Kapitel 20: Die Masken fallen
Die folgenden Tage vergingen in einer merkwürdigen Mischung aus Nervosität und Anspannung. Hermine und Draco begegneten sich immer wieder, ob im Unterricht, in der Bibliothek oder auf den Korridoren. Doch sie sprachen kaum ein Wort miteinander, und jedes Mal, wenn sich ihre Blicke trafen, lag etwas Ungesagtes in der Luft – ein Geheimnis, das nur ihnen beiden gehörte.
Hermine versuchte, sich auf ihre Studien zu konzentrieren, aber ihr Geist wanderte immer wieder zu Draco. Sie fragte sich, ob er genauso zerrissen war wie sie. Ob er das, was zwischen ihnen passiert war, auch nicht aus dem Kopf bekommen konnte.
An einem besonders grauen Nachmittag fand sie sich wieder in der Bibliothek ein, um an ihrer Arbeit für Zaubertränke zu arbeiten. Sie hatte sich einen Platz in einer ruhigen Ecke gesucht, weit weg von den anderen Schülern. Doch kaum hatte sie ihre Bücher geöffnet, hörte sie das vertraute Geräusch von Stiefeln, die über den Steinboden schlurften.
„Du hast dir einen ziemlich abgeschiedenen Platz ausgesucht, Granger", sagte Draco, als er sich neben sie setzte. Seine Stimme war ruhig, fast beiläufig, aber seine Augen verrieten, dass er hier war, um mehr als nur Smalltalk zu machen.
„Vielleicht mag ich es ruhig", antwortete sie, ohne ihn anzusehen.
Er lehnte sich zurück, seine Finger spielten mit dem Rand seines Umhangs. „Ist das der Grund, oder versuchst du, mir aus dem Weg zu gehen?"
Hermine legte ihren Federkiel ab und sah ihn an. „Und wenn es so wäre? Könnte man es mir verübeln?"
Draco hielt ihrem Blick stand, und für einen Moment schien er mit sich selbst zu ringen. Schließlich seufzte er und beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf den Tisch. „Hör zu, ich weiß, dass das alles kompliziert ist. Aber ich kann nicht so tun, als wäre nichts passiert. Und ich weiß, dass du es auch nicht kannst."
„Natürlich kann ich das nicht!" flüsterte sie scharf, ihre Augen funkelten vor Frustration. „Aber was soll ich tun, Draco? Was sollen wir tun? Du weißt genau, dass das, was passiert ist, alles nur noch schwieriger macht."
„Was, wenn ich nicht will, dass es einfacher wird?" Seine Stimme war leise, aber fest.
Hermine starrte ihn an, unfähig, eine Antwort zu finden. Es war nicht das, was sie erwartet hatte, und es ließ ihr Herz schneller schlagen.
„Du bist so stur", murmelte sie schließlich, den Kopf schüttelnd.
„Und du bist so verdammt vernünftig", konterte er, ein schwaches Lächeln auf den Lippen. „Vielleicht ist das genau unser Problem."
Bevor Hermine etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür der Bibliothek, und ein bekanntes Trio trat ein: Ron, Harry und Ginny. Hermine erstarrte, und Draco zog sich sofort zurück, seine Haltung wieder verschlossen.
„Hermine! Da bist du ja", rief Ron, als er sie entdeckte. „Wir wollten gerade nach Hogsmeade. Kommst du mit?"
Hermine warf Draco einen schnellen Blick zu, doch er hatte bereits seine Maske aus Gleichgültigkeit wieder aufgesetzt und griff nach einem Buch, als ob nichts gewesen wäre.
„Ähm... ja, natürlich. Ich komme sofort", sagte sie und begann hastig, ihre Sachen zusammenzupacken.
Als sie aufstand, sah sie Draco noch einmal an, suchte in seinen Augen nach irgendeinem Hinweis darauf, wie er sich fühlte. Doch er gab nichts preis.
„Bis später, Granger", sagte er kühl, ohne sie anzusehen.
Hermine fühlte einen Stich in ihrer Brust, doch sie zwang sich, den Raum zu verlassen. Als sie zu Harry, Ron und Ginny aufschloss, lächelte sie, doch innerlich war sie ein einziges Chaos.
Später an diesem Abend saß Draco allein im Gemeinschaftsraum der Slytherins. Die flackernden Flammen des Kamins warfen Schatten auf sein Gesicht, während er ein Glas Feuerwhisky in den Händen hielt.
„Du siehst aus, als ob du etwas auf dem Herzen hast", sagte Blaise, der sich neben ihn setzte.
Draco zuckte zusammen, dann zuckte er die Schultern. „Nichts, was dich interessieren würde."
Blaise zog eine Augenbraue hoch. „Ach, komm schon, Malfoy. Ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass da etwas ist. Hat es vielleicht mit einer gewissen Gryffindor zu tun?"
Dracos Griff um das Glas wurde fester, doch er sagte nichts.
„Ich habe euch beide in der Bibliothek gesehen", fuhr Blaise fort, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen. „Ihr wart so tief im Gespräch, dass ihr nicht einmal bemerkt habt, dass ich da war."
„Lass es, Blaise", warnte Draco, seine Stimme leise, aber bedrohlich.
„Entspann dich, ich werde nichts sagen", sagte Blaise und hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste. „Aber ich sag dir eins: Wenn du dich wirklich auf sie einlassen willst, solltest du dich besser darauf vorbereiten, dass die Leute es nicht akzeptieren werden. Weder hier noch dort."
Draco schwieg, seine Gedanken drifteten zurück zu Hermine. Blaise hatte recht, und das wusste er. Doch zum ersten Mal in seinem Leben war ihm egal, was andere dachten.
Das Problem war nur, dass er nicht wusste, ob Hermine das Gleiche fühlte.
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