Homo Teil64

Jem konnte es inzwischen kaum noch erwarten, mit Callum allein zu sein. Das war alles super: Cals Bruder auf der Couch, sein Vater, der Super-Anwalt, Roger als der beste Nachbar der Welt und der Labradoodle, der jetzt sozusagen zur Familie gehörte. Aber Jem war nicht weniger ein Mönch als Cal und diese Eisverkäufer- Sache, die war irgendwie sexy, zumindest in der Phantasie des Cowboys. Und abgesehen davon: Er konnte es kaum erwarten, sein Geschenk zu übergeben. Er hatte noch nicht die passenden Worte überlegt, aber er würde sie sicher bald finden.

Als Alexander irgendwann mit seinen Erläuterungen abgeschlossen hatte, schlug Jem vor, dass Cal und er ihn mit dem Hund noch ein Stück begleiten würden. Es war inzwischen auch spät geworden und Alexander ließ sich gern bis zur nächsten U-Bahn Station bringen, wo er dann ein Taxi nahm, das ihn zu seiner Stadtwohnung brachte.

„Ich mag deinen Dad", gab Callum zu, als sie noch einen kleinen Weg mit Buster einschlugen. „Irgendwie glaube ich, er wird das hinkriegen."

„Ganz bestimmt sogar. Und ich denke, er mag dich auch."

„Meinst du?"

„Ja sicher. Wer dich kennt, der muss dich mögen, du sexy Eisverkäufer."

Cal musste direkt auflachen. „Ich glaube nicht, dass sexy da einen Unterschied macht."

„Das meine ich auch nicht. Ich meine, du bist immer sexy. Als alte-Damen-Beschimpfer, Beifahrer, Tee-Eingießer, mein Boyfriend ..." Jem ging sowieso dicht neben Callum und nahm jetzt seine Hand und beugte sich zu ihm, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. Mitten auf der Straße. Könnte ruhig jeder sehen, wie glücklich er war und neidisch sein.

„Wofür war der jetzt?", begann Cal und lächelte, als eine raue, betrunkene Männerstimme die beiden zusammenfahren ließ.

„Verfickte Homos, geht euch woanders an die Ärsche!"

Buster begann unkontrolliert zu kläffen und Cal, dessen Instinkte für jede Art von Angriff noch immer geschärft waren, fuhr zielsicher in die Richtung herum, aus der die Stimme kam. Da standen ein paar Typen mit Biergläsern vor einem Pub. Jem hielt ihn reflexartig fest am Arm.

„Wen nennst du hier Homo, du Affe?" Cals aggressive Stimme verriet auch seine Alarmbereitschaft. Er richtete sich gleichzeitig zu voller Größe auf und schien jeden Muskel anzuspannen.

„Lass, das ist es nicht wert", versuchte Jem zu besänftigen. Ihm war es nicht möglich, zu erkennen, welcher dieser Männer den Spruch gemacht hatte und er hielt es für keine gute Idee, sich mit allen anzulegen.

„Komm hier weg, lass..."

Buster kläffte noch immer und ähnlich zielsicher wie Cal. Affe fühlte sich offenbar angesprochen und einer der Männer baute sich innerhalb der Gruppe ebenfalls mächtig auf. Ein Blick von Cal zu Jem sagte ganz deutlich der da war's, aber dann wurde sein eigener Ausdruck sanfter, als er sah, dass Jems Augen ihn regelrecht anflehten, sich zu beruhigen.

„Du..."

„Nein, lass. Das ist es nicht wert. So sind wir nicht." Jem klang auch flehentlich.

„Shit." Cal gab nach. Buster kläffte.

„Kommt, Cupid, Buz, wir gehen nachhause", schlug Jem vor und zog ihn langsam weg.

Cal senkte den Blick und versuchte, ruhig zu atmen. Sein Freund hatte ihn Cupid genannt. Das brachte ihn wieder zur Vernunft. Was würde das bringen, wenn sie sich auf der Straße mit ein paar Arschlöchern anlegten, die solche ... solche ..., Cal hatte kein Wort für homophob, eben solche Sprüche machten. Nichts. Jem hatte recht. So waren sie nicht.

Die beiden gingen jetzt zügig weiter, wobei sich Cal noch einmal umdrehte, um sicher zu gehen, dass ihnen keiner von den Typen folgte.

„Das war knapp", bemerkte Jem in sicherer Entfernung.

„Das war's."

„Sowas hab' ich noch nie erlebt. Aber wie auch."

Cal sagte nichts.

„Du schon ..."

Cal musste nichts sagen. Er wirkte noch immer angespannt und Jem fiel jetzt etwas ein, womit er ihn wieder aufmuntern könnte. „Weißt du, was dabei eben beinahe witzig war?"

Cal schaute neugierig. „Was denn?"

„Na, der Typ hat uns Homos genannt. Auf Latein bedeutet das Mensch. Und du hast ihn einen Affen genannt. Passt irgendwie." Er zog eine Augenbraue hoch, in der Hoffnung, dass Cal es auch witzig finden würde.

Cal grinste jetzt ein wenig schief. So wirklich witzig fand er es nicht, aber Jems Versuch, ihn aufzuheitern, war echt. Und Latein zu können schien nützlich.

„Danke, dass du auf mich aufpasst", brachte er dann heraus.

„Jederzeit. Danke, dass du dich für uns geprügelt hättest."

Oben in Jems Wohnung schlief Rory bereits. Im Wohnzimmer war kein Licht mehr und er hatte offenbar den Abwasch in der Küche erledigt.

„Wir sollten deinen Bruder hierbehalten", scherzte Jem, während er dem Hund noch etwas zu trinken gab. Cal grinste, während er die Leine und seine Jacke an die Garderobe hing und sich die Schuhe auszog. Rory hierbehalten, keine schlechte Idee.

Er trat zu Jem in der Küche und legte ihm von hinten die Arme um die Mitte. Dann hauchte er ihm einen Kuss in den Nacken. „Vielleicht nicht direkt in deinem Wohnzimmer", flüsterte er.

Jem wusste sofort, was damit gemeint war. Dann ließ er sich von Cal regelrecht ins Schlafzimmer schieben, wo sie dann endlich, endlich allein waren.

Cal ließ sie halb nebeneinander, halb aufeinander ins Bett fallen, was Jem ebenfalls großartig fand, aber er hatte noch etwas anderes im Sinn. Und das schon seit dem Nachmittag. Er ließ sich von Cal das Hemd ausziehen und streifte sich die Schuhe ab, während der Schwarzhaarige ihn an Hals und Schulter mit Küssen verwöhnte. Also jetzt. Jem nahm Cals Kinn behutsam in die Hand und führte ihn für einen Kuss zu sich. Cal ließ das nur zu gern zu, doch dann merkte er, dass Jem etwas zögerte. Er schaute ihm in die tiefblauen Augen. „Was is?", raunte er.

Jem wusste, das wäre der Moment. „Cupid, ich hab' was für dich. Greif doch mal in meine Hose."

Cal grinste breit und tat genau das. Jem stöhnte auf und war kein bisschen überrascht.

„Cupid, ich meinte die Tasche meiner Hose."

Cal musste glucksend lachen. „Sag das doch, wenn's geht auf Latein." Er schüttelte noch immer grinsend den Kopf und fasste dann erst in die eine, dann in die andere Hosentasche. Da war tatsächlich etwas drin. Er zog an der silbernen Kette und holte sie und den Schlüssel daran hervor.

„Das ist ...?"

„Ein Schlüssel für dich. Für die Wohnung hier."

Cal hielt die Kette hoch und nahm den Schlüssel in die Hand. „Da steht Cupid drauf", sprach er dann leise und etwas ungläubig.

„Naja, er ist ja für dich und keinen anderen."

„Für mich ..." Callum fühlte den Schlüssel jetzt mit den Fingern und schaute so, als hätte er noch nie zuvor einen gesehen.

„... und keinen anderen. Ich möchte, dass du weißt, dass du zu mir gehörst und mit dem Schlüssel kannst du kommen und gehen, wie du willst."

„Ich gehöre zu dir...?"

„Ja. Wenn du willst."

„Natürlich will ich das."

„Oh, gut. Sehr gut."

Callum hielt die Kette jetzt vor Jem.

„Häng du ihn mir um", sagte er, mit einem Mal ganz sanft.

Jem nickte. Das war die richtige Idee. Er nahm die Kette und legte sie neben sich. Dann zog er Callum sein Shirt über den Kopf. Cal half, indem er die Arme nach oben streckte. Dann schaute er Jem in die Augen, während der ihm die Kette über den Kopf und um den Hals legte. Der Schlüssel hing etwas kühl vor seinem Sternum, über seinem Herzen, eigentlich. Er lächelte.

„Gefällt's dir?", fragte er dann.

Jem strahlte regelrecht. „Ja, und wie! Steht dir gut, dein eigener Schlüssel."

„Dann bleibt der da." Cal klang völlig ernsthaft. „Immer."

Jem strahlte noch mehr, da merkte er, dass Cal Tränen in den Augen hatte.

„Hey, Cupid. Das ist kein Grund für Tränen", sagte er sanft und weil es das Erste war, das ihm einfiel, nahm er Cals Gesicht in seine Hände und küsste erst auf das eine, dann auf das andere Auge. Er schmeckte die salzigen Tränen, aber das machte nichts. Er würde sie jedes Mal wegküssen, wenn wieder welche kämen. Dann küsste er Cal auf den Mund und zog ihn fest an sich. 



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