Tradition Teil31


Das Bad war genau das Richtige, um endlich auch die letzten Spannungen abfallen zu lassen. Das warme Wasser wirkte beruhigend und einschläfernd, mehr noch auf Callum, als auf Jeremy. Aber das war auch nicht weiter verwunderlich. Als sie endlich warm und mit nicht geleckten, aber versorgten Wunden im Bett lagen, schlief Callum bereits, bevor Jem noch das Licht gelöscht hatte. Im Gegensatz zum Einschlafen, fiel das Aufstehen ungleich schwerer. Jem ließ Cal schlafen, bis es nicht länger ging. Er hatte inzwischen ein paar E-mails erledigt sowie einen Anruf bei seinem Verleger, dann war schließlich auch das Frühstück fertig und der Hund gefüttert. Zeit also, dass Jem seinen Süßen weckte. Wie er so nackt und kaum zugedeckt dalag und schlief, hätte sich Jem am liebsten einfach nur wieder dazugelegt, um gleich darauf über ihn herzufallen. Dann allerdings kämen sie viel zu spät bei seinen Eltern an. Von London bis Cambridge wäre die Fahrt mit dem Auto zwar in etwa eineinhalb Stunden schnell gemacht, aber Callum würde noch ein paar eigene Klamotten brauchen. Wenn er ständig in Jems Sachen herumliefe (was er wirklich gern tat), wäre sofort klar, dass sie mehr als Freunde waren. Auch würde Callum dringend einen Pyjama brauchen. Auf seinem Handy fand Jem eine Nachricht seiner Mum. Wann kommst du?J Sie war immer so ungeduldig. Frühestens Teezeit, xxx Das müssten sie schaffen. Cal räkelte sich inzwischen in den Laken, was bedeutete, dass er so gut wie wach war. „Zeit zum Aufstehen, Cupid." Callum murrte irgendwas Unverständliches ins Kissen, das wie eine Beschwerde klang. Jem grinste. Nein, er hätte auch nichts gegen Sex am Morgen, aber er hätte was dagegen, Callum zu wecken, wenn der wirklich mal ohne Alpträume tief und fest schlief. Er war noch längst nicht erholt. Völlig schlaftrunken wühlte Cal sich jetzt hoch und blinzelte. Okay, also ein Kuss war schon drin und Jem kam dafür auf die Bettkannte. „Mmmm... hmm, wir sollten nicht trödeln", rang Jem sich ab. Cal verdrehte die Augen. „Pfff, du bist immer so... vernünftig."

„Du stehst auf vernünftig."

„Da könntest du recht haben, aber vielleicht steh ich auch auf sonst vernünftig, nur jetzt gerade völlig leichtsinnig..."

„Du machst mich völlig irre..."

„Sag ich doch."

„Cupid... wir ... sollten... wirklich..."

Es war tatsächlich nicht so leicht, sich jetzt zusammenzureißen. Cal zog ihn zu sich und küsste und ließ seine linke Hand über Jems Schenkel wandern. Das war...heiß...nein, ging jetzt nicht.

„Mmmmm...hhhhmmpf, leider... ist das... ernst." So leid es ihm tat, er schob die Hand weg, sodass Cal enttäuscht murrte.

„Also gut..., weil du es bist... Aber das muss alles schnell gehen, sag bitte, dass es nur ein paar Tage sind, denn ich halt's nicht aus, ohne dich."

Jem lächelte entschuldigend. „Nur ein paar Tage, ganz bestimmt. Du weißt, es muss sein."

„Ich weiß."

„Zieh dir was an und komm frühstücken."

„Wie wär's, du ziehst dich aus und ich fress' dich?"

Oh, hellfire! „Bei nächster sich bietenden Gelegenheit, Cupid."

Eine gute Stunde später waren sie beinahe reisefertig. Cal führte den Hund kurz aus, während Jem seinen silberfarbenen Beetle holte, der in einer Mietgarage stand. Weitere anderthalb Stunden später hatten sie noch ein paar Sachen zum Anziehen für Cal besorgt. Das mit dem Pyjama gefiel ihm gar nicht. Erstens war er es nicht gewohnt, zweitens fand er es überhaupt nicht sexy und drittens fand er, es sei rausgeschmissenes Geld, weil er so ein Teil nie wieder brauchen würde. Jem überredete ihn schließlich zu Boxershorts und T-Shirt, was zugegebener Weise eher nach Cals Ding aussah. Was außerdem hermusste, war ein Jackett. Immerhin würde es vielleicht zu einer Gerichtsanhörung oder gar Verhandlung kommen. Cal war nur froh, dass Jem nicht auf irgendwelche Flanellhosen oder sowas kam. Ansonsten war Cal nicht gerade kompliziert oder wählerisch. Er probierte, was Jem ihm aussuchte und sah darin zweifellos gut und besser aus. Als der Blonde ihn fragte, ob er sich nicht selbst was aussuchen wollte, schüttelte er allerdings den Kopf. Jem blieb das ein Rätsel, aber er wollte sich das Nachfragen für später aufheben. Als sie dann im Wagen fuhren, schaute Cal nachdenklich aus dem Fenster und Jem hielt die Ungewissheit nur so lange aus, bis sie das Stadtgebiet von Greater London hinter sich gelassen hatten.

„Was ist mit dir, Cal, du hast doch was?"

„Nein, lass, ist nicht so wichtig."

„Doch, das ist es. Dir ist alles egal, du redest nicht... was ist los?"

„Also gut. Ich weiß kaum etwas über deine Familie und jetzt fahren wir da hin", gab Cal jetzt zu, wenn auch ungern. „Ich hab' Panik. Was ist, wenn die mich hassen?" Er klang mehr als nur besorgt, fast schon verzweifelt.

Jem schüttelte abwehrend den Kopf. „Das werden sie nicht. Glaub mir."

„Wer sind die? Was machen die? Ich weiß gar nichts."

„Das stimmt so nicht. Mein Dad ist ein richtig guter Anwalt. Deshalb fahren wir da hin. Er wird dir helfen. Und er ist manchmal etwas sehr traditionell, aber er meint es nicht so."

„Was soll das heißen?"

„Na ja, er musste erst kapieren, dass ich keinerlei juristisches Gespür habe, um dann zu kapieren, dass das, was er immer meine In- die- Luft- Guckerei genannt hat, mein eigentliches Talent ist. Jetzt ist er stolz darauf, dass er einen Sohn hat, von dem man Bücher im Laden findet, mit interessanteren Themen als Scheidungsrecht. Er hat gedacht, ich setze die Familientradition fort. Aber so ist es eben nicht. In mehr als einer Hinsicht", betonte Jem und blickte kurz lächelnd zu Cal.

„Und deine Mum? Was macht sie?"

„Oh, sie ist die eigentliche Pferdenärrin. Ich meine, so richtig. Ihr Teil der Familie züchtet Vollblüter auf der Familienfarm. Meinen Vater hat sie auf einem Poloturnier für Cambridge- Studenten kennengelernt. Er ist wasserscheu und rudert nicht."

„Also auch ein Pferdenarr?"

„Nicht so wie sie. Reitsport gehört zu seinem Leben, für sie ist er das Leben. Für meinen Dad ist es mehr ein Hobby, so wie für mich. Meine Schwester ist wohl diejenige, die nach meiner Mum kommt. Ich kann gar nicht sagen, wann ich sie zuletzt auf dem Boden und nicht auf nem Pferd gesehen habe."

„Du hast eine Schwester?"

„Mary- Anne, zwei Jahre älter als ich und mit einem Jockey verheiratet. Einen kleinen Sohn haben die. Sie wohnen auf dem Land bei Mum. Wir fahren in die Stadt. Mein Vater hat da ein Stadthaus, weil er dort in der Woche arbeitet. Ob Mum gerade da oder auf der Farm ist, werden wir sehen."

„Leben deine Großeltern noch?"

„Einen Opa habe ich noch. Auch auf der Farm."

„Und du glaubst, dass die mich mögen werden? Deine Familie aus Pferdenarren und der Anwalt?"

Alles was Jeremy gerade erzählt hatte, machte Cal nicht gerade sicherer, was das anging. Jem kam aus einer Familie, die es sich leisten konnte Vollblüter zu züchten und in Cambridge zu studieren. Und er hatte keine große Ahnung von Traditionen oder Stammbaum, aber ein Paar, das seinen Kindern Namen aus der Bibel gab, waren ganz bestimmt keine Hippies. Jeremy Josiah, Mary- Anne - Fuck.

Jeremy fuhr links ran. Er hatte das dringende Bedürfnis, Callum anzusehen, um ihm zu versichern, dass es so wäre. Wenn er so unsicher war, wirkte er wieder viel jünger als zwanzig und Jem lehnte sich zu ihm herüber und legte ihm eine Hand an die Wange, um ihm so in die aquamarin- farbenen Augen zu sehen. „Ich liebe dich, das ist es, was zählt und meine Familie wird das verstehen und sie werden dich auch lieben. Klar?"

Cal sagte nichts, also stimmte was nicht. „Was hast du? Ich kann dir nicht helfen, wenn du es nicht sagst..."

Callum rang mit sich selbst, dann sprach er es endlich aus. „Ich... ich kann deinen Vater nicht anlügen. Dann mach ich alles kaputt. Bestimmt. Und wenn wir ihm die Wahrheit sagen, dann rastet er auch aus. Du schleppst da einen Typen aus der Gosse an..."

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