Kapitel 16. Alexandru

Wir erschienen genau hinter den Türstehern und vor den Flügeltüren des riesigen Wolkenkratzers, in dessen Untergeschoss die Auktion in meiner Stadt immer stattfand.

Ich sah zu Violett, der eine Gänsehaut über den Körper huschte, und ließ ihre Hand los.

»Hey! Sie können nicht einf-«, als der Türsteher mich ansah, schloss er den Mund und verbeugte sich rasch. »Mein König verzeiht, ich habe Euch nicht gleich erkannt.« Er schlug dem anderen Türsteher auf den Arm und dieser verneigte sich ebenfalls, während er verdattert schaute.

Ich antwortete ihnen nicht, sondern wandte mich an meine Blutsklavin und drehte ihr Halsschelle herum, als müsse ich den Sitz dieser prüfen.
»Ich würde ja sagen, du gewöhnst dich an das Gefühl, aber durch die Schatten zu gehen wird für einen Menschen immer diese kribbelnde Kälte auf der Haut hinterlassen. Je weiter die Entfernung, desto schlimmer wird das Gefühl.«

»Hätten wir nicht auch mit einem Auto fahren können? Oder hast du etwa kein Führerschein?«,  fragte sie schmunzelnd.

Obwohl mir danach wäre, lächelte ich sie nicht an. »Ich kann fahren. Aber warum sollte ich mich eine Stunde in einem meiner Autos sitzen, wenn ich in Sekunden hier sein kann? Ehe würde ich reiten. Das hat wenigstens noch eine gewisse Klasse.«

»Mit Ares wäre ich auch gerne hierhergekommen«, gab sie lächelnd zu und beachtete die Türsteher nicht.

»Weiß dein kleines Spielzeug nicht«, erklang eine Stimme und Schritte erklangen, »das ein Mensch niemals den Blickkontakt zu einem Vampir länger als eine Minute halten darf?«

Innerlich seufzte ich. »Nun, Asterin, wie mir scheint, hast du vergessen, dass ich alles gerne etwas anders regle.«

Meine Ex kam auf uns zu und blieb vor mir stehen, sodass sie sich direkt vor Violett stellte. Die Etwas großere, schwarzhaarige Schönheit, verneigte sich und sah dann zu mir hinauf. »Eure Hoheit«, grüßte sie schmeichelnd und ihre Stimme klang verführerisch. Genau mit eben jener, hatte sie damals meine Aufmerksamkeit erhascht. Tief, rau und erotisierend. Sie klang anders. Und alles, was anders war, lockte mich. Automatisch sah ich an ihr vorbei zu Violett.

Asterin folgte meinem Blick. »Ganz nett. Schmeckt sie denn?«

Wie der reinste Mondstrahl, dachte ich, sagte aber: »Sie wäre nicht hier, wenn es anders wäre.«

Asterin sah mich an. »Hast du dein Hündchen schon in dein Bett gelassen?«

Mein Blick wurde hart. »Ginge dich das etwas an?«

Auch ihr Blick wurde härter. »Es ist eine wahre Schande«, sagte sie und legte eine Hand auf meine Wange, »das ein Mann wie du, es amüsant findet, dreckiges Vieh zu ficken. Warum hast du so eine Freude daran, mit deinem Essen zu spielen, Alexandru?«

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass Luna mea sich versteifte und etwas Abstand nahm. Ihre Finger vor dem Körper ineinander verschlungen, sah sie erst weg, bevor sie sich entschied, doch wieder zu mir zu sehen. Direkt und mit einem intensivsten Blick, der zeigte, dass sie keine Angst hatte.

Warum nicht?
Dachte sie, ich beschütze sie?

Ich schockierte gerne, tanzte auch als König hier und da in sozialen Belangen aus der Reihe, doch würde ich mich für einen Menschen zu weit aus dem Fenster lehnen? Wahrscheinlich nicht. Selbst für sie nicht.

Dennoch, ihr Mut prickelte unter meiner Haut und mein Mundwinkel zuckte, als ich den Kopf wegdrehte und Asterins Handgelenk packte. Ich sah zurück zu meiner Ex. »Vielleicht langweilen mich die meinen ja, Asterin. Es ist doch so, dass man mit etwas, das nicht kaputtgehen kann, weniger Spaß hat, als mit einem Wesen, das so unendlich zerbrechlich ist. Körperlich wie geistig.«

Sie schnaubte. »Also ist es das? Du willst dein Spielzeug nur langsam und unter Qualen brechen? So wie das hübsche Ding, das sich deinetwegen aus dem Fenster geschmissen hat?«

Ich ließ die Vampirin los und hob den Kopf erhaben an. »Als König hat man ja sonst nichts zu tun, hm?«

Lüge. Ich hatte immer sehr viel zu tun und gerade in der jetzigen Lage, mit den Rebellen, war meine Zeit eigentlich kostbar.

»Oh, Liebster«, hauchte sie und grinste gemein, ehe sie sich zu Violett herumdrehte und sie ansah, »am liebsten würde ich dein Vieh in Stücke reißen. Aber da du noch immer der König bist, warte ich darauf, dass dir die Lust an dem Blutbeutel vergeht und du zurück zu mir kommst. Denn«, sie wandte sich an mich. »Obwohl du Sam mir vorgezogen hast, weiß ich doch, dass es die Frauen sind, die deine Lust gänzlich erfüllen.«

Ich antwortete nicht und sah ihr auch nicht nach, als sie davon stolzierte und das nachtschwarze Kleid in einer langen Schleppe hinter ihr schleifte.

Violett sah ihr nach und ihre Miene war von Enttäuschung verzerrt. »Ich habe nichts erwartet und wurde dennoch enttäuscht. Amüsant«, merkte sie nur leise an und blickte auf den Boden und nicht mehr zu mir.

Ich hob eine Braue, lief aber los und war mir sicher, sie folgte. »Von welcher Erwartung, die du nicht hattest, sprechen wir?«

»Ein Traum, das war es und mehr nicht«, flüsterte mein Mensch nur und lief mir mit gesenkten Kopf hinterher.

»Ah«, gurrte ich nur und packte sie, weil der Mob Vampire, die in ihr für die Auktion gestelltes Separee anstanden, nicht in den Kram passte. Ich wollte keine Gespräche frühen. Weder über die Auktion an sich und was ich dort vorhatte zu ersteigen, wie die Rebellen, die Städte oder sonst etwas, das in mein königliches Aufgabenfeld passte.

Wir traten durch die Schatten und kamen in meinem Abteil wieder heraus.
Die Diener, die dort bereitstanden und zusammenzucken, schickte ich raus und ließ sie nur den Sekt und die Snacks hinstellen. Ich setzte mich hin und nickte auf den Stuhl neben mir. »Du hattest also wieder einen Traum von mir?«, fragte ich hinterlistig. »Ich muss schrecklich gut gewesen sein, wenn du meine Taten dort auf die reale Welt projizierst.«

Wieder erzitterte sie leicht und sah sich kurz um. »Du warst wirklich ... nett«, bestätigte sie vage und lächelte leicht vor sich hin. Sich setzend und dann zurücklehnend, seufzte Violett. »Aber egal. Es ist wie es ist.«

»Bin ich denn«, ich hob die Hand und wartete, »nicht nett zu dir? Hast du nicht genug zum Essen? Ein großes Schlafzimmer? Die Freiheit, fast jeden Teil meines Zuhauses zu betreten?  Hast du keine Diener, die dir bei jedem noch so kleinen Belangen helfen?«, zählte ich auf. »Stehst du unter keinen Schutz? Habe ich«, nun sah ich sie an, »dir je gegen deinen Willen etwas angetan, Luna mea? Im Gegenteil, ich versuche dich sogar zum Umgarnen. Dich zu erobern. Und all das, nur für ein bisschen Blut. Zudem«, mein Blick wurde stechend, »möchte ich dich daran erinnern, dass DU zu MIR gekommen bist, Mensch. Also sei lieber froh, dass es ist, wie es ist.«

Angst huschte über ihre Züge, aber sie nickte und reichte mir den Arm. »Sie haben recht, ich habe wohl einfach vergessen, wo mein Platz ist.«

In gegen ihre Erwartung drückte ich nur einen Kuss auf die Schelle ihres Handgelenkes und ließ sie dann wieder los. Ich beugte mich vor, öffnete den Sekt und schenkte mir wie auch ihr ein Glas ein. Mein Blick traf ihren, als ich es dem Menschen reichte und dann den Stuhl näher zu meinem zog. »Ich bin den Wechsel deiner Anredeformen wirklich leid, Luna mea. Nenn mich einfach Alex. Du hältst dich ohnehin nur selten daran.«

Violett blinzelte überrascht. »Ich darf dich Alex nennen?«, fragte sie sicherheitshalber nach und ihr Augen glitzerten.

Nickend nahm ich einen Schluck.

Ich wollte in ihre Gedanken eindringen, doch da fiel mir wieder ein, dass das kleine Menschen-Mädchen ja angefangen hatte, sich Silberpulver ins Wasser zu schütten. Vermutlich dachte sie, ich wüsste nichts davon. Doch schon der erste Schluck ihres Blutes vorhin, war genug. Mihaela müsste mir noch einiges erklären – denn offensichtlich ist meine Kleine nicht alleine darauf gekommen –, aber um ehrlich zu sein, war es mir egal. Klar, es nahm mit etwas die Versuchung sie mit dem kleinen Trick verrückt zu machen, doch es gab mir wiederum auch den Anreiz, mir deutlich mehr Mühe zu geben. Zudem konnte ich, wenn sie schlief, noch immer in ihre Träume. Am Tag, so wachte sie nicht mehrere Male auf, um das Gemisch zu trinken, wäre es so von ihrem Körper abgebaut, dass es kein Hindernis mehr sein würde.

Ich wollte ihr den kleinen Triumph einfach lassen.

Violett legte den Kopf etwas schief und sah mich fragend an. Als ich immer noch nichts sagte, hob sie die Hand und wedelte mir vor dem Gesicht herum. »Erde an Alex, bist du noch anwesend?« fragte sie und nippte an dem Sekt. Sofort verzog sie das Gesicht. »Schmeckt trocken.«

Ich sah sie an und schmunzelte verführerisch. »Nur zu.« Es brachte meinem Plan einen weiteren Schritt voran und außerdem ... »Ich frage mich sowieso schon die ganze Zeit, wie es sich wohl anhört, wenn du ihn in deinen Träumen stöhnst.«

Ihre Augen verengten sich niedlich und sie stellte das Glas zurück auf den Beistelltisch. »Davon kannst du lange träumen. Das werde ich niemals tun, weder in der Realität, noch in meinen Träumen.«

»Du«, ich beugte mich blitzschnell zu ihr und stand plötzlich vor ihrem Stuhl, die Arme rechts und links abgestützt, »willst mir also sagen, dass du nicht geträumt hast, was ich alles mit dir anstellen werde?« Mein Blick wurde wieder hitzig. »Ich habe dich nicht deiner Jungfräulichkeit beraubt? Habe dich nicht kommen lassen, sodass du unter mir zitterst vor Lust und verzweifeltem Verlangen?«

Hmmm. Allein der Gedanke daran, wenn es endlich so weit war, ließ mich selbst etwas dieser Begierde spüren.

Ihre Emotionen offensichtlich nicht im Griff, wechselten diese von erschrocken zu peinlich berührt. »N ... Nein«, stotterte Violett.

»Nein?«, harkte ich amüsiert nach und kam ihren Lippen näher. »Warum sind deine Wangen und dein Dekolleté dann rot? Sie verraten dich jedes Mal aufs Neue, Luna mea. Dein Herzschlag«, ich sah hinab und betrachtete ihre Brüste, die durch ihre Kleidung leicht gepusht wurden, »flattert und du presst die Schenkel zusammen.« Mein Blick hob sich und türkis traf auf gold. »Du willst mich. Du willst es nur nicht zulassen, weil du meinesgleichen hasst, kleiner Mensch. Leugne es, soviel du willst, aber ich kann dich lesen. Ich weiß, was du dir wünschst. Oder zumindest, was dein Körper will.« Meine Nasenflügel blähten sich und ich witterte ihre Lust. »Wehr dich ruhig, aber am Ende, Luna mea, wirst du mich wollen, mich begehren, mich brauchen und mich lieben.«
Ich beugte mich langsam vor und legte meine Lippen auf ihre.

Sie war wie erstarrt, aber dann ...
»Alex«, seufzte sie meinen Namen etwas zu sinnlich, weshalb sie sich zurückzog und sich von meinen Lippen entfernte. »Ich gebe es zu. Ja, ich würde es aufregend finden. Aber ich will dich nicht so nahe an mich heranlassen.«

Ich blieb, wo ich war, und lachte leise. »Warum? Hast du Angst, dass du dann auch das Bedürfnis hast, dich aus dem Fenster zu schmeißen?«

»Nein, ich würde niemals mich selbst umbringen, wenn ich noch Menschen habe, die auf mich warten. Aber-« Sie sah mich mit einer Mischung aus Unsicherheit und Verlangen an. »-ich bin nicht gut darin, nur Spaß von echten Gefühlen zu trennen. Ich muss mein Herz schützen. Vor dir.«

Ich hob eine Braue. Oh, Luna mea, aber genau das ist es, was der Gewinn dieses Spielchens ist, dachte ich und setzte mich seufzend zurück.
»Die Nacht ist noch jung, Violett. Mal sehen, was die Dunkelheit noch so bringt.«

***

Ich ersteigerte Mihaela dieses antike Kleid aus der Rokoko-Epoche, die schon, was weiß ich wie lange, vergangen war. Sie lag mir damit schon seit Monaten in den Ohren und da ich Victor etwas ärgern wollte, weil ich wusste, dass er es ihr holen wollte, ließ ich mich dazu herab, eine horrende Summe dafür hinzulegen. Als der Auktionator, ein betagter Vampir in seinen Tausendern, die Nummer ein, also mich, als Gewinner verkündete, wandten sich einige der Vampire zu uns um. Man sah allen die Frage an, die sie sich stellten.

Kaufte der König dieses unbezahlbare Kleid für den Menschen an seiner Seite.

Ich erwiderte die Blicke mit kühler, arroganter Gelassenheit und träumte vor mich hin, als die Menschen geboten wurden. Zwei junge Männer, die je an zwei ältere Vampirinnen gingen, und sieben Mädchen im Alter von 18-25 die an unterschiedliche Herren versteigert wurden. Hübsche Dinger, allesamt, doch ich hatte meine Blutsklavin bereits. Und ich war mehr als zufrieden.

Als Nächstes wurde eine pompöse Kette versteigerte, die eine dekadente Mischung aus seltenen, goldenen Diamanten und noch selteneren, schwarzen Perlen war. Das Schmuckstück lag auf einem roten Seidenkissen und als der Anfangspreis von einer halben Millionen verkündet wurde, schnappten alle nach Luft.

Violett, die bis eben gerade sehr still war und einfach nur etwas steif dagesessen hatte, sagte nun: »Sie ist wunderschön.«

Das Kleine ›Oh‹ als sie den Preis hörte, überraschte mich. Ich sah sie an. Lange. Dann hob ich das Paddle mit der Nummer 1.
»Eine halbe Millionen werden von unserem König geboten. Wer bietet mehr?«, fragte der Auktionator und sah in die Menge. Einige drehten sich herum, andere sahen zweifelnd auf ihre Nummern und überlegten. »Bietet jemand mehr?«

Die Nummer 27 hob das Paddle, doch meine Hand hob sich erneut.

Erschrocken sah Violett mich an. Sie rang sichtlich nach Worten. »Was tust du da?«, schaffte sie, endlich zu fragen, und beugte sich näher zu mir.

»Ich biete«, witzelte ich, doch nur meine Stimme klang amüsiert. Meine Miene blieb neutral, fast gelangweilt. »Nach was sieht es denn aus?«

Sie sah wieder nach vorne und dann zurück. »Okay, aber das ist so viel Geld.«

Ich nickte nur und bot Minutenlang weiter. Immer mehr Geld. Als jemand mein Gebot zum siebten Mal erhöhte, fluchte ich genervt und hob meine Nummer erneut. »10 Millionen«, sagte ich autoritär und mit meiner üblichen Arroganz. »Und wenn dieses Machtspiel, nun endlich vorbei ist«, erklärte ich und sah den Vampir an, Harald Fahrengrad, ein wirklicher Mistkerl und Stadthalter der meiner, größten Stadt, der sich hier vergebens mit mir messen wollte, »bringt mir die verdammte Kette her. Sofort.«

Der Vampir, nein alle Vampire, sahen mich geschockt an und pures Entzücken huschte durch meine unbewegte Miene. Eventuell sah Violett das kleine Aufleuchten, doch es war mir egal. Ich starrte Harald in Grund und Boden, bis er wegsah und mir den Sieg zusprach.

»Schlaues Arschloch«, flüsterte ich knurrend und setzte dann ein kleines, aber kaum merkliches Lächeln auf.

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