Kapitel 15
Alan beendete das Frühstück und ging in das Büro nebenan. Als er über den Schreibtisch blickte, merkte man sofort, dass sich niemand mehr um die Post kümmerte. Offene und verschlossene Kuverts lagen wild verstreut herum. Lieber würde er etwas für Ordnung sorgen. Wie er das künftig mit seinen Briefen handhaben sollte, war ihm noch nicht so recht klar, vielleicht musste er diese Aufgabe in Zukunft selbst übernehmen.
Der Schauspieler fand es eigenartig, dass einige Schreiben und Rechnungen aufgerissen waren. Bei genauerer Betrachtung waren es aber nur Schriftstücke, die an ihn persönlich adressiert waren. Es konnte jedoch nicht von Rosalyn geöffnet worden sein, immerhin war sie nicht mehr hier gewesen, um die Post zu bearbeiten. Alan beachtete diesen Aspekt aber nicht weiter und begann die Briefe zu sortieren. Als er die Tätigkeiten seiner Assistentin erledigte, sinnierte er über die momentanen Gegebenheiten nach. Das Gespräch mit seiner Frau lag ihm noch immer im Magen, würde sie wirklich eine Reise mit seiner Kreditkarte buchen? Er würde ihr das ohne weiteres zutrauen. Er wollte nicht mehr über Mary nachdenken und ob sie ihm wieder das Geld aus der Tasche ziehen würde.
Lieber dachte er an Rosalyns Wohnung, dort hatte er sich wie in vergangenen Zeiten gefühlt. Wie in seinem alten Apartment, in dem er vor langem einmal gelebt hatte, noch bevor er berühmt geworden war. Das war doch der eigentliche Grund gewesen, warum er gestern von dort nicht weggehen wollte, oder etwa nicht? Am liebsten wäre er im Laufe des Tages wieder zu seiner Assistentin gefahren, jedoch würde das zu weit gehen. Er könnte lediglich mit einem Stapel Post bei ihr erscheinen, das wäre eine perfekte Ausrede. Aber nachdem sie Urlaub hatte, fand er seine Idee unverschämt, er würde sie heute nicht mit Arbeit behelligen. Somit ließ er den Gedanken sofort fallen und ging weiter seiner angefangenen Tätigkeit nach.
Mittlerweile waren Stunden vergangen und Alan hatte alles Mögliche erledigt, das Büro sah wieder aufgeräumt aus. Nun beschloss er noch zum Abschluss, seine E-Mails durchzugehen, um die heutigen Aufgaben abzuschließen.
Sofort fiel ihm die Buchungsbestätigung für einen Kurztrip nach Paris auf, die auf seinen Namen lief. Er konnte nicht glauben, was er da gerade vor sich hatte. Inzwischen hatte er den Inhalt bestimmt schon fünf Mal durchgelesen, doch dieser wollte für ihn einfach keinen Sinn ergeben. Warum hatte Mary diese Reise so kurzfristig angesetzt? Hatte sie seinen bereits gut gefüllten Terminkalender nicht berücksichtigt? Alle möglichen Fragen schwirrten in seinem Kopf herum und er empfand es für notwendig, sogleich seine Frau anzurufen. Diese war ohnehin schon stundenlang unterwegs, wahrscheinlich war sie in einer der Boutiquen hängengeblieben, bei ein oder zwei Gläsern Champagner. Sofort fiel ihm wieder die Verkostung der edlen Tropfen ein, die Mary in Paris gebucht hatte. Umgehend nahm er sein Telefon in die Hand und versuchte, seine Frau zu erreichen.
*
Mary saß in einer ruhigeren Ecke eines edlen Cafés, welches sie regelmäßig besuchte und beugte sich weiter nach vor, damit sie nicht zu laut sprechen musste. Zum Glück waren heute nicht so viele Gäste wie üblicherweise anwesend, somit brauchte sie nicht ganz so vorsichtig zu sein, um ihren angestauten Frust loszuwerden. Gegenüber saß ihre langjährige Freundin, die für Klatsch und Tratsch immer ein offenes Ohr hatte. „Stell dir vor, Alans nervige Assistentin hat mir eine teure Designertasse ruiniert. Ich habe zu ihr gesagt, dass sie für den Schaden aufkommen muss. Sie war nach meiner Forderung auch noch schnippisch zu mir, dieses freche Ding. Ich mag es nicht, wenn sie in unseren privaten Räumen herumschleicht. Zum Glück habe ich sie die Tage nicht mehr gesehen. Ich hoffe doch, dass sie Alan endlich ausgetauscht hat, schließlich war zwischenzeitlich eine andere Frau hier. Aber ich glaube, meine Hoffnung ist umsonst." Mary lehnte sich mit einem bedeutungsschweren Blick zurück und nippte an ihrem Champagnerglas. Abwartend sah sie ihre Freundin an, deren Antwort nicht lange auf sich warten ließ.
„Wie hältst du die Situation zu Hause nur aus? Du tust mir wirklich leid, ich finde ebenso, dass diese Frau absolut nichts in eurer Villa verloren hat. Kann das aktuelle Arrangement nicht geändert werden, muss diese Person unbedingt bei euch ein und aus gehen? Sieh zu, dass du sie loswirst, vielleicht lässt sich ja ein Ersatz für sie finden. Eventuell ein attraktiver junger Mann?" , schlug die ältere, gut gestylte Frau vor und grinste Mary dabei schelmisch an.
„Einen attraktiven jungen Mann? Nein, wirklich nicht! Ich habe genug von Mannsbildern, lieber würde ich alleine bleiben und das Leben in vollen Zügen genießen." Sie starrte für einen kurzen Augenblick auf den gläsernen Tisch, auf dem der Eiskübel mit der bereits leeren Champagnerflasche stand. Ihre jungen Jahre hatte sie, dank Alan, komplett verloren. Diese Lebenszeit konnte ihr niemand mehr zurückgeben, auch nicht die Millionen am Konto, konnten dafür entschädigen. Obwohl sie von Luxus umgeben war, überwogen ihrer Meinung nach, doch die Nachteile. Lieber würde sie jetzt das Thema wechseln, da sie nicht weiter darüber sprechen wollte. „Das Komische ist, dass bereits neue Tassen in der Küche standen und wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass Rosalyn diese gekauft hat. Aber es ist noch zu früh, um die Kreditkartenabrechnung durchzusuchen, anrufen möchte ich dort deswegen auch nicht. Heute Morgen hat sich Alan irgendwie eigenartig verhalten, er wollte unbedingt mit mir über unsere derzeitigen Beziehungsprobleme reden, doch ich konnte ihn erfolgreich abwimmeln. Letztendlich konnte ich meinen Mann zu einem Kurztrip überreden. Ich denke, wir werden nach Paris fliegen. Vielleicht möchtest du mir dabei helfen, ein nettes Hotel auszusuchen, ich habe bereits ein bestimmtes im Auge. Natürlich soll er ordentlich tief in die Tasche greifen müssen, es darf ihn schon ein bisschen schmerzen, wenn er so viel Geld ausgeben muss", verschwörerisch grinste Mary ihre Freundin an und schenkte ihnen beiden von der gerade neu gebrachten Champagner Flasche nach. „Ach ja, bevor ich es vergesse, selbstverständlich versuche ich, seine Assistentin loszuwerden!" Die zwei Frauen stießen lachend mit ihren Gläsern an und prosteten sich heiter zu. Nachdem sie noch einige Details besprochen hatten, begannen sie, den Trip nach Paris zu planen.
Mittlerweile war es Nachmittag geworden. Mary saß noch immer im Café und war inzwischen etwas angetrunken, als das Telefon in ihrer Chanel Handtasche zu klingeln begann. „Es ist Alan", klagte sie genervt zu ihrer Freundin, „was will er schon wieder? Wahrscheinlich hat er die Hotelbuchung bereits gesehen und nun wird er mich zur Rede stellen wollen." Am liebsten hätte sie gar nicht abgehoben, aber letztendlich wollte sie ihren Mann bei Laune halten, immerhin würde dieser für den ganzen Luxustrip aufkommen müssen.
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