Cookies and Cream Teil79
Der Weg zum Theater war wie ein einziger, berauschender Lauf. Die Abendsonne tauchte Londons Straßen in goldenes Licht und für Callum wirkten sie so farbenfroh und lebendig wie nie zuvor. Sie hielten sich an den Händen und irgendetwas von ihrem Glück schien sich auf die Menschen, die ihnen entgegenkamen oder die zufällig ihren Weg kreuzten zu übertragen. Wer die beiden sah, der lächelte und schaute freundlich. Auch die Luft war so frisch wie selten in der Großstadt und Callum sog sie ein und fühlte sich frei und voller Energie. Die Müdigkeit der letzten Tage war wie weggeblasen. Immer wieder musste er Jeremy anlächeln oder wurde von ihm angelächelt. Sie redeten kaum, nur Kleinigkeiten wie „sieh doch mal, die Tauben da" oder „wow, schau mal, die Wolken!". Durch den Trubel vom Leicester Square und Chinatown gelangten sie schließlich zum Theater, wo gerade noch genug Zeit war, um eine Karte für Jem zu organisieren und für Cal, um das weiße Hemd und die rote Weste in der Personalgarderobe anzuziehen. Als Cal sein T-Shirt über den Kopf zog, sah Jem, wie er den Schlüssel an seiner Kette trug. Cal sah, wie Jem es sah und zwinkerte ihm zu. Dann küssten sie sich noch einmal, weil sie die letzten waren und sonst keiner mehr da war. Jem zog Cal dafür dicht zu sich, legte ihm einen Arm um die Taille und die Hand an die Hüfte, mit der anderen ging er am Nacken in die Raben-Locken seines Cupid. Ihre Lippen fanden sich wie von selbst und der Kuss schmeckte nach mehr und ihre Körper verlangten danach, aber das musste noch warten. Mit einem tiefen, wohligen Seufzer machte Cal sich los und schob Jem etwas widerwillig von sich. „Muss sein", raunte er, dann war er auch schon weg und so ging der Blonde auf seinen Platz im Upper Circle und der Lockenkopf nahm sich eilig einen Stapel Programmhefte und stellte sich unten zum Verkauf neben die Tür zum Parkett. „Guten Abend Madam, guten Abend Sir, ich wünsche Ihnen einen schönen Abend..." Bei all dem war er sich sicher, dass er ebenfalls einen besonders schönen Abend oder genauer, eine schöne Nacht mit seinem Cowboy haben würde. Ganz bestimmt sogar. Er war frei, denn seine Bewährung empfand er eher als Belohnung und keinesfalls als Strafe. Wie könnte man einen solchen besonderen Tag bloß feiern? Ein Eis wäre schon mal ein Anfang...
Jem war mit seinen Gedanken immer wieder ganz woanders, am meisten bei Cal. Das Theaterstück war toll und er würde an einem anderen Tag nochmal mitkommen, aber heute konnte er nur daran denken, dass er und Cal jetzt wirklich zusammen sein konnten, ohne Angst, dass sie jemand trennen könnte und wenn so ein mieser Typ wie dieser Johnson seine gerechte Strafe erhielt, dann füllte ihn das mit einer gewissen Genugtuung. Was hatte der Callum nur alles angetan? Du wirst das alles wieder gut machen, sagte er sich selbst und erst recht würde er dafür sorgen, dass niemand jemals wieder seinem Liebsten etwas antun konnte. Als die Pause kam, ging Jem zu ihm, um sich ein Eis zu holen. Wie er fand, machte der seinen Job wirklich gut. Er war freundlich und hatte, wie es schien, für jeden ein paar Worte. „Ja, ist wirklich spannend. Viel Vergnügen noch...Tut mir leid, Strawberry Cheesecake ist alle, dann würd' ich Schokolade nehmen."
„Du würdest immer Schokolade nehmen", bemerkte Jem, als er an der Reihe war.
Cal schaute ihn an und lächelte. „Das stimmt, aber dir empfehle ich Cookies and Cream. Magst du das Stück?"
Jem war etwas verlegen. „Ja, aber ich muss die Ganze Zeit an dich denken." Er lächelte entschuldigend.
Cal zwinkerte ihm zu. „Geht mir genauso."
„Wieviel kriegst du?"
„Du bist eingeladen." Cal sagte das mit einer solchen Freude, dass Jem annahm, er hätte sich das vorher überlegt. Wie süß war das denn!?
„Oh, danke. Dann nehme ich Cookies and Cream."
„Wusste ich."
„Du mich auch", scherzte Jem.
„Gerne, später."
Jem grinste, bestimmt wüssten die Umstehenden jetzt, dass sie ein Paar waren. Grinsend nahm er sein Eis und ließ den nächsten Theatergast ran. Dann ging er zurück auf seinen Platz. Beim zweiten Teil der Vorstellung fiel es ihm nicht gerade leichter, sich zu konzentrieren, denn nun versuchte er sich auszumalen, was Cal später gerne mit ihm anstellen würde. Viel später, ermahnte er sich selbst, denn sein Dad, Rory und Roger würden ja in der Wohnung sein. Was die wohl ausheckten? Aber die wüssten ganz sicher, dass sie die beiden irgendwann allein lassen sollten...
Als Jem und Cal endlich am späten Abend die Wohnung erreichten, machten sie sich einen Spaß daraus, mucksmäuschenstill im Treppenhaus nach oben zu gehen, um die anderen dann zu überraschen. Cal fand das super aufregend, grinste wie ein Lausebengel und hielt es kaum aus, als er ganz leise seinen Schlüssel ins Schloss steckte und ihn dann so vorsichtig wie möglich drehte. Gerade als er dachte, sie hätten es geschafft und könnten jetzt Alexander, Rory und Roger quasi überfallen, da schlug drinnen Buster an und kläffte fröhlich los. Cal schüttelte halb belustigt, halb enttäuscht den Kopf, dann öffnete er und wurde sofort von Buster begrüßt. Der wedelte mit dem Schwanz, stupste mit der Nase und sah total süß aus, denn irgendwer hatte ihm eine rosa Schleife umgebunden.
„Hey, Buz! Hab dich auch vermisst. Wie chic bist du denn?"
Die drei Männer kamen jetzt aus dem Wohnzimmer in den Flur, um Jem und Cal endlich nochmal zu umarmen und Rory musste seinem Bruder auch ganz dringend einen Kuss auf die Stirn geben.
„Endlich kommt ihr! Wir warten schon so lange..."
Mit diesen Worten zog Rory Cal regelrecht ins Wohnzimmer, wo der nicht schlecht staunte: Es standen überall Kerzen, die ein schönes, warmes Licht machten und auf dem Tisch stand eine große, verzierte Schokoladentorte mit Sahneschriftzug: Happy birthday!
„Wow! Ist die für mich?!", rief Cal gleich total begeistert aus.
„Na, für wen denn sonst?!", kam es von Rory.
„Na, mein Geburtstag ist es ja nicht", fand der Lockenkopf und schaute etwas irritiert.
„Aber doch so gut wie", fand Roger. „Zumindest fühlt es sich so an."
„Und die Konditorei hatte keinen passenderen Schriftzug, außer vielleicht auf Hochzeitstorten", ergänzte Alexander, der schon dabei war, Sekt einzuschenken.
Jem fand das lustig. „Sie haben verdammt recht, Cupid. Irgendwie fühlt es sich an wie Geburtstag."
„Eben."
„Also."
„Na denn."
„Wer kennt einen Toast?"
„Ich möchte einen ausbringen", meldete sich Alexander. „Stoßen wir an auf Justizia, in deren Namen heute Recht gesprochen wurde und auf Cal und Jem, die so tapfer für dieses Recht gekämpft haben!"
„Auf Justizia!"
„Auf Cal und Jem!"
„Wuff!"
„Du kriegst nichts davon Buster!"
„Ach, gib ihm doch ein kleines Stückchen Torte."
„Ich meinte den Sekt."
Cal strahlte und ein bisschen schwirrte ihm auch der Kopf, aber zum Glück war ja Jem da, der ihn im Arm hielt.
„Ich möchte auch einen Toast aussprechen." Rory hatte sein Glas erhoben. „Trinken wir auf Jem, Roger und Alexander, ohne die ich nicht bei meinem Bruder wäre und die uns beiden praktisch das Leben gerettet haben." Er hatte tatsächlich Tränen in den Augen, als er das sagte. Aber ganz gewiss waren ein Teil davon auch Freudentränen. Und so leerten alle ihr Gläser und machten sich über die Schokotorte her.
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