Kapitel 37. Violett

>Hier und jetzt, Luna mea, gehöre ich dir.<

Diese Worte hallten in meinem Geist wieder und sorgten für eine angenehme Gänsehaut. Die halbe Nacht hatten wir damit verbracht und nachdem zweiten Mal, war ich so ausgelaugt, dass ich in Alex Armen eingeschlafen war.

Es war angenehm und ich wünschte diese Momente mit ihm würden niemals enden.
Ich hatte ihm auf seine Frage eine Antwort gegeben. Sie war eindeutig gewesen. Doch was nun mit dem jetzigen Vertrag geschah, dass wusste ich noch nicht.

»Miss Luna?«

Ich sah von meinem Grün Tee auf, als mich Firell ansprach und schob jegliche unsittlichen Gedanken an Alex in den hintersten Bereich meines Gehirns.

Meine persönliche Dienerin, seitdem ich hier in den Palast kam, musterte mich. Zu Anfang hatte ich das Gefühl gehabt, dass sie mich nicht leiden konnte. Doch nach einer gewissen Weile, bemerkte ich, dass Firell einfach nur unglaublich schüchtern war. Daher entschied ich mich, ihr die Zeit zu geben, die sie brauchte.

»Was ist?« fragte ich sie und nippte an der Tasse.
Sie sah schüchtern auf ihre Hände, die sie vor ihrem Körper ineinander verschlungen hatte und presste die Lippen zusammen. Mehrere Sekunden vergingen, bis sie sich trauerte mir zurück in die Augen zu sehen. »Ich wollte euch nur wissen lassen, dass ich, trotz das ich für euch nur ein Monster bin, froh bin, dass ihr weiterhin im Palast bleibt und damit an König Vlads Seite.« sie atmete tief ein und aus, als wäre ihr eins Last vom Herzen gefallen, jetzt wo sie es endlich sagen konnte. Es waren bereits einige Tage vergangen, daher wunderte es mich nicht, dass sie Bescheid wusste.

Wir sahen uns einander an und dann musste ich kichern. Firell blinzelte verwundert.
»Komm bitte her.« sagte ich und klopfte neben mich. Ihre Augen weiteten sich und sie neigte den Kopf. »Ich könnte mich niemals neben euch setzen, Miss Luna.«

»Das geht in Ordnung. Ich möchte, dass du dich neben mich setzt.«

Sie zögerte noch einen Augenblick, nickte dann aber und kam endlich zu mir rüber. Neben mich auf das Sofa setzend, sah sie mich aufmerksam an. Das leichte rot, dass immer in ihren hellbraunen Augen glitzerte, gefiel mir. Ihre Rot-Braunen Haare waren zu einem anständigen Duett gebunden und ihre Uniform, bestehend aus einem Knie langen Kleid, saß perfekt.

Ich stellte meinen Tee auf den Tisch vor mir ab und nahm ihre Hände in meine. Sie wollt zurück schrecken, aber ließ es bleiben. So einen schreckhaften und niedlichen Vampir habe ich echt noch nie gesehen.

»Vielen Dank für deine schönen Worte, Firell. Ohne dich an meiner Seite, wäre es hier auf jeden Fall schwerer für mich geworden.«

Sie sah mich überrascht an.
»Aber-« wollte sie mir widersprechen, doch ich unterbrach sie.

»Danke, dass du an meiner Seite geblieben bist, trotz, dass ich nur ein Mensch bin. Und ich sehe dich ganz und gar nicht als Monster, sondern als meine Freundin.«

Ihre Augen weiteten sich.
»Freundin?« fragte sie überfordert.

Ich nickte. Hoffentlich würde sie mir jetzt keinen Korb geben. Dachte ich belustigt und rutschte näher an sie heran. »Wir sind doch Freundinnen, oder?« fragte ich sie vorsichtig, weil ich sie nicht verschrecken wollte.

Sie zögerte, sah weg und dann wieder zurück zu mir. Dann breitete sich ein wunderschönes Lächeln auf ihren Lippen aus, wodurch ihre scharfen Vampirzähne zum Vorschein kamen. »Ich wäre sehr gerne eure Freundin, Miss Luna.«

»Nenn mich Violett.«

»Wie bitte?«

»Jetzt wo wir offiziell Freundinnen sind, wäre es doch komisch, wenn du mich so formell ansprichst, meinst du nicht?« fragte ich sie lächelnd.

Sie überlegte kurz. »Aber König Vlad wird das....«

»Ich habe es dir angeboten, da wird er schon nichts sagen.« unterbrach ich sie wieder.

Sie starrte ich mich an. Dann zuckten ihre Mundwinkel und sie nickte. »Violett.« sagte sie meinen Namen vorsichtig.

Ich lächelte.

Ich hatte eine Vampir Freundin. Neben Mihaela natürlich, die irgendwie auch meine Freundin geworden war.

***

Danach quatschten ich und Firell den ganzen Vormittag lang. Sie erzählte mir, dass sie eine kleine Schwester hatte, die noch in die Grundschule ging und erzählte mir dabei auch, wie die Schule der Vampire war. Selbst in der Schule lernten sie zum Beispiel die Regeln, die sie in Gegenwart von uns Menschen einhalten mussten. Und sie erzählte mir, dass Alex von allen sehr verehrt wird.  Gerade die jüngere Generation liebt seine Skandale und viele weibliche Vampire würden sterben, um ihn einmal zu sehen oder zu berühren.

Das war schon ganz amüsant, wenn man bedachte, dass gerade ich, ein Mensch, diese Ehre erhielt. Immerhin hatte Alex sogar leichte Gefühle für mich. Er liebte mich zwar nicht, aber das er mich mochte und wir so eine besondere Verbindung zueinander hatten mit den Träumen und mit unseren Gedanken, hatte doch etwas zu bedeuten.

»Wie geht es dir, wegen deinen Eltern?« fragte Firell plötzlich, weshalb ich aus meinen Gedanken gerissen wurde.

Meine Eltern. Es waren jetzt fast 4 Woche vergangen, seitdem ich von ihrem tot erfahren hatte. Es schmerzte immer noch. Das konnte ich nicht abstellen oder leugnen. Aber was brachte es weiter sich zu verstecken und in Depressionen zu verfallen?

»Es geht.« antwortete ich ehrlich und sie nickte.
»Mein Beileid nochmal. Das war nicht gerecht. Und Gerritt hat seine gerechte Strafe erhalten.«

Ich nickte nur und sah auf mein Fleisch, dass ich essen musste.

Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, was Gerrit getan hatte. Meine Eltern waren tot. Doch ihre Seelen hatten hoffentlich Ruhe gefunden. Weshalb sie M23 verlassen wollten, wusste ich immer noch nicht. Sie hatten mir nichts davon erzählt gehabt. Vielleicht würde das mein neues Ziel werden.  Herauszufinden, wo meine Eltern eigentlich hin wollten.

***

Die Zeit verging wie im Flug und Firell kleidete mich ein und machte mir meine Haare.
Ich musterte mein Aussehen und wusste, dass ich wieder zunehmen musste. Genau deswegen ließ ich meine beiden Freunde heute das letzte Mal zum Essen rufen. Wir aßen Mittag im Garten, weg von allen Vampiren, die alle nichts lieber täten, als ihre Zähne in ihre Hälser zu graben und ihr Blut zu trinken. Die Diener waren genervt, das merkte ich. Dass ich hier war, störte niemanden mehr. Sie bemerkten, dass ich Alex etwas bedeutete. Doch meine Freunde waren für die arbeitenden Vampire nur nerviger Abschaum. Genau deswegen würden sie auch heute den Palast verlassen.

Sie waren jetzt fast eine Woche hier und wir haben täglich geredet, gelacht und Zeit miteinander verbracht. Es hatte mir gut getan und ich würde sie vermissen, keine Frage. Aber Heute würde das enden und ich würde ihnen meine Entscheidung mitteilen, dass ich hier, bei Alex, bleiben möchte.

Während ich auf den Weg zum Garten war, meine Schellen dabei klirrten und Firell mir folgte. Lief ich an mehreren Vampiren vorbei, die mich wenn schon nicht beachteten, oder mir nur kurz und knapp zunickten.

Aus Neugier, wandte ich mich Gedanklich an Alex. >Ich esse gleich zu Mittag mit meinen Freunden. Sie reisen heute ab. Und was machst du?<

›Langweiliges Königszeug.‹
›Ich weiß, dass sie heute gehen und kann es kaum erwarten, dass der dich anschmachtende Wurm sich verzieht.‹

>Felix macht sich doch nur sorgen.< sagte ich und musste zugeben, dass er die letzten Male schon ziemlich nahe kam. Ich dachte echt, dass dieses verknalltsein wirklich nur in unserer Kindheit war, aber ich hatte mich geirrt.
>Ich bin überrascht, dass du mir antwortest. Damals, als wir außerhalb der Mauern waren, hattest du mich komplett ignoriert. Da hattest du auch Königszeug zutun.< hielt ich ihm vor, weil ich mich schon öfter fragte, wieso er damals nicht geantwortet hatte. Ich hatte mich wirklich unwohl in der Nähe von Victor gefühlt und mir sorgen gemacht. Und er war nicht da gewesen.

›Sorgen?‹ Alex ließ mich mein Schnauben hören. ›Natürlich, Luna mea. Und ich habe dich nicht ignoriert, aber der Weg der Gedankenkommunikation ist nicht über jede Strecke möglich.‹

Ich hob eine Braue. >Wie? Ich kann dich also nicht von überall auf der Welt hören?<
>Und ja, sorgen. Ich zeige es dir gleich. Er wird meine Entscheidung akzeptieren. Du wirst sehen.< fügte ich hinzu und war super selbstsicher.

›Nein, nicht überall auf der Welt.‹ Wieder bläßt er genervt Luft aus. ›Ich wette dagegen, kleiner Mensch.‹

>Ist ja voll Öde.< motzte ich und lachte gedanklich. >Gut, um was wetten wir?<

›Öde? Luna mea ...‹

Hörte ich Alex und plötzlich tauchte er hinter mir auf und zog mich in eine Ecke, kurz bevor ich das Esszimmer in der Etage für offizielles erreichen konnte. Mein Handgelenke über meinen Kopf fixiert, sah er mich an. »Gewinne ich, Luna mea, werde ich dich bei der nächsten Veranstaltung, zu der ich muss, etwas aus dem Konzept bringen und du wirst es zulassen.«

Ich sah ihn einen Moment erschrocken an, bevor ich die Brauen hob. »Was meinst du mit >aus dem Konzept bringen<?« fragte ich misstrauisch, streckte aber meinen Kopf zu ihm hoch und sah ihn herausfordernd an.

Alex grinste. »Das wirst du dann sehen. Aber da du dir doch so sicher bist, dass er sich nur sorgt ...«, forderte er mich heraus und beugte sich ebenfalls näher. »Sollte es ja kein Problem sein, hm?«

Scheiße.
Ich durfte mir nichts anmerken lassen.
»Es ist kein Problem.« sagte ich und tat so, als wäre ich mir super sicher. »Du wirst schon sehen. Und wenn ich gewinne, dann wirst du mit mir ein Ausflug machen.« Ich schmunzelte und steckte meinen Kopf noch ein Stück höher und biss ihm in seine Unterlippe. »Deal?« hauchte ich fragend.

Er kniff leicht die Augen zusammen und presste mich ruckartig an die Wand. »Deal«, raunte er und schob seine Zunge in meinen Mund, ehe er durch die Schatten trat und wieder verschwand.

Keuchend erschauderte ich etwas, wegen seiner Schatten. Gleichzeitig leckte ich mir über meine Lippen und lächelte.
Erst als sich Firell räusperte, sah ich zu ihr. Sie stand mit dem Rücken zu mir gedreht und wartete.

Na schön, bitte enttäusch mich nicht, Felix.

*****

»Violett, ich habe mit meinen Eltern gesprochen. Alle aus unserem Umfeld wissen nun Bescheid.«

Ich hob eine Braue. »Über was Bescheid?« fragte ich und Nancy sah auf ihr Essen und stocherte im Gemüse herum.

»Ich habe ihnen erzählt, dass du dich an den Vampirkönig nur verkauft hast, um deine Eltern zu retten, weil sie von unserem toten Stadthalter eingesperrt wurden. Ich habe erzählt, dass du es nicht aus eigennützigen Gründen getan hast, sondern für deine Eltern. Und ich soll dir sagen, dass wir dich gerne wieder in M23 willkommen heißen wollen. Wir sind für dich da, Violett.« Felix blickte mich ernst an und ging um den Tisch herum, um vor mir stehen zu bleiben. »Also kehre bitte mit uns zurück.« bat er mich und hielt mir seine Hand hin. »Ich verspreche, ich bleibe für immer an deiner Seite. Genauso, wie wir uns das als Kinder versprochen hatten.«

Fassungslos starrte ich ihn an.
»Ich-« setzte ich an und sah zu Nancy. Die mich aufmerksam ansah. »wollte euch eigentlich sagen, dass ich hier bleiben werde.«

Wie in Zeitlupe veränderten sich ihre Gesichter. Beide verloren ihr Lächeln und starrten mich an, als wäre ich total verrückt geworden.

»Du kannst das nicht ernst meinen.« sagte Felix. »Was hat der Vampirkönig gesagt oder getan, dass du so eine absurde Entscheidung triffst?«

»Alex hat nichts getan. Das war meine eigene Entscheidung.« erklärte ich und stand auf. Felix packte daraufhin meine Schultern und schüttelte mich. »Droht er dir? Erpresst er dich?«

»W...Was? Nein.« stotterte ich und war komplett überfordert. Ich dachte den beiden würde mein Wohlbefinden an erste Stelle stehen.
»Hört mal, ich fühle mich an seiner Seite wohl. Ich habe diese Entscheidung selbst getroffen.« erklärte ich. Felix hörte auf mich zu schütteln, starrte mich aber fassungslos an.

»Das kann nicht sein.«

»Bist du sicher, Violett? Du kannst unmöglich bei einem Vampir bleiben wollen? Das ist total verrückt!« wurde nun auch Nancy laut.

Plötzlich ging die Tür auf und Ben lief ins Esszimmer und blieb abrupt stehen. »Du ... hast darüber nachgedacht zu gehen?«

›ich verspreche, ich bleibe für immer an deiner Seite.‹ Äffte Alex in meinem Kopf Felix amüsiert nach. ›Ich wusste, dass ich gewinne, doch dass es so schnell, so offensichtlich passiert, überrascht mich jetzt doch.‹
›Du hättest besser nachdenken sollen. Immerhin hat er dir ja schon gesagt, dass er dich liebt. Aber, Luna mea, wenn er dich noch einmal so anfasst, reiße ich ihm den Kopf ab.‹

»Ich dachte, du und König Vlad, habt einen neuen Vertrag aufgesetzt?«

Wir drehten alle gleichzeitig den Kopf zu Ben.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, daher sagte ich einfach nichts. Weder zu Alex, noch zu Ben.
Felix sah langsam zurück zu mir. »Einen neuen Vertrag? Was meint der Blutsklave damit?« fragte er mit zusammengebissenen Zähnen.

Nancy sah geschockt zwischen uns allen hin und her.

Ich sah von Felix zu Ben. »A...König Vlad hat mir erlaubt zu gehen.« begann ich.

»Und du hast abgelehnt?« fragte Nancy.

Ich sah sie an und nickte. »So ähnlich.« antwortete ich. »Wir werden noch einen neuen Vertrag aufsetzen, einen, der auch mir zu gute kommt.«

Felix Faust landete neben mir auf dem Tisch und ließ einen Teller zerspringen. »Das kann niemals deine eigene und freie Entscheidung gewesen sein. Er manipuliert dich. Vampire  besitzen Magie. Bestimmt hat er dir eine Gehirwäsche verpasst.« knurrte er mich an.

Bevor ich oder Felix reagieren konnte, trat Alex so schnell aus seinen Schatten und hatte Felix am Hals gepackt. Sein Blick verhieß nichts als Tod, und Ben, schlau wie er war, trat einen Schritt zurück und verneigte sich. »Möchtest du deinem König etwas sagen, dreckiger Mensch? Möchtest du MIR etwas vorwerfen? Offiziell?«

Ich war wie erstarrt. Ich hieß die vorwürfe von Felix auch nicht für gut. Aber ich wollte auch nicht, dass Alex ihm weh tat. Ich öffnete meine Lippen, doch seine starke Präsenz und seine Schatten, die um ihn herum waberten, hielten mich zurück.

Felix verzog das Gesicht und starrte ihn mit einem Hauch von Furcht an. »Lasst Violett gehen.« stieß er tonlos aus.

»Bitte tut ihm nichts, wir haben es nicht so gemein.« schrie Nancy und verneigte sich.

Ihr Kopf hebend, sah sie mich an. »Violett! Tue doch etwas!«

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