Liebe Teil84


Epilog

Zwei Jahre später

Fast auf den Tag genau zwei Jahre später gingen Jeremy und Callum mit Buster an dem Kanal spazieren, wo sie sich damals so schicksalshaft begegnet waren. Es regnete, so wie damals, was vielleicht sogar ein Grund war, warum sie an so einem regnerischen Tag ausgerechnet dort unterwegs waren. Jem erinnerte sich noch sehr gut dran. Der Hund war fortgelaufen und Callum hatte ihn festgehalten. Er hatte gesagt, er fände den Hund nett und er hatte sich Colin genannt und ihn noch am selben Abend mit einer ganz bestimmten Frage völlig aus der Fassung gebracht. Doch der junge Mann neben ihm, der sich unter ihrem Regenschirm an seine Schulter lehnte, war heute kaum wieder zu erkennen. 

Cal war nun schlank und muskulös, aber nicht mehr hager. Niemand, der ihn sah, würde in ihm einen Ex-Junkie sehen. Er war gesund und stark, seine Haut war rosig und unversehrt, mit Ausnahme von gelegentlichen Liebesbissen und Knutschflecken. Jem wusste, dass er nicht mehr die furchtbare Angewohnheit hatte, überall nach Fluchtwegen zu suchen und auch die Träume des Nachts kamen viel seltener und wenn sie kamen, dann tat der Blonde sein Möglichstes, um sie wieder vergessen zu machen. Die Bewährung war längst ohne Probleme verstrichen und was Jem und sein Vater vermutet hatten, hatte sich bewahrheitet. Callum war schlau und hätte bald den Schulabschluss in kürzester Zeit nachgeholt. Den Job im Theater machte er immer noch und würde den weiter machen wollen, erst recht, wenn er demnächst eine Ausbildung zum Theaterpädagogen anfangen würde. Er wollte mit Jugendlichen arbeiten und er würde es lieben, ihnen die Stücke zu vermitteln, die er selbst mit nicht nachlassender Begeisterung aufnahm. 

Seit Jem und Cal fest zusammen waren, schien außerdem sowas wie ein Charity oder Sozial- Trend in seiner Familie ausgebrochen zu sein. Seine Mutter, die einen echten Narren an Cals Schwiegersohn-Qualitäten gefressen hatte und seine Schwester organisierten neuerdings Reiterferien für Jugendliche, die aus problematischen Familienverhältnissen stammten. Kostenlos, selbstverständlich. Das war eine Idee von Callum gewesen, nachdem er es geschafft hatte, dreimal ein Pferd zu besteigen und oben zu bleiben. So hatte das zumindest Jems Großvater beschrieben. Alexander leitete eine großangelegte gerichtliche Untersuchung zu den Missständen in ihrer Majestät Jugendämtern, in denen Korruption, Inkompetenz und mangelnde Sorgfalt bei der Auswahl von Pflegeeltern offenbar an der Tagesordnung waren. Jem selbst hatte ein Kinderbuch veröffentlicht, in dem er seine Erlebnisse mit Cal verarbeitet hatte. Es ging um einen verstoßenen kleinen Hund, einen Labradoodle mit einem eingerissenen Ohr, der eines Tages einen Hundefreund findet und gemeinsam kämpfen sie gegen eine böse Hundegang in den Straßen Londons. Inzwischen arbeitete er am zweiten Teil seines historischen Romans und wenn Cal mit Hausaufgaben fertig war, lasen sie gemeinsam ein neues Kapitel. 

Rory sahen sie regelmäßig, denn er wohnte jetzt ganz in der Nähe, in Kentish Town, hatte sein schäbiges Auto gegen ein Motorrad ausgetauscht und datete die Hauptdarstellerin des Theaterstücks, für das er die Technik leitete. Die hatte er inzwischen auch am ersten Weihnachtstag mitgebracht, als alle gemeinsam bei Westenras in Cambridge versammelt waren. Am zweiten Weihnachtstag hatte er sie, Callum und Jem mitgenommen zu seinen Pflegeeltern, Dawn und Patrick. Die beiden luden jedes Jahr an dem Tag alle ihre ehemaligen Pflegekinder zu sich ein und dort hatten sie auch Sullivan wiedergesehen. Der hatte die Schule abgeschlossen und beendete jetzt ein freiwilliges ökologisches Jahr auf den Hebriden. Er hatte inzwischen losen Kontakt zu seinen Schwestern, nicht mit der Mutter. Aber er sagte, er habe es nicht bereut, seine ohnehin kaputte Familie damals verlassen zu haben.

Roger war nach wie vor der beste Nachbar von der Welt und sprang immer ein, wenn Jem und Cal einen Hundesitter brauchten. Mit einem Hund Gassi zu gehen, so sagte er, sei die perfekte Entschuldigung dafür, andere Hundebesitzer anzusprechen. Und früher oder später würde er bestimmt die Hundebesitzerin seiner Träume kennenlernen. Erst kürzlich war Mrs. Pennygrin ausgezogen und eine höchst interessante Polizeikommissarin mit Schäferhund war eingezogen. Jem und Cal warteten jederzeit auf ein Update in Rogers Beziehungsstatus...

„Woran denkst du?", fragte Cal, als er bemerkte, dass Jeremy für eine Weile nichts gesagt hatte.

„An dich und mich, wie wir uns kennengelernt haben. Und was seitdem passiert ist."

Cal lächelte. „Da ist 'ne Menge passiert", fand er.

„Ja genau. Nur Gutes."

Dafür gab es direkt einen Kuss im Regen, unter dem Regenschirm.

„Find' ich auch. Du bist das Beste, was mir je passiert ist."

„Du bist der Beste, den ich finden konnte."

„Gefunden hat mich Buster."

„Das romantisierst du."

„Romantisieren? Ich weiß gar nicht was das heißt..."

„Du spinnst, ich liebe dich."

„Und ich dich erst."  




>>> So, ihr lieben und treuen Leser/-innen. Es bricht mir ein bisschen das Herz, aber die beiden sind auf dem allerbesten Weg und den werden sie ganz sicher finden. Zeit, sie gehen zu lassen:)  

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