„Was passiert jetzt?", wollte Cal als nächstes wissen.
„Ich denke, wir warten im Hof, bis die mit ihrer Beratung fertig sind und dann hauen wir zusammen ab von hier", schlug Jem vor.
Cal strahlte über das ganze Gesicht. „Gefällt mir gut."
„Wie wär's, wenn wir zwei dann direkt schon mal verschwinden", schlug Rory vor und wandte sich an Roger. Der verstand nicht sofort, worauf Rory hinauswollte, erst als der ihm zuzwinkerte und mit dem Kopf in Richtung des Paares deutete. Bestimmt würden die zwei gern mal ein wenig allein sein, den Rest schafften sie auch so.
„Jaha! Gute Idee. Wir könnten den Hund ausführen." Jetzt war der Groschen gefallen und Roger kam zugleich noch der Gedanke, dass sie eine Überraschung für Cal und Jem besorgen könnten. Immerhin gab es was zu feiern. „Dann bis später."
Rory hatte sowas von richtig gelegen. Cal und Jem hatten tatsächlich nichts Eiligeres im Sinn, als auf diesem Hinterhof zu knutschen. Kaum, dass sie dort in der Sonne ankamen, zog Jem Callum zu sich, um ihn zu küssen. Seine Hände legte er in Callums schwarzes Locken und seine Lippen fanden die von Callum. Der legte seine Hände um Jems Mitte und hielt ihn erst so und strich ihm dann an den Seiten entlang. Erst war es eine Mischung aus Freude und Erleichterung, die sich in etwas unkoordinierten Küssen zeigte, doch dann beruhigte sich das erste Ungestüm und sie küssten sich jetzt zärtlich und liebevoll.
„Ich bin so froh... ich bin... so froh...", wiederholte Jem immer und immer wieder zwischen Küssen. Cal gab sich dem einfach nur hin und versuchte zu begreifen, wirklich zu begreifen, dass man sie nicht trennen würde, was das Schlimmste gewesen wäre. Morgen früh würde er neben Jem aufwachen. Nicht unter irgendeiner Eisenbahnbrücke, nicht auf einer Pritsche im Knast. Bei Jem. „Mmmmmh, ich will hier weg", murmelte er dicht an Jems Ohr.
„Bald, ganz bald", gab der zurück.
Gerne hätten sie noch weiter geküsst, aber in Jems Hosentasche vibrierte jetzt sein Handy. Bestimmt war das Jems Mum. Also seufzte er einmal extra gespielt auf und nahm dann den Anruf an. Cal war das auch ganz recht. Wenn sie so weiter machen würden, bekäme er sonst noch eine Erektion und das würde vor dem Gericht ganz sicher keinen guten Eindruck machen. Also setzten sie sich wieder auf die kleine Mauer und Cal hielt Jem im Arm, während der seiner Mum schilderte, dass alles gut war.
„Sie lässt dich herzlich grüßen und wir sollen sie unbedingt am Wochenende besuchen, damit sie dich besser kennenlernen kann", fasste Jem schließlich zusammen, was sie gesagt hatte.
„Lerne ich dann reiten?", neckte Cal und lächelte eindeutig zweideutig.
„Auf 'nem Gaul, ja." Jeremy grinste.
„Darf man Gaul sagen oder krieg ich vorher noch 'ne Liste?"
Jeremy schüttelte gespielt verzweifelnd den Kopf. Dann küsste er Callum wieder, damit der seine freche Klappe hielt.
Kurze Zeit später räusperte sich der Gerichtsdiener extra laut, als er in den Hof trat. „Wenn ich Sie bitten dürfte, Richterin Clarke ist zurück im Saal und das Urteil wird jetzt endgültig verkündet."
Jem schaute etwas verlegen, weil er und Callum ganz sicher etwas zerzaust waren, aber das brachten sie noch wieder in Ordnung, während sie dem Mann zurück zum Saal folgten. Dort angekommen, gingen beide und setzten sich zu Alexander, der ihnen trotz allem ansah, was sie in der Zwischenzeit gemacht hatten. Neben Anwalt Higgins saß Johnson und wirkte bei Weitem nicht mehr so selbstgefällig, wie noch vor einer Stunde. Seine Frau war bei ihm, aber die Kinder nicht mehr. Vielleicht wollte sie ihnen den Rest ersparen.
Richterin Clarke machte sich nun bereit, indem sie mit ernstem Gesicht in die Runde schaute. Die meisten Zuschauer waren gegangen, aber die Jury war natürlich vollzählig und dieses Mal kam es Callum so vor, als wären diese Menschen freundlich. Einige lächelten ihm zu, das war entweder zum ersten Mal so oder es war ihm bisher nicht aufgefallen.
„Im Namen des britischen Volkes und ihrer Majestät der Königin ergeht folgendes Urteil: Mister Johnson, aufgrund der Ihnen zu Last gelegten Straftaten im Sinne der Anklage verurteile ich Sie zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Weitere fünf Jahre werden ihnen auferlegt wegen Meineides vor dem Gericht ihrer Majestät. Die Haftstrafe ist noch heute im Pentonville Gefängnis von London anzutreten.
Mister Callum Robinson, im Namen des britischen Volkes und ihrer Majestät der Königin wird Ihnen eine Bewährung von zwölf Monaten auferlegt. In diesem Zeitraum werden Sie einmal in der Woche bei ihrem Bewährungshelfer vorstellig. Mit ihm werden Sie Maßnahmen zu ihrer Resozialisierung besprechen. Ein Schulbesuch ist hier dringend anzuraten, außerdem werden Sie ihn über ihre Arbeit informieren. Als Bewährungshelfer hat sich dankenswerter Weise Ihr Anwalt, Mister Westenra zur Verfügung gestellt.
Damit erkläre ich die Verhandlung für geschlossen.Kommen Sie gut nachhause."
Jem, Callum und Alexander würden sowas von gut nachhause kommen, gut war gar kein Ausdruck. Der Blonde musste zuallererst seinen Dad umarmen. "Du bist echt der Beste!"
"Ich weiß, ich weiß. Ich mache meinen Job gern und gut."
"Was ich meinte ist: du bist auch der beste Dad!"
Alexander strahlte. Das war wirklich ein Kompliment, auf das er stolz sein konnte.
"Ganz bestimmt bist du auch der beste Bewährungshelfer", kam Callum hinzu.
"Genau genommen ist das wohl Jem", fand Alexander. "Aber ich tu gern meinen Teil und lasse mich einmal die Woche von euch besuchen."
Jetzt lachten alle drei und dann sahen sie zu, dass sie sich auf den Weg machten. Callum bestand darauf, direkt zum Theater zu gehen, um gar nicht erst zu riskieren, dass er seine Bewährungsauflagen nicht erfüllte. Er wollte Eis verkaufen. Jeremy würde ihn auf gar keinen Fall an diesem Abend allein gehen lassen. Er wollte dabei sein und bestimmt würde es noch irgendwo eine Karte für die Vorstellung geben. Beide nahmen Alexander das Versprechen ab, dass er später auch noch bei ihnen vorbeikäme. Alexander versprach es und ging mit ihnen gemeinsam aus dem Gericht. Draußen am Strand wollte er sich ein Taxi nehmen, das ihn zu seiner Londoner Wohnung brachte. In dem Moment sahen die drei, dass auch Richterin Clarke das Gebäude verließ und sich auf den Heimweg machte. Sie sah zu ihnen herüber und winkte dann. „Wir sehen uns Morgen, Alex!", rief sie.
Er rief zurück: „Alles klar, bis dann Em."
Jeremy und Callum sahen sich an. Jem weniger überrascht als Callum. „Em? Dad, du bist mit der Richterin befreundet?"
„Ja sicher. Wir haben zusammen studiert. Ich habe doch gesagt, ich kümmere mich um alles."
„Du bist echt 'ne Wucht!"
Alexander strahlte. Und dann traute Callum seinen Augen nicht. Richterin Clarke wechselte auf die andere Straßenseite, wo ihr eine andere Frau mit Anwaltsperücke entgegenkam. Die zwei begrüßten sich mit einem Kuss, hakten sich ein und verschwanden dann im Pub gegenüber.
„Doppelwucht trifft's eher",fand Cal und lachte.
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