Ein monotones Piepen holte ihn langsam zurück. Es musizierte synchron zu seinem Herzschlag. Piep. Piep. Piep. Als er seine Augen aufschlagen wollte, zitterten seine Augenlider. Es kostete ihn viel Energie, sie vollständig zu öffnen. Das Erste, was er sah, war eine kahle weiße Decke. Rohre von unbestimmter Herkunft zogen sich durch sein Sichtfeld, wie das Labyrinth des Daedalus. Wer baut solche Rohre? Man könnte meinen, er befände sich in einem Keller, so wie man ihn aus Filmen kannte, nur dass kein Wasser von der Decke tropfte. Je länger er sich bei Bewusstsein befand, desto realer wurde ihm seine Situation. Am besten spürte er die Schmerzen, die einem Peitschenhieb ähnelnd wieder auf ihn einschlugen. Sein ganzer Körper schien mit ihnen gefüllt zu sein. Arme, Beine, Brustkorb. Am schlimmsten waren jedoch die Kopfschmerzen, die ihm zusetzten. Was habe ich bloß angestellt? Als er seinen Arm heben wollte, um zu fühlen, ob er Fieber hatte, versagten seine Muskeln. Er konnte sich nicht bewegen. Erinnert an einen Käfer, der auf dem Rücken lag und verzweifelt versuchte, sich wieder auf die Füße zu stellen. Bin ich also gezwungen, mit vorzustellen, wie Daedalus durch so ein Labyrinth gelaufen ist. Er betrachtete die Decke noch einen Moment, als ihm plötzlich alles wieder einfiel. Die Lichtung erschien vor seinen Augen, die Stimme und sein Traum. Panik packte ihn. Wie lange hatte er geschlafen? Hektisch versuchte er sich aufzusetzen, um augenblicklich schmerzlich daran erinnert zu werden, dass die Lichtung nicht spurlos an ihm vorbeigegangen war. Erst jetzt bemerkte er die Kabel, die an seinen Armen und Beinen befestigt waren. Manche schienen etwas in ihn hinein zu pumpen, andere entnahmen Blut. Wo bin ich denn hier? Plötzlich flog die Tür auf, sodass etwas Putz von der Wand splitterte, als der Türflügel auf die Mauer traf. Eine rundliche Frau im mittleren Alter watschelte herein. Auf ihrer Stirn perlte der Schweiß und ihre Wangen glühten rot. Bei jedem schnellen Schritt wippte ihr Dekolletee auf und ab. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einer weißen Schürze und ihre Haare hatte sie zu einem Dutt gebunden, aus dem sich bereits einzelne Haarsträhnen lösten. „Liegen bleiben und auf keinen Fall bewegen", wies sie mich an und sah mich dabei böse an, „Dich hat es ziemlich übel erwischt, das heilt nicht mal eben aus!" Sie werkelte an diversen Geräten herum und kontrollierte verschiedene Werte bevor sie sich langsam wieder beruhigte. „Tut mir leid, dass ich dich so überrannt habe, aber ich lasse dich nicht meine ganze Arbeit kaputt machen, wenn du schon vor meiner Tür zusammenbrechen musstest und mir damit einen riesigen Schreck eingejagt hast", erzählte sie einfach mit guter Laune los. Zunächst fühlte er sich wirklich leicht überrumpelt von ihrer positiven Ausstrahlung, das legte sich aber schnell wieder. Anscheinend konnte er ihr vertrauen. „Wie lange war ich denn weggetreten?", fragte er und rechnete mit einigen Stunden. In der Vergangenheit war er ja anscheinend nicht mehr. „Zwei Wochen waren es schon fast", murmelte sie, ihre Augen dabei verdrehend, als würde sie nocheinmal darüber nachdenken. „ZWEI WOCHEN?", hakte er panisch nach. Wie war das denn möglich. Er konnte doch nicht zwei Wochen an ein und dem selben Ort gewesen sein. Das musste gelogen sein. „Du tust ja so, als würde eine Hochzeit auf dich warten", lachte sie überrascht und musterte ihn vielsagend, „Kein schlechter Fang für die Glückliche." Sie zwinkerte ihm zu. Er versuchte sich langsam wieder zu beruhigen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen. Ein. Aus. Ein. Aus. „Wie haben Sie mich gefunden?", wenn er schon ein Rätsel nicht lösen konnte, dann musste er zumindest versuchen, so viele Informationen wie möglich zu sammeln. „Sagen wir mal, du warst etwas ramponiert. Hast mir die ganze Treppe vollgeblutet. Hattest echt Glück, dass ich Ärztin bin. Wer weiß, ob du es bis ins nächste Krankenhaus geschafft hättest." Das musste bedeuten, dass er einen Zeitsprung mitgemacht hatte, nachdem er das Bewusstsein verloren hatte. Es war in der Tat ein Wunder, dass er nicht gestorben war. Seine Verletzungen mussten schlimm gewesen sein. „Hat jemand nach mir gefragt?" Die Frage schien die Dame zu überraschen: „Nein.Vermisst dich jemand? Soll ich der Polizei Bescheid geben?" „Nein, nein. Bitte. Keine Polizei." „Also hast du doch etwas ausgefressen", fragte sie verschmitzt. Ihm wurde dieses Frau immer sympathischer. Sie nahm überhaupt kein Blatt vor den Mund und plapperte einfach los, wie es ihr gerade passte. „So ähnlich, aber die Geschichte ist etwas zu lang, um sie zu erzählen." Sie musterte ihn kurz: „Darf ich dann wenigstens den Namen wissen?" „Eldrian." „Na dann. Willkommen in meinem bescheidenen kleinen Haus Eldrian. Ich bin Marry." Sie reichte ihm mit einem warmen Lächeln die Hand. Der Name passte wie die Faust aufs Auge.   

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