Kapitel 42. Alexandru
»Alex.« Mein Zorn legte sich, als ich ihr Lächeln sah und der Griff, mit dem ich sie gepackt hatte, lockerte sich kaum wahrnehmbar. »Und wann hattest du vor mir endlich zu sagen, dass du Mietzi bist?«
Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.
»Findest du das lustig?«, wollte ich wissen und knurrte sie eher an, als das ich normal sprach.
»Nein, aber ich wollte dir eine Lektion erteilen. Weißt du, wie dumm ich mir vorkam, als mir Victor und Mihaela sagten, dass du Mietzi bist ... und noch schlimmer war, dass ich dich die ganze Zeit überhaupt so genannt habe. Dazu kommt noch, dass du dich schon an meinen Körper ran kuscheln konntest, wo wir noch gar nichts miteinander hatten. Du Ferkel!«, schimpfte sie verspielt.
Nun, den Punkt musste ich ihr wohl zugestehen. Trotzdem. »Eine Lektion? Mir? Weshalb, Luna mea? Weil ich für dich da war, als du noch Angst vor mir hattest? Weil ich dachte, du brauchst etwas, das zwar Fangzähne hat, dich aber nicht aussaugen will? Für einen Halm, an den du dich klammern konntest, als du jeden Sonnenaufgang weinend oder vor Wut zusammengebrochen bist? Weil ich für dich da war?« Jetzt wurde mein Griff wieder fester. »Dafür? Ja?«
Meine Kleine zuckte zurück und überlegte dann. »Nun, das weiß ich wirklich sehr zu schätzen. Ich bin dir dafür auch dankbar und freue mich, auch weiterhin mit deiner Panther Gestalt zu knuddeln. Aber letzten Endes hast du mich getäuscht und du hättest zumindest in dem Moment, in dem wir begannen uns näher zu kommen, etwas sagen können. Meinst du nicht?«, fragte sie dezent vorwurfsvoll dagegen.
Mein Atem ging rau und mein Kiefermuskel zuckte. Das hätte ich. Aber wenn ich ehrlich war, hatte es Spaß gemacht, sie all die Dinge sagen zu hören, die sie niemals in meiner Gegenwart ausgesprochen hätte.
Ein ruppiges Schnaufen war die einzige Antwort und ich zog sie näher an mich. »Wenn du noch mal auch nur denkst, mich zu verlassen, Violett, werde ich dir Schellen machen lassen, die an mich gebunden sind, damit du keinen Meter mehr als nötig von mir entfernt bist. Verstanden? Und jetzt«, knurrte ich, ließ meine Stimme jedoch schmeichelnd werden, »auf die Knie«, befahl ich mit erotisierend bestimmender Tonlage. Meine Hände lagen schon auf der Gürtelschnalle und öffneten sie langsam. »Ich werde deinem frechen Mundwerk eine angemessene Beschäftigung geben, Luna mea.«
***
Tage später dachte ich über den Moment zurück, als sie meine Härte so wundervoll zwischen die Lippen genommen hatte. Die Erinnerung an das Bild war purer Genuss. Doch mehr genossen hatte ich den Anblick, als ich in ihren Mund gekommen war und sie mich fragend angesehen hatte, bis ich nickte und sie alles von mir geschluckt hatte.
Ich rieb mir den Bartschatten und grinste in meine Hand, während meine Zweite, unter dem Tisch auf Violetts Oberschenkel lag. Wie so oft, trug sie ein weißes Kleid, dessen Stoff diesmal kurz über ihren Knien endete. Die durchsichtigen Schellen lagen eng an ihrer Haut und langsam musste ich gestehen, dass mich diese Dinger nervten.
Immerhin war sie für mich, keine einfache Blutsklavin mehr.
Mein Blick schweifte über den Frühstückstisch und ich schnappte mir Violetts Teller. Trauben, Erdbeeren, Pfirsich und ein großes Stück Melone, wie eine Scheibe weiches Brot, belegt mit Nussaufstrich landeten darauf und ich schob ihn vor ihre Nase, ohne sie anzusehen.
Stattdessen beobachtete ich Benjamin, der keine Miene verzog. Schon seit einer Weile, war seine Mimik außergewöhnlich ausdruckslos. Seit der Vorfall mit den Eiswürfeln, die wir letztlich nicht mehr gebraucht hatten, war er ruhig.
Mihaela hob eine Hand und schnippte in meine Richtung. »Hallo? Ich rede mit dir?«
Ich sah sie an. »Das habe ich bemerkt.«
Sie schnaufte. »Antwortest du dann auch, Alexandru der XI?«
Ich hob eine Braue und Victor kicherte, als er eine Hand auf ihren Rücken legte und darüber strich. »Wir gehen alle zu der Party.«
Ein breites Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Dann leg' ich mir schon mal ein hübsches Outfit zurecht.« Sie klatschte in die Hände und dann, so wie Miha verstand eben funktionierte, wechselte sie das Thema so rabiat, dass Victor und ich den Kopf schüttelten. »Sag mal, wenn du doch jetzt schon so lange mit Violett schläfst, Alex, wie verhütet ihr denn?«
Victor schnaubte genervt, aber es war Benjamins Reaktion, die mich den Kopf neigen ließ. Er sah auf, starrte Violett entsetzt an und ließ den Blick dann für eine Sekunde voller Ekel zu mir huschen, ehe er sich abwandte und mit immer noch verzogenem Gesicht auf seinen eigenen Teller sah. Dass er hier bei uns saß, störte mich an sich wenig, doch seine Reaktionen, auf gewisse Gespräche sehr wohl.
Ich rieb mir noch einmal das Kinn und lehnte mich dann zurück. Dabei schob ich den Teller näher an Violett. »Du bist erstaunlich interessiert an meinem Sexleben, Schwester.«
Sie scrollte in ihrem Handy, antwortete aber: »Ich sorge mich nur.«
Vic lehnte sich vor und sah still ebenfalls in ihr Handy. Kopfschüttelnd verkündete ich mehr oder weniger allen, auch Violett, die davon nichts wusste: »Sie nimmt die Pille. Firell löst sie in dem Glas Vitamin-Wasser auf, das sie jeden Abend vor dem Schlafen trinken muss. Zufrieden?«
Sie nickte. »Ein königlicher Mischlingsbastard im Blutrausch wäre ein ziemlicher Schlamassel, denkst du nicht auch.«
Ja, eben deswegen kümmerte ich mich ja darum. Ein bestätigendes Geräusch entkam Victor und er sah missmutig zu Violett. Auch mein Blick flog zu ihr, aber ich lächelte.
Sie sah erst Victor entgegen, dann Mihaela und Ben. Ihr Gesicht verriet jedem, dass sie sich unwohl fühlte. Erst als sie den Blick abwandte und zu mir sah, änderte sich dies. Nun lächelte sie auch, auch wenn es etwas zurückhaltender war. ›Victor hasst mich.‹ ließ sie mich hören.
›Um ehrlich zu sein, dachte ich, diese kleine Offenbarung mit der Pille würde dich mehr schocken.‹ Ich wandle mich ihr zu. › Viktor hasst dich nicht. Er liebt Michaela nur deutlich mehr, als dass er dich mag‹, verkündete ich. ›Gib ihm einfach etwas Zeit zu verarbeiten, dass du mir etwas bedeutest. Dass du mir so viel bedeutest, dass ich sogar das Wohl meiner Schwester, auch wenn ich weiß, dass ich sie nicht lebensbedrohlich gefährde, hinter dich stellen.‹
Ich schmunzelte. ›Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mein Herz nicht kurz gestockt hat. Aber auch, wenn du es ohne mein Wissen getan hast, verstehe ich es. Würde ich schwanger werden und dieses Kind würde mir aus dem Unterleib entrissen werden oder sogar kurz nach der Geburt vor meinen Augen gepfählt werden. Wäre das noch viel schlimmer, als das, was du so alles hinter meinem Rücken tust.‹ antwortete Violet und spielt wieder einmal auf das Thema meiner Panther Gestalt an. ›Außerdem wer würde so ein Kind schon lieben.‹ fügte sie hinzu und ihr Lächeln verschwand.
›Und Hör auf sowas zu sagen.‹ meinte sie auf meine weiteren Worte bezogen und ihr Blut stieg ihr in den Kopf. ›Wegen dir werde ich jetzt rot. Das ist peinlich.‹ ihr Herz hüpfte und ihre Reaktion zeigte Alex deutlich, was sie für ihn fühlte. Luna mea sah verlegen und nervös auf ihren Teller. Als sie eine Weintraube in die Finger nehmen wollte, fiel sie ihr vom Teller und rollte unter den Tisch. »Entschuldige.« murmelte sie.
Vic schnaubte abfällig, doch Miha sah ihn lange an. Ich wusste, dass sie im Stillen genauso eine Konversation führten, wie ich es eben mit Violett noch getan hatte. Als meine Schwester den Blick von ihm löste, räusperte sich Viktor und entschuldigte sich bei ihr.
»Oh, bei mir musst du dich nicht entschuldigen, Liebster«, konterte sie und deutete mit einem Finger auf meinen kleinen Menschen, ohne von ihrem Handy aufzusehen, dass sie bereits wieder in der Hand hatte.
Victor sah Violet entgegen, aber statt etwas zu sagen, kniff er nur die Augen zusammen und frühstückte weiter.
Mit einem leichten Grinsen und einem dezenten Kopfschütteln, tat ich seine Reaktion ab. An Benjamin gewandt, fragte ich allerdings: »Mensch, du siehst aus, als hättest du zu dem Thema auch etwas zu sagen. Spuckst schon aus.«
Benjamin sah nicht auf, doch an einer leichten Bewegung der Muskeln seiner Oberarme, wusste ich, dass er unter dem Tisch die Hände zu Fäusten geballt hatte.
Ich kniff die Augen leicht zusammen. Würde er in 2 Sekunden nicht antworten, wäre es gut möglich, dass ich ihm die Antwort aus dem Hals pressen würde.
»Es ist nur«, setzte er an, und als sein Blick meinen traf , lass ich nichts als Abscheu darin. »Ihr solltet so eine Entscheidung nicht alleine treffen. Violett unter Hormone zu setzen, nur weil ihr das Bett mit ihr teilt ist...«
»Ist was«, fragte ich. »Umsichtig?«
»Sie sollte selbst entscheiden können, wie sie sich gegen die Teufelsbrut, die Ihr in den Bauch pflanzen könntet, entledigt.«
Ich wusste sehr genau, dass der Blick, den ich ihm jetzt zu warf, sehr tödlich war.
»Soweit ich weiß, ist die Pille kein gefährliches Verhütungsmittel. Wieso bist du also so aufgebracht?« fragte Luna mea an Ben gerichtet. »Gerade du, der das Bett mit zwei Vampiren gleichzeitig teilt.« fügte sie auf einmal mit einem ziemlich eisigen Unterton hinzu.
Mein Kopf zuckte zu Violett, ehe ich ihn leicht neigte und zu Ben sah. Er schluckte sichtlich.
»Ich habe nie gesagt, dass es gefährlich ist. Ich sagte lediglich, dass du die Wahl haben solltest und zu deiner anderen Anschuldigungen...« er sah zu Miha und Victor, die nun beide dem Gespräch lauschten. Er sah kurz zu Violet, ehe er den Kopf senkte. »Ein Vertrag ist ein Vertrag. Ich hab ihn unterschrieben und ich trage demnach die Konsequenzen.«
»Es gibt in diesem Thema wohl eher wenig Entscheidungsmöglichkeiten. Daher ist es in Ordnung, was Alex getan hat.« erwiderte sie und sah dann auf ihr Essen. »Ich frag mich echt, wieso du soweit gehst, so einen Vertrsg zu unterschreiben.« murmelte Violet eigentlich mehr für sich selbst.
Miha sah zu Violett und ehe ich sie bremsen konnte, weil ich mir gut vorstellen konnte, was jetzt kam, sagte sie: »Für jemanden, der mich vor ein paar Tagen noch gefragt hat, wie es ist, mit zwei Männern zu schlafen, wirkst du gerade einen ganz schön verurteilten Ton an, Violett.«
›Du hast was?!‹
Viktor verschluckt sich an seinem Müsli und hustete etwas Haferschleim auf dem Tisch. Ben verspannte sichtlich und sah zwischen Violets Augen hin und her. Ich hingegen hob eine Braune. Ich wusste nicht recht, ob mich ihre Neugier verwunderte, verletzte oder wütend machte.
Als sie Miha ansah, wurde ihr Blick weicher und unsicherer. »So hatte ich das nicht gemeint.« erklärte sie und sah dann zu Alex. ›Ich hab nur gefragt, wie so etwas funktioniert und nicht wie es ist. Ich gehöre dir. Dir allein.‹ ließ sie mich wissen und fügte dann, nach kurzem Zögern, hinzu: ›Ben hat mich damals, außerhalb der Mauern, gefragt, was ich von den Rebellen halte.‹
Ich verzog bezüglich ihrer letzten Anmerkungen keine Miene, ließ jedoch mein Blick langsam wandern. Er hatte also Interesse an den Rebellen? Und warum sprach Violett das jetzt an. So völlig entgegen jedem Kontext.
›Aha‹, dachte ich nur und mein Blick blieb auf Mihas Blutsklaven geheftet.
»Wenn du es nicht so meinst, dann solltest du es auch nicht so sagen. Denn, um ehrlich zu sein, kam es ein bisschen so rüber, als fandest du den Gedanken widerlich. Und als deine Freundin darf ich dir wohl sagen, dass mich das etwas verletzen würde.«
Sie sah Miha an. »Es tut mir leid. Ich weiß nur, dass Ben damals komisch und verurteilend reagiert hat, als er erfuhr, dass ich mit Alex geschlafen habe.« Ihr Blick huschte zu ihm. »Das hatte mich verletzt. Deswegen war ich umso geschockter, dass er dasselbe tut und das sogar im Vertrag zugestimmt hatte. Nur darum ging es mir.«
Ben spannte den Kiefer an, biss die Zähne zusammen und schluckte erneut. Sein Körper war angespannt und zuckte hier und da. Ich witterte Wut und Zorn und einen Funken Angst.
Victor, der alles ebenfalls witterte, schnaubte. »Welch erfreuliches Themen so früh in der Nacht. Und welch Wunder, die Menschen haben damit angefangen.«
Nun sah ich ihn an. Neutral verbesserte ich ihn. »Eigentlich hat meine neugierige Schwester das ganze angefangen, als sie sich in mein Sexleben eingemischt hat.«
Sie machte ein leises Würgegeräusch. »Ich hab' mich nicht eingemischt. Mach doch, was du willst, mit deinem Menschen. Ist ja dein Spielzeug«, sagte sie beleidigt und meine Hand glitt automatisch wieder auf Violetts Knie. Mein Daumen strich darüber, denn ich ahnte, dass Mihas Worte sie trafen.
Ich seufzte und wedelte dann mit der Hand. »Wie dem auch sei. Ich habe noch einiges bezüglich einer Sache zu tun und muss dann noch allen möglichen Mist kümmern. Unter anderem die Mission ›red‹ vorbereiten.«
Nun war Victor ganz Ohr. »Geht es denn schon los?«
Ich nickte und sah kurz zu Ben, bevor ich meinem Freund entgegensah. »Ja, es geht los. Morgen.«
»Aber morgen ist die Party«, mischte sich Miha mit ein. »Und was zum Geier ist die Mission ›red‹«
»Etwas, dass dich nichts angeht.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Arschloch. Denkst du, Vic sagt mir nicht sowieso, was los ist?«
»Ich denke nicht, ich weiß.«
Sie sah ihren Liebsten an und als er unglücklich das Gesicht verzog, stand meine gefühlsmäßig instabile Schwester auf und ohrfeigte ihn, ehe sie wütend aus dem Esszimmer schlüpfte.
Victor seufzte nur, schüttelte den Kopf und packte im Aufstehen Benjamin am Arm, um ihn dann hinter sich her zu zerren. Miha hinterher.
Ich sah ihnen nach und trank einen Schluck Orangensaft, ehe ich kopfschüttelnd ebenfalls aufstand. »Firell wird heute an deiner Seite sein«, sagte ich Violett, weil ich wusste, dass sie die Dienerin ins Herz geschlossen hatte. »Ich werde den ganzen Tag zu tun haben. Und solltest du Asterin heute im Anwesen begegnen, sieh zu, dass du nicht alleine bist.«
Genau in diesem Moment trat meine Dienerin in den Raum und ich trat durch die Schatten.
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