Man hätte meinen können, dass ein angehender Ninjaturtle alle umliegenden Objekte absuchen müsste, um sicherzustellen, dass das Ziel auch tatsächlich entkommen war und sich nicht eventuell nur gut genug versteckt hielt. Doch stattdessen hatte er nur in allen Sprachen, die ihm einfielen und mit den schlimmsten Ausdrücken, die man sich auch nur vorstellen konnte geflucht. Dann war er ohne das Geräusch von sich entfernenden Schritten verschwunden.
Eldrian hatte daraufhin beschlossen, sich für die verbleibenden achtundneunzig Minuten schlafen zu legen, was bedauerlicherweise zu nicht allzu beneidenswerten Träumen geführt hatte. In letzter Zeit besuchten ihn diese merkwürdigen Gestalten immer, wenn er schlief. Sie sangen ihm etwas vor und zeigten ihm Bilder, die er nicht verstand. Trotzdem erkannte er die Gefahr, die von ihnen ausging und die Tragik.
Ein Junge lag blass auf einem Bett. Drähte, die überall an seinem dürren Körper befestigt waren, verbanden ihn mit Computern, Maschinen und Servern. Auf einem Bildschirm flimmerte eine unscharfe Darstellung einer Landschaft, daneben stand ein veraltet aussehender Laptop. Dieses Gerät besaß noch Tasten und Knöpfe. Es musste um das Jahr 2010 entwickelt worden sein. Der Junge sah krank aus, seine Augenlider flatterten, öffneten sich aber nie und Schweißperlen liefen ihm über die Stirn, tränkten das Kissen in salziges Wasser. Selbst durch den dicken Pullover, der seinen Oberkörper bedeckte, konnte man die Rippen herausstechen sehen und das Gesicht wies schwarze Kuhlen auf, wo die Haut an den Wangenknochen herabhing. Schwarze Ringe zierten die verkrusteten Augen und die kleinen feinen Adern an Hals und Stirn schimmerten blau durch die beinahe transparente Haut. Auch seinen Händen, die ab und zu unkontrolliert zuckten, konnte man die Krankheit ansehen. Sie bestanden aus nicht weiter als Knochen. Man wartete förmlich darauf, den gebrechlichen Körper zu Staub zerfallen oder die ersten Maden auf ihm herumkriechen zu sehen. Alles an dem Kind wirkte krank und tot, das Bild jagte jedem einen eisigen Schauer über den Rücken und doch gab es etwas wichtiges, was dieses Bett und der Junge ihm sagen wollten. Die Botschaft schien vor Eldrian in der Luft zu schweben, dennoch war er nicht in der Lage, seine Hand auszustrecken und sie zu fangen. Sie blieb einfach dort. So nah und doch unsichtbar und fern. „Fang mich", schien sie ihm ins Gesicht zu brüllen, doch er konnte sich nicht rühren. Der Anblick des Jungen verschwand nicht aus seinem Kopf. Es brannte sich ein, als hätte man zu lange in die Sonne gestarrt und sähe nun leuchtende Punkte, weil der Blick die Netzhäute angegriffen hatte. Je öfter man die Augen schloss, desto schlimmer wurde es.
Der Traum heute war im Vergleich zu den anderen jedoch noch intensiver gewesen. Neben dem Jungen stand ein älterer Mann. Sein Gesicht war ähnlich eingefallen, wenn auch der Rest des Körpers gesünder erschien. Auch er hatte nichts gesagt und sich auch nicht bewegt. Er hatte ihn nur angestarrt. Nicht den Jungen. Ihn. Traurige grüne Augen hatten ihn direkt fixiert und ausgetrocknete dünne Lippen hatten sich bewegt, als wollten sie etwas sagen. Jedoch kurz bevor der erste Laut ertönen konnte, beendeten laute Fanfarengeräusche die Traumphase und er schreckte schweißgebadet und mit Schlamm überzogen aus dem Schlaf hoch. Aus der Traumwelt wurde er direkt in die eines mittelalterlichen Waldes gezerrt. Das abstrakte Bild, das sich den verdutzten Reisenden mit den Fanfaren bot, ließ sich wohl nur als Kontrast beschreiben. Vor ihnen saß ein schwer atmender junger Mann in einem weißen Shirt, überkrusteten Jeans und zertretenen Turnschuhen mitten auf einer Lichtung, umringt von mittelalterlich in Wams und Leinen gekleideten Kaufleuten. Eine Erklärung sollte man mit einem ziemlich modernen britischen Akzent eventuell nicht anzubringen versuchen...
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Dieses Kapitel widme ich schreibsuchti , da wir mal zusammen geschrieben haben und weil es mal überfällig war, ihr ein Kapitel zu widmen.
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