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Ich fahre mir noch ein letztes Mal mit den Fingern durch die Haare und binde sie dann zu einem losen Knoten zusammen. Dann schnappe ich mir meinen Rucksack, werfe ihn mir über die Schulter und überprüfe den Akku meiner Kamera.
Kaum bin ich damit fertig, betritt Hwanwoong den Raum.
„Bereit?", fragt er und ich nicke.
Ich habe zwar keine Ahnung, was mich da heute erwartet, aber mit diesen Jungs zusammen, wird es ohnehin lustig werden, also ignoriere ich das mulmige Gefühl in meiner Magengrube und folge Hwanwoong hinaus.

Jihun erwartet uns schon, als wir das Haus verlassen. Stolz steht er vor einem großen, schwarzen Auto und als er uns entdeckt, winkt er grinsend mit dem Autoschlüssel.
Er lotst uns alle auf unsere Plätze, dann steigt er selbst auf dem Fahrerplatz ein.
„Für euch, Leute", sagt er feierlich. „Habe ich vor ein paar Wochen extra meinen Führerschein gemacht. Vertraut mir, jetzt kann nicht mehr schiefgehen."
„Äähm", kommt es von Leedo. „Das will ich mir lieber nicht mit ansehen"
Er öffnet die Beifahrertür und steigt aus.
„Ist er so schlecht?", frage ich Seoho leise, welcher neben mir sitzt.
Nachdenklich blickt dieser auf seine Finger.
„Naja, ich habe ihn ein paar Mal bei seinen Fahrstunden beobachtet...aber vielleicht hat er sich ja auch verbessert..."
Besorgt sehe ich mit an, wie die Mitglieder von Oneus verkrampft auf ihren Plätzen sitzen und Jihun angstvoll betrachten.
Ich räuspere mich.
„Wartet mal einen Augenblick"
Dann steige ich aus und packe Leedo am Arm.
„Ich übernehme", meine ich und öffne ihm die Beifahrertür.
Kurze Zeit später sitze ich hinter dem Steuer.
Jihun funkelt mich zwar beleidigt aus dem Rückspiegel an, aber das ist es mir wert. Nun muss sich keiner Sorgen machen, bei diesem Ausflugstrip sein Leben zu lassen.

Ich fahre gerade mal seit zehn Minuten, als Jihun mir plötzlich auf die Schulter tippt.
„Sag mal, Ai, weißt du überhaupt, wo es hingehen soll?"
Mist. Ich habe ganz vergessen, zu fragen. Kann ich nicht auch mal etwas richtig machen?
Ich zucke mit den Schultern.
„Sag's mir"
Jihun grinst gehässig und zeigt dabei seine schneeweißen Zähne.
„Warum sollte ich? Du hättest auch einfach mich ans Steuer lassen können"
Ich stoppe den Wagen abrupt und drehe mich zu ihm um.
„Was soll ich tun, damit du es mir sagst?"
Der Manager schmunzelt, dann beginnt er plötzlich, meine Wange zu tätscheln.
„Na schön, dann will ich mal nicht so sein. Wenn du mit mir auf ein Date gehst, verrate ich's dir"
Ich reiße überrascht die Augen auf.
„Wie bitte?!"
Was soll das denn jetzt heißen?!
Augenrollend nicke ich.
„Na gut. Ich stimme zu, aber nur, weil ich nicht noch mehr Zeit verplempern möchte. Wohin soll ich fahren.
„Es geht...", sagt Jihun feierlich.
„in den Zoo!" Er reißt die Arme in die Höhe und dreht sich begeistert zu den Oneus Membern.
Sie alle blicken ihn einfach an.
Jihun räuspert sich.
„Reaktion...bitte?"

Plötzlich beginnt Keonhee auf seinem Sitzt auf und ab zu hopsen.
„Ich war schon so lange nicht mehr im Zoo!"
Langsam wandeln sich auf die Gesichter der anderen und ich merke, wie eine gewisse Vorfreude in uns allen aufsteigt.
Ich starte wieder den Motor.
„Dann wollen wir mal los!"

Der Pariser Zoo liegt etwas außerhalb der Stadt.
Als wir ihn endlich erreichen, können die Jungs kaum noch still sitzen und ich mache mir langsam Sorgen um ihren mentalen Zustand.
Ich parke das Auto auf dem Besucherparkplatz und lasse alle aussteigen.
Das Kamerateam wartet schon in der Nähe des Eingangs auf uns.
Ich überlasse die geschäftlichen Angelegenheiten Jihun und wende mich an die Jungs, um den Tagesplan zu besprechen, welcher mir heute morgen geschickt wurde. Ich lese ihn mir noch einmal kurz durch, dann wende ich mich den Jungs zu.
„Im Pariser Zoo dürft ihr mit euren Handykameras filmen.", erkläre ich den ersten Punkt der Liste.
„Das Kamerateam begleitet euch mit etwas Abstand und filmt eure Umgebung und das auch nur, wenn es nötig ist. Allerdings gibt es für euch einige Aufgaben. Man wird sie euch gleich erklären, aber ich erläutere noch einmal das wichtigste: Ihr sollt den Zoo in Zweiergruppen abarbeiten. Dabei bekommt ihr jeweils gewisse Gehege, die ihr aufsuchen müsst. In den Gehegen wurden Fahnen versteckt. Eure Aufgabe ist es, sie zu finden und zu fotografieren."
Als ich mich verständlich gemacht habe, (zumindest so gut, wie möglich) teile ich die Gruppen ein.
Der Plan sieht keine bestimmten Teams vor, also lasse ich ONEUS kurzerhand selbst entscheiden.
Als dies getan ist, machen sich die Teams Leedo&Keonhee, Xion& Hwangwoong und Ravn&Seoho auf den Weg zum Ticketverkauf, wo Jihun schon auf sie wartet.

Ich folge ihnen mit etwas Abstand.
Als wir das Eingangstor passiert haben wende ich mich an Jihun. Den Jungs werden gerade erneut die Regeln erklärt und wir zwei betrachten sie für einen Moment einfach nur.
„Was machen wir jetzt eigentlich?", frage ich nach einiger Zeit.
„Ich meine, Oneus sind beschäftigt und es dauert bestimmt ein paar Stunden, bis sie mit ihren Aufgaben fertig sind"
Jihun nickt.
„Das stimmt. Allerdings haben wir als Manager und Co Manager auch eine Aufgabe"
Ich blicke ihn verwundert an.
Jihun legt seine Hand auf meine Schulter und nickt in Richtung des Pfades, auf dem eines der Teams gerade verschwunden ist.
„Wir folgen ihnen"

Ich bin bis jetzt nur wenige Male in einem Zoo gewesen, aber ich verstehe, was die Leute meinen, wenn sie sagen, ein Zoo sollte möglichst dem natürlichen Umfeld eines Tieres entsprechen.
Dieser Zoo hat seine Arbeit sehr gut getan.
Ich fühle mich wie in einem Dschungel.
Das aber nicht aufgrund exotischer Pflanzen oder so, nein, es liegt an den Massen von Menschen, an denen ich mich vorbeischlängele, wie ein Forscher auf Expedition. Mittlerweile hat mich meine Orientierung längst verlassen und wo Jihun ist, kann ich auch nicht mehr sagen.
Wir haben uns vor ein paar Minuten getrennt, um nach verschiedenen Teams zu suchen.
Ich frage mich, ob Jihun mir extra das Team zugeteilt hat, das sich auf den Weg zum Löwengehege macht, während er Leedo und Keonhee beim Streichelzoo aufsucht will.
Mit dem Entschluss, ihn später darauf anzusprechen kämpfe ich mich weiter durch die Menge.

Ohne Vorwarnung packt mich plötzlich jemand am Handgelenk.
„Ai!"
Hwangwoong strahlt mich an.
Überrascht bleibe ich stehen.
„Wo ist Xion?", frage ich, um ihn nicht weiter anzustarren.
„Direkt beim Gehege. Wir haben die Fahne schon gefunden, aber Xion meint ja, dass er perfekte Bild machen muss und wird einfach nicht fertig. Deshalb wollte ich dich suchen gehen."
Ich erröte ein bisschen, aber Hwangwoong bemerkt es gar nicht, dass er sich schon auf den Weg zu Xion gemacht hat.
Ich beeile mich, um hinterherzukommen.
„Wie sollen wir denn als erstes fertig werden, wenn du die Fotos machst? Du brauchst viel zu lange dafür und außerdem sind deine Bilder total verwackelt!", ruft Hwangwoong beleidigt, als ich ihn einhole.

Xion blickt Hwangwoong zornig an, doch als er mich entdeckt, entspannt sich sein Gesichtsausdruck.
„Hallo Ai!", ruft er.
„Meinst du, es wäre Schummeln, wenn du das Foto für uns machst. Die Kamera hat so viele merkwürdige Einstellungen und ich glaube, ich habe die ganze Zeit aufgenommen und nicht fotografiert..."
Ich nehme ihm die Kamera ab.
„Ich glaube, dass ist nicht erlaubt, aber ich verrate euch nicht, wenn ihr mir sagt, wo Ravn und Seoho sind"

Xion verzieht das Gesicht.
„Tut mir leid, aber das weiß ich auch nicht"
Ich zucke hilflos mit den Schultern und drücke auf den Auslöser.
Die Fahne ist zwischen ein paar Sträuchern und einem Plastikeimer voll Wasser versteckt und tatsächlich nicht gerade einfach zu entdecken.
Hwangwoong nimmt die Kamera entgegen und deutet dann hinter sich.
„Ich glaube, Seoho und Ravn sind auf dem Weg zu den Eisbären. Wir haben sie vorhin getroffen. An deiner Stelle würde ich da lang gehen"
Ich drehe mich in die Richtung, in die er deutet und nicke dann dankbar.
„Perfekt, ihr wart eine große Hilfe. Bis später und viel Glück noch!"

Ich folge einem schmalen, gepflasterten Weg, der mich zu einem Gebäude ziemlich weit am Ende des Parks führt.
Ein großes Schild neben dem Eingang kündigt das Eisbärengehege und die Pinguine an.
Im Haus ist es ziemlich kalt und es würde mich nicht wundern, wenn ich meinen Atem vor mir in der Luft sehen würde.
Fröstelnd verstecke ich meine Hände in den Taschen meines Hoodies und blicke mich um.
Einem Tunnel folgend gelange ich in eine große Halle in deren Mitte sich ein großes Wasserbecken befindet.
Ich brauche nicht lange, bis ich Seoho entdecke. Er sitzt auf einer Bank vor der Glasscheibe, welche das Becken umgibt und hat mir den Rücken zugewendet.
Ich nähere mich ihm und setzte mich dann einfach neben ihn.
„Wo ist Ravn?", frage ich ihn.
Seoho schreckt auf und fährt zu mir herum.
„Oh, du bist es. Ravn ist gerade nicht da. Wir sind hier schon durch, aber blöderweise haben wir unseren Plan für das Gelände verloren. Er holt gerade einen neuen"
Ich nicke stumm.
Warum fällt mir einfach nichts ein, das ich sagen kann?
Plötzlich merke ich, dass Seoho mich anschaut. Als ich ihn fragend anblicke, streicht er sich ein paar seiner langen, blonden Haare aus den Augen und fragt: „Sag mal, ist dir kalt?"
Erst jetzt bemerke ich, wie sehr ich zittere.
„Ein bisschen vielleicht", murmele ich.
Seoho lächelt, dann rutscht er plötzlich näher an mich heran und legt seinen Arm um mich.
Überrascht halte ich die Luft an.
„Besser?", fragt Seoho.
Noch bevor ich antworten kann, quetscht sich jemand auf die andere Seite der Bank neben mich.
„Bin zurück", verkündet Ravn.
Er schlägt Seoho mit dem Zooplan auf den Kopf und wendet sich dann an mich.
„Was hast du hier eigentlich zu suchen?"
Froh, endlich wieder etwas Professionelles sagen zu können erkläre ich es ihm.
„Ich kontrolliere, ob ihr eure Arbeit richtig macht"
Ohne auf eine Reaktion der beiden zu warten, schnappe ich mir Ravns Handy und befestige den dazugehörigen Selfie-Stick daran.
„Habt ihr schon genug aufgenommen? Ihr wisst, dass eure Fans warten"

Gegen halb drei stehen alle drei Teams um ihren Manager versammelt im Eingangsbereich herum. Das Kamerateam hat sein Equipment vor ihnen aufgebaut und alle sind bereit, um die Gewinner der heutigen Aufgabe zu verkünden.
Tatsächlich waren es Ravn und Seoho, die als erste zurück zum Eingang gekommen sind und dabei alle nötigen Fotos vorzuweisen hatten. Kurz nach ihnen kamen dann Xion und Hwanwoong. Dieses Team hatte allerdings nur ein einziges Foto vorzuweisen und es kam mir ziemlich vertraut vor.
Als letztes kamen Leedo und Keonhee an. Mit allen Fotos, aber viel zu spät.
Als sie nun ihren Preis für den zweiten Platz entgegennehmen sagt Leedo:
„Vielen Dank für den heutigen Tag hier im Pariser Zoo. Wir hatten sehr viel Spaß, auch, wenn wir nur zu spät gekommen sind, weil wir die ganze Zeit von unserem Manager verfolgt wurden"
Er wirft Jihun einen ziemlich warnenden Blick zu.

Als die Kameras ihre Arbeit getan haben und ich die immernoch sehr angespannte Stimmung zwischen Leedo und Jihun bemerke, mache ich einen Vorschlag.
„Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt etwas essen?"

Siebter Eintrag (24.03.19/19.28 Uhr)
Ich kann gar nicht mehr sagen, wie lange es her ist, dass ich das letzte Mal auf einem Ausflug war.
Obwohl, eigentlich ist das hier wohl eher ein Geschäftsausflug.
Ich kann leider aus gewissen Gründen nicht sagen, was ich heute genau gemacht habe, aber ich versuche trotzdem mal, alles so genau, wie möglich zu beschreiben, ohne zu "spoilern".
Als ich heute morgen mit meiner Gruppe losgefahren bin, hatte ich noch das merkwürdige Gefühl, dass irgendetwas schieflaufen könnte, doch irgendwie hat alles besser geklappt, als gedacht, wenn auch mit einigen kleinen Komplikationen.
Nachdem wir unser erstes Ziel abgehakt hatten, sind wir am Mittag ersteinmal etwas essen gegangen.
Die Stimmung war etwas angespannt, da es eine kleine Auseinandersetzung zwischen einem gewissen Manager und einem anderen Freund gab. Doch wie es nun mal so ist, hat das Mittagessen all unsere Probleme gelöst und wir konnten entspannt unseren Ausflug fortsetzen.

Wart ihr schonmal alleine in einer Stadt, die euch völlig unbekannt ist?
Ich jedenfalls habe mich erst etwas verloren gefühlt, aber ich habe eine Lösung für das Problem gefunden!
Shoppen!
Etwas, was ihr in jeder Stadt tuen könnt!
Naja, eigentlich bin ich nicht gerade der große Fan davon, aber wenn man einmal angefangen hat, ist es schon ganz lustig. Besonders mit meinen Begleitern.
Dabei konnte ich auch herausfinden, wem ich seine Kleiderwahl selbst überlassen kann und wem lieber nicht...

Als wir dann mit dem Shoppen durch waren, das aber auch nur aufgrund eines Mangels an Geld, haben wir beschlossen, in unser Hotel zurückzukehren.
Dabei kamen dann aber doch einige ernsthafte Probleme auf. Unsere Gruppe musste nämlich herausfinden, dass keiner von uns auch nur einen halbwegs angemessenen Orientierungssinn besitzt.
Wir haben ja wirklich versucht, zu unserem Auto zurückzufinden, aber ganz ehrlich, wie hätte ich denn ahnen können, dass es Leute mit noch schlechterer Orientierung gibt, als mich?
Es war jedenfalls unmöglich.
Ihr müsst euch also nicht wundern, wenn wir erst am späten Nachmittag (und mithilfe eines Polizisten) wieder zurück waren und das, obwohl unser Shopping-Erlebnis eigentlich nur eine kleine Pause vom restlichen Programm sein sollte.
Aufgrund dessen mussten wir alle weiteren Pläne für heute absagen und haben uns stattdessen einen ruhigen Nachmittag in unserer Wohnung gemacht. Zumindest, bis es weitergeht, denn möglicherweise erwartet uns heute doch noch etwas mehr...

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