Kapitel 44. Alexandru

»Ist dir etwas Seltsames an deinem Blutsklaven aufgefallen?«

Vic drehte sich zu mir, nippte an dem Champagner und ließ es sein, den gestellten und zurechtgemachten Saal im Erdgeschoss zu betrachteten, den ich gebucht hatte. Modern eingerichtet, dämmriges Licht, progressistische Musik und von drei Seiten aus verglast, sodass vorbeigehenden hineinsehen konnten.

»Seltsam? Nein, er ist ein Blutsklave, wie jeder andere auch.« Sein Blick wanderte zu ihm. »Warum?«

Ich betrachtete den Menschen ebenso. »Er hat Violett gefragt, wie sie zu den Rebellen steht.«

»Was?« Vics Kopf schnellte zu mir und ich nickte.

Die leise Musik spielte, und ich fragte mich, was genau daran eine Party war. »Warum?«

»Ich weiß es nicht, aber sei so gut, überprüfe ihn noch mal und behalte ihn im Auge.« Ich sah zu meinem Freund. »Ist alles vorbereitet?«

Er nickte, noch immer etwas geschockt, doch der Hauptmann meiner Armeen und somit das militärische Oberhaupt, kam zum Vorschein. »Natürlich. Denkst du, er ist einer von ihnen?«, fragte er dann noch und hob eine Braue, während sein Blick besorgt zu Mihaela huschte, die gerade mit Asterin und einer Handvoll Freundinnen redete.

Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Das denke ich nicht. Wenn dem so wäre, wüsste er, was demnächst kommt und wir würden seine Angst wittern. Er hätte im Wald fliehen können, als sie uns angegriffen hatten.«

Was ich allerdings sehr wohl wusste, war, dass er sich das falsche Mädchen ausgesucht hatte, das er anschmachtete.

»Was, wenn er es nicht getan hat, weil er gesehen hatte, dass sie scheitern?«

Ich drehte mich zu Victor um. »Hast du den Eindruck gehabt, er wolle fliehen?«

Mein Freund dachte nach, schüttelte dann aber den Kopf. »Nein, der Wurm hat wie ein zitterndes Häufchen elend an einem Baum gekauert und gebetet, ihm möge nichts passieren. Er ist generell ziemlich schnell einzuschüchtern.«

»Keine Eigenschaft, die den Rebellen dienlich wäre.« Ich sah ihn wieder an. Sah, wie er sich leise mit Violett und den anderen Blutsklaven unterhielt, die in einem von rotem Samtband eingeteilten Platz standen. Eingepfercht wie Rinder, die nur geholt wurden, um ihr Blut zu geben. Es störte mich nicht, ich kannte es nur so, doch das auch Luna mea bei ihnen stand, stieß mir sauer auf.

»Du willst die Leute wieder schocken, oder?«

Ich grinste nicht, neigte aber verspielt den Kopf. »Mir ist langweilig.«

Er schnaubte. »Hier bricht wahrscheinlich bald die Hölle los und dir ist langweilig?«

Ich nickte. »Keine Panik, sie bleibt dort.«

Das musste sie sogar, um sicher zu sein. Ich durfte sie nicht aus diesem Bereich nehmen. Selbst wenn ich nichts lieber täte.

»Dann geh' ich mal in Position.«

»Mach das.« Ich kippte den Alkohol mit einem Zug runter und setzte mich selbst in Bewegung. »Ich bin derweil einfach der arrogante König, der einen Scheiß auf die Meinung anderer gibt.«

Ich hörte ihn noch lachen. »Na gut, dass du dafür kein bisschen Talent im Schauspiel brauchst.«

Kurz bevor ich bei den Blutsklaven ankam, stellte sich mir eine Vampirin in den Weg.
»Asterin.«

»Mein König.« Sie verneigte sich und als sie sich aufrichtete, legte sie eine Hand auf meine Brust. »Können wir eine letzte Sache, bezüglich der Übernahme, deiner Stadt als Halterin besprechen?«

»Jetzt nicht«, säuselte ich und sah sie an. »Ich denke, wir hatten alles schon besprochen, als du im Anwesen warst. Dein Vertrag ist bereits unterschreiben und ab dem dritten Quartal diesen Jahres ist A1 dir unterstellt.«

»Nun«, schnurrte sie und trat näher. Legte auch die andere Hand auf meine Brust und zupfte an meinem Hemd herum. »Als Stadthalterin sollte ich da nicht in der Nähe wohnen?«

Ich kniff die Augen zusammen. »Worauf willst du hinaus?«

Sie sah zu mir hinauf. »Komm schon, Alex. Wir waren fast 20 Jahre ein Paar, ich weiß, wie viele Zimmer du Leerstehen hast.«

Ich hob eine Braue und packte ihr Handgelenk, als sie ihre Finger über meine Brust an meinen Hals gleiten ließ. »Du sagst es. Als wir ein Paar WAREN. Warum sollte ich dich in mein Haus ziehen lassen? Such dir eine Wohnung in der Vampirstadt.«

Sie fauchte. »Ist es wegen der Menschenschlampe? Ist es, weil du sie etwas zu sehr genießt? Behalt sie, wenn du willst, Alex. Aber ICH bin die bessere Wahl. Sie wird in einem Wimpernschlag alt und verreckt an ihren menschlichen Gebrechen. Was dann? Trauerst du um einen Blutbeutel? Wirklich? Bist du so schwach, König Vlad Alexandru Draculea XI?«

Malekai trat zu uns, als ich knapp davor war, ihr den Kopf abzureisen. Der Vampir drehte sich zu Asterin und lächelte sie schmeichelnd an. »Hallo, Schönheit. Wie sieht es aus? Wollen wir tanzen?«

Sie starrte ihn an, verzog das Gesicht und stampfte mit wiegenden Hüften und wackelndem Hintern davon. Malekai kreuzte die Arme und sein Anzug spannte. »Deine Ex ist eine wirkliche Schönheit, Vlad.«

Ich schnaubte. »Ja, aber unter dieser schönen Hülle ist eine giftige Natter.«

Er lachte leise und ließ mit mir Richtung Violett. »Ich steh' auf die anstrengenden Frauen. Das weißt du doch.«

Ich lächelte. »Nur zu, steck deinen Schwanz in den Rachen der Schlange. Ich halte dich nicht auf. Im Gegenteil«, sagte ich, als wir bei den Menschen ankamen, die sich nun alle verbeugten. Ich sah Luna mea an. »Wenn du sie mir etwas von Hals hältst, wäre ich dir sehr verbunden.«

Auffordern hob ich die Hand. Sie sah kurz zu Malekai und neigte den Kopf ein kleines Stück, bevor sie zu mir sah, ein Schritt auf mich zu ging und die Hand in meine legte. ›ich werde die ganze Zeit gefragt, weshalb ich keine Halsschelle mehr trage und stattdessen die viel zu teure Kette.‹

›Dann antworte ihnen doch, dass du ganz besonders brav warst, Luna mea‹, witzelte ich und löste ihre Schelle mit einem Schnippen in Asche auf. ›Oder sag ihnen‹, meine Zähne bohrten sich in ihre Haut und ich trank, während ich sie Lust erspüren ließ, ›dass du, wenn du brav sein wirst, die Kette durch meine Hand ersetzt wird. Dann verstehen sie es sicher.‹

Meine Kleine keuchte erregt und biss sich auf die Unterlippe. ›das werde ich niemals sagen. Sonst wissen sie, dass ich mit dir schlafe.‹

Malekai kicherte. »Ich würde dich ja fragen, ob du teilst, aber ich kenne die Antwort.« Als ich abließ und mir das Blut von meinen Lippen leckte, sah er Violett an. »Hallo, kleiner Mensch.« Seine Augen funkelten. »Mir fällt, gerade ein, da ich dein schönes Gesicht sehe ein, dass wir noch eine Rechnung offen haben.«

Ihre nun leicht glasigen Augen huschten zu Malekai. »Und-« begann sie und räusperte sich, da ihre Stimme etwas zu sinnlich klang, »weshalb sollten wir das?«

Ich grinste in mich hinein und sah das Samtband an, das in einem Quadrat um die Menschen gespannt war. Obwohl ich nun jedes Vieh einzeln ansah, und sie brav die Köpfe senkten, hörte ich zu.

»Nun, weil du unser kleines Geheimnis ausgeplaudert hast, Menschlein. Darum.«

Ich verdrehte die Augen. »Drohst du meiner Blutsklavin, Malekai?«

Er lachte dunkel. »Niemals. Ich will ihr nur ein schlechtes Gewissen machen. Immerhin hatte ich ihr vertraut.«

Sie hob eine Braue. »Das ist nicht richtig. Ich hatte Ale ... Ähm ... meinem Herren lediglich eine Erkenntnis mitgeteilt. Er hat selbstständig herausgefunden, wer es mir gesagt hat, und du hast selbstständig dein Geheimnis verraten«, stellte sie klar und schmunzelte ihn an.

Malekai erwiderte das Lächeln und zwinkerte ihr zu, bevor er zu mir sagte: »Ich weiß schon, warum du sie magst, Alex. Sie ist recht süß, für einen Menschen.«

Ich nickte nur und ließ ihn meine Schulter tätscheln, als er weglief, dort hin, wo zuvor Asterin verschwunden war. Mein Blick huschte zurück und ich suchte Ben in der Menge. Er stand etwas abseits und hielt ein Glas Champagner. Eine billige Version dessen, den die Vampire tranken. Sehr viel billiger.

›Ich würde gerade nichts lieber machen, als dich an die nächste Wand zu drücken, Luna mea. Du hättest ein anderes Kleid anziehen sollen.‹
Ich sah mir eben jenes Ding von oben bis unten an. Dann fiel mir auf, dass das ihr einer High Heels offen war und ich, dachte mir, warum nicht?

Mich auf einem Bein vor sie kniend, packte ich ihren Knöchel und stellte ihren Fuß auf mein Knie ab. Dann nahm ich das Riemchen und schloss es langsamer als nötig. Dabei strich ich mit einer Hand ihre Wade hinauf und wieder hinab, ehe ich zu ihr hochsah.

Das kollektive Raunen der Vampire, wie der Blutsklaven, war wie ein Vibrieren im Saal.
Sie sah auf mich hinab und ihr Atem wurde schwerer. ›Würden deine Finger meinen Slip beiseiteschieben, würde es ziemlich feucht werden.‹

Luna mea beobachtete meine Finger. Als sie die Blicke der anderen bemerkte, wollte sie den Fuß runternehmen. Ich hielt sie fest, grub meine Nägel in ihr Bein und forderte ihren Blick. ›Wir wissen beide, da du es bereits bist. Bereit für mich.‹

Wie gerne würde ich ihre jetzt zeigen, wie heiß ich war. Aber es ging nicht, also beugte ich mich stattdessen vor und legte meine Lippen auf ihr Schienbein. Einmal und dann ein zweites und drittes Mal, ehe ich aufstand und ihr Kinn zwischen meine Finger nahm. Ich beugte es hoch und raunte: »Wenn später Zeit sein sollte, und du es noch willst, werde ich Dinge mit dir tun, die deine Ohren klingeln lassen, Luna mea.«

Ein Mensch neben ihr, der alles gehört hatte, zischte einen Fluch und verzog angewidert das Gesicht. Es war mich egal.

›Du bist mein.‹

›wieso sagst du das laut? Ich will nicht, dass die anderen Sklaven mich verurteilen‹, schmollte sie. ›und du bist mein ... oder?‹

»Es ist mir egal was-« ein lautes Klirren ertönte, als etwas die große Scheibe zerschmetterte und auf den Boden rollte.

Ich grinste. »Show time.«

Ohne Violett anzusehen, trat ich einen Schritt zurück und genau in diesem Moment krachte die Vorrichtung herunter. Eine riesige Kuppel aus milchigem Panzerglas stürzte hinab und sperrte die Menschen ein. Nein, es beschützte sie. Beschützte Luna mea vor dem Angriff der Rebellen, auf den Victor und ich gehofft hatten.

Bevor die Rauchgranate, die nun zusätzlich zu der, die das Glas zerstört hatte, den kompletten Saal in Nebel tauchten. Ich atmete das Silbergemisch ein, genau dann als die Vampire fluchten und zischten. Ich wollte nichts lieber, als nach Violett zu sehen, doch ich musste kämpfen. Denn das war der Plan. Es mochte skrupellos sein, die Vampire möglicherweise als Kollateralschäden in Kauf zu nehmen, doch es war eine der besten Chancen, die Rebellen zu bekommen. Einen zumindest. Ich brauchte nur einen der Bande.

Victor, Miha und Malekai wussten, wie man kämpft. Zudem waren wir immer noch Vampire und sie Menschen. Gut, das Gas aus Silbersubstanz war etwas hemmend, doch für mich kein Problem.

Ich wandte mich ab und obwohl ich nichts sah, spürte ich alles. Ich wusste, wie es war im Dunkeln zu kämpfen. Ohne sehen zu können. Immerhin waren meine Schatten mein ständiger Begleiter.

Einen letzten Atemzug nehmend, beschwor ich meine Macht und ließ sie durch den Raum züngeln. Weißer Rauch mischte sich mit Rotschwarzem und als die ersten Rebellen durch die nun kaputte Scheibe traten, war ich bereit.
Ich setzte mich in Bewegung und als der erste Mensch in Sicht kam, gekleidet in altmodische, militärische Kleidung, packte ich ihn am Hals.

Seine Sturmmaske kümmerte mich nicht und ich ließ mein Handgelenk schnappen. Sein Genick brach und ich lächelte. Den Ersten zu nehmen, war langweilig. Meine Schatten spürten Victor rechts von mir und hielten ihm einen Mann vom Leib, der ihn von hinten pfählen wollte. Dasselbe galt für Miha und Malekai, die ebenfalls anfingen, Rebellen anzugreifen. Andere Vampire kümmerten mich nicht.

Der nächste Mensch sah mich kommen und fummelte an seiner Ausrüstung herum. Er zog eine Granate, doch ich trat durch die Schatten und brachte ihn und mich auf das Dach des Hochhauses gegenüber. Ich schmiss ihn in die Tiefe und als ich erneut durch die Schatten trat und am Boden ankam, nahm ich mir die Sekunde hochzusehen, und die Explosion aus Blut und Gliedmaßen auf halber Höhe zu betrachten.

Zurück im Saal mähte ich einen Rebellen nach dem anderen nieder. Wie im Wald köpfte ich sie und riss ihre Kehlen heraus. Ich trank ihr Blut und verlor mich etwas in meiner Macht, die hier und da jemanden in die Dunkelheit zog und zu Staub zerfallen ließ.

Aber es waren viele und auch bei uns gab es wieder Verluste. Ich sah zwei hochrangige Vampire zu Asche verbrennen, als sie gepfählt wurden und mich selbst trafen Kugeln und ein mit Silber überzogenes Schwert schnitt mit tief in den Oberschenkel.

Nichts desto trotzt, überfluteten wir den Boden mit dem Blut der Rebellen und als der Rauch der Granaten sich langsam durch die Fenster verzog und alle wieder etwas sehen konnten, und aufhörten zu schreien und zu brüllen, tauchte ich vor den letzten drei Rebellen auf. Zwei tötete ich sofort mit meinen Schatten, den Dritten packte ich an der Kehle.

Die Frau zappelte, griff nach dem Messer an ihrer Seite und rammte es mir mehrfach mit voller Wucht in den Arm. Es kümmerte mich nicht und ich grinste sie an, als ich ihr sie Sturmmaske abnahm. Ich sah in das wütende Gesicht einer Frau um die dreißig. Sie fluchte, spuckte mir ins Gesicht und erzitterte dann. Ich roch Angst, Zorn und den Willen, nicht zu streben.

Ich legte den Kopf schief, zuckte vor und vergrub meine Fänge brutal und wie ein wildes Tier in ihrem Hals. Schluck um Schluck ließ ich das heiße Blut meinen Hals hinabgleiten und hörte erst auf, als ihre Proteste immer schwächer wurden und sie das Bewusstsein verlor.

Regel Nummer 3, trinke nie den letzten Tropfen Blut, denn er ist tödlich für einen Vampir.
Ich sah das Leblose etwas an und sah zu Mihaela und Victor, die mit Malekai und einer Handvoll Vampire zu mir kamen.

Letztere sah mich gehetzt an. »Bitte sag mir, dass das nicht von dir geplant war, mein König.« Er sah sich um und zu den Leichen, der völlig mit Blut bespritzen Box, in der die Menschen in Sicherheit waren, zu der Handvoll Ascheberge. Sein Blick huschte zurück zu mir und er mahlte mit dem Kiefer. Er fühlte die Antwort in meinen Gedanken.

Ich sah Victor an und warf ihm die Frau vor die Füße. »Bring den Rebellen in den Keller meines Anwesens.« An Miha gerichtet, fragte ich: »Geht es dir gut?«

Sie fauchte. »Mein Kleid ist im Arsch, du Penner! Wenigstens mir hättest du Bescheid geben können. Dann hätte ich mich anders angezogen!«

Ja, es ging ihr gut.

»Malekai, komm mit zu mir, dann kann ich dir erklären, was das alles sollte.«
Er fluchte, sah mir lange entgegen, nickte dann aber. »Ich kümmere mich vorher darum, dann alle irgendwie zurechtkommen. Ich geh' davon aus, wir belassen es dabei, dass niemand etwas wusste?«

Bejahend fiel mein Blick auf die Glas-Falle und ich beruhigte meinen Atem und schickte einen einzigen Gedanken zu meiner Kleinen. ›Tut mir leid, Luna mea‹

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