Der Aufprall auf den Steinboden war doch unerwarteter und schmerzhafter, als er es erwartete und riss ihn aus der Blase, die ihn umhüllt hatte. Die Zeit verlief wieder in normaler rasender Geschwindigkeit und der Lärm war plötzlich wieder da. Das Piepen des Autos, das gegen die Mauer geprallt war, hupende Autos, entferntes Aufheulen des Martinshorns. Über ihn beugte sich jemand und seine Augen stellten langsam scharf. Es war die Person mit Maske. Er hatte ihr die Nase gebrochen, das Blut war mittlerweile jedoch getrocknet. Den gebrochenen Knochen konnte er nicht sehen, er kannte jedoch das Geräusch, das brechende Nasen verursachten. Da er sich jetzt so oder so in einer aussichtslosen Lage befand, hatte er Zeit, die Maske genauer zu mustern. Auf der Stirn waren Worte und Zahlen eingraviert, oder war es ein Code? Seine Augen schafften es nicht, sich darauf zu konzentrieren, zu sehr wurden sie von denen, die sich hinter der schützenden Fassade befanden, angezogen. Sie leuchteten unglaublich blau, als wären sie nicht von dieser Welt. Geheimnisvoll und gruselig zugleich. Die Kälte, die von ihnen ausging, jagte einem einen Schauer über den Rücken. Sie waren das einzig Echte in dem Gesicht, das auf ihn herab schaute und doch so kühl. Es schien, als fließe kein Leben in ihnen, als wäre die Person, der sie gehörten, mehr Maschine als Mensch.

„Hallo. Ich heißen Victoria. Ich müssen mit dir sprechen."

Es verschlug ihm erst einmal die Sprache. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass diese Person ihn töten wollte, nicht dass sie ihn einfach ansprach. Zudem überraschte ihn die Tatsache, dass er es mit einer Frau zu tun hatte. Noch dazu mit einer, die erstaunlich gut kämpfen konnte. In seinem Gehirn wurden diese Informationen gerade sortiert und von nahezu jeder Station als 'fragwürdig' abgestempelt.

„Gut. Sie sprechen ja jetzt mit mir", krächzte er, da seine Stimme noch in der Zeitblase zu stecken schien.

„Wir können nicht hier sprechen. Du müssen mir folgen", stellte sie klar.

Er musterte sie, unschlüssig, ob er ihr trauen, oder besser sofort flüchten sollte. Das ständige Fehlen von Konjugationen machte ihn schon etwas stutzig, verunsicherte ihn. Welche normale Person lernte denn nicht, Verben zu konjugieren? Jemand der eine Sprache lernte, aber das hätte einen Akzent zur Folge. Also stimmte etwas nicht. Allerdings befand er sich nicht gerade in einer Situation, in der er viele Optionen hatte. Ihr beim Kämpfen zuzusehen, trug seinen Teil dazu bei, dass er jetzt geneigt war, ihr zu vertrauen und keine Verfolgungsjagd zu provozieren. Er war einfach nicht in der Lage, sie einzuschätzen und damit seine Chancen zu berechnen.

„In Ordnung. Wohin?"

In ihren Augen flackerte ein Lächeln. Ob es abschätzig oder zufrieden war, ließ sich unmöglich beurteilen:

„Heute bei Sonnenuntergang müssen du in dem kleinen Café „Treehouse" sitzen. Dort werden ich dich dann aufsuchen. Du müssen bezahlen."

Den letzten Satz sagte sie unter einem kurzen fröhlichen Auflachen und lief dann einfach davon; ließ ihn verwirrt auf dem Gehweg liegen. Was war das denn? Sie verhält sich ja, wie ein kleines Kind, das gerade das Geheimnis verraten hat, dass es ohne Gummistiefel in Pfützen gesprungen ist. Er war sich nicht sicher, was er von dieser Begegnung halten sollte, geschweige denn, ob er heute Abend pünktlich zum Sonnenuntergang in diesem Café sitzen würde. Erschöpft stieß er die Luft aus.

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