»17« Zuhause

Dᴀᴋᴏᴛᴀ

„Wieso liegen deine Zigarettenschachteln in der Mülltonne?"

Noan blickt überrascht auf, als ich vor ihm stehen bleibe. Er ist gerade dabei seinen Rucksack zu schließen, denn in etwa vier Stunden haben wir unseren Flug.

„Warum wühlst du im Müll rum?"

„Habe ich nicht, ich habe nur etwas weggeworfen", gestehe ich und hebe auffordernd die Augenbrauen. Sprich!, verlangen meine Augen, wobei er nur die Achseln zuckt und seinen Rucksack in die Ecke stellt.

„Du musst das nicht wegen mir machen, Clyde", seufze ich, verschränke die Arme vor der Brust und kneife argwöhnisch die Augen zusammen.

„Es könnte dich töten. Letztendlich ist es sowieso besser, wenn ich endlich aufhöre. Nun habe ich einen guten Grund dafür", erwidert er und kommt langsam auf mich zu. Ich kann seinem Gesicht kein Gefühl entnehmen, doch seine Gesichtszüge wirken recht entspannt. Ob er also in Wahrheit genervt ist, dass er meinetwegen die Kippen aufgibt, weiß ich nicht. Wobei er sie eigentlich wirklich nicht aufgeben muss, er soll bloß nicht in meiner Nähe rauchen, das genügt total!

„Denk nicht darüber nach und pack lieber deine Sachen", reißt er mich aus den Gedanken und gibt mir eine sanfte Kopfnuss, so wie er es allzu oft macht. Ich kann mir ein Lächeln nicht verkneifen und schüttle leicht den Kopf. 

„Meine Sachen sind schon gepackt, ich habe auch nur Wechselklamotten und Schlafsachen mit, aber wir werden sicher nicht bei mir zu Hause schlafen. Danny würde es ausnutzen, dass ich tief und fest schlafe, würde mich in der Nacht überfallen und mich im Keller einsperren, darauf verwette ich meinen Arsch!"

„Das glaube ich nicht, immerhin sagtest du doch, dass deine Geschwister dir nichts anhaben können, weil ich dabei bin und sie sich nur Feinde machen, wenn es sein muss. Ich bin mir so sicher, dass sie mich nicht zum Feind wollen", schmunzelt er und sogleich erinnere ich mich daran, weshalb ich ihn nochmal mitnehme. Erleichtert nicke ich. Ja, sie werden nicht versuchen mich festzuhalten, denn sonst nehmen sie einen Krieg mit Noan auf und besonders Stacy und Danny greifen niemanden an, von dem sie noch nicht genug wissen. Sie unterschätzen andere nicht und überschätzen sich selbst nicht, deshalb kann ich ganz beruhigt sein.

„Du hast recht, das habe ich glatt vergessen. Aber sag mal, was hast du alles in deinem Rucksack? Der sieht ganz schön fett aus", frage ich ihn und runzle irritiert die Stirn. Noan zuckt bloß die Schultern.

„Eine Jeans, ein T-Shirt und ein Pullover, für den Fall, dass es doch etwas frischer ist in New York und noch meine Schlafsachen, schließlich wohnen deine Geschwister alle zusammen und ich will nicht mitten in der Nacht vor deinen Schwestern oder gar deiner Schwägerin in Boxershorts erwischt werden, wenn ich dann mal auf die Toilette muss", gesteht er und kratzt sich am Hinterkopf. Ich lache leise und schüttle irritiert den Kopf.

„Du würdest bei mir schlafen, wo die Toilette im Zimmer ist, doch sowieso würdest du niemanden von ihnen begegnen. Wir haben alle unsere eigenen Etagen. Das haben meine Eltern absichtlich so bauen lassen, weil sie nie wollten, dass wir uns irgendwann untereinander trennen. Also sind im Haus so gesehen Wohnungen, ich weiß gar nicht, wie ich es dir erklären soll, ehrlich gesagt! Also... Wenn ich zu Alessandro will, beispielsweise, dann verlasse ich meine Etage, wo ich meinen eigenen Flur habe und befinde mich dann auf dem Flur, den wir alle benutzen. Wenn du den siehst, dann wirst du gar nicht merken, dass hinter dir eine ganz eigene Wohnung ist. Es ist das normale Flur eines Zweifamilienhauses, so sieht es zumindest aus. Es ist super, ich liebe unser Haus... Du hast nichts verstanden, oder?"

„Doch! Ich weiß schon, wie du meinst, sowas gibt es ja oft. Ich gucke nur so angestrengt, weil ich es mir vorzustellen versuche", wirft er sogleich ein.

„Na ja, du wirst es ja bald sehen", grinse ich und nicke in Richtung der Tür, ehe ich mich umdrehe und sein Zimmer verlasse.

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Stunden und einen eingeschlafenen, kribbelnden Arsch später sind wir endlich in New York angekommen.

„Gott, ich bin so erledigt", seufze ich und reibe mir den Hintern, damit er endlich wach wird, während Noan galant weitergeht, als hätte er nicht ebenso wie ich mehrere Stunden nur mit Sitzen und wenig Schlaf verbracht.

„Komm schon, wir müssen in etwa drei Stunden auf der Party sein. Mach schneller, dann sind wir gleich in deiner Wohnung und du kannst dich ein wenig ausruhen", sagt er, als er stehen bleibt, um auf mich zu warten, weil er mich weit überholt hatte.

„Ich kann nicht, mein Arsch kribbelt, weil er eingeschlafen ist und ich kann dieses Gefühl einfach nicht ab", beschwere ich mich, woraufhin Noan seufzend nach meiner Hand greift, um mich hinter sich herzuziehen. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen und remple ihn leicht mit der Schulter an.

„Ich hatte eigentlich gehofft, dass du eine Methode kennst, meinen Hintern zu wecken, doch Händchen halten ist auch ziemlich...-"

„Du bist jetzt still", unterbricht er mich und zieht mich eiliger hinter sich her, als könne er es kaum abwarten von hier wegzukommen. Macht er das jetzt absichtlich? Schneller gehen, damit ich auf die Schnauze falle? Wer kam eigentlich auf die glorreiche Idee hohe Schuhe anzuziehen?

Ach ja, das war ich.

„Sag mal, stinke ich?", frage ich ihn, sobald wir den Flughafen verlassen haben und versperre ihm den Weg, in dem ich mich so umdrehe, dass er gegen mich läuft. Ich verkneife es mir zu grinsen, als er genervt die Augen verdreht und berühre mit der Nasenspitze sein Kinn.

„Nein, du stinkst nicht, Gatinha", seufzt er und hebt die Hand, um einen Taxi heran zu winken.

Knapp eine ganze Stunde später sind wir in meiner Wohnung angekommen, dabei wohne ich wirklich nicht weit vom Flughafen entfernt.

„Gott, immer dieser verdammte Verkehr, ich hasse es!", zische ich und schmeiße mich auf mein Sofa. „Ach, Baby, was habe ich dich vermisst", stöhne ich erschöpft, als meine Muskeln sich entspannen.

„Willst du zuerst duschen?", fragt Noan mich, woraufhin ich den Kopf schüttle. Dafür fehlt mir jetzt erstmal die Kraft.

„Gut, dann gehe ich." Mit diesen Worten zieht er sich die Jacke und das Shirt aus, ehe er ins Bad verschwindet und mich sabbernd zurücklässt.

„Beim nächsten Mal ziehst du hier auch deine Jeans und deine Boxer aus, haben wir uns verstanden?", rufe ich ihm gespielt wütend zu. Einige Sekunden lang bleibt es still, ehe der Raum von seinem Gelächter gefüllt wird. Ich schmunzle. Hach, es ist Musik in meinen Ohren. Ich kann mir genau vorstellen, wie er in der Dusche steht und den Kopf über mich schüttelt, wie die perlenartigen Wassertropfen seinen gebauten Körper...- Okay, stopp!

Seufzend schüttle ich den Kopf. Keine gute Idee darüber nachzudenken.

Hm, soll ich jetzt so lange liegen bleiben, oder doch lieber schon Mal einige Klamotten raussuchen? Ich weiß gar nicht, was ich anziehen soll. Es ist nicht wirklich warm, aber auch nicht kalt.

„Hopp, hopp, Dakota", grummle ich leise und zwinge mich aufzustehen, ehe ich ins Schlafzimmer verschwinde, wo ich zunächst minutenlang in meinen Schrank starre. Was ziehe ich bloß an? Ich hätte gerne ein kurzes Kleidchen angezogen, aber falls ich doch noch vor Danny wegrennen muss, wäre eine Jeans besser, würde ich sagen.

„Eine beige Stoffhose und die weiße Bluse", murmle ich, während ich bereits nach den beiden Sachen greife. Na klar! Statt einer Jeans, kann ich auch eine locker sitzende Stoffhose anziehen, die noch dazu wirklich schick aussieht. Auf eine Jeans habe ich tatsächlich einfach keine Lust. Die ist mir zu eng.

Ich lege die zwei Kleidungsstücke auf mein Bett und hole passende Schuhe raus. Die Bluse ist recht kurz geschnitten, sodass man meinen Bauchnabel sehen kann und ich habe so einen hässlichen Bauchnabel! Ich hasse es.

„Wieso lasse ich mir kein Bauchpiercing stechen?", frage ich mich selbst und schüttle den Kopf. Dann wäre ich das Problem endlich los.

Als ich höre, wie die Badezimmertür geöffnet wird, ziehe ich mir die Hose und das Oberteil aus. Nur weil Noan mir nichts gönnt, heißt es ja nicht, dass ich auch so fies sein muss. Lächelnd greife ich nach dem Handtuch, ehe ich nur in dunkelroter Unterwäsche mein Zimmer verlasse. Noan hat mir den Rücken gekehrt und zieht sich gerade die Hose über den knackigen Hintern, als ich auch schon an ihm vorbei stolziere. Ich höre ganz genau, wie er mitten in der Bewegung verharrt, kann mir ein Grinsen kaum verkneifen und bete, dass er mal endlich so reagiert, wie ich es mir wünsche, aber das passiert nicht.

Er lässt mich natürlich still ins Bad verschwinden.

Blödmann.

♋︎♋︎♋︎♋︎

„Weißt du eigentlich, was für Spielchen du da spielst, Gatinha?", reißt Noan mich aus den Gedanken, als ich mich auf mein Motorrad schwinge. Verwirrt sehe ich zu ihm auf, während er sein khakigrünes Leinenhemd richtet, ehe sein Blick auf mich fällt.

„Was meinst du?", frage ich, als er hinter mir Platz nimmt. Die nächsten Worte bleiben mir im Hals stecken, denn seine rauen Hände legen sich auf meiner nackten Haut an der Taille und mit nur einer Bewegung drückt er sich so kräftig an mich, dass mein Hintern an seinen Lenden drückt. Ah, jetzt verstehe ich, was er meint. Er spricht von der Aktion vorhin. Ich grinse und erwidere nichts, wobei sein Griff sich für einen Moment verstärkt, ehe ich seinen heißen Atem an meiner Ohrmuschel spüre.

„Hast du denn keine Angst davor, dass ich auf deine Avancen eingehen könnte?", raunt er mir ins Ohr und ich erschaudere ungewollt. Sprachlos klappt mir die Kinnlade auf. Will er jetzt wirklich...

Was will er?

Ja, was will er eigentlich? Und wieso zum Teufel weiß ich nicht mehr, wo rechts und wo links ist? Schluckend muss ich zu meinem Bedauern feststellen, dass er mich aus dem Konzept gebracht hat. Nun, was war zu erwarten? Wenn jemand wie Noan dich einfach packt und auf  sein Goldstück setzt? Er ist nicht unbedingt jemand, der zeigt, dass er scharf auf dich ist und auch jetzt kann ich keine Regung an meinen Hintern spüren, aber dennoch ist es hart.

Hart und mächtig - scheiße!

„Willst du nicht losfahren?", haucht er mir rau ins Ohr und ich nicke schluckend. Ich kann sein Grinsen beinahe spüren und weiß nicht, ob es mir gefällt, oder es mich ärgert.

Ich sollte mich umdrehen und ihm zeigen, dass ich nicht zu verunsichern bin, doch stattdessen fahre ich los.

Was sollte das bloß, Clyde?

In Kürze erreichen wir mein vertrautes Heim, das ich seit zwei Jahren nicht mehr betreten haben. Die goldfarbenen Mauern ragen in die Höhe, erinnern mich daran, dass ich sie als Kind noch extrem gewaltig fand und selbst jetzt, wo ich ein wenig gewachsen bin, sind sie es noch immer. Von der Ferne her scheint es wie ein Gefängnis, was mein Vater auch beabsichtigt hatte.

„Stehen sie da Patrouille?", hakt Noan nach, als wir vor dem Gebäude anhalten. Ich nicke bloß.

Wieso?, zische ich mir selbst zu, als mir das Atmen immer schwerer fällt, versuche Daliah's und mein Kindergekreische in die hinterste Ecke meines Hirns zu verfrachten, doch ihre Stimme werden nur lauter.

„Ich komme euch holen", höre ich Papá lachen und habe es bildlich vor Augen, wie er uns nachjagte, als die Tore geöffnet werden und ich langsam reinfahre. Genau hier, flüstert mir eine Stimme im Kopf zu und ich sehe auf die Stelle in der Ecke, in der er mich dann fing, hochhob und mich mit seiner Nasenspitze und seinem Mund am Bauch kitzelte, bis ich laut lachend drum bat, dass er aufhört.

„Essen ist fertig", hatte Mamá in dem Moment gerufen und kam in einem wunderschönen Sommerkleid aus dem Haus, das Papá immer so toll an ihr fand. Ihr Lächeln hatte mir schon immer das Herz erwärmt und noch jetzt, wenn ich mich bloß daran erinnere, wird mir ganz warm.

Eine Hand, die sich auf meine Schulter ablegt, lässt das Bild ihrer Gestalten vor meinen Augen verschwimmen. Selbst das helle Licht der Sonne verblasst und nur die Dunkelheit der Nacht bleibt bestehen.

Doch die Wärme verschwindet nicht. Dafür ist Noan's Hand, die er mir vorsichtig auf die Schulter gelegt hat, bestärkend und scheint mir all meine Ängste zu nehmen.

„Du bist hier nicht allein. Ich stehe dir bei", flüstert er mir zu und rollt mit seinen Worten jeden noch so harten Stein aus meinem Weg, lehnt sich weiter vor und schaltet den Motor aus. „Wir können hier aber dennoch so lange stehen bleiben, wie du es willst. Keine Eile."

In meinem Bauch kribbelt es und ich beiße die Zähne zusammen, als ich plötzlich das Verlangen verspüre in Tränen auszubrechen. Gott, ich muss mich jetzt ernsthaft zusammenreißen! Wieso ist er bloß so verdammt toll? Das ist so scheiße!

So scheiße!

„Es ist alles in Ordnung. Wir können jetzt rein", wispere ich, da ich meiner Stimme nicht traue und greife Sicherheitshalber nach meinem Inhalator, ehe ich einen tiefen Zug nehme und den Kopf zu ihm umdrehe. „Danke, dass du da bist."

Noan drückt mir einen federleichten Kuss auf die Schläfe und klopft mir sodann aufmunternd auf die Schulter, ehe er aufsteht. Ich blinzle noch ein wenig perplex und versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie toll seine Lippen sich auf meiner Schläfe angefühlt haben, die mich vielleicht nur streiften, aber doch da waren.

Was stellt der Kerl nur mit mir an?

Kopfschüttelnd erhebe ich mich und straffe die Schultern, ehe ich mich ins Haus begebe, nicht jedoch, ohne davor Pablo zuzuwinken, der mich warm lächelnd und mit freudigen Augen verfolgt.

„Sie sind im Wintergarten", lässt einer der Männer mich wissen und ich nicke ihm zu, spüre einen dumpfen Schlag im Magenbereich, als ich den wohligen Geruch von Zuhause einatme und wäre fast stehen geblieben, doch da spüre ich plötzlich, wie Noan seine Finger mit meinen verschränkt. Er sieht nicht zu mir runter und ich sehe nicht zu ihm auf.

Er ist einfach nur da und hält mir die Hand und ich bin ihm dafür verdammt dankbar.

Dann mal los.

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Hallöchen meine Lieben!

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!

Na, was glaubt ihr? Wird es gut laufen oder geht es in die Hose? Dakota zumindest würde ungern für Unruhe sorgen...

Bis dann!

SevenTimes-

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