Kapitel 51 (Das Richtige!)
Schreiend fiel ich auf die Knie, mein nasser Blick war stets auf den Abgrund vor mir gerichtet. Mir liefen immer mehr Tränen über die Wangen, während mein Herz daran drohte vor lauter Schmerz zu zerbrechen. Immer wieder lief das Geschehen in meinem Kopf ab, ich sah jeden Moment erneut wie Legolas die Klippe hinunter fiel, wie der Ork ihn mit sich hinunter riss. Undeutliche Worte verließen mein Mund gefolgt von schmerzvollen Schreien, Schluchzern und lautes Wimmern. Das Leiden welches ich momentan verspürte war so hart, wie ich es noch nie erlebt hatte. Die Kraft die sich noch in mir befand war wie vom Erdboden verschluckt, die Motivation und die positiven Gefühle waren ebenfalls dahin, alles was zurück blieb war eine schmerzhafte Leere, die mich zerstörte, mich vollkommen zerstörte. Seine letzten Worte, die er zu mir sagte, wiederholten sich immer wieder in meinem Kopf, sein Gesichtsausdruck befand sich immer vor meinem inneren Auge. Weinend ließ ich mich ganz auf den Boden sinken, vergrub mein Gesicht in meine Hände, versuchte die Bilder und seine Stimme aus meinem Gedächtnis zu verbannen, jedoch ohne Erfolg. Jede einzelne Erinnerung an ihn schmerzte mich so sehr, dass ich nicht mehr weitermachen wollte, jedes noch so kleine Detail dieser Erinnerungen ließ mich so fühlen, als ob mir irgendwer das Herz aus der Brust riss. Der Schmerz der sich in mir breit machte ließ mich alles andere vergessen, er war nicht zu ertragen und machte mich verrückt, so sehr, dass ich dem Prinzen am liebsten hinterher gesprungen wäre. Wahrscheinlich hätte ich genau das getan, wenn sich nicht meine Freunde und Neffen hinter mich gestellt hätten, denn sie hätten mein Vorhaben gestoppt. Ich spürte ihre Blicke auf meinem Rücken, ich wusste, dass sie ebenfalls trauerten, doch verspürte niemand den gleichen Schmerz wie ich. Bei den Versuchen mich zu beruhigen wurde der Tränenfluss nur noch schlimmer, mein Hals schmerzte von den ganzen Geräuschen die ich von mir gab, verzweifelt sank ich immer mehr in mich selbst zusammen, als wäre ich ein Tropfen Wasser, der auf eine Fläche fiel und auseinander lief. Alles in mir brach zusammen. Mein Herz war in tausende, kleine Einzelteile verfallen und ich war mir sicher, dass es sich dieser Schmerz noch schlimmer anfühlte, als der Tod.
Sicht des Erzählers
Niemand hatte es sich gewagt irgendein Wort zu sprechen, niemand hatte es sich gewagt irgendeinen Spruch zu sagen, niemand hatte es sich gewagt diese Stille, erfüllt mit Trauer, Schmerz, Wut, Hass und Wimmern zu unterbrechen. Niemand hatte Melwen angesprochen, versucht sie aufzuheitern, denn jeder wusste, dass keine Worte diesen Schmerz den sie ertrug, ändern konnten. Doch eine Person, die die Elbin schon ihr ganzes Leben lang begleitete, die stets für sie da war, ihr bei allem half, nie von ihrer Seite wich obwohl es schwere Zeiten gab, sie immer wieder auffing und sie noch nie im Stich gelassen hatte, genau diese Person hatte diesen Anblick nicht mehr ertragen können, wie jeder Andere. Auch jetzt ließ er sie nicht im Stich, auch wenn er ihr nicht helfen konnte. Doch was der Elb, Herendir, für Melwen tun konnte, war es, einfach nur zu ihr zu gehen, sich neben sie fallen zu lassen und sie in seine Arme zu ziehen, sie an sich zu drücken und ihr einen Halt zu geben. Er wusste, dass diese Umarmung nicht ihren Schmerz linderte, doch wusste er, dass Melwen genau das brauchte. Eine Schulter, an der sie sich ausweinen konnte. Es zeriss ihm das Herz sie so zu sehen, weshalb er seine Augen schloss, sie noch näher zu sich zog und sein Gesicht in ihren Haaren vergrub, eine alt bekannte Geste, als es Melwen nicht gut ging, eine Geste, die ihr bisher immer ein wenig half.
***
Regungslos saß Melwen auf dem weichen Bett das in dem Zimmer, welches ihr zugewiesen wurde, stand und starrte mit einem leeren Blick die dunkle, hölzerne Wand an. Einige Strähnen ihrer silbernen Haare hingen ihr verklebt von den Tränen, die ein Ende gefunden hatten, in ihrem Gesicht, welches keinerlei Emotionen zeigte. Ihre Augen waren rot und geschwollen, ihre Wangen waren feucht und enthielten noch Spuren von den Tränen, ihr Haar war sehr zerzaust. Sie schwieg. Sie schwieg schon seit einigen Stunden, sagte nichts mehr, brachte kein Wort heraus und ließ alles an sich vorbei ziehen, als hätte sie nie etwas Anderes getan. Es war schwer ihre Aufmerksamkeit zu erlangen, sie war die ganze Zeit abgelenkt oder abwesend. Und wenn man es mal schaffte ihre Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen, zeigte sie keine Emotion, gar keine. Man hatte bemerkt, dass etwas geschehen war. Die Außenstehenden, die Menschen die nicht von der kleinen Schlacht wussten, die Krieger und die Kinder dieses Dorfes wussten sofort, dass etwas nicht bei ihr stimmte, dass etwas Schlimmes geschehen war. Vergeblich hatten Elrohir und Elladan versucht sie ein wenig aufzumuntern, sie zum Reden zu bringen, sie dazu zu bringen jegliche Reaktionen zu zeigen. Doch es war, als wäre Melwen nicht da. Als wäre nur diese Hülle, ihr Körper, und nicht ihre Seele, ihre Person da. Herendir hatte versucht sie dazu zu bringen etwas zu essen, was auch teilweise geklappt hatte. Genauso wie die Zwillinge hatte nicht nur Aragorn, sondern auch Estelon kein Erfolg mit der Elbin zu kommunizieren. Herendir war die einzige Person die es schaffte mit ihr in Verbindung zu treten, was wohl daran lag, dass sie sich schon das gesamte Leben lang kannten. Er kannte ihre Schwachpunkte und wusste wie er sie aufzumuntern hatte, mit ihr in Kontakt zu treten, ohne, dass sie ihn von sich ausschloss. Die Gruppe hatte Glück, dass sie wenigstens mit Herendir sprach - wenn man es so nennen konnte. Es waren lediglich einige Körperreaktionen wie ein Nicken, ein Kopfschütteln oder ein Schulternzucken. Sehr wenig, dennoch nützlich.
"Melwen...", sagte Jemand sanft. In der Tür, die geöffnet wurde, stand Herendir. Mit seinen Händen trug er ein Tablett, auf dem eine Schüssel gefüllt mit Suppe, ein Löffel und eine Tasse Tee waren. Melwen sah nicht zu ihm, sah weiterhin die Wand an. "Ich habe dir etwas mitgebracht", fuhr er fort, trat ein und schob mit seinem Fuß die Tür zu. Er lief zu dem Tisch, neben dem Bett, stellte das Tablett vorsichtig ab und blieb dann vor Melwen stehen. Man hätte der Meinung sein können, dass sie ihn ansah, doch wenn man die Lage näher betrachtete, schien es so, als würde die Elbin durch ihren besten Freund starren. Er kniete sich nun zu ihr hinunter, schweigend musterte er sie. Es befand sich noch immer Blut von einigen Orks in ihrem Gesicht, an ihrer Kleidung und Händen. "Warte einen Moment...", murmelte der Elb, stand wieder auf und lief in das Badezimmer, um dort einen Lappen nass zu machen. Als er wieder vor Melwen stand, hatte sie sich noch immer nicht geregt. Herendir schluckte, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich vor sie. Er nahm ihren Kinn in seine Hand, nahm den Lappen in seine Freie und fing an ihr Gesicht von dem Blut zu befreien. Er wusste nur zu gut, dass er sie jetzt nicht dazu bringen konnte es selbst zu machen, weshalb er es gleich übernahm. Währenddessen versuchte er sie zum Reden zu bringen, doch scheiterte er kläglich. Sobald er fertig war, stand er auf, schob den Stuhl wieder bei Seite und musterte sie erneut für einen kurzen Moment. "Vergiss nicht, dass dort Essen und Trinken steht. Ich werde dich jetzt wieder alleine lassen... Du weißt ja, wenn es ein Problem geben sollte, ruf mich einfach..." Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln, drückte ihr einen Kuss auf den Haarscheitel und verließ das Zimmer.
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