Kapitel 10

Mit dem Glasbehälter in der Hand, in dem nicht mehr viele Kekse vorhanden sind, betrete ich mein neues Büro, direkt neben Mr. Haverings.
Wie oft er wohl vorbeischauen wird?

Es ist erstaunlicherweise ziemlich groß.
An der Wand befindet sich ein großer Spiegel, und ehe ich den Glasbehälter abgestellt habe, natürlich nicht, ohne einen Schokokecks zu nehmen, betrachte ich den Spiegel etwas genauer. Er ist dicker als Gewöhnliche, die man im Badezimmer hängen hat und ich werde das leise Gefühl nicht los, dass man von der anderen Seite hindurchschauen kann, so wie bei den Spiegel, die man immer im Store sieht, in denen man direkt sieht, wie man aussieht.

Ich nähere mich vorsichtig dem Spiegel, so als würde er jenen Moment zerbrechen können, dabei ist er vermutlich so stabil, dass man dagegen hämmern könnte und nicht ein Kratzer entsteht. Ich ducke mich ein wenig, halte die Hand an meine Stirn, um eine bessere Sicht zu haben, und petze dabei leicht meine Augen zusammen. Es muss vermutlich mehr als verrückt aussehen. Du bist ja auch verrückt.
So sehr ich mich auch anstrenge, der Spiegel behält einfach seine Dichte bei.

,, Ich muss Sie leider enttäuschen: Man kann nicht hindurchsehen." Erschrocken fahre ich zurück und schaue in Mr. Haverings Gesicht, der sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen kann.
Kurz ringe ich um Fassung. Wie lange er da wohl schon steht und bei meinem dämlich Versuch zusieht, ohne auch nur ein Wort zu sagen? Du hast halt einfach ein Talent dafür, in solche Situationen zu kommen.
,, Können Sie nicht anklopfen?" Leicht empört schaue ich ihn an und versuche zu verbergen, dass ich es ein klein wenig gehofft habe.
,, Ich bin hier Chef." Er zuckt mit den Achseln.
,, Trotzdem müssen Sie noch klopfen." Mit einem leicht besserwisserischen Blick, den Kopf nach oben gestreckt und die Arme vor dem Körper verschränkt, schaue ich ihn an.
Woher ich den Mut aufbringe, kann ich nicht sagen.
Jedoch reagiert er nicht mit einer Antwort darauf, mit der ich gerechnet hatte, sondern schmunzelt leicht, wobei sein rechter Mundwinkel leicht nach oben zuckt.
Irriertiert sehe ich an, wodurch sein Schmunzeln nur noch weiter zunimmt.
,, Ich sehe schon: Mit Ihnen wird es nicht einfach.Trotzdem bin ich immer noch Ihr Chef." Auch wenn er es ernst rüberbringt, kann man in seinen Augen erkennen, dass er sich gerade amüsiert.
,, Darauf können Sie sich verlassen!" Ich blicke ihn herausfordernd an, kaue dabei leicht auf meiner Lippe, ehe mir bewusst wird, was ich zueben gesagt habe - vor allem, wie ich es gesagt habe. Oh nein. Am liebsten würde ich jetzt im Erdboden versinken und 'Lebe wohl' sagen. Wieso muss das ausgerechnet mir passieren? Innerlich dämmere ich mir dreifach gegen die Stirn.
,, Da bin ich mal gespannt." Ein schelmisches Schmunzeln tritt auf seine Lippen. Noch immer steht er vor mir - der Anzug perfekt sitzend um seine Silhouette.
Die Spannung im Raum lässt einen förmlich erdrücken. Ich hatte dieses Gefühl schon einmal verspürt, doch dieses ist anders.

,, Schade, ich dachte schon, ich hätte Chancen Sie zu beobachten." Ich lenke die Aufmerksamkeit wieder auf den Spiegel und stecke mir den restlichen Kecks in den Mund, was vermutlich nicht gerade sexy aussieht.
,, Momentmal." Ohne darauf zu antworten, sieht er verwundert auf meinen Schreibtisch. Ich tue es ihm gleich.
,, Sind das etwa die Kekse, die normalerweise bei Grace stehen?" Mit dem Finger zeigt er auf den Glasbehälter. Unbemerkt versuche ich den Rest in meinem Mund hinunterzuschlucken, mit der Hoffnung, dass es ihm vielleicht nicht auffällt.
Ernsthaft? Er weiß wirklich, dass bei Grace vorne Keckse stehen?
Innerlich verdrehe ich die Augen.
,, Ehm...nein?" Von meiner Stimme ist nur ein Bruchteil vorhanden und selbst ich kaufe mir nicht einmal ab, dass ich glaubwürdig klinge.
Er läuft auf den Tisch zu, greift in den Glasbehälter und schnappt sich den allerletzten Kecks. Nicht sein Ernst! Das hat er nicht getan! Mit offenem Mund starre ich ihn an und muss dabei zusehen, wie er in meinen letzten Kecks beißt. Genüsslich beißt er darauf herum, mit der einen Hand locker in der Hosentasche.
,, Ich muss Grace unbedingt bitten, mir solche ins Büro kommen zu lassen. Die sind ja mehr als köstlich."
Was glauben Sie denn, warum ich sie mitgenommen habe?
Noch immer sehe ich ihm dabei zu, wie er sich den Rest des Keckses in den Mund schiebt.
Nachdem er den Kecks hinunter geschluckt hat, blickt er in meine Richtung, mit leicht verwunderten Blick. Er fragt sich jetzt bitte nicht ernsthaft, wieso ich ihn so ungläubig anschaue!

Nach kurzem Überlegen fällt mir wieder ein, wie man einen offenen Mund schließt.
,, Sie haben gerade meinen allerletzten Kecks gegessen!" Empört sehe ich ihn an und mir fällt nichts anderes ein, als den Kopf zu schütteln.
,, Na ja, reintheoretisch gehören die Kekse mir."
Er zuckt mit den Schultern und macht einen Schritt auf mich zu. Automatisch weiche ich einen Schritt zurück.
Ich möchte ihm gerade widersprechen, als mir einfällt, dass er recht hat. Mist.
,, Es waren Ihre Keckse." Ich verschränke meine Arme vor der Brust. Ein kleines Grinsen schleicht sich auf meine Lippen.
Er macht einen Schritt weiter auf mich zu und als ich zurückweichen möchte, hält mich die Wand hinter mir auf. Mein Atem verschnellert sich. Gebannt schaue ich ihn an, mit der Hoffnung, dass er dort stehen bleibt, wo er gerade steht. Er würde uns beiden einen großen Gefallen damit tun. Die Sache würde schlicht nicht gut ausgehen. Das kann ich ihm nicht antun, und meine Nerven machen das vermutlich, um nichts in der Welt, mehr mit.

Mr. Havering schaut mich mit seinen saphirblauen Augen eingehend an und in dem Moment weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Meine Gedanken sind wie ein Feuerwerk, so durcheinander und explosiv. Aus irgendeinem Grund hat er die alleinige Macht über mich. Mit nur einem Blick schafft er es, mich außer Gefecht zu setzen, so als würde er einen Schalter in mir umlegen. So etwas sollte verboten sein. Es sollte mehr als verboten sein, denn es kann Dinge in einem auslösen, die nicht stattfinden sollten. Die einem die Kontrolle über den eigenen Körper entzieht und davor habe ich Angst. So stark die Anziehung zwischen uns auch ist, so stark ist auch das Verdeben, in welches ich ihn mithinein ziehe.

Sein Blick bohrt sich weiter in mich hinein und ich habe das Gefühl, dass er jede Sekunde näher zu kommen scheint.
Und das Schlimme ist, ich will es. Ich will unbedingt diese verdammten paar Zentimeter zwischen uns überbrücken und mich an seinen Körper schmiegen, mich bei ihm geborgen fühlen.
Die Zeit um uns scheint stehen zu bleiben und unbewusst halte ich den Atmen an.
Ich versuch meinen Blick von seinem perfekten Gesicht und diesen strahlend blauen Augen abzuwenden, tue es jedoch nicht. Genauso wenig wie er es versucht.
Doch ich kann mich beim besten Willen nicht auf ihn einlassen. Ich darf nicht.

Gegen meinen Willen, löse ich langsam den Blickkontakt und wende ihm meinen Rücken zu. Ich atme tief ein und schließlich wieder aus, um die Anspannung in mir etwas herunterzufahren. Sie ist kaum zu ertragen. Wie zwei Magnetfelder, die sich gegenseitig anziehen und nicht mehr loslassen können. So etwas habe ich schon lange nicht mehr gefühlt und normalerweise sollte ich dies auch nicht.
Er ist fremd, doch gleichzeitig so vertraut.

Als ich mich umdrehe, steht er immer noch an der ein und derselben Stelle. Jedoch schaut er nicht mich an, sondern den leeren Glasbehälter, der noch immer auf meinem Schreibtisch steht. Er merkt nicht, dass ich mich ihm wieder zugewendet habe.
Nach kurzem Ringen mit sich selbst, schüttelt er sich leicht. Mit einem tranceartigem Blick blickt er kurz zu mir auf, bevor er mir seinen gut gebauten Rücken zuwendet und ohne ein Wort den Raum verlässt.
Leicht verwundert schaue ich zu, wie die Tür in ihr Schloss fällt.

Hey ihr Lieben,

da bin ich wieder!
Die letzten paar Wochen waren seeehr nervenraubend, da ich schon 2 meiner Abiturprüfungen geschrieben habe und am Montag schreibe ich zum Glück meine letzte 🙏

Ich hoffe, dass ich dann wieder mehr Zeit zum schreiben habe und vor allem Ideen! Vielleicht habt ihr ja Anregungen? Schreibt sie mir gern in die Kommentare ⬇️

Ich kann nicht fassen, dass wir so langsam auf die 4K zusteuern 😱 Danke, für eure Treue, eure Reads und natürlich auch für eure vielen Votes und Comments!

Ich hoffe, dass euch auch dieses Kapitel gefällt. Und falls das so ist, lasst gerne ein Vote und Comment da!💕

Ich hoffe, wir lesen uns bald wieder!
Bis dahin:

Alles Liebe,
Eure Vanessa ❤

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