Kapitel 15

"Hallo, Tochter.", sprach Galadriel und blickte mich mit Celeborn an.

Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und sah zu Herendir. Tochter? "Wie ich sehe, entwickelst du bereits deine Kräfte.", lächelte Celeborn mich an und trat mit Galadriel näher. Sie wirkten beide überaus fröhlich. "Wir haben dich erwartet. Du kamst jedoch schon viel zu früh. Deine Kräfte scheinen jetzt schon stark zu sein.", sagte Galadriel und sah mir in das Gesicht.

"Dies musst du noch einige male durch machen.", meinte sie und deutete auf meine Finger, wo mein Blut dran klebte. "Mit der Zeit wird es jedoch weniger schmerzvoll.", fügte Celeborn hinzu.

Mit einem hilflosen Blick sah ich sie an. Was geht hier vor?

"Tochter?", fragte ich lediglich in einem verwirrten Ton. "Warum nennt Ihr mich Tochter?" "Weil, Melwen Ithildin, du unsere Tochter bist.", sprach Galadriel und sah mich mit einem Lächeln in Gesicht an. "Es ist schön das du endlich hier bist. Wir haben so lange auf dich gewartet." "Es tut mir leid, aber mein Vater und meine Mutter sind seit einigen Jahren tot.", gab ich verwirrt von mir und sah zu Herendir, er konnte es bestätigen.

"Dies waren nicht deine Eltern.", sprach Celeborn und musterte mich, als ich wieder zu ihm und Galadriel blickte. "Wer waren sie sonst?", fragte ich. "Normale Elben, denen wir dich als kleines Kind gaben.", antwortete Celeborn. Ich schüttelte den Kopf, "Das kann nicht sein.", meinte ich. "Wir dachten uns, dass du so reagierst.", sagte Galadriel und nahm meine Hände in ihre. "Ich werde dir beweisen, dass wir dir die Wahrheit sagen.", mit diesen Worten verschwanden Galadriel und Celeborn vor meinen Augen.

Es war ein grauer, regnerischer Abend, der von Fackeln erhellt wurde. Ich erkannte vier Elben, die ihre Kapuzen über ihren Köpfen gezogen hatten, an einem Tor und trat zu ihnen heran. Nach genauem hinsehen, erkannte ich meine Eltern, Galadriel und Celeborn. Galadriel hielt etwas auf den Armen. Ein Säugling. Mich. "Passt gut auf sie auf.", sagte Galadriel mit Tränen in den Augen und sah auf mein kleines Ich herab. Sie legte ihre Lippen liebevoll auf die Stirn meines kleinen Ichs und küsste sie. "Wir werden sie mit unserem Leben beschützen.", versicherte mein Vater Galadriel. Celeborn wiederholte die Geste Galadriels und übergab mich meiner Mutter. "Ihr wird nichts zustoßen, meine Herrin.", sagte meine Mutter zuversichtlich und lächelte Galadriel an. "Lebt wohl.", verabschiedeten sich mein Vater und meine Mutter von Galadriel und Celeborn. "Lebt wohl." Somit verschwanden meine Eltern mit meinem kleinen Ich. Nun standen nur noch Galadriel und Celeborn am Tor, der Regen wurde stärker und es strömte in Massen. Sie sahen alles andere als glücklich aus, man sah ihnen die Trauer an. "Eines Tages wird sie den Weg zu uns zurück finden, melethril.", sprach Celeborn leise und zog Galadriel in seine Arme. "Als wunderschönes, starkes und mächtiges Mädchen.", sagte er und küsste Galadriel auf die Stirn. "Wir werden sie wieder sehen.", versprach er. Das Bild von ihnen verschwand vor meinen Augen und ich befand mich wieder in einem Raum, vor mir standen Galadriel und Celeborn. Herendir, Legolas und Haldir waren nicht mehr anwesend und die Tür war wieder geschlossen.

Galadriel ließ meine Hände los und ich sah sie melancholisch an, das Zimmer erfüllte eine Stille.

Sie sind wegen mir gestorben. Sie haben ihr Leben für mich gegeben. Ich begriff, dass meine Eltern, die nicht meine leiblichen waren, wegen mir gestorben sind. Weil sie mich beschützt haben.

"Warum?", fragte ich mit leiser Stimme. "Warum habt ihr mich weg gegeben?" Ich sah nun auch Celeborn an. "Man hätte versucht dich umzubringen oder gefangen zu nehmen.", sagte er. "Wer hätte es versucht?", stellte ich wieder eine Frage. "Die Untertanen Saurons." Sauron? "Warum?" "Weil du mächtig bist, Melwen. Du hast starke Begabungen, die für sie tödlich und nützlich wären." Und plötzlich wurde mir alles zu viel. Meine Eltern waren gar nicht meine leiblichen Eltern, nein, es waren Galadriel und Celeborn. Meine leiblichen Eltern mussten mich weg geben, weil die Untertanen Saurons versucht hätten mich umzubringen oder gefangen zu halten und ich habe mächtige Begabungen? "Entschuldigt mich.", sagte ich, stand auf und lief aus dem Zimmer.

Ich lief soweit, bis ich mich im Wald befand und alleine war. Alleine mit meinen Gedanken und Gefühlen die mich quälten. All die Gefühle, die ich versucht hatte zu verdrängen kämpften sich einen Weg zur Oberfläche. Ich versuchte gegen sie anzukämpfen, doch sie gewannen und nahmen die Oberhand über mich. So kam es, dass ich erschöpft auf die Knie fiel und laut aufschluchzte. Ich vergrub mein Gesicht in meine Hände und beugte mich nach vorn. Diese Schmerzen waren unerträglich. Alles spielte sich vor meinen Augen ab. Wie die Orks meinen Vater töteten, wie die Orks meine Mutter töteten, wie meine Freunde starben, wie das Dorf in dem ich einst lebte verbrannte, als wir von den Orks angegriffen wurden. Alle Erinnerungen, die ich versucht hatte zu verdrängen, brachen auf mich ein. Ich spürte wie mich starke Arme umschlossen und hörte wie jemand beruhigende Worte zu mir sprach. Ich lehnte mich an die Person, um Halt zu suchen und weinte weiter, ließ alle Tränen die sich sammelten hinaus. Ich wollte nichts mehr fühlen.

-

Mit neuer Kraft ging ich neben Legolas her, als wir den Weg zurück gingen. Er hatte es geschafft die Tränen zu stoppen und mir geholfen mich wieder auf die Beine zubringen. In mir schien sich ein Schalter umgelegt zu haben, was meine Gefühle angingen. Ich wollte nur noch Leuten, denen ich nahe stand Gefühle zeigen.

Als wir wieder zurück waren, nahm Herendir mich sofort in die Arme und ich lächelte ihn mit einem dankbaren Lächeln an. "Geht es dir wieder besser?", fragte er mich, als er mich los ließ. "Ja.", antwortete ich und räusperte mich. "Wir sollten rein gehen und Galadriel und Celeborn suchen, ich möchte Fragen beantwortet haben.", sagte ich und lief wieder in das Gebäude. Statt meinen leiblichen Eltern fand ich Haldir.

"Haldir!", rief ich, damit er auf mich aufmerksam wurde und ging auf ihn zu. "Sagt mir, wo sind Galadriel und Celeborn?", fragte ich barsch. Natürlich bemerkte Haldir meine Unfreundlichkeit. "Das werde ich Euch vielleicht sagen, wenn Ihr etwas freundlicher fragt.", sagte er mit einem provokanten Lächeln. Ich verdrehte die Augen, zog ein Kampfmesser aus meinen Stiefeln, drückte ihn an die Wand und hielt ihm das Messer an die Kehle. "Ihr solltet Euch ab sofort überlegen, wie Ihr mit mir sprecht.", sagte ich mit einem zuckersüßem Lächeln. "Sonst könnte es ganz schön ungemütlich werden, und das wollen wir doch lieber nicht, hm?", meinte ich und drückte das Messer etwas näher an seine Kehle.

"Nein.", sagte er und räusperte sich, da er sich nicht wehren konnte. Nach diesem Wort nahm ich zufrieden das Messer von seiner Kehle und steckte es wieder in meinen Stiefel. "Großartig. Also, wo sind sie?", fragte ich mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen. "Galadriel und Celeborn befinden sich im Thronsaal." "Schön, dann dürft Ihr uns gerne dorthin führen.", sagte ich und auch schon ein wenig später befanden wir uns vor dem Thronsaal. "Melwen, was war das denn gerade?!", zischte Herendir als Haldir verschwand. Legolas schien sich das selbe zu denken. "Was soll es schon gewesen sein?", fragte ich mit einem Lächeln und stieß die Tür zum Saal auf.

"Die Fragestunde kann fortgefahren werden.", sagte ich, als ich den Saal mit Herendir und Legolas betrat und lehnte mich an eine Säule. "Lasst uns das während des Essens klären.", sagte Galadriel zu uns und stand von ihrem Thron auf, Celeborn tat es ihr gleich.

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Ich setzte mich auf einen Stuhl und lehnte mich zurück. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu der Herrin und dem Herren Lothlóriens. Legolas und Herendir saßen neben mir, Galadriel und Celeborn vor mir. "Frag uns was du willst.", sagte meine leibliche Mutter mit ihrer sanften Stimme. "Celeborn sagte, dass ich Begabungen habe. Welche?", fragte ich.

"Sicherlich ist dir aufgefallen, dass deinen Körper ein weißes Licht umgibt, und, dass deine Haare sich in einen silbernen Ton verfärbt haben. Nun, das ist die Mondkraft. Mit ihr kannst du viel Schaden anrichten.", fing Galadriel an. "Welchen Schaden?" "Mehrere Gegenstände und Lebewesen verbrennen oder anbrennen lassen." "Und wie benutze ich sie?" "Du musst an das denken, was du machen möchtest." Ich hob die Augenbrauen. "Ich habe sie schon einmal benutzt.", sagte ich und fing fragende Blicke von Galadriel und Celeborn ein. "Um mich zu wehren.", erklärte ich. "Kann ich es einmal mit einer Kerze probieren?", fragte ich. "Natürlich.", sagte Galadriel lächelnd und pustete eine Kerze, die auf dem Tisch stand, aus. Ich sah die Kerze an und stellte mir vor, wie die Kerze wieder angehen würde. Tatsächlich klappte dies und ich fing an zu grinsen.

"Welche Begabungen habe ich noch?", fragte ich begeistert. "Mentale Beeinflussung. Du kannst die Gedanken anderer beeinflussen.", sagte Celeborn. "Und die Verführung. Du kannst Personen zu etwas zwingen und sie werden es machen." "Wie mache ich das?", wollte ich wissen. Es wird ja immer besser! "Du siehst jemandem in die Augen und sagst das, was die Person machen soll." Ich drehte mich mit einem Grinsen zu Herendir. "Oh nein Melwen, das wirst du nicht machen!", sagte er in einem drohenden Ton. Er erwartete schon wieder das schlimmste. "Ich mache nichts schlimmes.", versprach ich ihm und sah ihn flehend an. Ergeben seufzte er, "Na schön.", sagte er. Ich grinste und sah ihm in seine Augen. "Sag mir, welchen Streich du dir für mich ausgedacht hast.", sagte ich. "Dich während des Schlafes mit Wasser überschütten.", kam er meiner Aufforderung nach. "Danke, du wirst jetzt vergessen was ich zu dir gesagt habe.", sagte ich mit einem Grinsen und wandte kurz meinen Blick von ihm ab. Er blinzelte und sah mich an. "Kannst du dich an was erinnern?", fragte ich ihn. "Nein, an nichts.", sagte er. "Großartig.", meinte ich und sah grinsend wieder zu meinen leiblichen Eltern.

"Noch etwas?", fragte ich. "Heilung,", sagte Galadriel, "du musst den Körper des Verletzten berühren und an seiner Heilung denken. Jedoch könnte dir das Kraft kosten." "Das wird ja immer besser.", sagte ich interessiert und lehnte mich nach vorne. "Das aber denke ich, sollte ich jetzt lieber nicht probieren.", meinte ich und spielte an meinem Amulett herum. Das Amulett!

Ich legte das Amulett ab und legte es auf den Tisch. "Thranduil meinte, dass du dieses Amulett wahrscheinlich kennst.", sagte ich und sah Galadriel an. "Tatsächlich kenne ich es.", bestätigte sie. "Dieses Amulett ist der eigentliche Grund, warum wir hier sind.", sagte ich. "Ich habe es in einem Haus gefunden. Als ich es zum ersten mal berührte, hatte ich kurze Schmerzen. Bei der zweiten Berührung konnte ich es problemlos berühren." "Dieses Amulett hat dir seine Kraft gegeben.", erklärte Galadriel. "Deswegen hat sie ihre Kräfte so schnell entwickelt.", sagte Celeborn und sah zu Galadriel. "Könnt ihr das Amulett berühren?", fragte ich. "Ja, das können wir.", sagte Galadriel und nahm das Amulett ohne Probleme in ihre Hand, worauf ich sie fragend ansah. "Wir können es berühren, da es für unsere Familie bestimmt ist.", erklärte sie und legte es wieder auf den Tisch. "Was hatte dieses Amulett dann in diesem Haus zu suchen?", fragte ich verwirrt. "Diese Frage können wir dir leider nicht beantworten.", sagte Celeborn. Also wussten sie es selber nicht.

"Dann gibt es noch diese Tätowierungen.", sagte ich und zog den Ärmel meiner langärmigen schwarzen Tunika hoch. "Daedelothgamp.", sagte Galadriel überrascht. "Schattenklaue?", fragte ich. "Die Tätowierungen sollten eigentlich erst in einigen Jahren eintreffen.", sagte sie. "In wie vielen Jahren?", fragte ich. "Fünfzig.", sagte Celeborn. "Warum sind sie jetzt schon da?", fragte ich verwirrt und zog meinen Ärmel wieder hinunter. "Weil du schon zu viel Kraft besitzt.", sagte Galadriel. "Ist das was schlechtes?" "Nein, ist es nicht." "Und was hat es mit ihnen auf sich?" "Du bist in der Lage einen mächtigen Drachen zu beschwören, dessen Name Schattenklaue ist. Man kann ihn nicht töten, da er, wie der Name schon sagt, aus dem Schatten kommt.", erklärte Galadriel. "Mehr kann ich dir zu ihm nicht erzählen, das kann nur er selbst."

Sprachlos sah ich sie an. "Das ist doch ein Witz, oder?" "Nein.", sagte Celeborn belustigt. "Das muss ich sofort ausprobieren.", meinte ich begeistert und stand auf. "Mach es doch hier, wir würden ihn auch gerne mal sehen.", bot Galadriel an und ich nickte.

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