„Gut, aber wie wird sie aussehen?"
„Ich sagte ja: auffällig. Ein Rotschopf mit blasser Haut und Sommersprossen. Ihre Augen müssen in irgendeiner Farbe leuchten. Vermutlich Grün. Und dann wird sie so aussehen, wie seine Gedanken sie projizieren."
Seine Schwester seufzt. Ihr Frage scheint nicht beantwortet:
„Wird sie wieder einer realen Person entsprechen? In Charakter und Aussehen meine ich?"
Lucas zögert. Was an der Antwort kann so schrecklich sein?
„Ja. Es ging nicht anders. Allerdings habe ich mit dem Mädchen gesprochen. Sie weiß worauf sie sich einlässt..."
„Wie alt ist sie?"
„Das spielt keine Rolle."
„WIE ALT IST SIE?", in ihren Augen flackert die Wut.
„Das solltest du besser nicht -"
„SAG MIR, WIE ALT SIE IST!"
„Neun. Sie ist so alt wie er. Es ließ sich so am besten -", er stoppt, als er ihren Blick sieht.
Es liegt keine Wut darin. Tiefe Trauer schimmert in ihren Augen. Tränen glitzern.
„Es tut mit Leid, aber nur so kann ich sie für ihn authentisch genug gestalten. Andernfalls könnte es möglicherweise nicht funktionieren und noch einen Fehler können wir uns nicht leisten. Projekt 14 hätte schon fehlerfrei laufen müssen", erklärt Lucas ihr ruhig.
„Wir opfern hier Leben. Projekt 14 endete grausam. Willst du das auch diesem Kind antun?"
„Natürlich nicht. Deshalb habe ich sie geschützt. Deshalb habe ich sie hierher geholt. Wir passen auf sie auf. Er wird auf sie aufpassen -"
„Er ist auch erst neun!"
„Höchstwahrscheinlich nicht. Ich vermute, dass seine Zeit schneller vergeht als unsere."
Der Blick, den sie ihm zuwirft, ist traurig und verlierend zugleich. Sie gibt auf. Ihr Gehirn begreift, dass sie keine andere Wahl hat, und dass sie nicht gewinnen kann. Nichts so, wie sie es am liebsten möchte. In einem blutigen Kampf gibt es keinen Sieg ohne Opfer.
„Wie heißt sie?", stottert sie gequält.
„Victoria."
„Das ist ein schöner Name", murmelt sie beiläufig.
Mit den Gedanken ist sie längst nicht mehr beim Geschehen, als es plötzlich laut poltert. Ein kleines Mädchen kommt in den Raum gerannt. Ihre lockige rote Mähne weht um ihren Kopf und ihr sommersprossiges Gesicht strahlt voller Freude:
„Ich habe Eiscreme gefunden!"
Seine Schwester muss lachen.
„Sie ist genau wie er", flüstert sie Lucas zu und geht dann auf die Kleine zu,
„Was ist denn das für Eiscreme, die du da gefunden hast Victoria? Etwa die Schokolade, die dir an den Lippen klebt?"
Victoria lacht laut los und wischt über ihren Mund, um die Reste zu entfernen.
„Soll ich dir zeigen, wo sie steht?", fragt sie dann ganz aufgeregt.
„Ich habe sie doch gekauft. Daher weiß ich, wo sie steht. Wer zuerst da ist, bekommt den großen Löffel", fordert sie die Kleine auf und läuft los.
Sie hechtet ihr hinterher mit ihren kleinen Füßen. Das Klatschen auf den Fußboden hört man noch in einiger Entfernung. Nach kurzer Zeit erklingt die Stimme seiner Schwester gespielt überrascht:
„Da bin ich doch tatsächlich falsch abgebogen. Dabei war ich mir ganz sicher, dass es hier entlang geht!"
„Ich bin Erste. Das heißt, ich bekomme den großen Löffel!", ruft das kleine Mädchen fröhlich zurück.
Das Lachen ist in ihrer Stimme zu hören.
„Dann werde ich wohl viel schneller essen müssen", kommt die Antwort.
„Viel Spaß mit den Bauchschmerzen!"
Lucas scheint den beiden ebenfalls zuzuhören, denn er lacht. Als er den Blick wieder auf das Display fallen lässt, verschwindet die Freude jedoch aus seinem Gesicht.
„Viel Glück Victoria", flüstert er und drückt eine Taste.
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