24. Kapitel

Nachdem Poseidon sich mit den Frauen vergnügt und sich ihre Geschichten angehört hatte, transportierte er sich im Handumdrehen in den nächsten Fluss. Auf dem friedlich dahinplätschernden, glitzernden Wasser trieben Lilien und er liess sich treiben, während er das kühle Nass genoss.

Die Nymphen hatten tatsächlich das Gesetz gebrochen. Er musste sie schnell bestrafen, bevor jemand  anderes auf dieselbe Idee kam. Und er wusste auch schon, wie ...

An der nächsten Flussgabelung hielt er an und auch das Wasser hörte plötzlich auf, sich zu bewegen. Keine Wellen mehr, keine Strömung. Bis auf den sanften Wind und das Getrappel von ein paar Tieren in der Nähe war es vollkommen still. Dann ... landeten wie aus dem Nichts unzählige Drachenkrieger am linken Ufer. Trotz ihrer heftig schlagenden Flügel blieb die Wasseroberfläche glatt.

Poseidon beobachtete die Drachen. Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Menschengestalt angenommen hatten. Glatte, wenn auch vernarbte Haut statt Schuppen. Seidige Haare. Ein menschliches Gebiss statt Reisszähnen. Kein Schwanz. Natürlich waren sie jetzt komplett nackt, bis auf die Drachenmedaillons um ihre Hälse und die Schwerter in ihren Händen. 

Die Männer begannen, Wasser aus dem Fluss zu trinken, während ihr wütendes Geplapper durch den Wald schallte. Poseidon Blick fiel auf Darius. Der Drachenkönig erteilte gerade Befehle an einige seiner Krieger. Seine Miene war finster.

Es hatte ihm, wie Poseidon wusste, gar nicht gefallen, den Palast den Nymphen zu überlassen. Sein Instinkt hatte ihm geraten, zu bleiben und gegen die Nymphen - insbesondere gegen Valerian - zu kämpfen. Aber Darius war, wenn Poseidon sich richtig erinnerte, ein Krieger, der bei jeder Entscheidung das Für und Wider abwog und sich ausrechnete, wie seine Chancen standen. Diesmal waren er und seine Männer dem Gegner zahlenmässig stark unterlegen gewesen und Darius hatte nicht riskieren wollen, dass seine Männer verwundet wurden. Und warum auch dieses Risiko eingehen, wenn sich doch ein Überraschungsangriff viel eher zu ihren Gunsten auswirken würde?

Darius war ein kluger Mann. Genau das, was Poseidon brauchte.

Komm zu mir, befahl er Darius und der Wind trug seine Worte zum Ufer hinüber.

Darius verstummte und erstarrte. Er liess den Blick suchend über die umstehenden Bäume und den Fluss schweifen und wandte sich, da er nichts Ungewöhnliches erkennen konnte, wieder seinen Männern zu. Seine Schultern allerdings blieben angespannt, seine Haltung aufrecht und er legte beide Hände fest um den Griff seines Schwerts.

Komm, sagte Poseidon wieder.

Darius starrte erneut auf den Fluss. Er kniff die Augen zusammen, Poseidon wusste, dass das Wasser nur ein Spiegelbild seiner göttlichen Gestalt reflektierte - nicht mehr als ein Glitzern im schwächer werdenden Abendlicht. Dennoch folgte Darius jetzt seinem Ruf und kam näher ans Wasser. Die Männer, mit denen er gerade geredet hatte, sahen ihm verwirrt nach.

"Stimmt etwas nicht?", erkundigte sich ein grosser, muskelbepackter blonder Krieger.

"Ruh dich ein wenig aus, Brand", antwortete der Drachenkönig, ohne sich umzudrehen. Als er allein war, sagte er: "Du hast mich gerufen, Wassergott?"

Die offensichtliche Respektlosigkeit in Darius' Stimme ärgerte Poseidon. "Du kennst mich also?"

"Vom Hörensagen."

Poseidon biss so grimmig die Zähne zusammen, dass sich die Wasseroberfläche kräuselte. "Dann weisst du ja, welche Konsequenzen es hat, wenn man in diesem Ton mit mir redet. Du weisst, wie ich euch leiden lassen kann."

Eine untertänige Verneigung wäre Poseidon zwar lieber gewesen, aber er akzeptierte die Geste. "Seit meiner Ankunft sind mir ein paar Dinge zu Ohren gekommen. Dinge, die mir ganz und gar nicht gefallen. Aus diesem Grund habe ich mehrere Aufträge für dich."

Unter Darius ' Auge zuckte ein Muskel. "Dann stehe ich dir selbstverständlich zu Diensten."

"Ausgezeichnet. Ich wünsche, dass du zu dem Palast zurückkehrst."

Schweigen. "Das hatte ich eigentlich nicht vor."

"Nein, du willst vorher noch ein grösseres Heer zusammenstellen. Aber das braucht Zeit und ich will, dass mein Befehl umgehend ausgeführt wird. Auf der Stelle."

Darius beharrte auf seinem Standpunkt. "Das würde bedeuten, das Leben meiner Krieger aufs Spiel zu setzen und das kann ich nicht zulassen."

"Euch droht keine Gefahr, wenn ihr euch heimlich in den Palast schleicht."

"Ich hatte auch vor, mich in den Palast zu schleichen. Aber es droht uns sehr viel Gefahr, wenn ich nicht genügend Krieger dabeihabe, um den Palast erobern zu können, sobald wir drinnen sind."

Poseidon grinste wissend. "Nicht, wenn es euch gelingt, die Hälfte der Nymphen und Vampire auszuschalten, noch ehe ihr einen Fuss in die Palastgänge setzt."

Darius zog überrascht die Augenbrauen hoch. Sein Interesse war geweckt. "Verrate mir, wie das gehen soll."

"Es gibt einen geheimen Eingang unter dem Portal."

"Wo genau?" Darius klang abwesend, ganz so, als ginge er das Szenario bereits in Gedanken durch.

"Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Ich zeige ihn dir, sobald du dort bist. Du schleichst dich hinein und bringst die Frauen in die Oberwelt zurück, nachdem du ihr Gedächtnis gelöscht hast."

"Betrachte es als erledigt."

"Sobald die Frauen wieder zu Hause sind, tötest du die Nymphen. Ohne Frauen werden sie keine Kraft haben und leicht zu besiegen sein. Jeder Einzelne von ihnen muss sterben, weil sie es gewagt haben, die Oberwelt zu betreten. Nymphen sind keine Portalwächter und das bedeutet, dass sie die Gesetze der Götter missachtet haben."

An Darius 'Kiefer zuckte ein Muskel. "Du meinst aber sicher nicht alle, oder?"

"Alle."

"Männer und Frauen?"

"Alle. Das sollte doch kein Problem für dich sein, Wächter. Schliesslich ist es nicht das erste Mal, dass du so etwas tust. Falls du dich meinem Befehl widersetzt, werde ich deine Frau zurück in die Oberwelt schicken müssen. Von dort hast du sie dir doch geholt, oder wahr?"

Darius stieg die Zornesröte ins Gesicht - sie liess erahnen, was für ein gnadenloser Mörder er einmal gewesen war. "Ich lasse nicht zu, dass man mir Grace wegnimmt. Sie ist meine Gefährtin und längst eine Tochter von Atlantis. Ausserdem bekommt sie ein Kind von mir."

"Ja, ich weiss", sagte Poseidon unbeeindruckt. "Das Kind ist der einzige Grund, warum ich dir bis jetzt erlaubt habe, sie zu behalten. Aber du als Wächter hättest sie gar nicht erst zurück nach Atlantis bringen dürfen."

"Ich weiss es zu schätzen, dass du dich endlich für deine Geschöpfe interessierst, grosser Gott", erwiderte Darius trocken. "Hast du diesen Sarkasmus von deiner Frau gelernt?" Poseidon gefiel Darius' Ton ganz und garnicht. "Hüte deine Zunge, sonst verfüttere ich sie an die Vampire. Es war mein gutes Recht, mich eine Zeit lang anderswo zu amüsieren. Und jetzt geh", sagte er. "Geh zum Palast zurück. Ich werde dort auf dich warten und dir den Eingang zeigen."

"Bevor du gehst", sagte Darius und seine Augen funkelten spöttisch, "könntest du uns vielleicht noch mit ein paar Kleidungsstücken aushelfen."

"Mit Vergnügen." Als kleine Revanche für Darius ' Unverschämtheiten blies Poseidon seinen Atem über die Drachenarmee, besprühte sie mit einem feinen, salzigen Sprühregen und liess die Männer in Damenschals gehüllt zurück.

Im Geiste hörte er immer noch ihr empörtes Zischen, als er längst woanders war. 

Brenna knetete nervös ihre Hände. Sie stand in der Tür zum Speisesaal und wartete darauf, dass Shivawn sie bemerkte. Die Wächter hatten sie zu ihm gebracht, nachdem sie gemeinsam die Höhle verlassen hatten. Er unterhielt sich gerade angeregt mit einer Frau, die Brenna noch nie gesehen hatte - eine weisshaarige Schönheit, die ihm verträumt die Brust kraulte.

Brenne beobachtete die beiden mit einem Hauch von ... Eifersucht? Sie war sich nicht sicher. Das war ein Gefühl, das sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Was auch immer sie gerade fühlte, vermutlich rührte es daher, dass sie nicht wusste, was mit ihr passieren würde, wenn Shivawn eine andere Frau fand. Würde sie dann an jemand anderen weitergereicht werden? An Joachim vielleicht?

Aber ihr ging noch eine andere Frage durch den Kopf. Wäre sie eifersüchtig, wenn es Joachim gewesen wäre, der sich so intensiv mit einer anderen Frau beschäftigte? Sie hatte Angst vor der Antwort.

Schon wenn sie nur an diesen Mann dachte, hatte sie Schmetterlinge im Bauch. Nein, nein, nein. Es war ja schliesslich auch möglich, dass sie dieses Magenflattern wegen Shivawn hatte. Er bedeutete Sicherheit, während Joachim alles war, was ihr Angst machte: herrschsüchtig, dominat und aufbrausend. Warum also gefiel er ihr überhaupt? Warum konnte sie nicht einfach Shivawn begehren?

Sie seufzte. Als sie heute in das Portal gestarrt hatte und kurz davor gewesen war, nach Hause zurückzukehren, hatte sie eine wundervoll aufwühlende Erkenntnis gehabt. Sie wollte die Vergangenheit hinter sich bringen und sich auf eine neue Zukunft einlassen. Und wenn sie offen für diese Zukunft war, konnte sie vielleicht endlich erleben, was echte Zufriedenheit und wahres Glück bedeuteten. Sie konnte endlich leben.

In dem Moment, als ihr all das bewusst geworden war, hatte sie beschlossen, mit Shivawn zu schlafen. Doch dann hatte sie plötzlich an Joachim denken müssen und ... tja, jetzt wusste sie nicht recht, was sie tun sollte. Sie würde sich jedenfalls auf eine beziehung einlassen. Eine emotionale, sexuelle, intime Beziehung.Aber für welchen Mann sollte sie sich entscheiden? 

Das Leben mit Shivawn würde sanft und zärtlich sein, das Leben mit Joachim turbulent und aufregend.

Als sie so dastand und vor sich hin grübelte, drehte Shivawn ruckartig seinen Kopf zur Seite. Gerade zischte er der jetzt sichtlich ungehaltenen Frau etwas entgegen, als sein Blick auf Brenna fiel. Er brach seinen Satz mittendrin ab, stand auf und kam auf sie zu. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er sie an der Hand und zog sie energisch mit sich hinaus.

Die Vorstellung, mit ihm auf sein Zimmer zu gehen und mit ihm zu schlafen, ihn überall zu streicheln und überall von ihm gestreichelt zu werden, erregte Brenna ungeheuer. Ihre Nippel wurden hart und ... Plötzlich wurde ihr bewusst, dass es nicht Shivawns Gesicht war, das sie in ihrer Fantasie vor sich hatte.

Aber wie sie gleich darauf merkte, ging Shivawn mit ihr gar nicht zu seinem Zimmer. "Wohin willst du?", fragte sie ihn. Der Gang, durch den er sie zog, sah anders aus als der, der zu seinen Gemächern führte. Noch ehe Shivawn antworten konnte, wurde ihr plötzlich klar, wohin er sie brachte. Sie riss überrascht die Augen auf. Sie gingen zu Joachim! Das wusste sie deshalb, weil sie sein Zimmer zuvor schon einmal aus Neugier gesucht und auch gefunden hatte. Die bedrohlich aussehenden Waffen, die sie darin gesehen hatte, hatten ihr mehr als deutlich vor Augen geführt, dass dieser Mann eindeutig der Falsche für sie wäre. Jetzt zog sich ihr Magen, teils vor Aufregung, teils aus Angst, zusammen.

"Ist mit Joachim alles okay?"

"Es geht ihm gut."

Das bedeutete ... ja, was? Im nächsten Augenblick standen sie vor Joachims Tür und Shivawn schob, ohne sich anzukündigen, den Vorhang zur Seite. Dann liess er Brennas Hand los, ging zu einem kleinen Tisch und schenkte sich einen Drink ein. Er drehte Brenna den Rücken zu und leerte das Glas. 

Das Erste, was ihr an dem Zimmer auffiel, waren die fehlenden Waffen. Sie waren weg. An der Wand hing kein einziges Schwert mehr. Warum waren sie entfernt worden?

Ihr Blick schweifte zu Joachim, der auf der Bettkante sass und die Ellbogen auf die Knie gestützt hatte. Er schien sie mit den Augen zu verschlingen. "Brenna." Die Art, wie er ihren Namen aussprach, war wie ein erotisches Streicheln. 

Ihr wurde mit einem Mal ganz heiss. Ihre Nippel wurden noch härter. Sie wurde feucht zwischen den Beinen. Das alles hatte Joachim mit einem einzigen Wort ausgelöst. Und plötzlich begriff sie, warum Shivawn sie hergebracht hatte. Die beiden Männer würden sie vor die Wahl stellen. Beim letzten Mal war sie davongelaufen. Vor ihren Gefühlen geflohen. Diesmal nicht. Sie straffte die Schultern. Die anderen Frauen im Palast waren alle bestens gelaunt. Sexuell befriedigt. Sie hatten ständig ein Lächeln im Gesicht und nichts konnte ihnen Angst machen. Brenna wünschte sich nichts sehnlicher, als eine von ihnen zu werden. Sie würde eine von ihnen werden. 

Nein, sie würde nicht mehr davonlaufen. Aber durfte sie die Geborgenheit und Sicherheit, die Shivawn ihr geben würde, wegen Joachim aufs Spiel setzen? Es würde kein Zurück mehr geben, sobald sie ihre Entscheidung getroffen hatte. Dafür waren beide Männer zu besitzergreifend, zu sehr davon überzeugt. "der Richtige" zu sein. 

Shivawn kam ohne Umschweife zur Sache. "Du hast mich lange genug warten lassen. Du hast dich selbst lange genug warten lassen. Mach dieser Ungewissheit ein Ende, Brenna und gib mir eine Chance." Er ging zu ihr, legte ihr sanft die Hände auf die Schultern und drehte sie zu sich, damit sie ihn ansah. "Ich lasse nicht zu, dass dir jemals wieder ein Mann wehtut. Ich passe auf dich auf und werde dich so glücklich machen, dass du vergisst, jemals traurig gewesen zu sein."

Sie nagte an ihrer Unterlippe.

"Der Mann auf dem Bett", fuhr Shivawn fort, "wird dir nie die Geborgenheit und Aufmerksamkeit geben, die du meiner Meinung nach brauchst." Er drehte sie wider um, sodass sie Joachim ansehen musste.

Ein Blick und sie hatte sofort wieder Schmetterlinge im Bauch.

"Schau ihn dir an", sagte Shivawn. "Selbst jetzt hat er etwas Wildes, Unberechenbares an sich. Er wird sich nie im Griff haben. Mit seiner Art wird er niemals in der Lage sein, die Dämonen, die dich quälen, zum Schweigen zu bringen."

Shivawns Worte sollten sie offenbar trösten und ihr versichern, dass es die richtige Entscheidung war, wenn sie sich für Sicherheit statt Leidenschaft entschied. Aber Brenna war alles andere als überzeugt. Denn es gab keinen stärkeren Krieger als Joachim. Ja, er hatte etwas Wildes, Unberechenbares an sich. Aber wenn jemand die Dämonen der Vergangenheit besiegen konnte, dann er. Er strotzte vor Lebenskraft.

Joachim sagte kein Wort, sondern zog vier Stoffstreifen unter seinem Kissen hervor und legte sie auf seine Knie.

"Wofür sind die denn?", wollte Shivawn wissen.

"Fessle mich ans Bett, Brenna", sagte Joachim.

Sie betrachtete die Stoffstreifen verwirrt ... und fasziniert.

"Wie bitte?"

"Fessle mich ans Bett."

Sie sah rasch hinauf zu seinen Augen. Seine Miene war entschlossen, energisch und leidenschaftlich. Unglaublich leidenschaftlich. Dieser feurige Blick ging ihr durch und durch.

"Warum? Ich verstehe nicht ganz ..."

"Ich sage jetzt nicht, dass du es bereuen wirst, wenn du dich für Shivawn entscheidest. Du würdest vielleicht glücklich mit ihm werden und du würdest dich immer sicher bei ihm fühlen. Aber deine innere Leere kann er nicht füllen und er kann dir auch nicht das Gefühl geben, lebendig zu sein. Ich schon. Das Einzige, was du tun musst, ist, darauf zu vertrauen, dass ich dir nie wehtun werde. Niemals. Lieber würde ich sterben. Ich werde alles tun, um dich davon zu überzeugen."

"Joachim", knurrte Shivawn.

"Fessle mich ans Bett, dann kannst du selbst bestimmen, was passiert", fuhr Joachim fort. Unter einem Augen zuckte ein Muskel. "Ich gebe dir die absolute ... Macht über mich. Du musst dir das Gefühl zurückerobern, dass du die Kontrolle hast und genau dabei werde ich dir helfen."

Er redete über Bondage. Über Sex. Sie blickte verstört von einem Mann zum anderen. "Shi ... Shivawn?" Hatte er nichts dazu zu sagen?

Jetzt war Shivawn derjenige, der schwieg. Er schien wie gelähmt vor Zorn. 

"Mir ist aufgefallen, dass du jedes Mal erschrickst, wenn sich dir jemand von hinten nähert", sagte Joachim. "Deshalb werde ich dir zeigen, wie reizvoll es ist, einen Mann hinter sich zu haben. Später. Zuerst möchte ich dir zeigen, wie reizvoll es ist, die Kontrolle zu übernehmen."

Dieser grosse, starke - und machtbesessene - Krieger war also bereit, für sie die Zügel aus der Hand zu geben.  Diese Erkenntnis war so aufwühlend, dass Brenna am ganzen Körper bebte. Gleichzeitig spürte sie, dass sie sich plötzlich gestärkt fühlte. Sie sehnte sich nach Leidenschaft, das hatte sie sich ja bereits eingestanden. Niemand konnte ihr mehr Leidenschaft geben als Joachim. Auch das hatte sie bereits gewusst. Aber es hatte ihr Angst gemacht. Er hatte ihr Angst gemacht. Und das war der Grund gewesen, warum sie so verzweifelt versucht hatte, sich einzureden, dass sie in Shivawn verliebt sei. Vielleicht hätte sie es schliesslich sogar geglaubt. Eine Weile zumindest. Irgendwann wäre ihr allerdings die Wahrheit bewusst geworden. 

Es war die ganze Zeit Joachim gewesen, in den sie verliebt war. Sie hatte es nur nicht wahrhaben wollen. Mit seiner Bereitschaft, sich von ihr fesseln zu lassen, ging er ein Risiko ein. Sie musste ebenfalls etwas riskieren. Ich werde keine Angst mehr haben.

Mit Tränen in den Augen sah sie Shivawn an. Er war so freundlich, so gütig und warmherzig. Doch als sie ihn nun betrachtete, wurde ihr klar, dass er genau dass war, was sie nicht mehr brauchte. Ein Beschützer. Sie konnte jetzt selbst auf sich aufpassen. Sie war seit Tagen in diesem Palast und ihr war nichts zugestossen. Sie hatte den Kriegern die Stirn geboten und keiner hatte ihr etwas getan. 

"Du kannst dich auch gegen uns beide entscheiden", sagte Joachim mit rauer Stimme. "Wir werden es akzeptieren."

Weglaufen und in ihrer sicheren kleinen Welt bleiben. Keine Gefühle. Weder Traurigkeit noch Glück. Ich werde nie mehr weglaufen. "Es tut mir schrecklich leid, Shivawn." Ihr Kinn zitterte. "Ich wäre gern mit dir zusammen gewesen, wirklich, aber ... "

"Hör auf. Bitte. Hör einfach auf." Shivawn sah sie lange nachdenklich an. Dann drehte er sich langsam zu Joachim um. "Sie gehört dir. Ich erhebe kein Anspruch mehr auf sie."

"Danke", sagte Joachim gepresst.

Shivawn sah Brenna noch ein letztes Mal an, nickte ihr dann zu und liess sie mit Joachim allein. Brenna schluckte, nahm ihren ganzen Mut zusammen und sah ihn an.

Ihren Mann.

Niemals mehr würde sie ihr Leben von Angst bestimmen lassen.

Sie hatte sich für ihn entschieden. Ihr tat nur leid, dass sie so lange gebraucht hatte, um zu erkennen, was für ein Ehrenmann Joachim war. Er vertraute ihr so sehr, dass er sich von ihr fesseln lassen wollte; sie würde darauf vertrauen, dass er ihr nicht wehtat.

Bereit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, ging sie zu ihm. Ihr Herz raste, doch sie blieb nicht stehen, bis sie unmittelbar vor ihm stand. Joachim, der immer noch die Stoffstreifen in der Hand hatte, erhob sich.

Sein Blick war entschlossen. Unerbittlich. "Hat dein Angreifer dir damals mit seinen Händen wehgetan oder hatte er eine Waffe? Wenn er eine Waffe hatte, möchte ich, dass du mich ebenfalls mit einer Waffe bedrohst."

Zuerst gab sie keine Antwort. Sie wollte nicht, dass die Erinnerung an damals diesen Moment zerstörte. "Nur mit den Händen", antwortete sie schliesslich mit bebender Stimme.

Joachim nickte und gab ihr die Fesseln. Langsam, ganz langsam machte er seinen Gürtel auf und schob seine Hose über die Hüften. Sie rutschte auf den Boden und Brenna sah seinen grossen, erigierten Penis.

"Komm her." Er legte sich aufs Bett. "Fessle mich."

Ihre Hände zitterten, als sie zuerst seine Handgelenke, danach seine Fussknöchel an den Bettpfosten festband. Dann blieb sie neben dem Bett stehen und sah auf ihn hinunter. So prachtvolle Männlichkeit, über die sie allein verfügen durfte. 

Joachim sagte kein Wort, beobachtete jedoch jede ihrer Bewegungen. Brenna bekam weiche Knie, weil sie wusste, was er von ihr erwartete. Was er wollte. Jetzt war sie an der Reihe, sich auszuziehen. Nach dem Überfall hatte sie aufgehört, ins Fitnessstudio zu gehen und versuchte, so unattraktiv wie möglich auszusehen. Würde Joachim ihren Körper begehrenswert finden?

Mit zittrigen Fingern löste sie die Schulterträger ihrer Toga und entblösste ihre Brüste. Dabei sah sie Joachim unverwandt an, um zu sehen, wie er auf den Anblick reagierte. In seinem Blick lag keine Enttäuschung. Nur Verlangen. Langsam gewann sie mehr Selbstvertrauen. Die Art, wie er sie ansah, war so erregend, dass ihre Haut prickelte.

"Du bist wunderschön, Brenna."

Sie liess die Toga auf den Boden gleiten und war endlich nackt - wie er. Als Joachim sie von oben bis unten bewundernd ansah, errötete sie. Vor gar nicht langer Zeit wäre sie bei der Vorstellung, mit einem Mann zu schlafen, vor Angst wie gelähmt gewesen. Jetzt waren ihre Hormone viel zu sehr damit beschäftigt, regelrecht zu jubilieren.

"Schliess die Augen", sagte er.

Sie dachte nicht einmal daran zu zögern.

"Stell dir vor, ich bin hinter dir. Stell dir vor, ich streichle deine Schultern und lege meine Hände auf deine Brüste. Stell dir vor, ich drehe deine Nippel zwischen meinen Fingern."

Sie sah es deutlich vor sich, genau wie vorhin, nur war das Bild diesmal klarer. Sie würde ihren Kopf zurückfallen lassen, ihn an seine Schulter schmiegen und ihre Haare würden sie beide kitzeln. Seine Hände wären überall. 

Es sich vorstellen war fast genauso schön, wie es wirklich zu tun. Fast. Feucht zwischen den beinen wurde sie allerdings nicht nur in ihrer Fantasie.

"Ich möchte dich lecken", sagte Joachim.

"Ja", hauchte sie und setzte sich, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, rittlings auf ihn, sodass sie seine Erregung zwischen ihren Schamlippen spürte. Das Gefühl war so intensiv, dass sie laut aufstöhnte.

"Lehn dich vor", sagte Joachim fast barsch.

Er mochte zwar gefesselt sein, aber er war immer noch ein Krieger. Zum ersten Mal spürte Brenna einen Anflug von Angst. Du bist in Sicherheit. Du bist geborgen. Sie rutschte weiter vor, bis ihre Brüste über seinem wartenden Mund waren. Ihre dunklen Locken fielen wie ein Vorhang über seinen Kopf, während er an ihren Brustwarzen saugte. Seinen heissen, so heissen Mund zu spüren war mit nichts zu vergleichen, was sie jemals erlebt hatte. Seine Lippen schienen elektrische Ströme direkt in ihren Körper zu schicken.

Sie seufzte vor Lust.

Während Joachim an ihren Knospen saugte, gab sie sich wieder ihren Fantasien hin. Wenn er nicht gefesselt wäre, würde er seine Hände über ihre Wirbelsäule und über ihren Po gleiten lassen. Sie sah es ganz deutlich vor sich. Konnte es wirklich spüren. Konnte fühlen, wie er sie überall dort leckte, wo seine Hände sie gerade gestreichelt hatten. Jetzt konnte sie sich nicht mehr beherrschen und fing an, ihn zu reiten, ohne dass er in sie eindrang. Zwischen ihren Schenkeln war es so feucht, dass er ohne Widerstand zwischen ihren beinen vor und zurück glitt.

"Du schmeckst wie der Himmel", sagte er.

In ihrer Fantasie streichelte er sie zwischen den Beinen, zwang sie dann, sich aufzurichten und schob zwei Finger in ihre heisse, feuchte Mitte. Wieder stöhnte sie laut auf. 

Warum hatte  sie ihn bloss gefesselt?

"Ja", stöhnte sie atemlos und warf den Kopf in den Nacken. Sie war nicht mehr in der Lage, irgendetwas anderes zu sagen.

"Ja."

"Willst du, dass ich dich zwischen den Beinen lecke?"

"Ja." Es hatte keinen Sinn, die Schüchterne zu spielen und so zu tun, als sehnte sie sich nicht danach. Sie wollte Joachims Mund dort spüren. Hatte unbändige Lust darauf. Hätte dafür getötet.

"Komm her." Joachims Haut glänzte vor Schweiss.

Sie rutschte so weit vor, bis sie über seinem Kopf kniete und ihre Schenkel nur noch wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt waren.

"Näher", befahl er mit tiefer Stimme.

"Joachim ..." Sie liess sich auf ihn sinken und im nächsten Augenblick waren seine Zunge, seine Lippen und seine Zähne überall. Das Gefühl war so intensiv, dass sie vor Erregung laut schrie. Sie liess die Hüften kreisen.

"Komm, Brenna, komm für mich", sagte er und sie gehorchte.

Ihr Orgasmus war so heftig, dass ihr ganzer Körper zuckte und bebte und sie sich fühlte wie im siebten Himmel. Joachim machte weiter, bis sie glaubte, es nicht mehr auszuhalten zu können.

"Nimm mich", sagte er. "Ich will in dir sein."

Schwach vor Erschöpfung, setzte sie sich, ohne zu zögern, auf Joachim, schob seine Härte zwischen ihre gespreizten Beine und liess sich auf ihn sinken. Er war gross und es war schon so lange her. Er dehnte sie, aber es war ein wundervolles Dehnen. Gab ihr das Gefühl, lebendig zu sein.

Joachim stöhnte laut auf.

Brenna seufzte immer wieder seinen Namen. "Joachim ..."

Sie konnte ihn gar nicht oft genug aussprechen. Er war in ihrem Kopf und in jede Zelle ihres Körpers eingebrannt. Ihr ganzes Sein war durch ihn zu neuem Leben erwacht. 

Sie stützte sich mit den Händen auf seinen Oberkörper. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt, sein Atem ein Teil von ihr, ihrer ein Teil von ihm.

"Küss mich", sagte er.

Sie presste ihre Lippen auf seine und seine Zunge duellierte sich - heiss, fordernd, sanft, schnell, langsam - mit ihrer, während sie ihn ritt. Es war der Himmel. Die totale Verzückung. 

Je leidenschaftlicher er sie küsste, desto leidenschaftlicher ritt sie ihn. Sie seufzte, stöhnte und wimmerte.

"Genau so", sagte Joachim. "Geh aufs Ganze."

"Ja."

"Keine Angst mehr."

"Nie mehr", keuchte sie.

"Zeig's mir, Süsse." Joachim biss in die Haut über ihrem Schlüsselbein und zerrte an seinen Fesseln. "Zeig mir, wie du es geniesst, dass ich in dir bin."

Jetzt war es um Brenna geschehen. Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten und kam zum zweiten Mal. Ihr Orgasmus war so intensiv, dass ihr schwarz vor Augen wurde und sie das Gefühl hatte, sich aufzulösen und zu sterben. Sie konnte nicht atmen, fühlte sich aber gleichzeitig so lebendig, dass sie wünschte, es würde nie aufhören. "Jochaim!", schrie sie und diesmal war es ihr egal, wie rau und brüchig ihre Stimme klingen mochte.

"Brenna!", brüllte Joachim laut und lang gezogen, bäumte sich noch einmal auf und drang tief in sie ein, tiefer, als sie es je für möglich gehalten hatte.

Sie liess sich auf seine Brust fallen. "Danke", hauchte sie ausser Atem. "Danke."

"Binde mich los."

Sie dachte nicht daran, ihm die Bitte abzuschlagen. Mit halb geschlossenen Augen streckte sie die Arme aus und löste die fesseln um seine Handgelenke. Er schlang seine Arme um sie und drückte sie an sich.

"Keine Angst mehr", sagte er wieder.

"Nie mehr." Momentan hätte sie allem zugestimmt, was er sagte. Ihn heiraten? Ja. Seine Sklavin sein? Selbstverständlich. Seine Wärme umgab sie, als wären sie miteinander verschmolzen.

"Du gehörst mir", sagte er.

"Ich gehöre dir", hauchte sie. Jetzt spürte sie, wie ihre Lider schwer wurden und ihr langsam die Augen zufielen. Gleich würde der friedliche, entspannte Schlaf sie einhüllen, nach dem sie sich schon so lange gesehnt hatte. Und sie würde sich ihm endlich ohne Angst hingeben. "lass mich nie mehr los."

"Nie mehr."

Und dann schlief sie ein. Mit einem lächeln auf dem Gesicht.

Shivawn stand schon seit einer ganzen Weile auf dem Gang und hing seinen Gedanken nach. Er wünschte, Brenna hätte sich für ihn entschieden, aber der Blick, mit dem sie Joachim angesehen hatte, hatte Bände gesprochen. Wahrscheinlich war es immer schon Joachim gewesen, den sie begehrt hatte. Shivawn war wütend, so wütend. Brenna war schön, sie war leidenschaftlich und sie war liebevoll. Aber sie gehörte ihm nicht. Das wusste er jetzt. Egal, wie glücklich er sie machen wollte, egal, wie viel Geborgenheit er ihr geben konnte - für sie hatte es immer nur Joachim gegeben.

Die beiden waren füreinander bestimmt, daran bestand kein Zweifel mehr.

Und er selbst war wieder allein.

Vielleicht würde er ja eines Tages eine Frau finden, die ihn so sehr liebte wie Brenna Joachim. Eine, die nur ihn allein wollte. 

Er schaute auf und merkte, das Alyssa den Gang betreten hatte und jetzt ein paar Schritte von ihm entfernt stand. E blickte sie finster an. 

Sie runzelte die Stirn. "Du riechst nach Mensch", stellte sie fest. "Hast du mit einer Frau aus der Oberwelt geschlafen? Ist sie deine Gefährtin?"

"Was geht dich das an?" Er drehte sich um und liess sie stehen. Sie ging ihm nach. "Ist sie es?"

"Nein", knurrte er.

"Ich habe dir doch gesagt, dass du jederzeit mit mir schlafen kannst", blaffte sie zurück. "Du hättest zu mir kommen sollen."

"Und ich habe gesagt, dass ich nicht will." Alyssa war schön und Shivawn war für ihre reize durchaus empfänglich, aber er würde sie nicht anrühren. Im Gegensatz zu Valerian hatte er für Vampire nichts übrig.

Vampire brauchten Blut, um zu überleben und manchmal waren sie unersättlich. Shivawn hatte einmal den Fehler begangen, mit einer Vampirfrau zu schlafen und wäre dabei fast gestorben. Er hatte sich geschworen, dass das nie mehr wieder passieren würde. Alyssa wusste das, aber sie machte ihm trotzdem Avancen, wenn sie die Nymphen besuchte.

"Mach's gut, Alyssa", sagte er und entfernte sich eiligen Schritts von ihr.

Aber dieses Mal fand sie sich nicht damit ab, dass er sie einfach stehen liess. Sie lief ihm nach, überholte ihn und stellte sich ihm in den Weg. Ihre Augen funkelten. "Ich habe immer gewusst, dass ich dich eines Tages kriegen würde, Shivawn und ich habe beschlossen, dass dieser Tag heute ist."

Sie presste heftig ihre Lippen auf seine und schob ihre Zunge in seinen Mund. Sie schmeckte gar nicht nach Blut und Tod, sondern nach Frau. Shivawn musste feststellen, dass er ihren Kuss tatsächlich erwiderte. Er war entsetzt über sich selbst, aber wer weiss, vielleicht konnte Alyssa ihm ja helfen, seine Einsamkeit zu vergessen.

"Eine Nacht", brummte er. "Mehr nicht."

Ihre Augen funkelten triumphierend und ihre tiefroten Lippen umspielten ein genüssliches Lächeln.

"Mehr verlange ich ja gar  nicht."

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