Kapitel 14
Am nächsten Nachmittag traf ich mich vor dem Training mit Liz im Reiterstübchen.
Sie grinste mir schon von weitem entgegen. Da hatte wohl jemand vorher eine sehr gute Nachhilfestunde.
„Na, alles fertigbekommen?" Ich ließ zu ihr an den Tisch fallen
Sie nickte. „Ich verstehe endlich mal Mathe. Jetzt muss ich Ole nur noch zum Ausreiten bewegen."
Ich musste Lachen. „Das ist doch so in eurem Deal, oder nicht?"
„Bisher haben wir aber nur zusammen gelernt." Sie schob beleidigt die Unterlippe vor. „Meinst du er mag mich eigentlich gar nicht und..."
Augenrollend unterbrach ich sie. „Würde er dich nicht mögen, hätte er sich nie auf den Deal eingelassen. Vielleicht mag er dich nur nicht so, wie du es gerne hättest."
Liz Mine verfinsterte sich. „Warum mache ich mir immer Hoffnungen und lande dann eh wieder in der Friendzone."
„Keine Ahnung. Du lachst dir vielleicht einfach immer die falschen Typen an."
„Wenigstens lache ich mir jemanden an und renne nicht einfach meinem besten Freund aus Kindheitstagen nach."
„Das war jetzt gemein!"
Liz hob beide Augenbrauen. „Aber ich habe nicht unrecht."
„Doch!"
„Komm jeder hat geblickt, wie du ihn angesehen hast. Nona war wohl ziemlich angepisst."
Ich schüttelte den Kopf. „Wenn ist sie mal nicht genervt? Und vor allen Dingen, Lukas interessiert sich wohl kaum jemals für so eine Tussi."
„Ihm geht's ja gerade eh nicht gut."
„Dann soll er sich Hilfe suchen. Wenn er dafür nicht zu stolz ist. Echt ich bin immer noch sauer, dass er mir die Schuld gegeben hat."
„Was?" Liz Kinnlade klappte herunter. „Er hat dir die Schuld gegeben?"
Ich nickte und zupfte gedankenverloren an der alten weißen Rüschentischdecke.
„Was geht bei dem?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht und will es glaube ich auch nicht wissen." Ich stockte. „Ich habe es mir jedenfalls nicht ausgesucht fast erschlagen zu werden."
Liz griff nach meiner Hand und drückte sie. „Ich weiß. Das weiß er eigentlich bestimmt auch."
Ich zog die Hand weg und griff nach ihrem Collageblock, der vor ihr auf dem Tisch lag.
„Hey!" Liz versuchte ihn mir wegzuziehen, aber ich war schneller. Sie hatte also etwas zu verheimlichen.
Grinsend schlug ich ihn auf und mir blickte ein Pferd entgegen. Eine Zeichnung mit Kugelschreiber. Und auch ganz klar Haddy. Eindeutig nicht Liz Werk. Sie hatte so viel künstlerisches Talent, dass unser Kunstlehrer jedes Mal die Geduld mit ihr verlor.
Sie wurde rot. „Die habe ich geschenkt bekommen."
„Frag mich noch einmal, ob er dich nicht mögen würde. Die musst du unbedingt aufhängen. Am besten neben all die Fotos von Haddy." Ich grinste breit und schob den Block zurück.
Liz seufzte. „Ole kann so viele Dinge total gut und dann komme ich."
„Du bist einfach nur chaotischer. Mit Mathe klappt es jetzt ja auch. Weißt du auch warum? Du hast nicht nur ein Grund dich damit zu beschäftigen, sondern auch endlich mal eine Struktur."
Sie zog ihren Block vom Tisch und ließ ihn in ihren Rucksack gleiten. „Wenn ich Bea glauben darf, bekomme ich trotzdem mein Abi nicht gebacken."
„Weil Bea gerne den Teufel an die Wand malt. Du schaffst das schon und vor allem packst du auch den NC."
„Deinen Optimismus möchte ich auch gerne haben."
„Das ist kein Optimismus. Das ist wissen."
„Stimmt eigentlich bist du ja Hellseherin."
Wir mussten lachen und standen zeitgleich auf.
„Ob Steffi sich heute wieder etwas besonders Schönes ausgedacht hat?" Liz schulterte ihren Rucksack und schob sich dann vor mir aus der Tür raus auf den Hof.
„Wahrscheinlich. Und Viva sieht bestimmt wieder aus wie Schwein."
„Nach dem Regen gestern auch kein Wunder. Wir müssen bestimmt alle gut putzen heute."
„Mhm."
Tatsächlich sah Viva aus, als hätte sie sich wieder mal das beste Schlammbad ihres Lebens verpasst. Sie war von Kopf bis zu den Hufen eingematscht. Das Weidehalfter konnte man kaum erkennen unter der dicken Schlammschicht. Sie blickte mir allerdings sehr glücklich und gut gelaunt entgegen. Das war ja die Hauptsache.
„Ich glaube heute ist duschen angesagt Mäuschen."
Ich würde also nasser aus der Sache heraus gehen, als sie.
Haddy hatte sich zumindest auch eine halbe Schlammpackung gegönnt.
Liz drückte mir kurzerhand auch noch Libby in die Hand. „Ich habe da heute keinen Kopf für. Ich mag diese Pferde mit so viel Vollblut einfach nicht."
Ich wollte ihr gerade seufzend den Strick abnehmen, da kam Lena auf die Weide.
„Danke Mädels. Ich nehme sie schon. Ihr müsst euch doch sowieso beeilen, so wie eure beiden aussehen. Die Jungs sind auch schon am Putzen."
Liz atmete kaum merklich auf, als Lena ihr die Stute abnahm.
„Viel Spaß jedenfalls. Marie sagst du deiner Mutter, dass wir morgen ausreiten, gehen können? Mein Trainer ist krank."
„Mach ich. Danke schön." Ich lächelte ihr noch schnell zu, ehe ich mich wegdrehte und mit Viva zum Weidetor ging.
„Ach, und Lukas bekommt sich schon wieder ein", rief sie mir noch nach.
Klar würde er das. Natürlich. So wie er mich im Wald blöd angemacht hatte wollte ich das nicht so wirklich glauben. Aber wenn sie das glaubte.
Liz sah mich schon wieder mahnend von der Seite an.
„Sag mir noch einmal zwischen euch beiden lief nie etwas. Du guckst schon wieder..."
„Halt die Klappe! Bitte."
„Komm Jungs sind eh komisch. Pferde sind mir da eigentlich lieber."
„Das hörte sich gerade aber noch anders an."
Liz musste kichern. „Es gibt auch Ausnahmen."
Mhm klar, die waren ganz zufällig Schwedisch, konnten verdammt gut reiten und waren zu lieb für diese Welt.
Vor dem Stall standen die Pferde von Ole und Lukas. Ole hatte heute seine junge Stute rausgeholt, wie es aussah. Die Braune spielte vergnügt mit den Ohren und blickte uns Aufmerksam entgegen. Pantas machte lediglich einen Hengsthals und brummelte leise.
„Poser!", kommentierte Lukas das Verhalten seines Pferdes und dann streifte sein Blick mich.
Seine wunderschönen grünen Augen glitzerten traurig in der Sonne und standen wie immer in diesem Stimmigen Kontrast zu seinen dunklen Haaren. Er öffnete die Lippen, aber sagte nichts. Es wirkte wie eine hilflose Geste. Gerne hätte ich etwas gesagt, aber hätte wohl nichts geändert. Wohl nur für noch mehr Stress zwischen uns gesorgt. Er war wie immer eine Erscheinung, der ich mich einfach nicht entziehen konnte. Auch wenn es wohl besser für mich wäre.
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