Kapitel 5
Nachdem Grace noch einmal mein Büro betreten hatte, um mir einen Stapel voller Statistiken sowie Umfragen auszuhändigen, mit der Anweisung, dass das Meiste davon kopiert werden müsse, betrachte ich ihn nun genauer.
Beim Anschauen bleibt mir teils die Spucke weg.
Selten habe ich so gute Umfrageergebnisse gesehen, geschweige denn Statistiken, die einen deutlichen Pluspunkt für das Unternehmen sind. Zurecht nimmt dieses Unternehmen so viel Geld ein!
Doch es sind Berge davon, dass es mir ein Rätsel ist, wie ich sie heute alle fertig bekommen soll.
Schon eine gefühlte Stunde sitze ich hier, und weiß nicht wohin mit all den Sachen. Zwar fühle ich mich überfordert, doch kann ich jetzt nicht aufgeben! Ich darf ihm keine Macht über mich geben! Weder heute, noch morgen oder in ferner Zukunft.
Nicht schon wieder.
Er raubt mir ohne seine Anwesenheit auch so schon den letzten Nerv.
Auch wenn es nur ,,Kleinigkeiten" sind, darf ich mich nicht davon unterbekommen lassen. Nicht jetzt!
Seufzend stehe ich auf, nehme die Papiere in die Hand, wobei es so viele sind, dass ich sie mit beiden Händen tragen muss und laufe hinaus auf den Gang.
In welche Richtung geht es noch einmal? Skye, du kannst dir auch wirklich nichts merken.
Ich überlege einen kurzen Augenblick, ehe mir einfällt, dass ich nach rechts muss.
Die Absätze meiner Schuhe hallen am Boden wieder und ich versuche, so unbemerkt wie möglich zum Kopierraum zu gelangen.
Ich weiß, wie lästig es ist, als die Neue abgestuft zu werden. Nichts war schlimmer. Man wurde beobachtet, beobachtet und beobachtet, und irgendwann ging es einem tierisch auf die Nerven, da man echt vermied irgendeinen Fehler zu machen. Es strengte nach gewisser Zeit echt an.
Während ich den Gang zum Kopierraum entlang laufe, beobachte ich die Menschen hier. Jeder von ihnen hatte hier sein bzw. ihr eigenes Büro, wenn man es überhaupt mit einem Büro vergleichen konnte. Normalerweise waren diese immer trist, stickig bis zum geht nicht mehr, und man wollte einfach nur noch raus. Ich spreche aus Erfahrung. Einfach nur ätzend. Aber hier sieht es anders aus. Sie sind hell, riesengroß und wirklich bis ins allerfeinste ausgestattet. Konnte man diese Büro überhaupt mit irgendetwas vergleichen? Definitiv nicht. Sie sind anders. Sie sind speziell. So speziell, dass man es sogar für unmöglich halten sollte. Ich weiß nicht warum, doch diese Büros unterscheiden sich ein klein wenig von meinem. Sie haben zwar alle die gleiche atemberaubende Aussicht, allerdings sind sie um einiges kleiner.
Mit jedem Schritt nehme ich die Leute noch etwas genauer unter die Lupe. Was bleibt mir auch anderes übrig? Nichts Skye, einfach nichts. Man konnte nicht einfach an ihnen vorbei laufen ohne in die Räume hineinzuschauen. Gott segne Glastüren. Okay...manchmal auch nicht. Sie konnten einem auch echt zum Verhängnis werden. Wer weiß, was die Menschen als in ihren Büros treiben? Okay, Skye, dass wird jetzt langsam echt zu viel. Einfach nicht weiter darüber nachdenken.
Ich schüttle leicht den Kopf und unterdrücke mir ein Schmunzeln.
Jede Person hier war eindeutig mehr als normal.
Möglicherweise auch von ihrer Intelligenz, doch definitiv von ihrem Kleidungsstil. Schaut man erst sie an und dann mich, wird einem dies mehr als deutlich klar. Neben ihnen sehe ich wie die graue Maus aus, die gerade aus ihrem Loch gekrochen kommt, und keinen Plan von allem hat. Klein, nichts wissend und untalentiert. Obwohl mein Kleidungsstil deutlich ansehnlicher ist, als der meiner besten Freundin Sam. Gegenüber ihr bin ich Prada höchstpersönlich. Ja gut, vielleicht nicht ganz.
Sam trägt immer Sachen aus dem Second - Hand- Shop, die fast immer nicht zusammen passen, nicht das es mir was ausmacht, jedoch ist das Mixen der Kleidung schon sehr merkwürdig. Skye, Sam war schon immer eigenartig. Ja, das ist sie definitiv.
Die Menschen hier scheinen nur das Neuste vom Neusten zu tragen und dabei alles nur von den größten Modedesignern, die man sich vorstellen kann. Vielleicht...Nein Skye, fang erst gar nicht darüber an nachzudenken, dass wird nichts.
Je länger ich durch die langen Gänge laufe, zweifle ich, ob ich dem Kopierraum überhaupt näher komme. Kann man sich hier überhaupt verlaufen? Wenn man so tollpatschig ist wie du, und so orientierungslos wie ein blinder Vogel, dann ja. Ja, ich habe nicht gerade die beste Orientierung. Würde man mich alleine in eine große Stadt schicken, zum allerersten Mal - versteht sich, wäre ich komplett aufgeschmissen.
Nach gefühlten fünf Minuten sehe ich den Kopierraum und öffne die schwere weiße Tür, welche direkt wieder hinter mir zufällt. Na bravo. Seufzend suche ich nach dem Kopierer, welcher sich im Eck des Raumes befindet. Ich stellte mir einen Kopierraum immer zugestellt mit Kopieren vor, aber das ist hier weit gefehlt.
Vielleicht haben sie hier ja noch einen andern? Hier steht ein Einziger im Eck des Raumes und der Rest sind Regale, die bis nach oben hin gefüllt sind, mit irgendwelchen Unterlagen und Akten.
Nach erstem Bestaunen des Raumes - ich hätte nie gedacht, dass so etwas so faszinierend ist - fange ich an zu kopieren. Man, dauert das ewig! Immer mit der Ruhe, Skye! Nichts funktioniert auf einmal.
Vor Ungeduld wippe ich langsam vom linken auf den rechten Fuß.
Unterlage für Unterlage kopiere ich den ganzen Stapel durch, welcher immer kleiner wird. Wie lange das wohl dauern wird?
Völlig in Gedanken versunken und hoffend, dass es bald fertig ist, schließen sich für einen kurzen Moment meine Augen.
Man, tut das gut.
,,Also so langsam, glaube ich, es ist Schicksal." Schock. Starre.
,, Also so langsam, glaube ich, es ist Schicksal", ertönt es hinter mir und ich erstarre. Bitte nicht. Bitte nicht.
Noch halb in Starre, weiche ich vom Kopierer zurück, wobei mir die Hälfte, der schon gedruckten Dokumente, auf den Boden fällt, und drehe mich um.
,, Was machen Sie denn hier?" Völlig verblüfft schaue ich ihn an.
Und schon wieder macht die Achterbahn in mir, zwei Loopings hintereinander ohne das ich es auch nur ansatzweise verhindern kann.
,, Ich denke, das Gleiche, was Sie hier auch tun", antwortet er völlig gelassen, während er sich an die große weiße Tür hinter sich lehnt, die jetzt gar nicht mehr so groß aussieht. Sein schwarzer Armani Anzug sitzt so perfekt, dass man meinen könnte, er wäre nur für ihn gemacht. Mit den Händen in der Hosentasche und seinem Lächeln, wodurch seine perfekten weiße Zähne zum Vorschein kommen, schaut er mich an. Wie kann man nur so verdammt gut aussehen?
Langsam lasse ich meinen Blick über seinen Körper wandern, wobei mir ein leichtes Seufzen entfährt.
Seine tiefe Stimme holt mich plötzlich in die Realität zurück und ich schrecke auf.
Ich bemerke aus dem Augenwinkel, wie er anfängt zu grinsen. ,,Mein Gesicht ist hier oben, Miss." sagt er amüsiert und nur mit viel Mühe wende ich ihm mein Gesicht zu.
Ich beiße mir auf die Unterlippe, wie ein verlegener Teenager und schaue in seine Augen.
Oh Gott.
Diese Augen.
,,'tschuldigung." stammele ich, entsetzt von mir selbst.
Seit wann lasse ich mich so leicht aus der Fassung bringen? Ich bin nie eines der Mädchen gewesen, die jeden Tag irgendeinem neuen, heißen Typen verfallen war. Das bin ich einfach nicht.. Zumindest dachte ich das - bis jetzt.
Erst jetzt fällt mir das Hemd auf, auf dem kein lästiger Kaffeefleck mehr zu sehen ist, den ich ihm vor gut einer Stunde verpasst hatte.
,,Sie haben ihr Hemd gewechselt." stelle ich fest und bücke mich schnell, um seinem Blick auszuweichen und die heruntergefallenen Dokumente wieder aufzuheben. Er stößt sich von der Wand ab und macht ein paar Schritte in meine Richtung.
Ich schlucke unwillkürlich und stehe sofort wieder auf, als ich alle Papiere wieder in meinen Händen halte.
Nervös streiche ich mit meinen etwas feuchten Händen über meine Jeans und schaue auf meine High Heels, nur um ihn nicht anzusehen, während er sich zu mir beugt. Wie faszinierend Schuhe sein können...
,,Wissen Sie, ich hätte das Hemd anlassen können und jeder meiner Angestellten hier hätte dumme Fragen gestellt. Oder ich hätte es wechseln können und wäre nach wie vor der verführerische Chef dieser Firma." flüstert er mir ins Ohr und lacht sanft.
Oh Gott, hat er das gerade wirklich gesagt?
Ich darf auf keinen Fall die Fassung verlieren und lasse meinen Blick schnell durch den kleinen Raum schweben, nur um mich auf andere Gedanken zu bringen.
,,Außerdem kann ich es mir als Chef leisten, ein paar Minuten später zur Arbeit zu kommen." setzt er noch hinterher und beugt sich wieder lässig zurück, wobei er sich wieder an die Tür lehnt.
Moment. Moooment.
Habe ich mich gerade verhört oder hat er wirklich 'Chef' gesagt?!
Entsetzt schaue ich ihn an, während mein Mund halb offen steht.
,, Das wussten Sie nicht?", gespielt erschrocken zieht er die Augenbrauen hoch.
Also wenn er es lustig findet, bitte. Ich aber auf keinen Fall. Ich hatte mich soeben total idiotisch vor meinem Chef benommen...
Peinlich, Skye, peinlich...
Ich schüttle meinen Kopf und weiß immer noch nicht, was ich sagen soll.
,, Wie unhöflich von mir." Er geht auf mich zu und streckt mir seine Hand hin, die ich entgegen nehme. Ein elektrischer Schlag durchfährt meinen Körper.
,, Kyle Harvering. CEO von The Harvering Company. Freut mich, Sie kennenzulernen."
,, Oh" Ist das einzige was ich herausbekomme ohne völlig bekloppt dazustehen.
,,Oh?" Ein bisschen verwirrt schaut er mich an, wobei er seine rechte Augenbraue hochzieht.
Oh Mann... Skye, hör auf!
Ich räuspere mich.
,, Ich hab damit nicht gerechnet..." gebe ich leise zu und schaue verlegen auf den Boden.
,, Hahaha " Ein tiefes, raues Lachen erklingt aus seiner Kehle, welches mehr als verlockend ist.
,, Ich nehme Sie doch nur auf den Arm, Ma'am." Er schaut mich eindringlich an. Meine Hand hält er immer noch in seiner, die so viel Wärme ausstrahlt, dass mir allmählich heiß wird. Vorsichtig löse ich meine aus seiner.
Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor, in der wir uns einfach gegenüber stehen und nicht wissen, was wir tun sollen. Zudem steht er immer noch so nahe bei mir, dass ich seinen warmen Atem in meinem Gesicht spüren kann, ohne das er auch nur die kleinsten Anstalten macht, sich wieder nach hinten an die Tür zu lehnen. Mein Atem wird spürbar schneller und mein Gesicht fängt an, die Wärme aufzunehmen, die er ausstrahlt.
Komm mal wieder runter!
So gern ich es auch wollte, es funktionierte nicht. Als hätte jemand all meine Synapsen lahm gelegt, so dass mein Gehirn die Anweisungen strikt nicht mehr befolgen will. Schritt für Schritt lasse ich meine Augen wieder hoch zu seinem Gesicht gleiten, wobei ich mal wieder an seinen Augen hängen bleibe.
Blau. So blau wie der indische Ozean, vielleicht noch blauer und ein Glanz, der die Begierde in mir weckt, nicht mehr wegzuschauen. Sie faszinierten mich und ziehen mich magisch an, ohne, dass ich es irgendwie verhindern kann.
,, Ma'am?" Mit der Hand fuchtelt er vor meinem Gesicht herum. Erst jetzt wird mir klar, wie lange ich ihn angestarrt haben muss, ohne mit der Wimper zu zucken.
,, Hmm?" antworte ich ihm tranceartig.
,, Wie ist der Name der Frau, die mein Hemd mit einem
Kaffeefleck versehrt hat?"
,, Skye. Skye Chester." Es fühlt sich komisch an diesen Namen auszusprechen. Er klingt so fremd.
,, Skye." Wie er den Namen ausspricht, bringt er mein Herz ein zweites Mal zum rasen und ich bin mir nicht mehr sicher, wie lange es das noch mitmachen wird.
Sachte lehnt er sich wieder an die Tür, was mir das Atmen deutlich leichter macht. Noch nie hatte jemand diese Wirkung auf mich gehabt. Es darf einfach nicht sein.
,, War schön Sie kennenzulernen, doch die Arbeit ruft." Er fährt sich durch seine braunen Haare und seufzt. Ob die anderen Angestellten - vor allem die Frauen - ihn auch so begehrten?
Natürlich, Skye! Was glaubst du denn?
Ich tue es ihm gleich, und fahre durch meine blonden langen Haaren, die mir fast bist zur Taille gehen.
,, Flirten Sie immer mir ihren Angestellten?" Ich weiß nicht, woher ich diesen Mut nahm, um diese Frage zu stellen, doch ich könnte augenblicklich im Erdboden versinken und nie wieder auftauchen. Mir steigt die Röte ins Gesicht.
,, Finden Sie es heraus." Er zwinkert mir kurz zu, dreht sich um und verlässt den Raum. Keine Sekunde später fällt die Tür hinter ihm zu. Verdutzt schaue ich ihm hinterher und weiß nicht wie ich reagieren soll, so dass ich auch nicht bemerke, dass die Dokumente in meiner Hand fast zerknüllt sind.
Hey ihr Lieben,
Tadaaa, ein neues Kapitel 🎉 aber leider ist es ziemlich kurz geworden.
Ich hoffe, es gefällt euch!
Ich freue mich über Votes und Comments, wenn es euch gefallen hat!
Irgendwelche Anregungen oder Wünsche?
Immer her damit!
Alles Liebe,
Eure Vanessa ❤
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