Kapitel 15
So in etwa stelle ich mir den Wohnbereich vor:)
Charles hatte mich in ein schwarzes, langes Auto verfrachtet, dessen Scheiben dunkel getönt sind.
Leicht angespannt sitzt er rechts hinterm Lenkrad und kämpft sich gerade durch den Londoner Verkehr. Seine Schultern sind straff nach hinten gerichtet, sodass sein Anzug keine Falte aufweist, während seine Lippen zu einem geraden Strich gezogen sind.
Abwechselnd schaut er immer wieder zwischen Rückspiegel und Straße hin und her.
Ich seufze für einen kurzen Moment auf. Meinen Kopf lasse ich sachte nach hinten gegen die Kopfstütze fallen und schließe meine Augen. Der Tag hatte noch nicht einmal begonnen, schon war er gelaufen.
Das ständige Anhalten wegen nervenden und immer wieder stehenden Touristen, lässt meinen Kopf im Minutentakt gegen die Kopfstütze donnern.
,, Ma'am? Wo kann ich Sie hinbringen?" Charles raue Stimme dringt durch die Stille, die seit einigen Minuten im Auto herrscht. Er scheint nicht sehr gesprächig zu sein, auch wenn ich noch nicht versucht hatte, mit ihm eine Konversation aufzubauen.
,, Sutherland Ave, Westminster, bitte", antworte ich ihm freundlich, während ich meine Augen weiterhin geschlossen halte. Genau so gut hätte ich ihm eine andere Adresse nennen können, um nicht zuhause zu landen. Jedoch wäre es für mich im Endeffekt aber nur schwerer geworden irgendwie, auf diesen nicht sehr bequemen Krücken, nach Hause zu gelangen.
Während Charles teilweise immer wieder knurrt, als er sich durch die Straßen schlängelt, die so voll sind, dass ich froh bin, nicht fahren zu müssen, denn ich hätte schon längst die Geduld verloren, nehme ich mir mein Handy hervor. Fünf Anrufe meiner Mum in Abwesenheit.
Ich seufze auf und schließe für einen kurzen Moment meine Augen. Eine leichte Gänsehaut läuft mir über den Rücken, welche mich erschaudern lässt.
Es gibt etwas, das auf meiner Wunschliste ganz weit oben steht und das sind mehrfach verpasste Anrufe meiner Mum.
Zögernd und mit zitternden Händen, tippe ich die Nummer meiner Mum ein, die sofort beim ersten Mal aufgezeigt wird. Den Mund zusammengepresst, wimmere ich leise vor mich hin, in der Hoffnung Charles würde mich nicht hören.
Während er noch immer durch die Straßen Londons, an den hundertfachen Häusern und Boutiquen vorbei fährt bei der eine schöner als die nächste mit ihrer Außenfassade aussieht, ertönt leises Klingeln durch mein Handy.
Sichtlich angespannt, sitze ich mit übereinander geschlagenen Beinen und der linken Hand in die Schenkel gekrallt, ans Fenster gelehnt auf der Rückbank. Mit jedem Klingeln wird die Unruhe in mir selbst größer. Ich beiße mir auf die Lippen, die schmerzen, als nach dem fünften Klingeln abgenommen wird.
,, Oh mein Gott, Darling, gut dass du rangehst! Ich habe es gefühlte tausendmal versucht!", sagt sie mit einer Panik, dass es mir schaurig über den Rücken läuft.
,, Was ist los, Mum?" Mit einem dicken Kloß im Hals, drücke ich beklemmt eine Antwort hervor. Meine Fingernägel krallen sich mittlerweile so tief in den Oberschenkel, dass ich Abdrücke haben muss.
,, Er ist wieder auf freiem Fuß, Skye!", verzweifelt höre ich mit an, wie ihr die Tränen die Wange herunterströmen, während sie dabei aufschluchzt, welches sich anhört, als würde sie schneuzen.
Wie erstarrt schaue ich aus dem Fenster, an dem die Regentropfen ihr eigenes Wettrennen machen und in dem sich mein geschockter Gesichtsausdruck widerspiegelt.
Vor dieser Nachricht habe ich mich am meisten gefürchtet. Wie?!
,, Wieso?" Es ist kaum mehr als ein Flüstern das ich herausbringe.
,, Ich weiß es nicht...ich weiß es nicht..." Gegen Ende des Satzes wird sie immer leiser, bis von ihrer Stimme nur noch ein Bruchteil zu hören ist. Wie kann so etwas nur möglich sein? Das darf es einfach nicht! Das darf es nicht! Nicht jetzt!
Mit mir selbst in der Auseinandersetzung, merke ich nicht, dass Charles mittlerweile vor meiner Haustür steht. Es regnet noch immer in Strömen, die Sonne hat sich nun komplett verzogen und dunkle, dicke Regenwolken sind am Himmel zu sehen.
Ich möchte nicht auflegen, halte das Handy fest umklammert an meinem Ohr, als wäre es notwendig, um zu atmen.
,, Ma'am, wir sind da." Charles hat einen Arm um die Kopfstütze gelegt und sich zu mir umgedreht.
Beklemmt nicke ich ihm zu, halte aber mein Handy weiter ans Ohr, in dem sich meine Mum Schritt für Schritt zu beruhigen scheint - im Gegensatz zu mir.
In mir drin fängt es an zu pochen. Blut fließt in Strömen durch meine Adern, dass ich Angst habe, sie könnten jeden Moment sich in ihre Einzelbestandteile auflösen.
Mein Puls wird stärker, sodass ich überzeugt davon bin, dass Charles ihn hören kann.
,, Ma'am? Ist alles in Ordnung bei Ihnen?" Charles mustert mich aufrichtig und blickt mich zugleich mitleidig an. Falten haben sich auf seiner Stirn gebildet, die darauf hindeuten, dass er krübelt.
Ich nicke leicht, während ich ihn nur bitte, mir aussteigen zu helfen.
Mit einem großen Schritt um das Auto herum, öffnet er mir Gentlemen-like die Hintertür. Er greift geschickt mit der Hand nach den Krücken, welche er so positioniert, dass ich sie direkt greifen kann.
Ich klemme mir etwas ungeschickt mein Handy zwischen Schulter und Ohr als ich aus dem Auto steige, mit Bedacht darauf, nicht aufzulegen. Charles hält mir seine Hand hin, um mir eine Stütze zu geben, jedoch lehne ich sie sachte ab und greife stattdessen nach den Gehhilfen, die in ihrem silbernen Ton schimmern.
Ich kann es kaum abwarten, sie los zu werden. Jeden einzelnen Muskel spüre ich in meinen Armen, bei denen ich nicht einmal wusste, dass sie überhaupt existieren. Muskelkarter wäre für meine Schmerzen im oberen Bereich des Rückens die Untertreibung des Jahres.
Mit kleinen Schritten steuere ich auf die weiße Haustür zu, die mit kleinen barockartigen Schmückereien verziert ist und sich prachtvoll in den Stil des hellen Sandsteinhauses einfügt.
Charles trottet mir langsam und bedacht mit einem großen Regenschirm über meinem Kopf, hinterher.
Durch das ständige hin und her Wippen des Schirms träufeln mir vereinzelt Regentropfen die Stirn herunter die ich, wenn ich kurz stehen bleibe undamenhaft wegstreiche, damit sie mir nicht in die Augen laufen.
Für einen kurzen Moment halte ich inne und bleibe vor der schwarzen Steintreppe stehen, die mit zwei weißen Säulen an der letzten Stufe abschließt.
Wieso musste man hier auch eine Treppe einbauen? Stell dich nicht so an, Skye! Davor hat sie dich auch nicht gestört. Klappe da oben!
,, Soll ich Ihnen helfen, Ma'am?", fragt Charles aufrichtig.
,, Gerne" Ich blicke zu ihm auf und nicke ihm zu, übergebe ihm meine Krücken und greife mit der rechten Hand ans Handy, damit es nicht herunterfällt.
Mit dem Regenschirm in der einen und den Krücken in der anderen Hand, greift er unter meine Beine. Schwungvoll hebt er mich hoch, woraufhin ein starkes Zwicken durch meinen Körper fährt.
Voller Schmerz kneife ich beide Augen zusammen und beiße mir auf die untere Lippe, deren ausgelöster Schmerz versucht den anderen zu übertrumpfen - vergeblich.
Mühsam atme ich mehrfach tief ein und aus, und versuche den ständigen Pein, den ich in jeder einzelnen Nervenbahn empfinde, zu dämpfen.
An der letzten Stufe angekommen, setzt Charles mich sachte ab, lässt mich dennoch nicht direkt los. Erst als ich ihm stabil genug erscheine, entfernt er vorsichtig seine Hand um meine Taille und tritt einen Schritt zurück.
,, Danke."
,, Passen Sie auf sich auf, Ma'am, und ruhen Sie sich aus.", sagt er und dreht sich um, hält allerdings einen kurzem Moment inne.
In dem Moment als er die Treppe hinab zum Tor steigt, wendet er sich mir wieder zu.
,, Und bleiben Sie morgen zu Hause.", fügt er mit einem sanften Lächeln hinzu, wobei sich kleine Fältchen um seine Mundwinkel bilden.
Würde er nicht direkt vor mir stehen, hätte ich schon längst die Augen verdreht, entscheide mich aber für ein leichtes Nicken und einem Lächeln, was aber nicht meine Augen erreicht.
In meiner Tasche greife ich nach dem Schlüsselbund, um die Tür aufzuschließen und schaue Charles dabei zu, wie er sich ins Auto setzt und sich auf den Weg macht, mitten durch den Londoner Verkehr, Richtung The Havering Company.
Einerseits bewundere ich ihn für seine ruhige Art, die er bei diesem Job hat, aber andererseits möchte ich nicht in seiner Haut stecken - bei all dem Stress und dem ganzen herum chaveuren, egal zu welcher Uhrzeit.
,, Skye, bist du noch dran? Wer war das?" Am anderen Ende der Leitung höre ich eine ziemlich unruhige Mum, welche mich wieder zurück in die Realität holen.
,, Der Chaveur meines Chefs.", antworte ich ihr nur knapp und lasse mich seufzend auf der Couch nieder, als ich es endlich in den Wohnbereich schaffe.
Da Sam nicht hier ist - vermutlich tüfelt sie schon an der nächsten Geschäftsidee, die der Durchbruch geben soll - habe ich das ganze Apartment für mich alleine und somit auch meine Ruhe vor einem Quälgeist, der mir einen ewigen Monolog hält, warum ich nicht auf die Arbeit hätte sowie im Bett bleiben sollen, um mich zu schonen und auszuruhen.
,, Chaveur? Wie auch immer." Schnell wingt sie ab. ,, Skye, ich mache mir Sorgen um dich. Ich habe Angst, dass er dir wieder etwas antut." Die Stimme meiner Mum ist verzweifelt und leider kann ich es, mehr als mir lieb ist, in vollen Zügen nachvollziehen.
Am liebsten würde ich schreien, vor Wut toben, irgendwo dagegenhauen, damit ich schlussendlich auf dem Boden zusammensacke, während mir voller Misachtung Tränen die Wangen herunterströmen, und mich ständig fragen, wieso so jemand wie er auf freiem Fuß sein kann, aber ich reiße mich zusammen - meiner Mum zuliebe. Ich schweige. Schweige, so wie ich es immer tu, wenn es um ihn geht.
Nach kurzer Zeit unterbricht meine Mum die immer unangenehmer werdende Stille mit einem Seufzen und Schnauzen am anderen Ende der Leitung.
,, Ich werde Dr. Wilson nach einem Ratschlag fragen, obgleich ich ihm schon mehrere Mitteilungen auf seiner, immer wieder anspringenden, Mailbox hinterlassen habe. Er muss endlich rangehen!", sagt sie empört.
Ich kann ihren Frust bis hierhin spüren und wäre ich an ihrer Stelle, würde ich die gleiche Reaktion aufweisen.
,, Mum?" Meine Stimme klingt müde und verbraucht. Zudem schmerzt mein Fuß höllisch und meine Prellungen an der Hüfte machen sich selbst im Sitzen bemerkbar, aber davon weiß sie nichts. Ich möchte ihr nicht noch mehr Kunmer bereiten, als sie im Moment schon hat.
Im Hintergrund raschelt es und die Stimme meines Dads klingt leise hindurch.
Die Beziehung zu meinem Dad ist tadellos, jedoch pflege ich ein engeres Verhältnis zu meiner Mum, was vielleicht daran liegt, dass sie sich mehr mit mir auseinander setz, als jeder andere.
Als kleines Kind und im Teenagealter habe ich meinen Dad höchstens an den Wochenenden gesehen und selbst dann war er, sowie unter der Woche auch, mehr mit der Arbeit beschäftigt, als mit der Familie oder jedem anderen. Die Arbeit war und ist schon immer die erste sowie die höchste Priorität, auch wenn er immer das Gegenteil behauptet.
Die Stimme meines Dads wird im Hintergrund zunehmend lauter und deutlicher zu hören. Er klingt aufgebracht, sogar wütend, und ich bin mir relativ sicher, dass sie es ihm in diesem Augenblick mitteilt. Mehr als Wortfetzen wie 'unerhört', 'das kann doch nicht wahr sein', 'Idiot' und 'Sorgen' bekomme ich nicht mit.
,, Sweety, ich lege auf. Dein Dad ist gerade reingekommen und ziemlich aufgebracht. Wir klären das. Er wird auch nicht nur ansatzweise in deine Nähe kommen. Das versprechen wir dir!", antwortet sie mit einer Stärke, dass ich ihr glauben mag, es mir aber schwer fällt.
Ohne ein weiteres Wort höre ich es tuten und weiß, dass sie aufgelegt hat. So ist das halt.
Mit Bedacht lasse ich das Handy neben mir zu Boden sinken.
Meine Augenlider sind schlaff und fühlen sich träge an. Da und dort nehme ich leichtes sowie teils starkes Zwicken und Stechen wahr. Eine Bewegung mehr und es macht verstärkt weiter.
Gerne würde ich es ignorieren, aber es funktioniert nicht.
Völlig erschöpft reibe ich meine Augen, die voller Sehnsucht darauf warten, geschlossen zu werden als eine Nachricht auf meinem Handybildschirm aufplopt. Eine Mail.
Mr. Havering:
Miss Chester,
weshalb ich Sie vorhin in mein Büro gebeten habe, finden Sie im Anhang dieser Mail.
Geben Sie m...
Doch bevor ich sie zu Ende lesen sowie den Anhang noch öffnen kann, machen mir meine Augenlider einen Strich durch die Rechnung.
Hey ihr Lieben!
Ja, endlich ist es wieder soweit und ein neues Kapitel kommt online! Auch wenn es wirklich eeeewig gedauert hat, bis ich es mal zu Ende bekommen habe.
Also echt. Dieses Mal ist wirklich der Wurm drin gewesen und ich hätte mir gewünscht, es wäre schon eher fertig geworden, damit ihr nicht so lange hättet warten müssen :/
Jedoch ist es jetzt da und ich hoffe von Herzen, dass es ich gefällt!
Fällst das so ist, lasst gerne ein Vote und Comment da! Ich freue mich riesig darüber 🥳💕
Bei mir sind mittlerweile Ferien und sind bald schon wieder rum. Nur noch drei Wochen!
Man wie schnell die Zeit einfach vergeht, unfassbar!
Habt ihr schon Ferien oder fangen sie bei euch ert noch an?
Was macht ihr so schönes in den Ferien? Pläne? Fahrt ihr weg? Sogar in Urlaub?
Lasst es mich wissen!
Ich bleibe dieses Jahr zu Hause. Fahre höchstens mal zu meiner Oma, aber das ist auch mal ganz schön 🙂
Bleibt bitte alle gesund und munter!
Ich hoffe, wir lesen uns bald wieder!
Bis zum nächsten Kapitel,
Eure Vanessa ❤
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