Penis II Teil72
Draußen schien die Sonne. Jem wollte nichts anderes, als raus aus dem Saal und irgendwo, wo es schön war, diese dreißig Minuten mit Callum verbringen. Immerhin fanden sie mit Alexanders Hilfe im Nu einen kleinen Innenhof, wo die Luft frisch war und ein paar Blumenkästen vor den Fenstern hingen und eine kleine Mauer um ein Blumenbeet ging. Auf diese setzten sie sich und Alexander schlug vor, dass er, Rory und Roger noch etwas zu essen und Kaffee besorgen würden. Er wollte den beiden einen Moment allein geben.
„Ich will, ich brauche nichts", versuchte Callum abzuwinken, doch ein „Keine Widerrede" von Alexander machte deutlich, dass er davon überhaupt nichts hielt. Also zogen die drei mit Alexander vorweg los und Jem zögerte jetzt nicht sondern zog Callum an seine Brust, kaum dass sie saßen. Er wollte ihn halten und trösten und ihm sagen, dass alles gut werden wird. Callum zitterte ein wenig, was Jem nicht verwunderte.
„Du warst richtig tapfer da drinnen", begann er, strich ihm zärtlich über den Rücken und gab ihm einen Kuss aufs Haar.
„Ich hab dreckiges Zeug gesagt..."
„Das kann dir keiner übel nehmen. Und dieser Johnson hat noch mehr dreckiges Zeug gesagt. Mach dir deswegen keine Sorgen."
„Tu ich aber. Ich kann diese Liste auswendig und trotzdem red' ich so, das ist..."
„Schscht, lass gut sein. Glaubst du, mein Dad würde uns jetzt Sandwiches und Kaffee holen, wenn der sich wegen sowas Sorgen machen würde? Vertrauen wir ihm, ja?!"
Callum schaute Jem an. Da war natürlich echt was Wahres dran.
„Ist's jetzt besser?" Jem lächelte aufmunternd. Seine eigene Zeugenaussage war ein Kinderspiel gewesen. Und Cal müsste ganz sicher nochmal in den Zeugenstand. Da wollte er ihm allen Halt und Zuspruch geben, die er zu geben hatte.
„Ist besser, ja", flüsterte Cal. „Hast du die Frau und seine Kinder gesehen?"
„Die waren nicht zu übersehen. So eine bescheuerte Taktik, die mitzubringen." Ohne es zu wissen, war Jem das Gleiche aufgefallen wie seinem Vater. Aber das meinte Callum nicht.
„Da ist noch mehr."
„Was denkst du?"
„Er lässt sie diesen Prozess durchsitzen, damit sie Eindruck machen, als Familie. Aber der Eindruck, den sie machen ist mies. Die wissen es. Die wissen, was ihr Mann oder ihr Vater für ein Typ ist."
Jem nickte. „Wir sollten es Alexander sagen."
„Hm, ja." Das sollten sie, aber Cal hatte nicht das Gefühl, dass das schon alles war.
In dem Moment kamen Alexander, Rory und Roger mit der Stärkung in den Hof, was Cal erstmal ablenkte, aber er würde es nicht vergessen...
Die drei bemerkten den Sonnenschein im Hof und setzten sich rechts und links neben das Paar. „So, hier sind ein paar Sandwiches aus der Court- Cafeteria", verkündete Alexander und reichte jedem eins, „wobei ich ja wetten würde, die lassen sie aus Pentonville Jail kommen, aber, naja..."
Jem lächelte seinen Dad dankbar für den Scherz an. Leider lag der mit seiner Einschätzung jedoch irgendwie richtig. Roger verteilte Coffee-to-go aus einem Automaten und Rory hatte für alle ein Snickers. Er grinste, als er jedem eins gab.
„Also ich trinke dieses Gebräu darauf, dass wir alles bald überstanden haben", bemerkte Roger über seinen Kaffee und verzog etwas das Gesicht.
„Du warst toll, Roger", kam es von Cal.
„Oh, du warst besser. Der Typ sollte sich warm anziehen."
„Das seh ich genau so", fuhr Alexander fort. „Die Jury wird entscheiden müssen, wem sie glaubt und deine Version ist bisher sehr überzeugend."
Rory stimmte dem zu. „Ich habe die Jury beobachtet und denke, dass das stimmt. Die fanden 'ne Menge, von dem, was du gesagt hast echt authentisch. Das mit dem harten Leben auf der Straße oder dass dir die Frau leid tat."
„Was glaubst du, wie lange das noch geht, Dad?", wollte Jem wissen.
„Das kommt darauf an, ob Mister Higgins und Johnson noch irgendeinen Trumpf im Ärmel haben."
„Was könnte das sein?", fragte Callum, nicht ohne Sorge.
„Schlimmstenfalls ein Zeuge, der Johnsons Version bestätigt. Was wohl unmöglich ist, es sei denn, der wäre gekauft oder manipuliert."
„Shit."
„Du solltest dich auf alles vorbereiten und unbedingt weiter die Wahrheit sagen. Wenn's geht, mit Wörtern von der Liste."
„Ich versuch's."
Jem musste Callum dafür einfach einen Schmatzer auf die Wange geben. „Es ist bald geschafft", fügte er hinzu. Und wie so manches Mal, fiel ihm wieder etwas auf, was wohl sonst kleiner bemerkte. Callum war der Einzige, der sich nicht mal im Scherz über das miese Essen beschwerte...
„Die Verhandlung wird fortgeführt und ich rufe somit Mister Callum Robinson erneut in den Zeugenstand", ließ Richterin Clarke die Anwesenden wissen und wandte sich dann an die Anwälte. „Meine Herren, ihr Zeuge."
Callum hatte sich gesetzt und wartete, jetzt wieder gefasst.
„Ich habe keine Fragen", gab Alexander Higgins den Vortritt. Es würde doch mit dem Teufel zugehen, wenn der Mann nicht noch weitere taktische Fehler machen würde, sobald man ihn ließ.
Higgins baute sich nun vor Callum auf, so dass er dessen Sicht auf Jem, Rory und Roger praktisch versperrte. War das die Taktik? „Mister Robinson, als sie die Polizeistation betraten, um Anzeige zu erstatten, da hatten Sie keine Ausweispapiere. Ist das korrekt?"
Callum blinzelte. Worauf wollte der Typ jetzt hinaus? „Ja, das stimmt."
„Warum hatten Sie keine Papiere?"
Callum blieb keine Zeit, zu überlegen, ob das eine Fangfrage war, also begann er wieder vorsichtig.
„Ich war 'n Ausreißer. Die Papiere hatte mein", das Wort fiel ihm schwer, „Pflegevater. Ich lebte auf der Straße. Ich hab' die Papiere nie gehabt und nicht gebraucht."
„Wenn Sie sagen 'nicht gebraucht', was meinen Sie dann?"
„Na, man braucht sie nicht, auf der Straße. Es interessiert niemanden, wer man ist oder wie man heißt." Was sollte das?
„Mister Robinson, sind Sie ein ehrlicher Mensch?"
WTF!? „Ja. So weit ich das beurteilen kann..."
„Bitte antworten Sie nur wahrheitsgemäß mit ja oder nein." Higgins verzog keine Miene.
„Ja, ja, ich bin ein ehrlicher Mensch."
„Also schön. Dann erklären Sie uns, der Richterin und der Jury bitte die Bedeutung des Namens Kevin."
KEVIN. Kevin. Warum gerade Kevin? Callum hatte so viele Namen benutzt, aber den Namen hatte er J genannt.
„Wir hören, Mister Robinson..."
Callum musste sich räuspern. „Kevin ist der Name, den ich Mister Johnson genannt habe."
„Warum haben Sie Mister Johnson einen falschen Namen genannt?"
„Weil... weil ich meinen richtigen Namen nicht nennen wollte."
„Also haben Sie gelogen."
„Einspruch, Euer Ehren", ging Alexander dazwischen. „Meinem Mandanten werden Worte in den Mund gelegt."
„Stattgegeben."
„Mister Robinson, wie würden Sie das nennen, was Sie getan haben?" Higgins' Mundwinkel verzog sich zu der Andeutung eines Grinsens.
Callum wünschte, er könnte Jem sehen. Dem hatte er auch einen falschen Namen genannt. Das war nicht die Frage. „Das... das machte es leichter für mich. Ich habe irgendwelche Namen benutzt, vor allem, wenn ich mit Männern zusammen war, aber ni-nicht meinen richtigen."
„Wie würden Sie das bezeichnen?" Higgins ließ nicht locker.
„Als Lüge, ja. Ich habe diese Männer, ich habe auch Johnson angelogen, als ich sagte, ich heiße Kevin."
„Eben haben Sie unter Eid ausgesagt, dass Sie ein ehrlicher Mensch sind. Was sollen wir denn jetzt glauben?"
Callum wurde schlecht.
Alexander kam zu Hilfe. „Callum, was hast du gemeint mit 'das machte es leichter'?"
Callum schaute ihn an. Wenn die Frage von Alexander kam, dann war sie gut für ihn. Er überlegte nur, wie er es formulieren sollte. „Haben Sie mal darüber nachgedacht, was die Leute alles sagen, wenn sie... Sex haben? Oder warum sie das eine oder das andere sagen? I-ich hab' echt jeden Sch...Spruch gehört. Und sie haben mir alle möglichen Namen gegeben." Er zögerte wieder, weil ihn die Erinnerung innerlich schmerzte. „Kleiner, Süßer, geile kleine Sau, Söhnchen, Fucktoy, Daddys Liebling, dreckige Hure, Hurensohn, Entschuldigung, tut mir leid, ich weiß, dass das nicht die passende Sprache ist. Aber so war das immer und immer wieder. Und ich wollte nicht, dass irgendwer mich bei meinem richtigen Namen nennt, wenn er mich nimmt und sich womöglich vorstellt, dass er seinen Sohn fickt oder den Schulkameraden vom Sohn... Ich habe denen überhaupt nur einen Namen gegeben, damit sie vielleicht irgendwas Besseres sagen. Ich habe denen immer gesagt, sie sollen besser die Klappe halten..." Callums Stimme brach ab.
Higgins nutzte den Moment. „Also boten Sie sowieso jedem, auch meinem Mandanten diesen erfundenen Namen an."
„Ja."
„Hat er ihn benutzt?", wollte Alexander wissen.
„Einspruch, Euer Ehren, das suggeriert einen sexuellen Zusammenhang."
„Stattgegeben."
„Ich formuliere anders. Hattest du Grund zu der Annahme, dass sich Johnson für deinen wirklichen Namen interessierte?"
„Das war nie Thema. Er sagte alles Mögliche. Am liebsten mein geiler Kleiner oder Sunny."
„Es machte Ihnen also nichts aus", kam Higgins wieder hinzu, „als Sie Mister Johnson einen falschen Namen nannten?"
„Nein. Das am allerwenigsten."
„Ich habe somit keine weiteren Fragen", schloss Higgins.
Die Richterin schaute zu Alexander. „Ich ebenfalls nicht", sagte der.
„Dann habe ich noch eine Frage an Sie, Mister Robinson", wandte sich Clarke jetzt an Callum. „Wenn Ihre Version der Wahrheit entspricht, dann hatten Sie keinerlei Konsequenzen aus dem Vorfall an der Euston Station zu befürchten, da Mister Johnson nicht zur Polizei gegangen wäre. Sie aber sind zur Polizei gegangen, obwohl Sie für sich selbst mit Konsequenzen rechnen müssen..."
Bei dem Wort Konsequenzen krampfte Callum innerlich zusammen. Bitte alles, nur nicht in den Knast!
„...Bitte erklären Sie uns Ihre Motivation." Sie schaute ihn an.
„Meine Motivation?"
„Ja. Warum sind Sie zur Polizei gegangen."
„Weil... es der einzig richtige Weg war. Was Mister Johnson getan hat, war nicht richtig. Aber das war mir lange Zeit überhaupt nicht klar, weil ich dachte, ich hätte es nicht besser verdient. Ich hab dieses Gift genommen, als wäre mir gleich, ob ich lebe oder sterbe und das war's vielleicht auch. Man hat mir beigebracht, den widerlichsten Typen gefällig zu sein, weil ich zu nichts anderem tauge. Aber das hat sich geändert, als ich Jeremy begegnet bin. Und mit ihm wollte ich alles richtig machen. Ich wollte keine Drogen mehr und keinen Sex mit irgendwelchen Typen, wenn ich das überhaupt je wollte. Also hab ich Nein gesagt. Und Johnson wollte es trotzdem mit Gewalt tun und das ist falsch. Und ich habe schon Schlimmeres ausgehalten, aber wenn ich nicht zur Polizei gegangen wäre, dann würde J es mit wem anders tun. Und ich hätte das nicht verhindert. Darum bin ich hier. Und wenn ich jetzt... Konsequenzen kriege, dann muss ich das eben irgendwie auch aushalten. Aber der Typ kann keinem mehr wehtun..." Callum brach ab. Was könnte er auch sonst noch sagen? Dann fiel es ihm ein. Er könnte seine „Version" jederzeit beweisen und wenn es sein müsste, dann würde er das. „Eins noch. Die versuchen hier, mich wie'n Lügner aussehen zu lassen, Mister Higgins und Mister Johnson. Aber so wie die sagen, bin ich das nicht. Ich hab 'ne Menge Mist gesagt, aber noch nie gelogen, wenn es um was ging. Und bevor dieser Vergewaltiger-Arsch nicht in den Knast kommt, bis von mir aus die Sonne nicht mehr scheint, beschreibe ich jedem hier seinen verfickten Schwanz bis ins letzte Detail. Sorry, seinen Penis."
>>> Nur mal so: Ich hab von Gerichtsprozessen keine Ahnung. Wenn irgendwer einen Tipp hat, dann kann ich meine "Fantasie" (aus dem TV) ja mal überarbeiten;)
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