Ihr Blick war weder abwertend noch überrascht. Mitfühlend vielleicht. „Dann schreibe auf, was dir in den Kopf kommt. Egal, was es ist." Er warf ihr einen unsicheren Blick zu. Was sollte das bringen? Das, was er im Kopf hatte, ergab keinen Sinn. Sie nickte ihm aufmunternd zu. Zögerlich schrieb er die erste Zahl. 20. Dann direkt dahinter mit kleinem Abstand die 18. jetzt die 1. Die 21 und die 13. Dann noch eine separate Null. „Es macht keinen Sinn", stotterte er frustriert, doch Marry nahm das Blatt in der Hand, betrachtete seine eckige Schrift, die der eines Computers so ähnlich war, und griff nach einem neuen Zettel. Sie setzte verschiedene Striche neben und übereinander. Vermutlich schrieb sie Worte oder nur ein Wort? Es zerfloss wieder in Zahlen. Er konnte nicht lesen, was sie zeichnete. Auch nicht, als sie es ihm hinhielt: „Das hast du geschrieben!" Ihre Stimme klang glücklich. Als hätte sie eine Entdeckung gemacht. „Ich kann auch nicht lesen", gab er verzweifelt zu. „Achso. Tut mir leid", antwortete sie, „Deine Zahlen entsprechen Buchstaben aus dem Alphabet. Die 20 ist der Buchstabe T, die 18 ein R und so weiter. Die separate Null ist entweder ein Punkt oder ein Komma, das weiß ich noch nicht so ganz." Er wartete auf das gesamte Ergebnis dessen, was er geschrieben hatte, aber Marry schien ihn vergessen zu haben. Durch ein Räuspern machte er sie wieder auf sich aufmerksam. „Entschuldige. Zusammenhängend ergibt das dann das Wort „Traum" und einen Punkt." Er starrte verwirrt auf seine Zahlen. Wie konnten sie für Marry einen Sinn ergeben? Er wusste nicht einmal, dass es Zahlen gibt, die Buchstaben zugeordnet sind. „Schreib weiter. Ich werde es übersetzten. Weißt du wirklich nicht, was du da aufschreibst?" Er schüttelte den Kopf, griff aber nach dem Papier und schrieb weiter.

201812113 0 135141938514 0 19382351920518 0 4119 19251920513 2 12213119 0 22120518 201520 0 19382351920518 2519382152026514 1 23 0 1021149 2721 0

Er reichte Marry das Blatt und sie füllte ihr eigenes mit Buchstaben. Es dauerte etwas, weil sie jeden anscheinend nachzählen musste. Dazu klappte sie ihre Finger aus, um den Überblick zu behalten. Eldrian musterte dabei die sehr laut tickende Uhr über dem Küchentisch, an dem sie saßen. Die Zahlen waren in römischen Ziffern geschrieben und das Ziffernblatt zeigte ein Bild von einer jüngeren Marry und einem Mann. Sie hielten beide eine Tasse hoch auf denen ein Pfeil, der in Richtung des jeweils anderen zeigte und der Satz „Er/ Sie war's" eingraviert waren. Beide lachten und ihre Augen leuchteten. Gerade als er fragen wollte, wer der Mann war, legte Marry den Stift zur Seite und las vor: „Traum. Mensch. Schwester. Das System? Lucas. Vater tot. Schwester beschützen! Dann nehme ich übrigens an, dass das nächste eine Zahl bleiben muss: 23. Juni 2721. Ich habe keine Ahnung, was das Datum meint und dein Schreibstil ähnelt dem eines Kindergartenkindes, aber der Rest ist teilweise logisch." Er sah sie an. Was war an diesem Gestotter logisch? Er hatte nur das aufgeschrieben, was er die ganze Zeit über dachte. Auf dem Blatt stand genau die gleiche Verwirrung, die auch in seinem Kopf die Vorherrschaft übernommen hatte. „Ich denke, dass du dein Gedächtnis verloren hast. Trotzdem ist mir das Datum nicht ganz schlüssig. Wir haben den 19. Juni 2016. Das wäre also erst in über 200 Jahren." 205 Jahre und 4 Tage. „Ich weiß nicht, was genau an diesem Tag passieren wird, aber es muss wichtig sein", sagte er unsicher und betrachtete die Zahlen. „Bedauerlicherweise kann ich nicht Google fragen, was in der Zukunft passiert", murmelte sie betrübt. „Was ist Google?" Jetzt lachte sie. Vielleicht lachte sie ihn aus, vielleicht auch nicht, auf jeden Fall klang dieses Geräusch, was sie dabei machte so lustig, dass er mitlachen musste, ob er wollte oder nicht. „Geht doch", hustete sie zwischen ihren einzelnen Lachanfällen hervor und zwinkerte ihm zu.

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