Kapitel 5. Violett

Ich schaffte es, mich zusammenzureißen, bis ich mein neues Zimmer betrat und die Dienerin hinter mir die Tür schloss. Als hätte jemand einen Knopf betätigt, landete ich mit den Knien auf den Boden und fing an zu weinen. Mein Gesicht in meine Hände vergraben, weinte ich los. Die Tränen flossen regelrecht über meine Wangen und Tropfen auf meine Oberschenkel. Ich schluchzte laut und ließ meine Hände langsam sinken. Mein ganzer Körper zitterte und gerade bereute ich jegliche Entscheidungen, die mich hierhergebracht hatten.

Doch als ich an meine Eltern zurückdachte, schämte ich mich für meine Gedanken.
»Es tut mir leid« schluchzte ich und stand langsam auf. Mit schweren Schritten trug ich meinen müden Körper zu dem Himmelbett. Bevor ich mich hineinlegte, sah ich mich um. Das Zimmer war groß und mit einem Balkon ausgestattet. Ein eigenes Badezimmer, ein Schminktisch mit Hocker. Ein Tisch mit zwei Stühle. Ein Himmelbett, ein Schrank mit den Klamotten, die ich wohl zu tragen habe, wenn mein Herr das erwartet. Und dann erblickte ich auf dem Nachtschrank das andere Halsband und Handschellen. Es bestand aus Leder und das sollte also angenehmer beim Schlafen sein.

Ich starrte es eine ganze Weile an, bevor ich mich langsam in das Bett und unter die Decke verkroch. Mein Körper zitterte, während ich die Decke über meinem Kopf zog, um mich von dieser Welt zu verstecken.

Meine Augen schließend weinte ich mich in den Schlaf.

***

Am nächsten Morgen, oder eher Abend, weil bei den Vampiren der Morgen erst zum Abend beginnt, wurde ich durch die Dienerin, die anscheinend ab jetzt für mich zuständig war, wach. Sie zog die Decke weg und blickte mich mit ihren schwarzen Augen an.

Ich blinzelte wegen des Lichts in meinem Zimmer, der von der Lampe aus strahlte. Sie war auch ein Vampir, aber anscheinend eine von den niedrigen Rängen. Ihr ebenso dunkles Haar war zu einem knoten gebunden und ihre Uniform saß perfekt.

»Aufstehen, Miss Luna. Der König wartet bereits auf euch.« Sie sah mich streng an und ich zuckte noch etwas verschlafen zurück.

Ich fühlte mich schwach und hatte Hunger. Getrunken hatte ich auch nicht die Menge, die mir aufgetragen wurde. Nachdem er mich gestern so abrupt rausgeschmissen hatte, war ich einfach in mein Zimmer. Mit knurrenden Magen stand ich auf und ließ mich zum Schrank führen. Sie zog mir das Kleid aus, die Handschellen und die Halsschelle, bevor sie mich in der Dusche zurückließ. Nackt stieg ich in diese moderne Regendusche und begann mich zu waschen. Als ich mit gewaschenen Haaren und gewaschenem Körper und geputzten Zähnen zurück ins Zimmer kam, begann die Dienerin mich nur mit dem Handtuch um den Körper zu meinem Schminkspiegel zu führen. Sie begann meine Haare zu föhnen und mich herzurichten. Meine Haare ließ sie wieder offen, als hätte der König das verlangt. Mein Make-up war dezent und natürlich.

»Du musst dich anziehen. Unser König ist sehr ungeduldig« informierte sie mich und führte mich zum Kleiderschrank. Heute bekam ich wieder ein weiß-goldenes Kleid an. Diesmal etwas kürzer als gestern und etwas freizügiger. Es war ein Trägerkleid, das um mein Busen eng geschnitten war und ab meiner Taille locker und mit Falten über meine Hüfte fiel. Goldene Tauben waren darin eingearbeitet und ich habe noch nie so etwas Schönes gesehen.

Es war wie ein Sommerkleid. Die Dienerin half, mir meine Handschellen und die Halsschelle wieder aufzusetzen, bevor sie mir goldene Schuhe mit einem 5 cm Absatz anzog.

»So fertig« sagte sie erleichtert und führte mich dann aus meinem Zimmer.

Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe herum und sah mich um. Die Nacht war nicht wirklich erholsam, ich hatte viel gezittert und wurde dadurch immer wieder wach. Es war kalt in meinem Zimmer und ich wusste nicht, wie ich dort die Heizung anmachen sollte. Immerhin war ja bekannt, dass Vampire nicht froren oder schwitzen. Besaßen sie den hier im Palast überhaupt eine Heizung?

»Aua«, zischte ich, als ich gegen die Dienerin knallte, die abrupt stehen geblieben war. Mit verwirrtem Blick und mir die Nase reibend, folgte ich ihrem ängstlichen Blick, bis er auf den König fiel, der urplötzlich vor uns stand.

Sofort fiel die Dienerin auf die Knie. »Bitte verzeiht, mein König. Ich habe mich beeilt, eure Blutsklavin so schnell wie möglich herzurichten.«

Ich blinzelte und sah sie verwirrt an, bevor ich unsicher zurück zu dem Vampirkönig blickte.

Er sah auf die kniende Vampirin. »Verschwinde. Jetzt.«

»Ja, mein König«, hauchte sie so ängstlich, dass mein eigenes Herz ebenfalls anfing, schneller zu schlagen. Ich hob meine Hand, weshalb die Ketten rasselten, und wollte meine Finger nach ihr ausstrecken. Aber sie erhob sich so schnell und wandte sich genauso schnell von uns ab. Mit traurigem Blick sah ich ihr nach und senkte meinen Arm. Ich kannte doch noch gar nicht ihren Namen.

Des Königs Blick traf meinen. »Wolltest du noch etwas von ihr, oder bietest du dich mir an?«

»Ja, ich wollte ihren Namen erfahren« antwortete ich leise und drehte meinen Kopf zu meinem Gegenüber, dem ich die nächsten 5 Jahre gehören würde.

Meine Augen machten sich selbstständig und begannen ihn intensiv zu mustern. Sein weinrotes Hemd schmiegte sich viel zu gut um seinen perfekten Körper. Und seine schwarze Hose mit seinem schwarzen Gürtel, sah ebenso zu gut aus. Als mein Blick wieder auf seinem Gesicht lag, musterte ich auch das viel zu intensiv.

Er war kalt und ein Monster.

Aber leider konnte ich nicht leugnen, dass er attraktiv war. Ich mochte dieses Gefühl nicht, was ich spürte, wenn mir klar wurde, wie gut er eigentlich aussah.

»Was meinen sie mit anbieten?«

Der König Senkte das Kinn und packte mich am Handgelenk. »Dein Blut, Mädchen. Oder sollte ich noch etwas anderes von dir verlangen?«

Ich sog erschrocken die Luft in meine Lunge und sah auf sein Griff. Seine Hand war so groß, dagegen sah mein Arm und meine Hand so unendlich klein aus. »Nein. Und ich dachte sie fragen nur einmal, ob sie mein Blut haben dürfen« antwortete ich und sah ihm zurück in die Augen.

»Sehe ich aus«, langsam hob er die andere Hand, drehte uns so, dass ich mit dem Rücken an der schwarz gestrichenen Wand des Flures stand. Er ließ das Schloss der Schelle in einer einfacheren Bewegung aufgehen. »-als würde ich fragen? Ich wollte nur wissen, ob du dich mir schon freiwillig anbietest.«

Ich blinzelte. Sah lange auf die Handschelle, die aufging. Freiwillig? Nein. Ich tat nichts von all dem freiwillig. Aber ich durfte weder sagen, weshalb ich wirklich hier war, noch das ich gezwungen wurde. Ein trauriger Schimmer flog über meine Augen, als ich wieder meinen Besitzer ansah. »Was würden sie den tun, wenn ich mich nicht freiwillig anbieten würde? Reicht es nicht, dass ich freiwillig hier war, bei ihnen, als Blutsklavin?«, fragte ich und versuchte, mein Herzschlag zu beruhigen.

»Reden wir noch immer von deinem Blut?« ER senkte den Kopf und biss in mein Handgelenk. Sofort saugte der König und sah mich mit nun roten Augen an.

Ich zuckte zusammen und zog die Brauen zusammen. Ich verstand kein Wort. Was wollte dieser Vampir von mir?!

Alexandru lies von mir ab und legte den Kopf in den Nacken, bevor er zurück zu mir sah und den Kopf erneut senkte, um mit der Zunge langsam über den Biss zu lecken. Blut klebte an seinen Lippen. »Du bist wirklich ein ziemlich unerfahrenes Ding, huh?«

Und du gehst mir auf die Nerven, dummer Vampir, fuhr ich ihn gedanklich an. Ich fixierten seinen Mund. »Vielleicht sollten sie klar und deutlich sprechen und nicht in einer geheimen Sprache. Sie bekommen mein Blut. Was wollen Sie denn noch von mir? Mein Hals? Wollen Sie in mein Hals beißen, dann tun Sie das«, forderte ich einen Vampirkönig auf und versuchte, meine Halsschelle wegzudrücken, und legte mein Kopf zur Seite, damit er mein Hals sehen konnte.

Der König Blickte auf meinen Hals und grinste, nahm aber Abstand. »Vielleicht kommst du noch darauf, was ich meine, kleiner Mensch. Aber jetzt«, er zeigte in den Flur, »zeige ich dir erst mal mein zu Hause und wo du alleine hingehen kannst und wo nicht.«

Komplett verwirrt, wieso er so dumm grinste, ließ ich meine Halsschelle los und dann nahm ich meine Handschelle, die er geöffnet hatte und machte sie wieder um mein Handgelenk.
»Ich hasse so was«, murmelte ich und starrte ihn mit zusammengekniffenen Augen an.

Er sah mich an. »Wie war das?«

»Ich hasse so was« wiederholte ich mich lauter und starrte ihn an.

Der König kniff daraufhin die Augen zusammen und blieb stehen. Gefährlich langsam wandte er sich um. Seine Augen waren bedrohlich, der Blick jedoch amüsiert. »Ein letzter Versuch, Luna mea.«

Ich ballte meine Hände zu Fäusten und blies die Wangen auf. »Sag mir, was du von mir willst? Was verstehe ich denn nicht?« Als ich bemerkte, dass ich ihn geduzt hatte, senkte ich den Blick. »Verzeihung, ich wollte Sie nicht duzen. Aber ich mag es nicht, wenn man über etwas spricht, was ich nicht verstehe« erklärte ich zurückhaltend.

Ich war eindeutig zu weit gegangen. Da war die typische Violett aus mir herausgekommen. Wenn mein Vater so was tat, dann regte ich mich auch immer drüber auf. Aber das hier war nicht mein Vater, sondern ein Vampir und dann auch noch der König aller Vampire.

Er beobachtete mich. »Ich rede über etwas, dass du wohl noch nicht getan hast, wenn man bedenkt, wie du reagierst. Leidenschaft.« Alexandru ging auf mich zu. »Lust.« Noch einen Schritt. »Vergnügen.« Nun stand ich wieder an der Wand. »Erotik.« Der Vampir beugte sich hinab und brachte seine Lippen an mein Ohr, während seine Fingerspitzen über meinen Oberarm glitten. »Sex, Luna mea. Ich spreche von Sex.«

Seine Berührung hinterließ eine Gänsehaut auf meiner Haut.
Sex.
Er ... redet von Sex.
Meine Augen wurden beim Begreifen seiner Worte immer größer und größer.
SEX mit einem Vampir? Er wollte Sex haben. Mit mir?!
Mein Atem stockte. »Aber ... der Vertrag...« flüsterte ich und war wie erstarrt.

Den Kopf etwas zurückziehend sah er mich an. Noch immer dicht zu mir gebeugt. »Ja? Was genau sagt der Vertrag?«

Meine Güte. So nahe vor meinem Gesicht, sah er immer noch perfekt aus. Normalerweise kannte man das ja, wenn man ein Spiegel hatte, der das Gesicht auf das 10-fache vergrößert, das man immer ganz schrecklich aussah. Aber nicht der Vampirkönig. Nicht er.

»Im Vertrag steht, dass kein Sex erwünscht ist. Und...ich will das auch nicht. Nicht mit ihnen. Ich bin ein Mensch und sie ein Vampir. Ich bitte den Vertrag einzuhalten« sagte ich ernst und wandte den Kopf ab. Das würde eindeutig zu weit gehen. Es gab schon Vampire, die mit Menschen verkehrt hatten. Und da sind auch manchmal Kinder entstanden. Aber genau diese Kinder waren der Dreck der Gesellschaft. Und die Beziehung zwischen den Vampiren und Menschen wurde verpönt.

Er legte den Kopf schief und sah auf meine Lippen. »Du wirst wollen. Du wirst fragen. Du wirst flehen vor unerfüllter Lust. Und es wird dir genauso egal sein, was andere davon halten, wie mir. Sofern denn jemand davon erfahren wird. Und weißt du auch warum?«, fragte er und zog an meiner Strähne.

Was?!

Wieso sagte er so was? Er war doch der König, sollte er nicht so etwas verurteilen?
Nein, er testet mich. Ganz sicher.
Meine Augen zuckten zu ihm. »Nein« schaffte ich, nur zu flüstern. Mein Herz schlug mittlerweile so schnell, dass es mir fast aus der Brust sprang.

Der König sah auf meine Brüste, die sich schnell hoben und senkten. »Nein, du weißt es nicht? Oder nein du willst es nicht?«

»Nein, ich weiß es nicht. Und ja, ich bleibe bei meiner Meinung. Ich will dich nicht« antwortete ich und befeuchtet meine vollen Lippen.

Er tat es mir gleich und brachte seinen Mund nun so dicht an meinen, sodass ich jede Bewegung spürte. »Wie werden sehen, Luna mea. Wir werden sehen.«

Der Vampir löste sich in Rauch auf und stand dann am Ende des Gangs. Er wartete nicht, sondern lief um die Kurve.

Ich blinzelte und sah ihn noch an, als er um die Ecke ging. »Hey, warte!« rief ich und drückte mich von der Wand ab. Ich rannte los und meine Ketten klirrten, bei den schnellen Bewegungen meiner Hände. Ich kam an der Ecke an und bog ab.

Vlad packte mich, weil er direkt um die Ecke stand, ließ meine Schellen dran und biss mir brutal in den Unterarm, um sich mehr Blut zu nehmen.

Ein Schrei entfuhr meiner Kehle und ich erschreckte mich fast zu Tode. Gleichzeitig durchströmte mich der Schmerz seiner Zähne in meiner Haut. Unkontrolliert krallten sich meine Finger in sein weinrotes Hemd und zerrte dezent daran.

Er Riss die Zähne aus mir, nur um etwas weiter oben anzusetzen und erneut zuzubeißen.
Ich keuchte und Tränen sammelten sich in meine Augen. Es tat weh. Den Schmerz konnte ich gar nicht so schnell verarbeiten. »Bitte...« flüsterte ich mit zittriger Stimme und Angst durchflutete meinen Körper.

Der Drecksack lies mich los und packte mich an der Halsschelle. »Achte auf deine Anrede mir gegenüber, Mensch! ›Hey warte!‹ ist nicht, wie du mir, deinem König reden wirst. Verstanden?!«

Mit feuchten Augen sah ich ihn an. Seine roten Augen glühten regelrecht und langsam wurde mir klar, dass rot nicht meine Lieblingsfarbe war. Das Nächste, was mir klar wurde, war, dass er das echt tat, wegen meiner Anrede als ich ihm hinterher lief?

Ich biss mir auf die Unterlippe, um das Zittern zu unterdrücken. »Ja, mein Herr« gab ich nach und kniff die Augen zusammen. Ich schluckte die Tränen runter und mir wurde wieder bewusst, dass ich hier war, um diesem elenden Vampirkönig zu dienen.

Ich war hier, wegen meiner Eltern. Also sollte ich mich dementsprechend verhalten.
Ich musste die wahre Violett wegsperren.
Nur so würde ich diese Zeit überleben.

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