12.Kapitel

Nachdem er Shaya ein letztes Mal angesehen hatte, drehte sich Valerian rasch zu seinem Cousin um und stellte sich schützend vor seine Mondscheinfrau. Wie konnte jemand es wagen, ihm bei seinem ersten Kuss mit Shaya, seiner Gefährtin, seinem Ein und Alles zu stören? Noch dazu dieser Mann! Valerian spürte kochend  heissen Zorn wie flüssig Lava durch seine Adern schiessen.

"Darf ich vorschlagen, dass ihr beide euch erst mal hinsetzt und in Ruhe über eure Probleme redet?". meldete sich Shaya zu Wort und versuchte, sich vor Valerian zu schieben. Als ihr das nicht gelang, guckte sie ihm über die Schulter.

"Nein." Joachim. Seine Miene strotzte vor Selbstgefälligkeit. Dieser Mann war sichtlich entschlossen, zu gewinnen und König zu werden.

"Nein", widersprach auch Valerian, obwohl er wusste, dass Shaya ihn nicht kämpfen sehen wollte. Auch wenn er ihr ungern einen Wunsch abschlug, diesen Kampf würde er ausfechten und das, obwohl er Joachim gegenüber im Nachteil war Schliesslich hatte sein Cousin sich in der acht sexuell austoben können und dadurch neue Kraft geschöpft. Valerian ... nicht. Er hatte sich nicht einmal selbst Lust verschafft.

Ohne sich umzudrehen, streckte er seine Hand hinter sich, damit Shaya sie ergriff. Sie hatte sich zuvor zweimal geweigert, es zu tun und war nur mit mehr oder weniger sanftem Nachdruck dazu zu bewegen gewesen. Er rechnete damit, dass sie ihm wieder eine Abfuhr erteilen würde. Aber er musste es riskieren, musste sie noch einmal berühren, bevor er in die Arena ging. 

Zu seiner Überraschung schoben sich ihre Finger langsam zwischen seine. Ihre Hand war zart und weich, die Knochen schmal, die Haut glatt. Er konnte nicht anders, als einen Moment innehalten und ihre Finger zu streicheln. Ihre Nägel waren perfekt gerundet und er wusste, korallenrot. Am liebsten hätte er ihre Finger in den Mund genommen und daran gesaugt. 

Zu seiner noch grösseren Überraschung drückte sie jetzt seine Hand. Wollte sie ihm Mut machen? Oder war es eine stille Drohung? Er wusste es nicht, doch er genoss die kleine Geste.

Gewann sie ihn langsam lieb?

Sie hatte unglaublich leidenschaftlich auf seinen Kuss reagiert. Valerian hatte im Laufe der Jahre mit vielen Frauen geschlafen, mit mehr, als er zählen konnte, doch keine hatte sein Herz jemals so berührt wie Shaya. Es war beim Küssen nicht nur ihr Körper gewesen, den er begehrt hatte. Er hatte alles gewollt, was sie zu geben hatte.

Später, schwor er sich, später.

"Ich warte", sagte Joachim ungeduldig.

Valerians Miene verfinsterte sich. "Komm", sagte er zu Shaya, ohne seinen Cousin zu beachten und führte sie den Gang hinunter.

Joachim blieb, wo er war und liess die beiden nicht aus den Augen.

Valerian schob ihn unsanft zur Seite und ging an ihm vorbei. Niemand durfte so respektlos mit ihm umgehen, wie Joachim es gerade getan hatte. Wenn dieser Privatkrieg zwischen ihnen beiden vorbei war, würde niemand mehr auf die Idee kommen, ihm den Thron streitig zu machen.

Vielleicht sollte er Shaya auf sein zimmer bringen und ihre Tür bewachen lassen. Er war sich nicht sicher, ob er wollte, dass sie ihn von seiner brutalsten Seite erlebte. Dass sie das Tier in ihm sah. Aber sosehr er sie vor der Bestie in ihm schützen wollte, vielleicht war  es nur gut, dass sie diesen teil seiner Persönlichkeit kennenlernte. Shaya sollte wissen, wie stark er war und wissen, dass er sie beschützen konnte. Egal, wer - oder was - der Feind sein mochte.

"Na, das ist ja ein Spass", bemerkte sie trocken.

"Warte erst mal, bis der Zweikampf richtig angefangen hat", antwortete Valerian. Er spürte Joachims Blick in seinem Rücken, als er die überfüllte Arena betrat. Die Krieger, die sich an den Wänden aufgestellt hatten, vibrierten förmlich vor Spannung. Ausgezeichnet. Er wollte, dass alle zeuge dessen wurden, was hier gleich passieren würde. 

Einige Krieger hatten ihre Frauen mitgebracht. Sie trugen atlantische Togen, deren violettes , gelbes oder rosafarbenes Tuch mit Silberfäden durchwirkt war. An den fliessenden Gewändern funkelten Saphire, Rubine und Smaragde und die Togen waren so gewickelt, dass sie einem Blick auf die Oberschenkel freigaben. Um die Taille wurde der Stoff mit filigranen Metallschnallen zusammengehalten, sodass die vollen - oder zarten - Brüste der jeweiligen Frau betont wurden. die Frauen unterschieden sich in Alter, Schönheit und Figur, aber jede strahlte etwas Interessantes aus. 

So prachtvoll sie auch gekleidet waren - keine von ihnen konnte mit Shaya konkurrieren. Bei weitem nicht.

Valerian blieb vor Broderick stehen. "Alles bereit?"

"Ich habe mich um jedes Detail gekümmert." Broderick grinste und legte den Arm um seine Auserwählte, eine hübsche dunkelhaarige Frau. "Frauen und ein Zweikampf. Die Götter meinen es heute anscheinend besonders gut mit uns."

Oder aber sie strafen uns. "Pass für mich auf sie auf."

Valerian schob Shaya zu Broderick. "Lass sie nicht aus den Augen und sorge dafür, dass ihr niemand zu nahe kommt." Er schwieg einen Moment, während er an Brodericks frühere Affären dachte und fügte dann hinzu:" Auch du selbst nicht."

Bodericks Grinsen verschwand. "Ich soll sie bei mir behalten, aber ich darf sie nicht anfassen? Aber sie ist doch das Biest, das sich dir widersetzt hat, oder?  Was ist, wenn sie versucht wegzulaufen?"

"Wird sie nicht." Er sah Shaya an. "Oder?"

Sie betrachtete ihre Fingernägel. "Wenn du meinst."

Er seufzte genervt. "Ich will dich nicht bestrafen, Shaya, aber ich tue es, wenn du mich dazu zwingst."

"Wenn ich dich zwinge?" Sie guckte ihn wütend an. "Was für Macho-Sprüche sind das denn? Vielleicht sollte ich mal einem Neandertaler rumschlagen müssen. Hat jemand zufällig Rasierklingen für mich?"

Er versuchte nicht einmal, so zu tun, als hätte er verstanden, worauf sie anspielte. "Versprich mir, dass du hierbleibst. Wenn ich mir Sorgen um dich machen muss, kann ich mich nicht auf das Schwert konzentrieren, das gegen mich geschwungen wird."

Sie erbleichte wieder. Valerian konnte sich nicht an ihr sattsehen. Seine schöne Eiskönigin. 

"Versprich es mir", sagte er wieder, diesmal sanfter.

Ihre Züge wurden eine Spur weicher. "Na schön. Ich verspreche es. Aber nur für die Dauer des Kampfs." Dieses Kampfs, auf den du dich gar nicht einlassen dürftest, wenn es nach mir ginge. "Danach ..." 

Zufrieden wandte Valerian sich an Broderick. "Wenn ich fertig bin, ist sie im gleichen Zustand wie jetzt, haben wir uns verstanden? kein einziger blauer Fleck."

"Als ob ich eine Frau jemals wehtun würde", brummte Broderick.

"Als ob ich mir das von ihm gefallen lassen würde." Shaya schob trotzig das Kinn vor.

Broderick zog die Augenbrauen hoch. Sein Blick sprach Bände: Wer ist diese Frau? Valerian musste sich ein Grinsen verkneifen. 

Die dunkelhaarige Frau an Brodericks Seite zeigte anklagend mit dem Finger auf Shaya. "Es gefällt mir nicht, dass du neben Broderick stehst."

Shaya verdrehte die Augen.

Brodericks Stimmung hellte sich sichtlich auf. "Was soll ich machen? Rissa ist eben sehr besitzergreifend, was mich betrifft", sagte er grinsend.

"Pass einfach auf, dass sie Shaya in Ruhe lässt."

"Ich kann mich schon gegen sie wehren, keine Sorge."

Shayas braune Augen funkelten angriffslustig.

"Das weiss ich, Moon, aber wenn du ihr etwas tust, schulde ich Broderick eine neue Frau." Er legte ihr die Hände auf die Schultern und rieb dann ihre Oberarme. Mutiges, süsses Ding.

"Und auf noch ein Problem mehr hab ich momentan wenig Lust."

Shaya presste die Lippen zusammen und starrte auf den boden. Wenigstens widersprach sie ihm nicht. 

Jetzt hätte er sie wahnsinnig gern geküsst. Ging aber nicht. Noch nicht. Nicht, wenn der bevorstehende Kampf gegen Joachim unheilvoll über ihnen schwebte.

"Valerian!", kreischte plötzlich eine Frau hinter Shaya.

"Valerian!"

Er erstarte. Verdammt! Shaya hatte ihm schon mehrmals deutlich zu verstehen gegeben, was sie von seinen früheren Ausschweifungen hielt. Und jetzt kam ausgerechnet eine der drei Frauen, mit denen er sich vor Kurzem vergnügt hatte, direkt auf ihn zu.. Sie drängte sich mit wehender roter Mähne durch die Menge.

"Mein geliebter König, ich möchte dir alles Gute wünschen."

Auch Shaya erstarrte - und wurde von der Frau unsanft beiseite geschoben. Valerians Miene verdüsterte sich und er wollte die Frau gerade scharf zurechtweisen, als der Rotschopf plötzlich anfing, seinen nackten Oberkörper zu streicheln, ihn dann zart in die Brustwarze kniff und zu guter Letzt auch noch die Hände auf seinen Hintern legte. 

"Ich habe gerade von dem Kampf gehört und bin sofort gekommen, um dich anzufeuern."

"Ach, wie rührend", sagte Shaya in eisigem Ton. "Ein Familientreffen des Bums-Clans."

Valerian sah den Neuankömmling an. "Unsere Sache ist vorbei, Süsse", sagte er bewusst sanft, da er der Frau nicht unnötig wehtun wollte. Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sich nicht einmal ihren Namen gemerkt hatte.  "Joachim ist jetzt dein neuer Geliebter. Wärm ihm schon mal das Bettchen vor. Er wird jede liebevolle Zuneigung brauchen können."

Schmollend liess sie einen Finger um seinen Nabel kreisen. "Ich will aber nicht sein bett vorwärmen. Mit dir ist es viel schöner als Joachim."

"War. War es schöner. Ich habe jetzt eine Gefährtin", korregierte er sie. Seine Schuldgefühle wurden intensiver.

"Ich weiss aus Erfahrung, dass du mehr als eine Frau glücklich machen kannst. Wir drei können doch...."

"Diese Unterhaltung ist sterbenslangweilig", seufzte Shaya genervt, aber auch eine Spur bissig gegenüber Valerian. "Ich glaube, dein Cousin ist bereit, dir den Kopf abzuschlagen. Du solltest ihn nicht länger warten lassen."

Zähneknirschend legte Valerian der anhänglichen Rothaarigen die Hände um die Taille, hob sie hoch und reichte sie einem seiner Männer. Wem war ihm im Moment ziemlich egal. Sie machte den Mund auf, um zu protestieren, doch er hob abwehrend die Hand und brachte damit nicht nur sie, sondern alle Anwesenden zum Schweigen.

Valerian wollte keine Zuhörer bei dem Gespräch, das er Shaya nach dem kleinen Zwischenfall mit der rothaarigen schuldig war. "Wir reden später darüber", sagte er zu ihr.

Sie zuckte scheinbar gleichgültig die Achseln, doch ihm entging das zornige Funkeln in ihren Augen nicht.

Er musste sich ein zufriedenes Grinsen verkneifen. Seiner Gefährtin gefiel es nicht, wenn andere Frauen ihn anfassten. sie mochte es sich vielleicht nicht eingestehen, aber er wusste, dass sie eifersüchtig war. Mit Frauen kannte er sich gut aus. 

Endlich zeigten seine Verführungsversuche erste Erfolge.

"Bist du jetzt endlich fertig? Können wir anfangen?", fragte Joachim, der hinter ihm stand.

Nachdem Valerian Shaya ein letztes Mal angesehen hatte, drehte er sich um. Es war soweit. Joachim stand in der Mitte der Arena und schwang eine Lanze über seinem Kopf, um seine Muskeln zu lockern. Das Sirren und Zischen des Metalls glich fast einem Kampfschrei. In der anderen Hand hielt Joachim einen silbernen Schild, der sich von Valerians Schild nur durch die Farbe unterschied. Beide Schilde waren von einem Paar flügel gesäumt und in ihrer Mitte lag ein Schwert. Joachim setzte seinen Helm auf, der Kopf und Ohren bedeckte. Seine Rüstung funkelte im Licht.

Valerian streckte die Hand aus und Broderick legte eine Lanze hinein. Valerian spürte das vertraute Gewicht und nickte. Dann gab Broderick im seinen Schild. Valerian reichte ihn gleich wieder zurück. "Tausch den Totenkopf  in der Mitte aus und gib mir ein anderes Schwert", befahl er. 

"Aber, mein König, du hast doch nie ..."

"Tu es." Valerian hatte noch nie mit einem anderen Schwert als seinem eigenen gekämpft. doch er wollte seinem Cousin keine tödliche Verletzungen zufügen. Und genau das würde mit dem Totenkopf passieren. 

Er wollte nicht, dass Joachim starb. Schliesslich waren sie, wie Joachim gesagt hatte, als Kinder Freunde gewesen. Beste Freunde. Dann war Valerians Vater gestorben und Valerian hatte seine Nachfolge antreten müssen. Damals hatte sich Joachims Missgunst zum ersten Mal gezeigt. 

Valerian wollte, dass Joachim überlebte und seinen Kriegern ein ewiges Beispiel dafür war, was mit denen passierte, die ihren König herausforderten.

"Gib mir irgendein Schwert. Egal welches", sagte er. "Nur nicht den Totenkopf."

Kurzes Schweigen, dann wurde ihm der Schild aus der Hand genommen. Schritte. Erneut der kalte Griff seines goldenen Schildes, aber jetzt lag ein anderes Schwert darin. Eine einfache Klinge mit scharfer Spitze. Valerian nickte zufrieden. Bei diesem Zweikampf ging es nicht nur um Shaya. Nicht mehr.

"Dein Helm, mein König", sagte Broderick.

"Nein." Er liess Joachim nicht aus den Augen. "Diesmal nicht."

Broderick runzelte die Stirn. "Was ist mit dem Rest deiner Rüstung?"

"Nein."

"Ich hoffe, ihr schlagt euch gegenseitig zu Brei", murmelte Shaya hinter ihm. "Das Ganze ist einfach idiotisch."

Einige Krieger lachten über ihre Bemerkung, ein paar Frauen rangen entsetzt nach Luft. Valerian vermutete, dass Shayas Verärgerung nur ein Schutz vor etwas war, das ihr Angst machte. Ihn zu verlieren? Eigentlich hätte er gekränkt sein müssen, dass sie ihm so wenig zutraute, aber er fühlte sich merkwürdig beflügelt.

"Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen?", schimpfte die Rothaarige empört.

"Sie darf sagen, was sie will", verkündete Valerian laut, damit alle es hörten,  "denn sie wird eines Tages eure Königin sein." Er drehte sich zu Shaya um und sah ihren genervten Blick. "Das heisst zwar nicht, dass sie immer ihren Willen durchsetzen kann. Aber diesmal werde ich ihr einen Teil ihrer Bitte mit dem grössten Vergnügen erfüllen."

"Ich auch", sagte Joachim.

Valerian sah ihn finster an, hielt die Lanze in der einen Hand, den Schild in der anderen und betrat den Kampfplatz. "Sollen wir anfangen?"

Joachim nickte. "Ich bin bereit. Ich will schon seit Langem König sein."

"Ich weiss. Aber warum glaubst du, du wärst meiner Armee ein besserer Anführer? Du bist zu kriegslüstern und zu machthungrig."

"Alles lobenswerte Eigenschaften."

"Lobenswert? Was ist denn gut an unersättlicher Machtgier? Es wird immer jemanden geben, gegen den man kämpfen kann. Wenn du das Kommando über meine Armee hättest, würdest du meine Leute direkt in den Krieg schicken. Ich bin mir sicher, dass du Atlantis erobern und alle Könige und Königinnen besiegen würdest, aber gleichzeitig würdest du unser Land zerstören."

"Besser, an regiert ein geschwächtes Reich als gar keines."

Mit einem Kampfschrei ging Joachim zum Angriff über.

Die Lanzen schlugen klirrend gegeneinander. Valerian ging sofort auf Gegenangriff über, doch Joachim wich aus. Wieder metallisches Klirren. Im nächsten Moment holte Joachim erneut aus, doch Valerian wehrte den Schlag ab, wirbelte herum und liess eine Waffe auf Joachims Nacken niedersausen.

Joachim sprang grinsend zur Seite. "Du wirst langsam etwas schwerfällig, Valerian." Er nahm seinen Helm ab und warf ihn weg.

Valerian stürmte mit erhobener Lanze auf ihn zu. Jetzt grinste Joachim nicht mehr, sondern duckte sich und taumelte zurück. Valerians Lanze hätte fast in seinen Bauch gebohrt, aber Joachim wehrte sie ab, holte aus und stiess selbst zu.

Die Klinge traf Valerian am Oberschenkel, schlitzte allerdings nur den Stoff seiner Hose auf. Valerian fiel auf ein Knie und wehrte den nächsten Schlag mit seinem Schild ab. Sobald er wieder auf den beinen war, stiess er mit der Lanze zu. Ihre spitze zischte knapp an Joachims Seite vorbei und riss einen Teil seines Bustharnischs mit sich. 

"Hältst du mich immer noch für schwerfällig?", fragte Valerian. Ihre zornigen blicke trafen sich. Joachim schwang seine Waffe nach rechts, verfehlte Valerian und schwang sie dann nach links. Als die Lanze sich nach unten neigte, sprang Valerian darüber, sodass sie zwischen seinen beinen gefangen war und rammte Joachim seinen Ellbogen ins Gesicht. Blut spritzte, Joachim heulte auf, verlor das Gleichgewicht und ging zu Boden.

"Steh auf", befahl Valerian.

"Das zahle ich dir heim." Sein Cousin sprang auf und rannte mit ausgestreckter Lanze direkt auf ihn zu.

Valerian tänzelte mit erhobener Waffe hin und her. Seine Muskeln begannen zu brennen und ihm lief der Schweiss in Strömen über Gesicht und Oberkörper. Sein Atem ging flach und stossweise. Verdammt! Wenn es so weiterging, würde er bald keine Kraft mehr haben. Mangel an Sex hatte auf Nymphen diesen Effekt.

Joachim, der ebenfalls Anzeichen von Müdigkeit erkennen liess, versuchte nun, Valerian mit einem vertikalen Schlag zu treffen. Valerian wehrte ab, indem er auf Joachims Handgelenk  zielte und ihm die Waffe aus der Hand schlug. Joachim hechtete  ihr hinterher, rollte sich ab und griff nach ihr. Er bekam sie zu fassen, aber als er sich schnell wieder mit ihr aufrichtete, war Valerian schon bei ihm und stampfte mit dem Fuss auf die Lanze, sodass sie in der Mitte durchbrach.

 Ein animalisches Knurren löste sich aus Joachims Kehle, dann kickte er Valerian ebenfalls die Lanze aus der Hand. Beide Männer wichen zurück und zogen ihre Schwerter aus dem Schild.

Mit blutverschmiertem Gesicht sprang Joachim vor und schwang sein Schwert so wild, dass es wider zischte und sirrte wie vor dem Kampf. Valerian, der sich bereits langsamer bewegte, konnte nicht rechtzeitig in Deckung gehen. Die Klinge schlitzte ihm den Unterarm auf. Er spürte einen stechenden Schmerz, das Brennen zerfetzten Fleischs.

Ohne sich etwas anmerken zu lassen, stiess er mit seinem Schwert erst nach unten, dann nach oben und vollführte dann, ehe Joachim kontern konnte, eine schnelle Drehung. Seine Schwertspitze verfehlte Joachims Gesicht nur um wenige Millimeter. Sein Cousin erbleichte, hob sein Schild und rammte ihn gegen Valerians anderen Arm. Die scharfen Flügel schnitten Valerians Haut, aber er nutzte die Gelegenheit, um Joachim mit einer geschickten Bewegung blitzschnell den Oberschenkel aufzuschlitzen.

Joachim schrie und liess sich auf die Knie fallen. 

"Steh auf", knurrte Valerian. "Ich bin noch nicht fertig mit dir."

Zähneknirschend stand Joachim auf. Er umklammerte immer noch seine Waffe und den Schild. Seine Augen waren dunkel vor Zorn, seine Lippen geradezu blutrünstig geschwollen. "Ich bin auch noch nicht fertig mit dir." Er liess den Schild fallen und zog eine zweite Klinge aus seinem Gürtel, einen Dolch.

Valerian warf sein Schild ebenfalls beiseite, streckte seine freie Hand aus und liess sich von Broderick einen Dolch zuwerfen. Er fing ihn geschickt am Griff auf. Nun kämpften beide mit zwei Waffen in der Hand.

Sofort gingen er und Joachim aufeinander los. Ihre Klingen schlugen klirrend aufeinander, wieder und wieder, ein tödlicher Tanz aus Hieben und Ausweichmanövern.

"Ich hätte als Sohn deines Vaters geboren werden sollen. Ich hätte König werden sollen", keuchte Joachim, während er sich vor einem Hieb duckte. 

"Die Götter waren anderer Meinung." Hieb, Stich, Drehung.

"Ich bin zum Herrscher geboren."

"Du wurdest geboren, ja. aber nicht, um zu herrschen. Verryn sollte jetzt unser beider Herrscher sein, aber er ist tot. Mein Vater ist auch tot. Und ich bin der nächste in der Thronfolge. Es ist höchste Zeit, dass du das endlich akzeptierst." Endlich landete Valerian einen Treffer, die erste Klinge stach in Joachims Flanke. 

Sein Cousin schrie auf und fiel auf die Knie. Valerian stiess ihm die zweite Klinge in die Brust, aber bewusst nicht ins Herz. Joachim rang nach Luft und Blut lief aus seinem Mund.

In der Arena wurde es totenstill.

Valerian richtete sich keuchend auf.

"Warum ... hast du ... mich am ... Leben gelassen?", röchelte Joachim. "Hättest ... mein Herz ... treffen sollen."

"Du wirst überleben und du wirst bereuen", erwiderte Valerian kalt und so laut, dass alle es hören konnten. "Falls du dich jemals wieder gegen mich auflehnst, werde ich dich töten. Ohne zu zögern. Gnadenlos. Ungeachtet der Tatsache, dass wir verwandt sind. Ungeachtet der Tatsache, dass wir einmal Freunde waren."

Joachims Kinn sank auf seine Brust und seine Augen schlossen sich. Ein dunkler Schatten breitete sich über sein blutüberströmtes Gesicht. Dann kippte er bewusstlos in den Staub. Der Sand, der dabei aufgewirbelt wurde, legte sich auf Valerians Stiefel. 

Valerian stiess seinen Dolch neben seinem Cousin in den Boden und drehte sich zu der Menge um, die ihn mit offenem Mund entsetzt anstarrte. vielleicht hatten sie erwartet, dass er seinen Cousin töten würde. Vielleicht hatten sie auch erwartet, dass er ihm den letzten Stoss gar  nicht versetzte.

Er sah Shaya an. Sie gehört mir, dachte er triumphierend. Jetzt gehört sie mir. Niemand konnte mehr etwas anderes behaupten. 

Auch ihr war der Schock ins Gesicht geschrieben. Und Entsetzen? Ihm war bewusst, dass er mit seinen butverschmierten, sandverkrusteten Armen einen schrecklichen Anblick bieten musste. Seine Haare klebten schweissnass an seinen Schläfen.

Vielleicht kämpften die Bewohner der Oberwelt ja nicht ganz so brutal, aber Valerian konnte trotzdem nicht bereuen, was er hatte tun müssen . Shaya gehörte zu ihm, würde hier mit ihm leben und daher war es besser für sie, wenn sie mit seiner Lebensweise vertraut wurde. 

Er zwang sich, seinen blick von ihr zu lösen und sah seine Männer an. "Noch jemand, der meine Autorität infrage stellen will?"

Nachdem seine Worte verhallt waren, herrschte Stille. Valerian ging vor seinen Männern auf und ab. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, mich herauszufordern."

Er blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. "Dann gehört Shaya Octavia Holling hiermit offiziell mir. Sie ist meine Gefährtin, Eure Königin. Derjenige, der etwas dagegen einzuwenden hat, wird den Stahl meines Schwertes zu spüren bekommen."

Er hörte Shayas unterdrückten Schrei, als er vor Broderick trat. Aber er sah sie nicht an. Noch nicht. Er war nicht bereit, ihren Gesichtsausdruck zu sehen. War er rebellisch? Zornig? Angewidert? Er war nicht bereit zu erfahren, was sie über ihn dachte. 

Broderick räusperte sich. "Was sollen wir mir Joachim tun?"

"Betet, dass Asclepius und seine zwei Töchter uns besuchen", antwortete er aus Gewohnheit. Wenn ein Nymphe verletzt war, wurden zu diesen Göttern der Heilung gebetet. Und das, obwohl sie seit vielen, vielen Jahren nichts mehr von den Atlantern wissen wollten. Niemand wusste, warum die Götter sie im Stich gelassen hatten, nur, dass es so war. 

Valerian wollte noch immer nicht, dass Joachim starb. Er wollte, dass er litt.

Er liess seinem Blick über die Zuschauer schweifen. "Ist ein Heiler unter euch?"

Schweigen. Dann trat Shivawns stille, schwarzhaarige Frau vor. Sie hatte Tränen in den Augen, als sie zögernd die Hand hob. Valerian nickte ihr zu und wandte sich zu Broderick. "Bring Joachim und die Heilerin in das Krankenzimmer. Sie soll seine Wunden versorgen, mehr nicht. Achte darauf, dass sie ihn nicht sexuell berührt." Wenn sie das tat, würden Joachims Verletzungen schneller heilen und bald vergessen sein. Vor dem Kampf hatte Valerian noch vorgehabt, dafür zu sorgen, dass sein Cousin schnell gesund wurde. Jetzt nicht mehr. Er hatte keine Zeit für die Probleme, die ihm dieser Mann mit Sicherheit noch machen würde.

Broderick nickte.

Ohne weiteres Wort verlieren, nahm Valerian Shaya an der Hand und zog sie in den Gang hinaus.

Jetzt gehörte sie wirklich ihm - und es wurde Zeit, es ihr zu beweisen. 

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