einer Flasche Weißwein.

»Okay, abgemacht. Und was steht morgen auf dem Programm?« Er bettet seinen Kopf wieder in das weiche Gras und schaut nach oben.

»Mal sehen, was der Tag so bringt. Schwimmen, sonnen und abends irgendeine Party, wahrscheinlich«, erkläre ich und er nickt zufrieden. Dann schaue ich auch wieder nach oben und Stille breitet sich zwischen uns aus.

Aber sie ist friedlich und irgendwie schön.

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