Kapitel 13

Rosalyn ging zurück in die Küche und kümmerte sich um den Abwasch. Sie würde das Wochenende dafür nutzen, um sich einen kleinen Bürobereich in ihrer Wohnung zu gestalten. Sie dachte weiter über die Lage nach, ganz so einfach würde die Situation gar nicht werden, schließlich hatte sie nun keinen Zugriff mehr auf Alans Post. Ihre Anstellung umfasste nicht nur die Zusammenarbeit mit seinem Manager und ihm persönlich, sondern sie half ihm auch die anderen Arbeiten, die gelegentlich anfielen in den Griff zu bekommen. So war es schon vorgekommen, dass sie ihm beim Sortieren des Büros geholfen hatte, obwohl es nicht mehr zu ihren Aufgaben zählte. Darum konnte sie seinen Vorwurf, arbeitsfaul zu sein, noch nicht vergessen. Denn wenn er Wert auf ihre Tätigkeiten gelegt hätte, wüsste er, wie engagiert sie immer gewesen war. Sie blieb oft mehrere Stunden länger, obwohl ihre Arbeitszeit bereits beendet war. Rosalyn versuchte sich von den unangenehmen Gedanken zu distanzieren und konzentrierte sich lieber auf das Hier und Jetzt. Sie blickte durch ihre Küche und stellte fest, dass sie für heute genug geputzt hatte. Mittlerweile war es schon spät geworden und sie beschloss, nun schlafen zu gehen.

Am nächsten Morgen war sie wieder besser gelaunt und begann nach dem Frühstück ihren sträflich vernachlässigten Schreibtisch leerzuräumen. Monatelang hatte sie sich nicht mehr dorthin gesetzt, da ihr der Platz eigentlich zu klein war, um dort ordentlich arbeiten zu können. Doch es würde in Zukunft ausreichen müssen, da Rosalyn mit Sicherheit nicht in Alans Villa zurückkehren würde, es sei denn, Mary wäre nicht anwesend. Ihre Wohnung war recht klein, das Leben in London konnte man sich kaum noch leisten, schon gar nicht alleine. Regelmäßig sah sie sich den Wohnungsmarkt an, um eine günstigere Bleibe zu finden. Mehrmals waren ihr wunderschöne, kleine Apartments weiter außerhalb von London aufgefallen, die wesentlich billiger und noch dazu in einer schöneren Gegend waren. Vielleicht sollte sie sich einmal bei einer Besichtigung anmelden, denn sie war nicht abgeneigt, hier wegzuziehen. Vor allem, wenn das neue Arrangement mit Alan nicht funktionieren würde.

Inzwischen hatte Rosalyn ihren zukünftigen Arbeitsplatz auf den aktuellen Stand gebracht. Ihr Notebook war zwar nicht mehr das Neueste, aber für das firmeninterne Arbeitsprogramm reichte er noch aus. Sie machte sich eine große Tasse Tee und zündete eine Duftkerze an, um es sich vor dem Computer gemütlich zu machen. Eigentlich brauchte sie die eingegangenen Mails gar nicht zu checken, schließlich hatte sie Urlaub. Dennoch konnte sie es nicht lassen und stöberte in den neuen Nachrichten, aber es wäre besser gewesen, wenn sie es nicht getan hätte.

Einige davon waren privat und gingen sie nun wirklich nichts an. Warum Alan nicht zwei verschiedene E-Mail-Adressen haben wollte, verstand sie nicht. Immerhin wusste er, dass sie dadurch zwangsweise ebenso Zugriff auf seine Privatangelegenheiten hatte. Ob sie mochte oder nicht, letztendlich war sie gezwungen, jeder E-Mail, zumindest einen kurzen Blick zu schenken. Meistens reichte dieser aus, um sich den Inhalt zusammenzureimen, damit sie nicht mehr weiterlesen brauchte, schließlich ging sie das Geschriebene nichts an.

Seufzend stellte sie die privaten Mails wieder auf ungelesen, damit Alan diese nicht übersehen würde. Als sie die vorletzte Nachricht anklickte, blieb ihr Blick an einer Reisebestätigung hängen. Rosalyn zwang sich dazu, nicht weiterzulesen, da es sich offensichtlich um ein persönliches Arrangement für ihn und seine Frau handelte. Die Buchung war ganz aktuell und musste eben erst getätigt worden sein. Am liebsten hätte sie sich selbst eine Ohrfeige gegeben, doch sie konnte nicht anders und las die komplette Nachricht, nur um sie danach sofort wieder auf ungelesen zu stellen.

Langsam ließ sie sich zurück in die Lehne des Bürosessels fallen, um einmal kräftig durchzuatmen. Ungewollte Eifersucht breitete sich in ihrem Herzen aus, welches unregelmäßig und schwer zu schlagen schien. Ehrlich gesagt hatte sie nicht daran geglaubt, als er von einem Urlaub sprach, dass er diesen Wunsch so schnell umsetzen würde. Alan hatte einen Kurztrip nach Paris gebucht, mit Champagnerverkostung und Luxusmenüs mit allen möglichen Extras. Das Ganze fand in einer Premier Suite, im Four Seasons Hotel George V. statt. Die Unterkunft war in allerbester Lage und man hatte einen atemberaubenden Ausblick auf den Eiffelturm. Die zwei Nächte, die über ein Wochenende gingen, kosteten mehr als 16.000€, dabei waren noch nicht einmal die ganzen Sonderwünsche inkludiert, die hinzugefügt worden waren. Selbstverständlich wurde das gesamte Arrangement noch mit einem Flug in der Businessclass getoppt, wie sie aus einer weiteren Mail einer bekannten Airline entnehmen konnte, die sie ebenso wie alle anderen Nachrichten, auf ungelesen zurückstellte.

Eine Mischung aus Eifersucht und Traurigkeit überfiel Rosalyn und sie begann nun doch zu weinen. Was ging es sie überhaupt an, dass Alan einen Wochenendtrip mit seiner Frau gebucht hatte? Es war sein gutes Recht, sich Urlaub zu nehmen. Es war nicht ihre Angelegenheit und trotzdem fühlte sie sich hintergangen, immerhin musste sie dadurch ein paar Termine stornieren, die bereits auf den kommenden Freitag fielen. Er hatte ihr keine Information im Vorfeld gegeben, denn sonst hätte sie ihm diesen Tag freigehalten. Oder war der Trip vielleicht spontan? Wie auch immer, dachte sie enttäuscht und wischte sich die Tränen mit einem Taschentuch von ihren Wangen.

Mit leicht zittrigen Fingern nahm sie ihren Tee und nippte ein paar Mal daran. So war das also, überlegte sie verbittert weiter. Sie war gespannt, wann er vorhatte sie darüber in Kenntnis zu setzen, damit sie den Radiosender für das eigentlich festgelegte Interview vertrösten konnte. Zum Glück war es keine Liveübertragung, soweit sie sich erinnerte, es würde sich sicherlich ein neuer Termin dafür finden. Das andere Meeting würde erheblich unangenehmer zu stornieren sein, denn dieses war für ein aktuelles, wenn auch kleines Filmprojekt. Am liebsten hätte Rosalyn noch heute die Absagen abgeschickt, doch das würde Alan zeigen, dass sie seine privaten Mails gelesen hatte.

Betrübt starrte sie in die flackernde Flamme der Duftkerze, dass köstliche Vanillearoma nahm sie überhaupt nicht mehr wahr, so vertieft dachte sie über das eben Entdeckte nach. Sie würde sich jetzt auf das Sofa legen und ein gutes Buch lesen, damit sie auf andere Gedanken kommen würde, schließlich hatte sie Urlaub. 

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