Kapitel 12
Nachdem sie mit dem Essen fertig waren und das schmutzige Geschirr weggeräumt hatten, wollte Alan endlich zum eigentlichen Thema übergehen und mit ihr über die berufliche Situation sprechen. „Rosalyn, ich muss dich jetzt fragen, ob du bereits weißt, wie wir das Ganze fortführen werden? Kommst du ab Montag wieder zu mir, beziehungsweise arbeitest du weiter für mich? Ich meine natürlich von deiner Wohnung aus", verbessere er sich, schließlich würde sie nicht mehr zu ihm nach Hause fahren.
„Ich denke, es wäre nur fair, wenn ich dem Ganzen noch eine Chance geben würde, immerhin liegt es ja nur an Mary", log sie ihn an. Denn sie konnte ihm wohl schwer sagen, dass es am meisten an seiner Person lag. Sie hatte die Hoffnung, dass sie ihn dadurch wesentlich seltener sehen würde, wenn sie von hier aus arbeiten würde.
Alan war mit dem Ausgang der Besprechung zufrieden, obwohl ihm dabei nicht ganz wohl war. Vorerst würde er sich mit der derzeitigen Lage abfinden müssen, immerhin würde sie weiterhin für ihn erreichbar bleiben. „Danke, dass du dir Zeit genommen hast, aber ich denke, es ist besser, wenn ich dich für heute in Ruhe lasse und dir den restlichen Urlaub gönne", schloss er das Gespräch ab und stand langsam von seinem Stuhl auf.
Wäre es nach Rosalyns wahren Gefühlen gegangen, hätte sie gerne noch weitere Stunden mit ihm verbracht. Auf der anderen Seite war sie froh, wenn er jetzt gehen würde. Es fühlte sich komisch an, dass ein berühmter Schauspieler in ihrem Apartment war. Ganz London kannte diesen Mann, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis ihn jemand hier entdecken würde und dann hätte sie keine ruhige Minute mehr. Deshalb würde sie ihm ab nächster Woche sagen, dass er sie nicht in ihrer Wohnung besuchen durfte, denn sie wollte unbedingt vermeiden, dass sie von Fremden belagert oder belästigt wurde. „Es ist wirklich besser, wenn für heute Schluss ist, ich bin auch schon müde", antwortete sie darauf, stand langsam auf und stellte ihr Weinglas in die Spüle.
Alan wäre gerne länger geblieben, aber ihm wurde klar, dass es unangebracht war, sie weiterhin von einem gemütlichen Abend abzuhalten. Er bemerkte auch, dass sie ihn loswerden wollte, zumindest sage ihm das sein Gefühl. „Ich wünsche dir jedenfalls ein schönes Wochenende und wir hören uns am Montag", meinte er und ging langsam in den Flur zur Garderobe, damit er seine Schuhe und Jacke anziehen konnte.
Rosalyn folgte ihm und öffnete die Wohnungstüre für ihn, damit er gehen konnte. „Gute Nacht", sagte sie kurz angebunden. Kaum war er hinausgetreten, verschloss sie die Türe hinter ihm, ohne ihn noch einmal anzusehen. Völlig erledigt lehnte sie sich an die Eingangstüre und atmete ein paar Mal tief durch. „Ob das gut gehen kann?", murmelte sie leise vor sich hin. Wenigstens hatte sie jetzt ein Wochenende für sich. Somit konnte sie überlegen, wie sie das Ganze in Zukunft gestalten würde, um so wenig Berührungspunkte wie nur möglich mit ihm zu haben.
Rickman stand im Gang des Wohnkomplexes und starrte auf die mittlerweile verschlossene Türe, bis ihm bewusst wurde, dass es Zeit wurde nach Hause zu fahren. Er glaubte zwar nicht, dass Mary bald zurückkommen würde, doch er wollte nichts riskieren. Er trat den Weg zurück zu seiner Villa an und überlegte weiter, wie er mit seiner Assistentin in Zukunft umgehen sollte. In ihrer Wohnung fühlte er sich viel zu wohl und er schämte sich dafür, dass er eigentlich gar nicht nach Hause fahren wollte. Lieber hätte er noch den Rest des verbliebenen Weines mit ihr getrunken und sich mit ihr über weniger anstrengende Gesprächsthemen unterhalten.
Als Alan zu Hause in seiner Küche stand, nahm er einen Wein aus dem Regal und öffnete diesen. Er würde jetzt noch ein zweites Glas benötigen, damit seine unangebrachten Gedanken in Richtung Rosalyn verschwinden würden. Er füllte das teure Kristallglas bis an den Rand. Den Rest des Weines lies Alan achtlos auf der Anrichte stehen und ging mit dem Glas in der Hand in das Wohnzimmer. Er schaltete den Fernseher ein und drehte irgendeine Dokumentation auf, die er überhaupt nicht beachtete. Bedächtig nippte er am Wein und genoss das Gefühl der Schwere und wie der gehaltvolle Rotwein langsam seine Gedanken vernebelte.
Der Schauspieler schreckte aus seinem wirren Traum auf, als er die Haustüre seiner Villa laut ins Schloss fallen hörte. Für einen kurzen Augenblick musste er sich sammeln, bis er die Silhouette seiner Ehefrau Mary erkennen konnte und wieder wusste, wo er sich gerade befand. „Guten Abend", schrillte die Stimme seiner Frau in Alans Ohren, „na, war deine Arbeit so anstrengend, dass du es nur bis zum Sofa geschafft hast, oder hast du neuerlich zu viel getrunken?" Seine Augen wurden schmal, er betrachtete seine langjährige Partnerin genervt und wartete weiter ab. Ihrer Stimmlage war zu entnehmen, dass es heute sicher wieder zu einem Streit kommen würde. Mary forderte es geradewegs heraus, Alan jeden Tag zu provozieren. Vielleicht hoffte sie, dass er eines Tages komplett ausrasten würde.
„Selbstverständlich bin ich betrunken, was denkst du?", fragte er schnippisch und lallte absichtlich dabei. Seine Frau würde sowieso nicht erkennen, dass er sie geradewegs an der Nase herumführte und ihr seine Trunkenheit nur vorspielte.
„Du bist ekelhaft!", schrie Mary ihrem Mann entgegen. „Am besten du bleibst für heute am Sofa liegen. In diesem Zustand möchte ich dich überhaupt nicht mehr neben mir im Bett haben", fügte sie böse an und trat sofort den Weg in die obere Etage an.
Erst als die Schritte seiner Frau verklungen waren, atmete Alan einmal tief durch und setzte sich auf. Was war in den letzten Jahren nur geschehen? Vielleicht sollte er mit ihr reden, dachte er enttäuscht. Natürlich war es nicht einfach, mit ihm zu leben, schließlich musste sich Mary meistens nach seinem Zeitplan richten, aber dafür verdiente er gut und konnte ihr somit ein sorgenfreies Dasein ermöglichen. Ihm war es ohnehin lieber hier auf der Couch zu übernachten, wenigstens würde es so zu keinerlei Streit kommen. Sie zankten sich doch sowieso nur über absolut lächerliche Dinge. Ob es nur ein Socken war, der am Boden vergessen wurde oder ein Weinglas, welches er im Wohnzimmer einfach stehen gelassen hatte ... Es ergab so vieles keinen Sinn, vielleicht sollte er einmal mit ihr alleine ausgehen, um die Stimmung zwischen ihnen wieder zu beruhigen.
***
Falls du heute noch nicht genug von Alan hast, kannst du gerne noch bei Sonyas englischer Kurzgeschichte vorbeischauen:
"The Romance Lounge"
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