Kapitel 43. Violett
Ich starrte auf die Stelle, wo die Schatten Alex verschluckt hatten.
Ben.
Ich war aktuell nicht gut auf ihn zusprechen. Er war kein schlechter Mensch, aber seitdem Alex von den Rebellen so zugerichtet wurde, hatte ich solch ein Hass auf diese Menschen. Obwohl ich selber einer war. Aber zurück zu Ben. Mir war wieder eingefallen, dass er mich damals, außerhalb der Mauer, gefragt hatte, was ich von den Rebellen hielt. Und genau deswegen hatte ich das Alex jetzt gesagt. Der Zeitpunkt hatte vermutlich nicht gepasst, aber ich musste es einfach loswerden. Ich stand auf Alex Seite und gegen die Rebellen. So war es nun einmal. Und ich würde alles tun, um Alex zu beschützen.
Ich seufzte und hob den Kopf, als ich Firell anblickte. Sie lächelte mich an und meine Mundwinkel zuckten.
»Ich esse noch schnell auf.« informierte ich sie und wandte mich meinem Teller zu.
Ich aß alles auf und nahm mir noch einen Smoothie mit, als ich aufstand und mit Firell den Saal verließ.
***
Meine Haare fielen mit leichten Wellen über meine Schultern. Mein silbernes Kleid lag eng an meinem Körper. Es war kurz und breite Träger schmückten meine Schultern. Meine hohen Schuhe und meine Schellen waren ebenso Silber. Mein Make-Up war heute etwas stärker und ich würde heute sowieso ziemlich auffallen.
»Selbst als Mensch siehst du wunderschön aus.« machte mir Firell ein Kompliment.
Ich nickte. Ja, heute würde die Party wohl anders werden als sonst. Auch, wenn ich weiterhin von außen her wie eine Blutsklavin aussehen musste, war ich für Alex nicht mehr nur eine Sklavin. Wir waren.....
Mein Gedanke stoppte.
Was waren wir jetzt überhaupt? Waren wir zusammen? Ein Pärchen? Gab es sowas bei Vampire überhaupt?
Was dachte Alex wohl über uns.....
Ich schüttelte den Kopf. »Lass uns gehen.«
Wir verließen mein Zimmer und liefen zu Eingangshalle. Alex sagte, er würde mich hier abholen. Doch als ich Ben dort alleine stehen sah, ebenso anständig gekleidet, versteifte ich mich etwas. Nachdem unangenehm Gespräch beim Frühstück, wusste ich nicht so recht, was ich zu ihm sagen sollte, also lief ich stumm auf ihn zu.
Bens Augen weiteten sich als er mich sah. Er räusperte sich und komplimentierte mich mit etwas rauer Stimme. »Du siehst wunderschön aus.«
»Danke.« sagte ich einsilbig und sah ihn von unten nach oben an. Seine Schellen passten heute auch zu seinem Outfit. Ob es an der Königfamilie lag, dass sie auf so etwas wert legten?
Ben betrachtete mich einen Moment, ehe er sich aufraffte und sagte: »Hör mal, das gestern beim Frühstück, das war irgendwie komisch und ich möchte mich entschuldigen. Ich weiß ja, was du meinst, aber ... Es ist nur so, dass ich ... Ich hab' meine Gründe gehabt, den Vertrag zu unterzeichnen. So wie du damals deine hattest.« Er sah mir ernst entgegen. »In der Hinsicht haben wir wohl etwas gemeinsam.«
»Was sind deine Gründe, dass du so einen Vertrag unterzeichnest, obwohl du es ganz offensichtlich widerlich findest?« fragte ich nun und würde vielleicht über einiges anders denken, wenn ich wüsste, wieso er hier war.
Ben biss die Zähne zusammen. »Ich schulde jemandem einen Gefallen und den habe ich eingelöst, indem ich hier hergekommen bin.«
Einen Gefallen?
»Okay, also hat derjenige sein Gefallen bei dir eingelöst, in dem er dich hier hergeschickt hat? Wie grausam.« sagte ich und fragte mich, was das für ein Mensch war, der so etwas von jemanden zu verlangen.
Sein Blick verdunkelte sich kurz. Nur eine Sekunde, ehe er wegsah. »Derjenige hat mir mein Leben gerettet. Ich schulde ihm das also. Wenn es also bedeutet, dass ich mit diesen zwei Monstern ficken muss, tue ich es. Wenn es heißt, dass ich zusehen muss, wie du den König anschmachtest, tue ich es.«
Ich blinzelte.
Anschmachten?!
»Alex hat ebenso mein Leben gerettet. Ich wäre schon lange tot, wenn er nicht gewesen wäre und Mihaela....« Ich hielt inne und schloss meine Lippen. Nein, davon durfte ich nicht erzählen. »Ich schmachte Alex nicht an. Zwischen uns gibt es eine besondere Verbindung, die du vermutlich niemals verstehen wirst.« wurde ich leiser und fragte ich mich ernsthaft, welche Person sein Leben gerettet hat und ihm dann sagt, er solle zu den Vampiren gehen. Das war doch sicherlich nicht alles.
Ihm entkam ein leises Schnauben. »Das tust du sehr wohl, Violett. Jeder sieht es. Jeder weiß es. Deine Freunde werden sicher schon in ganz M23 rumerzählt haben, was hier vorgefallen ist. Und ich versteh' dich schon. Ich meine, sieh ihn dir an. Ich bin nicht blind und weiß, dass er selbst unter den Vampiren ein ausnahmslos schönes Biest ist. Aber ... wie, denkst du, sieht eure Zukunft aus?« Ben sah sich um und beugte sich näher zu mir, als einige Diener umher wuselten. »Er wird dich wegwerfen, in dem Moment, indem du ihn langweilst, oder du dein Herz komplett an ihn verloren hast. Wenn du nicht aufpasst, endest du wie Danielle.« Er strich sich über den Arm, um seine nächsten Worte zu unterstreichen. »Er ist ein Monster, das Menschen wie Dreck behandelt. Siehst du das denn nicht? Hast du vergessen, was er mit den Rebellen im Wald gemacht hat? Wie er sie abgeschlachtet hat?«
Ich war wie versteinert, starrte an ihm vorbei und plötzlich fühlten sich meine Gefühle wie das schlimmste auf der Welt an. Ich war noch vor paar Sekunden glücklich und jetzt? Ich wusste doch selbst nicht, wie unsere Zukunft aussah. Aber....
Enden wie Danielle....
Ich war mir immer noch sicher, dass ich mich niemals umbringen würde. Niemals. Nicht wegen einem Mann. Nicht wegen einem Vampir. Niemals.
Ich blinzelte mehrmals und schaffte, es endlich mich zu bewegen. Ich nahm von Ben paar Schritte Abstand und sah ihm in die Augen. »Und was haben die Rebellen mit ihm gemacht? Hast DU denn das vergessen?« fragte ich und zog die Brauen zusammen. »Alex hat sich nur gewehrt, mehr nicht.« verteidigte ich ihn. »Und ist dir klar, dass die Rebellen Ausgestoßene in die Stadt gelassen haben? Sie haben selbst Menschen in Gefahr gebracht? Findest du die Rebellen immer noch so toll?« fragte ich Ben wütend und verletzt.
Sein Kiefer spannte sich drastisch an und er ballte die Hände zu Fäusten, ehe er tief ein und wieder ausatmete. Dann lächelte Ben und kratze sich am Kopf. »Du hast recht, was sie gemacht haben, ist nicht zu rechtfertigen.« Er sah mich an. »Tu mir einfach den Gefallen und pass auf, ja? Du bedeutest mir etwas und ich will nicht, dass es dir am Ende schlecht geht.« Ben lachte schüchtern. »Gott, ich bin die Tage kein wirklich guter Freund gewesen, oder?«
Ich sah ihn an und wusste nicht, ob ich ihm sein Wechsel der Emotionen glauben konnte. Trotzdem nickte ich. »Ich pass auf mich auf. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Egal, was am Ende passiert, auch, wenn mich Alex wegwerfen sollte, werde ich klar kommen.« log ich und spielte die Starke. Denn die Wahrheit war, sollte mich Alex wirklich eines Tages wegwerfen, dann würde es mein Herz brechen und es würde nie wieder heilen.
»Du warst schon einmal ein besserer Freund. Ich bitte dich darum, dich aus meiner Beziehung zu Alex herauszuhalten. Was auch immer zwischen uns passiert, ist etwas, das nur uns betrifft.«
›Auch, wenn ich am Ende an Herzschmerz sterben sollte.‹ dachte ich.
»Herzschmerz?«, fragte Alex plötzlich und tauchte in einem nachtschwarzen Anzug hinter mir auf.
Ben verbeugte sich übereilt und geriet dabei fast ins Stolpern. »Mein König«, säuselte er und sah von ihm zu mir.
Ohne ihn zu beachten, drehte Alex mich zu sich und legte die Lippen sanft auf meine. ›Niemand stirb an Herzschmerz. Und schon gar nicht du.‹
Als Ben sich dezent zurückzog, sah er an mir herab. »Du siehst atemberaubend aus, Luna mea.«
Schon wieder.
Mir ist schon öfter aufgefallen, dass ich bei starken Emotionen meine Gedanken-Fenster nicht unter Kontrolle hatte.
›Wir werden sehen.‹ antwortete ich Alex und ließ meine Augen über seine Statur wandern. Das dieser Mann wirklich existierte. Er sah Unfassbar gut aus.
»Danke, du aber auch.« gab ich ihm das Kompliment zurück, als meine Augen seine fanden.
›Man sollte dich wegsperren.‹
Alex lachte leise. »Das haben schon einige versucht, Liebes.« Sich näher zu mir beugend, fügte er hinzu: »Und sie sind alle gescheitert.«
»Vielleicht werde ich ja die Erste sein, die nicht scheitert.« hauchte ich zurück und kam seinen Lippen näher. Mein Herz schlug schneller und ich wusste, dass er es hörte. Ich liebte ihn. Leider konnte ich das nicht mehr leugnen. Doch ich würde es nicht sagen. Vielleicht sogar niemals, damit das, was wir hatten, niemals endete. Denn die Angst, dass Ben recht hatte und ich uninteressant für Alex werden würde, sobald ich ihm diese drei Worte sagte, bestand.
»Vielleicht. Vielleicht wirst du letztlich mein Untergang werden, Luna mea«, raunte er und zog mich in einen Kurzen, aber intensiven Kuss. Dann richtete er sich auf und blickte auf mich hinab. »Bereit?«
›Oder du meines.‹ ließ ich ihn hören, nickte aber und sagte: »Ja, bereit.«
Sein Blick verdunkelte sich, aber er nickte und führte mich zu der Limousine, in der Victor, Miha und Ben schon saßen. Alex ließ mich einsteigen und setzte sich dann neben mich auf das Leder.
Ich sah zu Miha und fragte: »Bist du noch sauer auf mich?«
Ich wollte kein Streit mit ihr, was total absurd war, weil sie ein Vampir war und ich nur ein Mensch.
Sie sah in ihrem schwarzen Kleid, das über und über mit Diamanten besetzt war, zu mir. »Oh, du meinst, weil du es nicht verstehen kannst, wie jemand mit mir und/oder Victor vögeln könnte?«
Alex seufzte, doch seine Mundwinkel zuckten.
»Nein. Weil ich es nicht verstehen kann, wie jemand dasselbe tun kann, wie ich, mich aber verurteilt. Im Gegensatz zu Ben, mag ich....« ich stoppte und versteifte mich etwas. »....die Person mit der ich es.....tue.«
Miha schnaubte, lächelte aber dann. »Ich wusste es! Liebst du ihn?«
Ben schaute derweil stur aus dem Fenster und spielte an den Schellen an seinem Handgelenk herum. Victor blieb reglos und sah Alex an.
Meine Augen weiteten sich und ich starrte Miha einfach nur an.
›Du solltest besser antworte, sonst deutet sie dein Schweigen, wie es ihr gefällt‹
›Dann müsste ich lügen.‹ dachte ich und ließ meine Lippen geschlossen. Verlegen sah ich auf meine Hände, die in Handschellen gepackt waren und auf meinem Schoß lagen.
›Nicht, wenn du einfach die Wahrheit sagst.‹ seine Miene blieb unbewegt, doch er ließ sich das Schmunzeln hören.
»Hallo?!«, fragte Miha ungeduldig.
›Ich kann die Wahrheit nicht sagen.‹
Den Kopf hebend blickte ich Miha an. »Ich...mag ihn.« wiederholte ich nur.
Alex lachte leise. »Du hast es gehört und jetzt«, amüsierte er sich und zog die Kette aus seiner Anzugtasche, die er für mich ersteigert hatte. »Lass sie in Ruhe, Schwester.«
Als er meine Schelle entfernte, und mir die 10 Millionen Dollar Kette umlegte, kicherte Miha: »Was nicht ist, kann ja noch werden. Bis jetzt hat sich noch jeder in Alex verliebt.«
Überrascht starrte ich an mir hinab und berührte mit meinen Fingern die teure Kette. Dann wandte ich den Kopf zu Alex und sah ihn direkt in seine wundervollen Türkisen Augen. »Was tust du?« fragte ich und versuchte, die Worte seiner Schwester zu ignorieren. Die Tatsache, dass sich wirklich schon jeder in ihn verliebt hatte, gefiel mir nicht und bestätigte, dass ich es ihm niemals sagen durfte.
Er lehnte sich zurück in das Leder. »Ich tue, was ich will, kleiner Mensch.«
Miha schmollte. »Warum kaufst du mir nie so was Schönes, Liebster?«
Victor seufzte. »Du meinst, so etwas wie das mit Diamanten besetzte Kleid, das du gerade anhast?«
Als niemand außer Ben hinsah, drückte Alex mir einen Kuss auf die nackte Schulter.
Ich sah Alex noch einen Moment an, blickte dann zu der Halsschelle und versuchte diese wieder um meinen Hals zu bekommen. Meine Augen huschten zu Ben und wir sahen uns direkt an.
Er hob meine Handgelenke fest und flüsterte: »Nicht. Lass sie aus.«
Was?
Irritiert sah ich zu Alex zurück.
›Aber ich bin deine Blutsklavin. Das geht doch nicht. Die Leute werden ....... Achso. So ist das.‹ Ich ließ meine Arme sinken.
›So ist was?‹
»Aber das Kleid hat keine 10 Millionen gekostet.«
»Nein, aber dennoch ein halbes Vermögen!«, stritten sich seine Schwester und ihr Liebster weiter.
›Du tust es, um die Vampire zu schocken. Ich verstehe schon.‹ erklärte ich und beobachtete Miha und Vic. Doch meine Gedanken waren bei Alex. Er wollte also wieder eine Show abziehen. So war er eben.
›Du wusstest, wie ich bin und wie ich heute sein werde. Zu dir.‹
»ICH WILL SO EINE KETTE!«
»Na schön, du verwöhntes Biest. Ich besorg' die eine. Zufrieden?«, knickte Vic ein und Alex schnaubte amüsiert.
»Warum kannst du eigentlich nicht ›Nein‹ zu ihr sagen?«
»Weil er mich liebt!«, kicherte Miha und schlang die Arme um Victors Hals. Sie küsste seine Wange mehrfach und lächelte glücklich. »So wirst du auch werden. Mit meiner Freundin.«
Sowohl Vic als auch Alex lachten los, während Ben still und unbewegt alles an sich abprallen ließ.
Ja, ich wusste es. Nur einen klitzekleinen Moment dachte ich, er tat es, weil er mich mochte.
›Ich weiß.‹ dachte ich knapp und ließ meine Schultern hängen, als er und Vic lachten. Natürlich würde Alex niemals so werden, wie Vic es bei Miha war. Zum einen weil ich nur ein Mensch war. Zum anderen, weil er mich niemals lieben könnte. Was, wenn Ben wirklich recht hatte? Traurig blickte ich auf meine Halsschelle.
Ich werde an Herzschmerz sterben. Ganz sicher.
Ich war wie Danielle....
Toll.
›Was hast du, Luna mea?‹, fragte er nach einem Moment. Miha flüsterte Vic etwas ins Ohr und sie sprachen dann über andere Themen. ›Ich kann wittern, das du traurig bist.‹
Etwas abweisender antwortete ich knapp: ›Es ist nichts.‹
Ich strafte meine Schultern und sah aus dem Fenster.
Mir war die Lust an dieser Party vergangen.
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