- 2 - | Peilsender
Leicht humpelnd erreichte ich nach zehn Minuten endlich mein Hotel. Palazzo Leone. Langsam machte sich der Schmerz spürbar bemerkbar und es ging mir echt auf die Nerven.
Vor dem Eingang des Hotels bemerkte ich einen jungen Mann, vielleicht dreiundzwanzig, der mit einem leicht ratlosen Gesichtsausdruck das Tastenfeld betrachtete. Wenn da nicht Mal jemanden den Code vergessen oder nicht bekomme hatte. Kurz ließ ich meinen Blick über seinen Körper wandern und bemerkte einige interessante Details. Sowohl seine Arme, als auch seine Hände wurden von kleineren und größeren Narben geziert. Seine Haltung war aufrecht, sein Gesicht gezeichnet von Erfahrung. Er hatte viel Erlebt. Entweder Soldat oder... oder Agent. Na großartig, schoss es mir durch den Kopf. Langsam ging ich auf ihn zu und bemühte mich kein Geräusch zu machen. Ich war sehr froh gerade meine grünen Kontaktlinsen drinnen zu haben. Hoffentlich stellte er erst einmal keine Verbindung her. Mit einem Blick Richtung Rocksaum erkannte ich eine leicht rötliche Verfärbung. Entnervt biss ich die Zähne fest aufeinander. Nicht auch noch das. Stumm flehte ich gen Himmel und machte dann die letzten Schritte auf den Mann zu. Mit einem Arm griff ich an ihm vorbei und gab den Code ein. Mit einem charmanten Lächeln drückte ich die Tür auf und hauchte ihm den Code zu, dann verschwand ich durch die Tür. Erleichtert atmete ich auf und nickte dem Nachtportier zu. Geschafft.
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Mit einem leisen Summen öffneten sich die Fahrstuhltüren und gaben den Blick auf einen breiten Gang frei. Der Boden wurde von einem roten, dicken Teppich bedeckt, der die Schritte dämpfte. Die Türen zu beiden Seiten waren aus dunklem Holz, die Zimmernummern waren auf Kopfhöhe mit einer goldenen Legierung ins Holz eingelassen. Ab und zu standen Vasen auf kleineren Beistelltischen und kurz überlegte ich wie viel diese Vasen wohl wert waren, dachte mir dann aber, dass kein Hotel dieser Welt teure Vasen in die Flure stellen würde.
Am Ende des Ganges waren die privaten Fahrstühle für die Suiten. Kurzerhand ließ ich meine Karte über das Scanfeld der Liliensuit wandern und wartete geduldig. Nun ja, mehr oder weniger. Ich kaute auf meiner Unterlippe, hüpfte auf einem Bein und machte den üblichen Schwachsinn um mich von meiner Schussverletzung abzulenken, denn langsam wurde der Blutfleck größer. Meine geliebten Selbstheilungsfähigkeiten würden wahrscheinlich erst in meinem Zimmer ihren Dienst aufnehmen, wenn ich endlich entspannen konnte. Mit einem leisen Pling öffnete die Tür und endlich betrat ich eine Zone, bei der ich mir sicher war, dass mich keiner sehen konnte.
Stöhnend ließ ich mich aufs Bett fallen. Meine Wunde pulsierte und ich war mir nicht mehr komplett sicher, das ich wirklich keine Splitter im Bein hatte. Nur mit Mühe und Not konnte ich mich von meinem warmen, kuscheligen, gemütlichen, atemberaubenden- gut ich glaube ihr wisst was ich meinte. Ich drückte mich von meinem Bett ab und betrat mit leicht schleppenden Schritten das Badezimmer. Mit flinken Fingern suchte ich mein Verbandszeug zusammen und legte dann die Wunde frei. Ein scharfes Zischen entwisch mir. Ungläubig kramte ich die Kugel aus meiner Tasche und hielt sie ins Licht. Tatsächlich. Kleinere Splitter waren von der Kugel gelöst und zierten jetzt mein Bein. In der Mitte der Kugel war ein Hohlraum. Eine beunruhigende Ahnung beschlich mich. Ein Peilsender passte perfekt in so eine kleine Öffnung. Entweder war der bei mir im Bein oder er lag draußen auf der Straße. Ich schluckte. Ich würde es erst herausfinden, wenn ich alle Splitter entfernt hatte. Also zog ich eine Pinzette aus der Verbandstasche und atmete tief durch. Dann begann ich Splitter für Splitter aus der Wunde zu ziehen.
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Sanft tastete ich die eh schon gerötete Haut ab. Ein Keuchen ging bei jedem Druck auf die Wunde über meine Lippen. Schließlich fand ich eine Erhebung in der Wunde. Mit der Pinzette holte ich dann schließlich unter Schmerzensschreien einen Peilsender aus meinem Bein. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf gegen die kalte Wand. Ein paar Minuten atmete ich ruhig durch, dann begann ich die Wunde mit Desinfektionsmittel zu reinigen. Anschließend bestrich ich einen Verband mit einer Salbe und legte ihn um. Müde ließ ich den Kopf wieder gegen die Wand sinken. Was würde ich nur tun, damit ich so eine Operation mal unter Narkose haben konnte.
Eine Weile blieb ich so sitzen, aber nach einiger Zeit fiel mir auf, dass der Peilsender immer noch bei mir auf dem Boden lag. Ich hatte bis jetzt noch keine Idee, wohin mit dem Ding, da ich mir sicher war, der Sender würde den letzten Standort sofort unter höchster Meldestufe senden, sollte ich ihn zerstören, und dann würde es hier vor Hydra oder Shieldagenten nur so wimmeln. Ich schaffte es gerade noch so den Sender in eine funkdichte Box zu packen ehe ich komplett übermüdet ins Bett fiel.
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Ein warmer Sonnenstrahl kitzelte mich am nächsten Morgen wach. Murrend drehte ich mich um und schloss die Augen wieder. Einfach liegen bleiben. Das war das Geheimnis eines erfüllten Aufstehens. Nach ein paar Minuten fing mein Rücken unangenehm an zu kribbeln und ich streckte ihn durch. Ein Knacken ertönte und ich ließ mich zurück auf die Matratze sinken. Ich blinzelte. Jetzt wieder einschlafen war absolut sinnlos. Also tastete ich mit den Fingerspitzen nach meinem Handy. Ein absolut abhörsicheres Handy. War eine Bezahlung für einen Auftrag gewesen. Langsam scrollte ich über den Bildschirm und stoppte bei einer kurzen Nachricht einer unbekannten Nummer.
Shield ist hier, Hydra auch, die Stadt lacht und die Unterwelt weint wie verlorene Wölfe
Innerhalb von Sekunden tippte ich eine Antwort.
Wenn der Mond hoch steht und die Trauerschreie der Wölfe sich in Jubel wandeln werden sie stehen am höchsten Punkt der Hügel und mit den Wölfen feiern.
Ich wusste sie begriff. Heute Abend, Mondhoch, bei den Hügeln vor der Stadt. Das mit den Wölfen war damals ihre Idee gewesen. Lonley's Idee. Die Wölfin Roms, wie man sie auch nannte. Etwas war passiert. Etwas schlimmes. Sonst würde sie mich nicht Rufen. Sie war Einzelgängerin, deshalb nannte man sie Lonley. Entspannt blieb ich auf den Rücken liegen, als ich einen Geistesblitz bekam. Ich wusste, wem ich den Sender unterjubelte. Seit neustem wohnten hier schließlich Agenten.
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