Kapitel 8


Eiskaltes Wasser traf mich völlig unvorbereitet. Schreiend öffnete ich die Augen. Die Schultern schmerzten unter der Last meines Körpers. Die Hände waren weit über dem Kopf zusammengebunden. Meine Füße berührten kaum den Boden. Hing ich hier noch lange, kugelte ich mir mit Sicherheit die Gelenke aus. Doch das war im Moment meine geringste Sorge. Vor mir stand ein Mann. Die Haare rabenschwarz, die eisblauen Augen durchbohrten mich wie Speere.

„Die Prinzessin ist aufgewacht. Dann können wir endlich beginnen." Seine Stimme war genauso eiskalt und schneidend wie sein Blick. „Du hast uns ganz schön lange warten lassen."

Wovon redete der Italiener? Ich wagte es kurz, ihn zu mustern. Markante Gesichtszüge, Dreitagebart. Breite Schultern steckten in einem sündhaft teuren schwarzen Anzug, darunter trug er ein weißes Hemd, das oben aufgeknöpft war. Gutaussehend, wenn man auf fast fünfzigjährige Männer stand, was bei mir nicht zutraf. Ich war froh, keine Ähnlichkeit zu Mick entdecken zu können. Vielleicht gab es in Santa Monica mehrere Familien, die Santoro hießen. Ja, das musste es sein. Etwas traf klatschend auf mein Gesicht, meine linke Wange brannte.

„Die kleine Prinzessin träumt noch. Dann muss ich sie wohl aufwecken." Ich drehte den Kopf wieder der tiefen Stimme zu. Meine Augen weiteten sich. Packte der da wirklich ein Messer vom Tisch? Wieso kam er damit auf mich zu? Wimmernd wandte ich meinen Körper, um den Fesseln zu entkommen. Sie schnitten ins Fleisch, rieben mir die Handgelenke wund.

„So eine Angst? Du kannst noch nicht lange für die Rodriguez-Familie arbeiten." Spöttisch betrachtete der Mann meine verzweifelten und nutzlosen Bemühungen, mich zu befreien. „Dann erzähle mir mal, wohin ist deine Auftraggeberin abgehauen? Wenn du brav bist, dann lege ich das hier," er drehte das Messer vor meiner Nase, so dass sich das Licht darauf spiegelte, „wieder zurück auf den Tisch."

„Auftraggeberin? Ich war im Restaurant mit einer Freundin." Panisch heftete ich den Blick auf die Klinge.

„Tolle Freundin. Sie hat einen meiner Leute getötet und ist abgehauen." Mit seiner freien Hand packte er hart mein Kinn, zerquetschte es fast. Dann fuhr er leicht mit dem Messer über meine Wange. „Du möchtest doch nicht, dass ich dir dein niedliches Gesicht zerschneide. Also rücke endlich mit der Wahrheit raus!"

Ich wurde hier bedroht und Carmen hatten sie nicht erwischt. Warum hatte sie mich nicht mitgenommen, als sie floh? Sie hatte es mir doch versprochen. Mühsam unterdrückte ich ein Schluchzen. Der Mann ließ mein Kinn los, griff stattdessen mein Shirt am Kragen und trennte mit dem Messer die Naht auf. Mit aufgerissenen Augen verfolgte ich, wie die Stofffetzen auf den Boden fielen.

„Ich weiß es doch nicht!", wimmerte ich. Der Italiener schüttelte nur den Kopf und fuhr langsam mit der Messerspitze über meinen entblößten Bauch. Ein diabolisches Grinsen lag auf seinen Lippen und seine Augen blitzten sadistisch auf. Erschrocken wich ich nach hinten aus, riss dabei noch mehr an den Fesseln. Ein brennender Schmerz schoss in meine Handgelenke. Ein Keuchen entfloh mir und ich kämpfte kurz ums Gleichgewicht. Die Schultern ächzten von den Schwingungen, die meine Reaktion ausgelöst hatte. Das Herz drohte in meiner Brust zu zerspringen. Ein Rauschen nahm von meinen Ohren Besitz, ganz so, als ob ich direkt am Meer stand.

Stattdessen war ich in einem dreckigen Keller bei einem psychopathischen Mafiaboss gefangen, dessen eiskalter Blick wartend auf mir lag. Ich starrte ihn nur stumm an. Ich hatte doch tatsächlich keine Ahnung, welches Spiel die Spanierin mit mir gespielt hatte. Dumm wie ich war, hatte ich darauf vertraut, dass sie mich keiner Gefahr aussetzte. Tränen kullerten über meine Wagen.

„So wird das nichts, Boss." Erst jetzt fiel mir der zweite Mann auf, der in der Nähe der offenstehenden Metalltür an der grauen Wand lehnte. Ich schätzte ihn auf Anfang vierzig. Wie der Psychopath trug er einen teuer aussehenden Anzug. Dunkelbraune Haare, dunkle Augen und ein olivfarbener Teint ließen mich vermuten, dass er ebenfalls ein Italiener war.

Ein brennender Schmerz durchzuckte meinen Körper. Ich jaulte auf und starrte fassungslos auf meinen nackten Bauch. Ein langer Schnitt zog sich waagerecht über ihn. Dünne rote Rinnsale liefen über die Haut nach unten. Was sollte das alles? Warum war ich hier? Ich war doch nur ein einfaches Mädchen, für das sich nie jemand interessiert hatte. Abermals erhielt ich eine schallende Ohrfeige, der Schmerz lenkte meine Aufmerksamkeit auf den Mann.

„Antworte mir endlich", zischte das Monster vor mir. Worauf sollte ich antworten?

„Boss, die Kleine kriegt nicht einmal etwas mit. Romano hat wohl zu hart zugeschlagen, als er sie im Restaurant entdeckt hat", mischte sich der zweite Mann ein.

„Das oder sie ist mental zurückgeblieben." Der vor mir betrachtete mich für einen Moment nachdenklich, dann lief er zurück zum Tisch und legte das Messer ab. Erleichtert atmete ich auf. Etwas zu laut, denn der Italiener drehte sich sofort zu mir um. Schnellen Schrittes kam er an seinen vorherigen Platz. Direkt vor mir stehend öffnete er seine Gürtelschnalle. Ängstlich wanderte mein Blick zu seinen Händen, die nun den Gürtel aus der Hose zogen.

„Dann wollen wir mal schauen, ob dich das aufweckt." Er trat hinter mich. Ein lauter Knall schreckte mich auf.

„Also, was haben die Rodriguez vor?" Seine schneidende Stimme drang an mein Ohr.

„Ich weiß es doch nicht. Bitte lassen Sie mich gehen", flehte ich zitternd, aus Angst davor, was er als Nächstes vorhatte.

„Falsche Antwort." Laut surrte der Gürtel durch die Luft. Ich schrie vor Schmerz auf. Der Schlag auf meinen Rücken brannte. Die ersten Tränen liefen über meine Wangen. Erneut durchschnitt ein Peitschenknall die Stille. Wieder und immer wieder prasselten die Schläge unbarmherzig auf mich ein. Ich schrie, ich jammerte, ich schluchzte. Nichts half. Das Monster kannte keine Gnade. Ohne Erbarmen peitschte er mich. Meine Beine gaben nach, so dass nur die Fesseln meinen schmerzenden Körper davon abhielten, auf den Betonboden zu stürzen. Eine klebrige Flüssigkeit rann meinen Rücken hinab. Den Kopf hielt ich zum Boden gesenkt. Meine Kräfte schwanden zusehends, genauso wie meine Stimme, die kaum mehr als ein Röcheln von sich gab. Wieder ein Schlag. Hörte das denn nie auf? Kurz hob ich den Blick zur Tür. Der zweite Mann war längst verschwunden, hatte mich dem Monster überlassen. Von ihm brauchte ich keine Hilfe zu erwarten. Es war hoffnungslos. Ich sah wieder auf die kreisrunden dunkelgrauen Flecken, die meine Tränen auf dem Beton hinterließen.

„Boss?" Der andere Italiener war zurück, reichte der Bestie eine Flasche Wasser. Sehnsüchtig schielte ich auf die Zweite, die er in seiner Hand hielt. Die Schläge hörten auf, doch ich wagte es nicht, zu hoffen, dass die Tortur ein Ende hatte.

Mein Kinn wurde abrupt angehoben. Eisblaue Augen bohrten sich in meine Seele, warteten auf Informationen. Mit heiserer, leiser Stimme erzählte ich, wie ich Carmen kennengelernt und wie sie mich zum Restaurant mitgenommen hatte. Mehr brauchte er nicht zu wissen. Weder von meiner Familie noch von Harold, an den er mich sicher auslieferte, sobald er mit mir fertig war. Ich nannte ihre Adresse, obwohl er nicht danach fragte. Er trank nur genüsslich sein Wasser, während er mich kühl betrachtete. Dann verschwand er. Der zweite Italiener drehte den Verschluss von seiner eigenen Flasche und setzte sie mir an die Lippen.

„Trink, Kleines. Mehr kann ich nicht für dich tun."

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Na wenigstens keine Ähnlichkeit zu Mick...

Was meint ihr, was passiert als nächstes? Liefert er sie aus? Taucht Carmen mit einem Befreiungskommando auf?

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