10. Kapitel
Joachim lag im Bett, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte mit düstererem Blick zu der funkelnden Kristalldecke hinauf. Er wünschte, der Anblick der bunten Lichtstrahlen, die von den Kristallen reflektiert wurden, würde seine Laune ein wenig bessern. Rosa wie die Nippel einer Frau. Weiss wie die Haut einer Frau. Rehbraun wie die sanften Augen einer Frau.
Leider besserte sich seine Laune nicht. Die Nacht war vorbei, der Morgen längst angebrochen und seine Gedanken waren immer noch düster. Er drehte sich zur Wand und betrachtete die Waffe, die er im Laufe der Jahre gesammelt hatte. Er schämte sich nicht dafür. Im Gegenteil, er war stolz auf seine Siege.
Und deshalb beunruhigte ihn so sehr, was ihm heute Nacht passiert war.
Nachdem er Valerian und Shaya allein gelassen hatte, war er mit den zwei Frauen auf sein Zimmer gegangen. Er war bereit gewesen, kurz davor, in eine von ihnen einzudringen, sie hatte es schon gar nicht mehr erwarten können. Und dann hatte er die Sache abgebrochen. Abgebrochen!
Als er auf sie hinunterschaute, war ihm plötzlich die Lust vergangen. Einfach so. Stattdessen hatte er an die dunkelhaarige Frau denken müssen, die er sich ursprünglich ausgeguckt hatte. Die Hexe mit den Locken und der knackigen Figur. Plötzlich hatte er sie gewollt. Nur sie. Bei der Vorstellung, wie sie in Shivawns Armen lag und fast wahnsinnig vor Lust stöhnte, hatte ihn eine unbeschreibliche Wut gepackt.
Seine beiden Gespielinnen hatten alles versucht, um ihn in Stimmung zu bringen. Vergebens. Er hätte einfach trotzdem mit ihnen schlafen sollen. Schliesslich musste er seinen Trieb befriedigen und neue Kraft schöpfen. Aber er hatte den beiden gesagt, sie sollen sich ein anderen Lover suchen, hatte sie weggeschickt und sich anschliessend selbst befriedigt.
Der gewünschte Effekt hatte sich jedoch nicht eingestellt. Joachim fühlte sich immer noch schwach und ohne Energie. Immerhin würde es Valerian genauso gehen, da er heute Nacht ebenfalls kein Sex gehabt hatte. Keinen Sex mit der Frau, die angeblich seine Gefährtin war. Wie sehr sich Joachim danach sehnte, endlich seine Gefährtin zu finden, diese eine frau, die ihn, nur ihn, liebte!
Er seufzte. Er wollte Valerian die blasse frau eigentlich gar nicht wegnehmen. Sie interessierte ihn nicht. Nicht wirklich. Nicht so wie die widerspenstige Dunkelhaarige mit den sexy Kurven. Wie mochte sie wohl heissen? Sie hatte es ihm nicht verraten. Hatte überhaupt nichts gesagt. Er fragte sich, wie ihre Stimme wohl klingen mochte. Tief und rau? sanft und leise? Wenn er die Chance gehabt hätte, sich diese Frau auszusuchen, wäre die Nacht anders verlaufen. Aber Shivawn hatte sie ja unbedingt haben wollen.
Als sein Freund die süsse Hexe aus dem Speisesaal geführt hatte, hatte Joachim beschlossen, sich zum Trost Valerians Krone zu holen.
Er mochte und bewunderte seinen Cousin, aber was er noch mehr mochte, war Macht.
Joachim liess sich nicht gern sagen, was er zu tun hatte. Das war schon immer so gewesen, Er war lieber derjenige, der Befehle gab und dem die anderen gehorchen mussten. Sogar seine Frauen. Er war ihr Herr und Gebieter.
Sein Cousin regierte mit eiserne faust und erwartete totalen Gehorsam. Es wurde zeit, dass sich das änderte. Es wurde Zeit, dass Joachim Anführer wurde.
Zugegeben, Valerian hatte ihm angeboten, gegen ihn zu kämpfen, aber auf diese Weise konnte Joachim nicht König werden. nein, Valerian musste ihm freiwillig den Thron überlassen. Würde er das tun? Valerian hatte die ganze Nacht Gelegenheit gehabt, seine Möglichkeiten abzuwägen und zu erkennen, dass es nur einen einzigen Weg gab, die blasse Frau zu behalten.
"Die Krone wird mein sein", zischte Joachim.
Manche Männer waren einfach zu Grossem bestimmt. Andere ... nicht. Und Valerian hatte in letzter Zeit viele dumme Fehler gemacht. Der erste und schwerwiegendste war gewesen, die weiblichen Nymphen zurückzulassen, während die Armee den Palast erobert hatten. Jetzt waren die Frauen unauffindbar. Es gab keine Spur von ihnen - weder in der Inneren noch in der Äusseren Stadt. Gut, Valerian hatte einen Suchtrupp ausgeschickt, aber das reichte nicht. Wenn er die Frauen von vornherein mitgenommen hätte, bräuchte man jetzt nicht nach ihnen zu suchen.
Valerians zweiter und unverzeihlichster Fehler war, die Nymphen erst gestern in die Oberwelt gehen zu lassen, als ihre Kräfte schon fast zur Gänze dahingeschwunden waren. Klar, der Palast hatte bewacht werden müssen, aber in ihrem geschwächten Zustand hätten die Männer das ohnehin nicht geschafft.
Bei mir hätte es das nicht gegeben. Joachim starrte finster vor sich hin. Die blasse frau war nur ein Mittel zum Zweck. Er hatte genau gesehen, wie Valerian ihr nicht von der Seite gewichen war und den anderen Kriegern signalisiert hatte, ihr nicht zu nahe zu kommen. Also hatte Joachim sie ausgewählt und insgeheim gehofft, dass sein Cousin alles dafür tun würde, um sie zu behalten zu können.
Seine Hoffnung hatte ihn nicht getäuscht.
Und wenn er dann König war, würde er Shivawn die dunkelhaarige Hexe vielleicht einfach wegnehmen. Bei dem Gedanken musste er grinsen.
Oh, er würde es geniessen, König zu sein.
Als Shaya den Vorhang zur Seite schob und aus dem Zimmer kam, stockte Valerians Atem.
Würde sie immer diese Umwerfende Wirkung auf ihn haben? Sie hatte sein Hemd an und obwohl es ihr viel zu gross war, war ihr Anblick das Schönste, was er je gesehen hatte. Die Lichtstrahlen von der decke tanzten in allen Farben des Regenbogens über ihre Wangen. Sie war wie eine Sirene, verführerisch und unwiderstehlich. Er wäre jederzeit und mit Freuden für sie in den Tod gegangen.
"Falls du vorhast, mir zu sagen, ich soll mich umziehen", sagte sie herausfordernd, "kannst du dir das sparen."
Warum sollte er so etwas sagen? "Mir gefällst du genau so, wie du bist."
Ihre Augen wurden vor Überraschung ganz dunkel. Es sah so aus, als würden schwarze Pünktchen in dem sanften Braun ihrer Iris tanzen.
Er streckte die Hand aus, ohne Shaya zu berühren. Oh, er sehnte sich danach, sie zu berühren. Und wie! Aber er wollte, dass sie das Gleiche empfand. Er wollte, dass sie bei jeder Berührung genauso glücklich war wie er.
Während sie seine dargebotene Hand ansah, wich langsam, alle Farben aus ihrem Gesicht. So blass, dachte er. Wie ein Traumbild. Wie ein Geist, der erschienen war, um ihm zu quälen.
Über ihr Gesicht huschte ein Ausdruck, den er nicht deuten konnte. Traurigkeit? Angst? "Nein, kein Händchenhalten." Sie schüttelte energisch den Kopf und legte sogar die Hände auf den Rücken, als wollte sie nicht in Versuchung kommen.
Er liess sich durch ihre Zurückhaltung nicht abschrecken.
"Warum so abweisend, Moon? Ich möchte doch nur deine Hand halten, mehr nicht." Noch nicht.
"Also bitte, ich bin doch nicht dumm. Das Händchenhalten führt zu einem Kuss. Ein Kuss führt ..." Sie errötete - wieder dieses bezaubernde Rosa auf ihren Wangen - und räusperte sich. "Du weisst schon, was ich meine." Mit hocherhobenem Kopf ging sie an ihm vorbei. Dann blieb sie abrupt stehen. "Wo geht's zum Frühstück?"
"Was, wenn ich dir sage würde, das ich der Hauptgang bin?" Valerian sah, wie sie erstarrte und die Fäuste ballte. Er würde so lange versuchen, ihren Widerstand zum Schmelzen zu bringen, bis sie nachgab. Du wirst noch darum betteln, dass ich dich berühre, Liebes. "Hättest du es dann auch so eilig?"
Sie war sichtlich wütend. "In welche Richtung?", knurrte sie.
Er wartete einen Moment, ehe er antwortete und betrachtete bewundernd die weissblonden Haare, die über ihren Rücken fielen. Einige Strähnen wellten sich an den Spitzen, andere fielen gerade. Was hätte er darum gegeben, seine Finger durch diese Mähne gleiten zu lassen. Sein Zuhause? Sein Leben? Seine Seele?
Er hätte alles dafür gegeben. "Ich zeige dir den Weg", sagte er mit brüchiger Stimme, ging zu ihr und streifte im Vorbeigehen absichtlich ihren Arm.
Erschrocken sprang sie zur Seite, als hätte er sie gestossen und guckte ihn misstrauisch an. Valerian konnte sich ein triumphierendes Lächeln nicht verkneifen. Oh ja. Sie wird mir gehören. Wie sensibel sie auf Körperkontakt mit ihm reagierte, sprach Bände - selbst wenn sie es sich nicht eingestand.
Sie mochte ihn noch nicht als ihren Gefährten akzeptiert haben, aber ihr Körper hatte ihn bereits erkannt. Und wenn der Körper etwas - oder jemanden - begehrte, würde er alles Notwendige tun, um den verstand zu überzeugen. So war das nun mal bei Männern und Frauen. Sie wollten das, was sie wollten, ob ihnen das gefiel oder nicht.
Shaya würde da keine Ausnahme sein.
Bald, dachte er. Bald.
"Trägst du denn nie ein Hemd?", brummte sie und schaute schnell weg.
"Ich habe gemerkt, wie du meinen Oberkörper ansiehst und beschlossen, nie wieder ein Hemd anzuziehen."
"Ich habe ihn angewidert angestarrt", antwortete sie schmallippig.
"Wen versuchst du eigentlich zu überzeugen? Mich? Oder dich selbst?"
Sie warf ihm einen bösen Blick zu.
Er schmunzelte wissend und beschloss, das Thema fallen zu lassen. Vorerst. "Zum Frühstück geht es hier entlang." Er nahm sie (ohne Erlaubnis) an der Hand, führte sie aus dem Flügel des Palasts, der ihm vorbehalten war und an den Schlafsälen seiner Krieger vorbei. Mehrere Paare waren nach dem Sex direkt auf den Gängen eingeschlafen und lagen nackt und ineinander verschlungen mitten im Weg. Im Gegensatz zu gestern, als von überall lautes Stöhnen zu hören gewesen war, herrschte jetzt Stille. Wahrscheinlich waren alle erschöpft von den sexuellen Ausschweifungen.
Wie gern wäre Valerian einer von ihnen gewesen - genauso glücklich und befriedigt wie sie.
Vielleicht ja heute Nacht...
"Also, was unternehmen wir wegen Joachim?", fragte Shaya. "ich will nicht seine Sklavin sein. Unter keinen Umständen. Und erzähl mir nicht, dass wir das klären, wenn er wieder wach ist. Antworte mir jetzt. Ich hasse diese Ungewissheit."
Sie hatte <<wir>> gesagt. Nicht <<ich>>, nicht <<du>>, sondern <<wir>>.
Valerian gefiel, wie sich das anhörte, ihm gefiel, dass sie sich von ihm helfen lassen wollte. Und ihm gefiel, dass Shaya sie beide in dieser Sache als Partner sah. "Mach dir keine Sorgen. Ich werde alles tun, was nötig ist, damit du bei mir bleiben kannst."
"Würdest du ...", sie schluckte, " ... ihn umbringen?"
"Wenn es sein muss", antwortete er, ohne zu zögern.
Sie stöhnte frustriert. "Warum bringst du mich nicht einfach zurück zum Strand? Dann würde er mich nicht bekommen und du bräuchtest niemanden ermorden."
"Aber dann würde ich dich auch nicht bekommen."
"Genau."
"Deine Idee ist - wie hast du noch meine Verhandlungstaktik bezeichnet? - jämmerlich. Ja, deine Idee ist jämmerlich."
Er kickte ein paar herumliegende Kleidungsstücke aus dem Weg und bog um eine Ecke. Endlich kam der Speisesaal in Sicht, aus dem es bereits verlockend duftete. Die männlichen Zentauren und Minotauren, die Valerian aus der Stadt in den Palast geholt hatte, hatten das übliche Frühstück vorbereitet. Es gab Fisch, Obst und Nüsse.
"Mmh", hörte er Shaya hinter sich sagen. Ihr Magen knurrte. Normalerweise sassen morgens um diese Zeit seine Krieger am Tisch und liessen es sich schmecken. Heute waren er und Shaya allein. Die Diener hatten sich bereits in die Küche zurückgezogen, wo sie selbst frühstückten und seine Männer schliefen noch tief und fest.
Wortlos ging Shaya zum oberen Ende des Tischs. Valerian merkte, dass sie ihn aus den Augenwinkeln beobachtete, während sie an der Spitze der Tafel Platz nahm. Wahrscheinlich rechnete sie damit, dass er es ihr verbieten würde. Als er nicht reagierte, zuckte sie die Achseln und füllte ihren teller.
Sie kostete die Kokosnusscreme. "Wer hat das zubereitet?" Sie schloss geniesserisch die Augen. "Doch bestimmt nicht deine Männer, oder? Sie mögen ja Muskeln haben, aber ich bezweifle, dass sie kochen können."
"Als würde ich meinen Männern je erlauben zu kochen." Er füllte seinen eigenen Teller.
"Hey, es gibt nichts daran auszusetzen, wenn ein Mann kochen kann." Sie steckte sich eine Weintraube in den Mund. Er setzte sic neben sie auf die Bank. "Krieger kämpfen. Krieger töten. Krieger verführen. Sie kochen nicht. Kochen ist Dienstbotenarbeit."
"Was ist, wenn alle deine Dienstboten krank werden und nicht arbeiten können? Was ist, wenn dir alle deine Dienstboten gestohlen werden? Was machen deine grossen starken Männer dann, hm?"
Er stutzte. Auf diese Idee war er noch nie gekommen. Wer wäre so dumm, einen Nymphen zu bestehlen? "Wir würden uns neue Diener holen."
"Typisch", stellte sie trocken fest. Dann liess sie den blick durch den Speisesaal schweifen.
Sah sie sich etwa nach einem Fluchtweg um? Valerian traute ihr durchaus zu, dass sie ihn in dieses Gespräch über Dienstboten verwickelt hatte, um ihn abzulenken. Er hatte nichts dagegen. Mit ihr zu reden war interessant. "Warum ist das typisch?" Er lehnte sich zurück und biss in eine Erdbeere. Wie gern hätte er mit dieser Beere übere Shayas Lippen gestrichen und den Saft von ihnen abgeleckt.
"Meine Erfahrung nach sind Männer wie du..."
"Männer wie ich?", unterbrach er sie.
"Ja."
"Was für Männer sind das?"
Jetzt hatte sie aufgehört, sich suchend umzuschauen und sah ihn wieder an. "Arrogant. Rechthaberisch. Chauvinistisch. Stur. Begriffsstutzig. Verwöhnt. Anstrengend. Selbstherrlich. Moralisch verdorben."
"Ist das alles?", brummte er, als sie eine Pause machte, um Luft zu holen.
"Nein. Lüstern. Überheblich. Gemein." Sie brach ab, tippte sich mit einem Finger auf die Lippen und nickte dann. "Das ist alles. Also, was ich sagen wollte, Männer sind ..."
"Gemein?" Er runzelte die Stirn. "Ich war dir gegenüber die Liebenswürdigkeit in Person und habe versucht, dir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Habe ich dir nicht Kleider gegeben? Zu essen gegeben? Habe ich nicht dafür gesorgt, dass du es warm und gemütlich hast? Habe ich nicht davon abgesehen, mit dir zu schlafen?"
"Hast du mir nicht alles weggenommen, was mit lieb und teuer ist?", entgegnete sie schmollend. "Hast du dich nicht immer wieder geweigert, mich freizulassen?"
Er winkte unbeeindruckt ab. "Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein. Bitte, dann mach mal weiter und erklär mir mein <<typisch>> männliches Verhalten genauer."
"Schön." Sie reckte das Kinn empor und sah ihn von oben herab an. "Aber es wird dir nicht gefallen."
"Ich höre trotzdem zu. Weil ich nett bin."
"Nett? Tatsächlich? Um dir deinen männlichen Stolz zu bewahren, reisst du Leute aus ihren Familien und entführst sie aus ihrem Zuhause, damit sie dir dienen und Arbeiten verrichten, für die du dir selbst zu schade bist." Sie biss ebenfalls in eine Erdbeere und der Saft lief ihr über das Kinn. "Ich bin der lebende Beweis, dass du keine Skrupel kennst."
Sein Körper spannte sich an. Wieder überkam ihn das Bedürfnis, ihr den Saft von den Lippen und dem Kinn zu lecken. Am liebsten hätte er sie von oben bis unten in Erdbeersaft getaucht und jeden Zentimeter abgeleckt. Ein paar Tropfen würden sich in ihrem Nabel sammeln und von dort zu dem weissblonden Dreieck zwischen ihren beinen hinuntertropfen. Sie würde sich vor Erregung hin und her winden, wenn seine Zunge den Weg der Tröpfchen folgte. Sie würde ihre Hände in seinen Haaren vergraben. Sie würde ihre Knie an seine Schläfen pressen.
Seine Fantasien wurden abrupt unterbrochen, als Shaya sich den unanständigen Saft abwischte und ihm einen finsteren Blick zuwarf. "Du starrst mich so komisch an und das mag ich nicht. Lass das."
Ihre stimme klang gepresst, so, als müsste sie etwas wie Wut unterdrücken. Oder Verlangen.
"Ja, ich starre dich an", sagte er. "Du bist schliesslich eine wunderschöne Frau." Er streckte sich eine Weintraube in den Mund und freute sich diebisch über ihren bestürzten Gesichtsausdruck. Normalerweise frühstückte er nicht nur Obst, aber heute hatte er nicht viel Appetit, ausser auf Shaya. Auf seine frau. Seine Gefährtin.
"Hast du denn nichts dazu zu sagen?" Sie rutschte verlegen auf der Bank hin und her. "Dass ich dich einen Gauner nenne, der sch Diener stiehlt?"
"Was sol ich sagen? Es stimmt doch."
Ihr blieb der Mund offen stehen, sodass ihre Lippen ein hinreissendes O formten.
Er zog eine Augenbraue hoch. "Ich sehe, es überrascht dich, dass ich es zugebe."
"Kann man so sagen." Sie sah ihn misstrauisch an.
"Ich habe immer nur Leute entführt, denen ich ein besseres Leben bieten konnte, Shaya. Die Männer, die dieses Essen zubereitet haben, waren die Sklaven von Dämonen, bevor ich sie in den Palast geholt habe. Bei den Dämonen mussten sie stehlen, töten und zerstören, nur um irgendwann selbst von einem Dämon gefressen zu werden. Glaub mir, sie sind mir dankbar, dass ich sie in den Palast geholt habe." Er lehnte sich zurück, streckte die Beine aus und betrachtete Shaya prüfend. "Aber vielleicht hilfst du mir ja, meine Fehler einzusehen. Du kannst gern versuchen , mich davon zu überzeugen, wie schrecklich ich bin - immer und immer wieder. Am aufmerksamsten höre ich übrigens zu, wenn die Person, die mir die Leviten liest, nackt ist."
Wieder bemerkte er, wie ihre Wangen plötzlich rosa färbten. Die Frauen, mit denen er sonst zu tun hatte, waren erotisches Geplänkel genauso gewohnt wie er. Dass Shaya das Thema frivol genug fand, um zu erröten, faszinierte ihn.
Er musste sie einfach berühren.
Im gleichen Augenblick, als er seine Hand ausstrecken wollte, um zu fühlen, ob ihre Haut nicht nur gerötet, sondern auch heiss war, kamen zwei seiner Krieger in den Speisesaal. Beide hatten einen glänzenden Brusthamisch umgelegt, trugen schwarze Hosen und juwelenbesetzte Armbänder. Nach einer Nacht voller Sex waren sie fit für ihr Kampftraining.
"Guten Morgen, grosser König, sagte Broderick. Er hatte noch nie so fröhlich geklungen.
"Was für ein wundervoller Tag, nicht wahr?", seufzte Dorian glücklich.
Pfeifend gingen sie um die Tafel herum und bedienten sich am Buffet. In Anbetracht der Mengen, die sie auf ihre Teller schaufelten, musste es eine körperlich ziemlich anstrengende Nacht gewesen sein. Valerian beobachtete sie nicht ohne Neid. Er selbst war noch nicht in den Genuss seiner süssen Shaya gekommen, von daher war der Tag für ihn gar nicht so wundervoll.
Einen Augenblick später tauchte Shivawn auf. Er lächelte nicht und wirkte auch nicht entspannt. Im Gegenteil, er war verkrampft und warf allen Anwesenden bloss einen finsteren Blick zu. Dann liess er sich neben Valerian auf die Bank fallen, sodass die Perlen in seinen Zöpfen gegeneinanderklirrten und nahm sich schweigen von dem Essen direkt vor ihm. Trotz des reichhaltigen Buffets machte er sich nicht die Mühe, sich noch nach irgendetwas anderem umzusehen.
Valerian überlegte. Hatte seine Frau ihn etwa abgewiesen? Er und Shivawn hatten jetzt wahrscheinlich den gleichen Gesichtsausdruck. "Wo ist denn deine Auserwählte?"
"Schläft", antworteten Broderick und Dorian wie aus einem Mund, als wäre die Frage an sie gerichtet gewesen. Das satte Grinsen in ihren Gesichtern wurde noch breiter und sie klopften sich gegenseitig auf die Schulter.
"Schwebt auf Wolke sieben", fügte Dorian hinzu.
"Habt ihr euch überhaupt vergewissert, dass die Frauen wirklich mit euch schlafen wollten, bevor ihr sie bestiegen habt?", fragte Shaya mit unverhohlener Verachtung.
Dorian sah sie verständnislos an. Er konnte mit der Frage nichts anfangen.
Broderick lachte. "Deine Frau ist richtig witzig", sagte er zu Valerian.
"Witzig?" Sie sprang auf. "Ich mache keine Witze, wenn es um Vergewaltigung geht."
Immerhin protestiert sie nicht dagegen, als meine Frau bezeichnet zu werden, dachte Valerian erfreut.
"Als ob mich eine Frau jemals zurückweisen würde", sagte Broderick.
"Glaub mir, so etwas gibt es", murmelte Shivawn, nahm seinen Teller und verliess ohne ein weiteres Wort den Speisesaal.
Alle sahen ihm nach. Broderick lachte, Dorian wiederum wirkte noch verwirrter als zuvor und Shaya grinste triumphierend.
"Zu eurer Information, Gentlemen", sagte sie und alle guckten wiedeer sie an. "Nur weil eine Frau sich von eurem Mojo bezirzen lässt, heisst das noch lange nicht, dass sie euch tief in ihrem Inneren wirklich will."
"Mojo?" Dorian, dessen Teller inzwischen randvoll gefüllt war, liess sich auf dem frei gewordenen Platz neben Valerian nieder.
"Was ist das denn?"
"Das spielt keine Rolle." Shaya verschränkte die arme über die Brust. dabei rutschte der Ausschnitt ihres Hemdes nach unten, sodass man den Ansatz ihrer Brüste sehen konnte. "Es geht darum, ob eine Frau immer mit euch schlafen würde, wenn sie euch besser kennt ... euren Charakter, eure Vorlieben und Abneigungen, eure Vergangenheit und eure Zukunftspläne."
Wenn eine Frau euch besser kennt. Valerian hatte bei seinen Geliebten nie Zeit damit vertan, über sein Leben reden - weder über das bisherige noch über das aktuelle oder das zukünftige. Er hatte nie das Bedürfnis gehabt, von sich zu erzählen und die Frauen hatten auch nie nachgefragt. Doch Shayas Worte liessen ihn nicht mehr los.
Er wollte, dass sie ihn kannte. Wollte ihr von sich erzählen und hören, was sie dazu zu sagen hatte. Er wollte ihr zuhören, wenn sie von ihrem Leben erzählte. Wollte erfahren, was sie glücklich machte. Was sie sich mit jeder Faser ihres Seins insgeheim wünschte.
Ausserdem interessierte ihn, welchen Typ Mann sie früher anziehend gefunden hatte. Typ Gelehrter? Typ Krieger? Wie hatten diese Männer sie behandelt?
Hatte sie sie geliebt?
Seine Hände verkrampften sich so sehr, dass er mit der einen fast die Armlehne der Bank zerbrochen hätte. Er hatte plötzlich den Drang, jeden Mann umzubringen, dem diese frau einmal ihr Herz geschenkt hatte. Valerian spürte eine kochende heisse Wut in sich aufsteigen. heisser noch als Drachenfeuer.
Vielleicht war es ungerecht - okay, angesichts seiner eigenen ausschweifenden Vergangenheit war es das tatsächlich - , aber ihm gefiel die Vorstellung nicht, dass seine Frau sich womöglich anderen Männern als ihm hingegeben hatte. Ihre Leidenschaft gehörte ihm. Ihr Herz gehörte ihm. Er ertrug den Gedanken nicht, dass ein anderer als er ihre tiefste Begierde geweckt haben mochte.
Alles in ihm drängte danach, jeder Faser ihres Körpers seinen Stempel aufzudrücken. Sie sollte keinen Geruch ausser seinem kennen. Keine Berührung ausser seiner. Nur ihn begehren, so wie er nur sie begehrte.
"Tja,wie ich sehe, hat meine Auserwählte bereits ihren Hunger gestillt", sagte jemand von der Schwelle zum Speisesaal.
Valerian erstarrte, als er seinen Cousin sah. Joachim, der offenbar immer noch vorhatte, ihm Shaya streitig zu machen, stand breitbeinig in der Tür. Er war nicht für das Kampftraining gekleidet, sondern trug seine silberne Kriegsrüstung.
Valerian stand nicht auf. Wenn er es getan hätte, wäre er über den Tisch gesprungen und hätte sich auf Joachim gestürzt. Joachim wollte Krieg? Den konnte er haben. Es war höchste Zeit, dass er seinen machtgeilen Cousin zeigte, wer hier das Sagen hatte.
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