level 25
»Namjoons Sicht«
Ein lautes Klirren ließ mich hochschrecken, nachdem ich in der Küche Löcher in die Luft gestarrt hatte.
"Shit", fluchte ich leise, da ich das Glas hatte fallen lassen und kniete mich sofort wieder hin, damit ich die Scherben vom Boden aufsammeln konnte.
'Ich empfinde etwas für dich, Namjoon'
So sehr ich mich bemühte diesen Satz zu verdrängen, es gelang mir einfach nicht diese Worte zu vergessen.
Ein kleiner Splitter hatte sich in einen meiner Fingerspitzen gebohrt, da ich unachtsam gewesen war.
"Hör auf darüber nachzudenken, du Vollidiot", ermahnte ich mich selbst und kümmerte mich um meinen Finger, nachdem der Boden sauber war.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits drei Uhr Morgens war, weshalb ich ein neues Glas aus dem Schrank zückte. Ich schaffte es diesmal es nicht kaputt zu machen.
Zusammen mit dem Glas tappte ich durch die Wohnung und betrat ihr Zimmer, wo das Nachlicht noch brannte. Obwohl sie endlich eingeschlafen war, weckte ich sie.
"Haesoo", ich strich der Jüngeren sanft ihren dunklen Pony aus den Augen, als sie diese schläfrig öffnete.
"Trink, bevor du schlafen gehst", verlangte ich von ihr, weshalb sie sich kraftlos aufsetzte und ohne ein Wort zu sagen das Wasser austrank.
Auf ihrem Gesicht lag ein leichter Schimmer, der von der Anstrengung von zuvor kommen musste.
'Ich empfinde etwas für dich, Namjoon'
Ich musste die Zähne aufeinander beißen und spürte, wie sich mein Körper anspannte.
Wieso gerade jetzt?
"Dankeschön", Haesoo gab mir das Glas zurück, sie klang müde.
Ich stellte es auf den Nachtschrank neben dem Bett und setzte mich neben sie, weshalb die Matratze unter mir nachgab.
"Willst du das ich wieder hier schlafe?", fragte ich sie mit einem matten Lächeln.
Ein schüchternes Nicken war die Antwort der schwarzhaarigen.
"Okay."
Ich legte mich neben sie und streichelte ihr liebevoll über den Rücken, damit sie wieder einschlafen konnte.
Sojungs Geständnis hallte immer und immer wieder durch meinen Kopf. Nicht bloß das. Auch ihr Gesichtsausdruck, nachdem ich sie zurückgewiesen hatte, brannte sich in meinen Verstand.
"Ich liebe dich", Haesoos erhitzte Wange berührte meinen kühlen Arm, an den sie sich schmiegte.
Verzeih mir, Sojung.
"Ich liebe dich auch, Haesoo."
Doch für den Fehler den ich begangen habe, muss ich nun die Verantwortung übernehmen.
»Minahs Sicht«
Wir waren am nächsten Tag nach der Arbeit sofort zu Jungkook geeilt, um nachzusehen, was es mit der Chipkarte auf sich hat. Ich konnte gut verstehen, dass er nicht alleine sein wollte, wenn er das Programm öffnete.
"Was wirst du damit machen?", wollte ich von Jungkook wissen, als dieser seinen Computer vorbereitete.
"Wahrscheinlich werde ich das Programm löschen, aber ich bin mir nicht sicher, ob das so leicht sein wird."
"Du meinst bevor es jemand anderes in die Finger bekommt, richtig?"
"Das muss um jeden Preis verhindert werden" Sein Blick lag konzentriert auf dem Bildschirm.
"Wovor hast du Angst?"
Unsere Augen trafen sich, nachdem ich meine Frage laut ausgesprochen hatte. Mir war nicht entgangen, wie beunruhigt er war.
Jungkook zögerte, schluckte schwer und ließ den Blick zu der Chipkarte in seiner Hand wandern.
"Was, wenn ich herausfinde, dass mein Vater in Wahrheit ein schlechter Mensch war?"
Seine Stirn wies tiefe Furchen auf und in seiner Stimme lag ein Anflug von Panik.
"Egal was wir auf diesem Ding finden werden, ich glaube nicht, dass es deinen Vater zu einem schlechten Menschen machen wird. Ich denke, gut und böse sind viel zu starke Wörter, um damit eine Person beschreiben zu können."
Ich legte meine Hand auf die in welcher er die Karte hielt und lächelte voller Zuversicht.
"Es gibt gute Menschen, die schlechte Dinge tun und es gibt schlechte Menschen, die gute Dinge tun. Das Wesen eines Menschen ist so komplex, dass es sich schwer in eine Kategorie einordnen lässt. Also mach dir keine Sorgen darüber." In Jungkooks Augen spiegelten sich Aufregung und Furcht, die ich nur allzu gut nachempfinden konnte.
"Selbst, wenn dein Vater tatsächlich eine gefährliche Künstliche Intelligenz entwickelt hat, wird er für dich doch immer dein Vater bleiben, nicht wahr?"
Er fing meinen Blick erneut auf, doch diesmal wirkte er um einiges entspannter.
"Ich wusste gar nicht, dass du so tiefgründig sein kannst", ein Schmunzeln lag auf seinen Lippen.
Auf seine fiese Anspielung reagierte ich bloß mit einem genervten Augen-rollen.
"Dann lass uns Mal sehen" Jungkook ließ seine Schultern ein paar Mal kreisen, bevor er die Chipkarte endlich in seinen PC einstecke.
Es dauerte einen Moment, bis ein Fenster sich auf dem Bildschirm öffnete. Da das Programm bereits ziemlich alt war, musste es formatiert werden, was die halbe Nacht dauerte.
Jungkook erzählte mir in der Zwischenzeit über seine Eltern und wenn ich mich recht daran erinnerte, war es das Erste Mal, dass er über sie mit mir sprach. Zwar hatte er schon einige Male seinen Vater erwähnt, doch noch nie war er ins Detail gegangen.
"Meine Eltern waren die Sorte von anstrengenden Paaren. Sie hatten sich ständig in den Haaren und in der nächsten Sekunde war alles wieder gut." Sein Ausdruck wirkte abwesend, als er davon sprach. Doch er sah nicht betrübt aus, ganz im Gegenteil. Er schien sich gern daran zu erinnern.
"Wir waren oft am Strand, weil meine Mutter es so gern hatte. Mein Vater war kein Fan davon, aber er ist trotzdem jedes Mal mitgekommen."
Ich hörte ihm zu, als würde er mir die spannendste Geschichte aller Zeiten erzählen. Für mich war es jedenfalls so. Wenn Appa über meine Mutter sprach, hörte ich ihm genauso gebannt zu.
"Mir ist aufgefallen, dass du mit deinen längeren Haaren deinem Vater ziemlich sahst" Es war mir bereits beim letzten Mal aufgefallen, als ich mir das Bild auf seiner Kommode angeschaut hatte.
"Ja..", er grinste stolz.
"Deine Mutter war eine Schönheit."
"Jetzt weißt du von wem das gute Aussehen kommt."
"Nicht übermütig werden, Seagull."
Über diese Bemerkung fing er an zu lachen.
Später hatten wir uns Jjajangmyun nach Hause liefern lassen und Jungkooks weißes T-Shirt war danach komplett hinüber, da er so ein Tollpatsch war.
"Nicht so schlimm, habe noch genug davon", hatte er gemeint, als ich ihm sagte, dass man die Flecken nicht mehr rauskriegen würde.
Als die Formatierung schließlich abgeschlossen war, wurde auch ich etwas nervös. Die Installation dauerte nicht lang.
Doch als Jungkook das Programm öffnete, realisierten wir schnell, das es sich hier keinesfalls um eine Waffe handelte.
"Was zum-"
Ich verstand überhaupt nichts mehr, als ich die unzähligen Zeitungsartikel, Anhaltspunkte und Fotos sah, die das Programm uns zeigte.
Jungkook taumelte vollkommen verstört zurück, als er die Nachricht las, die sein Vater hinterlassen hatte.
Und auch mir rutschte das Herz in den Hals und verschlug mir den Atem.
Es handelte sich hier nicht um eine Künstliche Intelligenz, sondern eher um eine Art Portfolio — eine eigene Datenbank für einen bestimmten Zweck.
'Mein Sohn, wenn du das hier ließt, heißt es, dass ich es nicht geschafft habe'
Jungkooks Augen waren aufgerissen und füllten sich mit Tränen der Fassungslosigkeit.
"Meine Mutter lebt", stieß er kurzatmig hervor.
'Jetzt liegt es an dir deine Mutter zu retten.'
Damit hatte keiner von uns rechnen können, nicht in 1000 Jahren.
-
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top