49 - Rica

Der abgelaufene Verbandskasten enthielt zusammen geschrumpelte Kastanien. Wie die da rein gekommen waren, war Rica sowie Raphael ein Rätsel, aber da man die Kastanien höchstens noch als Teil eines Druckverbandes hätte benutzen können, begnügte Raphael sich mit einer Packung gefrorenem Spinat, die er so gut es ging gegen Lippen und Nase presste. Er passte sich seiner Gesichtsform ungefähr so gut an wie ein Wackerstein.

„Mal im Ernst, Raphael. Was sollte das genau werden?"

Rica saß ihm gegenüber und kippelte auf den Barhockern herum. Bei ihr zuhause hatte sich nichts verändert, alles war wie immer, obwohl es jetzt schon Wochen her war, seitdem er das letzte Mal hier gewesen war. Ein paar der Bilderrahmen hingen schief, neben der Spüle stapelten sich vier Müslischalen. Es herrschte ein beruhigendes, zurückhaltendes und erst auf den zweiten Blick ersichtliches Chaos.

„Eigentlich sollte das gar nichts werden außer eine Busfahrt", antwortete Raphael zu Ricas Belustigung. Sie zog die Schultern hoch. „Daran bist du auf alle Fälle schon mal gescheitert." Raphael verzog das Gesicht und die Spitze des Spinatquaders bohrte sich in seinen Nasenflügel. „Ach was", sagte er und legte das provisorisches Kühlkissen ab um seine Hand zu wärmen, die inzwischen zu einem Eisklumpen mutiert war.

„Das gibt bestimmt unentschuldigte Fehlstunden." Er stöhnte auf und rieb sich mit der Hand über die Schläfen. „Und das, wo ich am Freitag schon eine Stunde...", er zögerte und sah zu Boden, „naja verpasst habe." Rica verzog die Lippen zu einem Grinsen. „Verpasst im Sinne von geschwänzt?" Ihre Augenbrauen hoben sich erstaunt. „Oh la la, was ist denn mit dem Raphael passiert den ich kenne?", fragte sie kopfschüttelnd. „Schule schwänzen, also so was." Raphael verdrehte die Augen. „Mach dich ruhig lustig, kein Problem." Anklagend deutete er auf seine Schürfwunden am Knie und seine geschwollene Unterlippe. „Ist ja nicht so, als hätte ich heute nicht schon genug abgekommen."

Rica lehnte sich vor und tätschelte ihm die Schulter. „Armer Ellie." Sie ließ sich auf ihrem Barhocker zurückkippen und klimperte feixend mit den Wimpern. „Soll ich das Desinfektionsspray holen gehen? Vielleicht habe ich auch noch ein paar alte Käpt'n Blaubär Pflaster von Vic irgendwo rumfliegen. Du weißt schon, einmal pusten, Pflaster drauf und bis zur Hochzeit ist der Schmerz vorbei."

Raphael tippte sich an die Stirn, dann schwiegen sie einige Sekunden lang. Die Tatsache, dass sie ein paar Wochen nicht miteinander geredet hatten, schwebte auf einmal wieder zwischen ihnen, machte sich breit. Er war der erste, der das Schweigen brach.

„Und was jetzt?"

Rica legte den Kopf schief. „Du bist der Weise mit der Packung Rahmspinat im Gesicht." Sie zuckte mit den Schultern, aber die Geste wirkte gezwungen und nicht so beiläufig wie sonst. Eher so, als hätte nur ihr Verstand erkannt, dass in diesem Moment ein Schulternzucken erforderlich war.

Sie zog die Wangen zwischen die Schneidezähne, kaute auf ihrer Unterlippe herum. Raphael wartete, bis sie sich dessen bewusst wurde und damit aufhörte. Den Spinat legte er zwischen ihnen auf den Tisch, sein Gesicht fühlte sich inzwischen so an wie ein halb frittiertes Fischstäbchen. Auf der einen Seite tiefgefroren, auf der anderen in brühend heißes Fett getaucht. Raphael hatte es sich nicht genauer angeschaut, auf dem einen Auge sah er immer noch verschwommen, aber seine Haut kribbelte und pochte, es war als könne er spüren wie sich die Blutergüsse sammelten.

Die einfallende Sonne wurde vor den Fensterscheiben von heruntergelassenen Jalousien parzelliert und fiel in hellen Lichtstreifen in den Raum. Die Streifen krümmten sich über Raphaels Handrücken und führten erst dann wieder in geraden Bahnen über den Tisch. Rica lächelte unsicher, es war kaum mehr als ein Zucken ihrer Mundwinkel. Ihr Blick irrte durch die Küche, suchend nach einem Fixpunkt, an dem er sich festhalten konnte.

„Du hast wieder deine Griechen-Phase", stellte Raphael zusammenhangslos fest und Ricas Miene blieb stoisch. Nur das Kräuseln ihrer Lippen verriet ihm, dass er ins Schwarze getroffen hatte. „Normalerweise hast du die nur, wenn es dir schlecht geht."

Rica drehte den Kopf und blinzelte ins Sonnenlicht. „Es ist seltsam, wenn du mich so ansiehst", sagte sie, obwohl sie nur aus den Augenwinkeln hätte wahrnehmen können, dass er das überhaupt tat. Raphael nahm den Spinat wieder in die Hand und hielt ihn sich mit der anderen Seite gegen die Wange. „Warum?" Haarsträhnen flogen in die Luft und verfingen sich in Ricas oberen Haarkranz, als sie lautstark ausatmete.

„Weil du derjenige mit Blut im Gesicht bist. Deshalb. Da kannst du dich jetzt nicht hinsetzen und fragen, ob mit mir alles klar ist!" Raphael zuckte mit den Achseln und tippte mit seiner freien Hand vor ihr auf den Tisch. „Ich habe nie jemanden getroffen, der Prinzipien so sehr verabscheut wie du und sie trotzdem jederzeit einfordert." „Tja", bemerkte Rica unbeeindruckt und tippte mit ihrem Zeigefinger auf Raphaels Handrücken, „das liegt aber auch nur daran, dass wir im letzten Kaff der Welt wohnen und du nicht sonderlich viele Menschen kennst."

„Wow, diese Art von Kommentaren habe ich vermisst", sagte Raphael feixend und rutschte auf seinem Hocker herum.

Kondensat löste sich von der Spinatpackung und tropfte auf sein T-Shirt. Rica kniff ihr linkes Auge zusammen und schob ihm ein volles Wasserglas entgegen. Wahrscheinlich stammte es noch vom Frühstück. Offensichtlich hatten sie selbst die heißen Temperaturen nicht von einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr überzeugen können. „Ach, ich dich auch, Ellie", erwiderte sie nach einer Weile, dann klammerten sich ihre Hände wieder am Hocker fest.

Das rote Polster mit dem der Hocker bezogen war, war an den Rändern bereits fransig und löchrig geworden. Rica konnte es einfach nicht lassen, daran herum zu knibbeln. Nervöses Hemd hatte Raphaels Mutter früher scherzhaft gesagt bis es irgendwann nicht mehr scherzhaft, sondern vorwurfsvoll geklungen hatte.

„Es tut mir leid, Raphael." Rica sah auf. „Ich bin irgendwie nicht so ganz mit dieser Celine-Sache klar gekommen." Sie widmete sich wieder dem Polster, Raphael war froh, dass die Hälfte seines Gesichts hinter Rahmspinat verborgen war, denn er spürte, wie ihm die Sommerhitze ins Gesicht stieg.

„Na dann sind wir schon mal zu zweit." Er lachte kurz auf und verabscheute sich noch im selben Moment dafür, wie zittrig es klang. Rica bedachte ihn mit einem schnellen Blick und runzelte die Stirn. „Nicht aus Gründen, wie sie dir gerade in den Sinn kommen", beteuerte sie.

„Lukas ist wirklich nicht ausgedacht." Sie schmunzelte ein gequältes Lächeln. Raphael wünschte sich eine Spinatpackung, die sein gesamtes Gesicht versteckte. „So hab ich das nicht gemeint an dem Abend", sagte er und stockte kurz. „Ich habe vieles nicht so gemeint am Kirmesabend." Küsse zum Beispiel, fügte Raphael in Gedanken hinzu, sprach es aber nicht aus.

„Schon okay", sagte Rica. „Das war nicht das Problem. Ich wusste ja, dass du es nicht so meinst." Sie lachte leise in sich hinein. „Die Griechen-Phase war schon vorher da. Nur nicht ganz so stark." „Oh", machte Raphael. „Das wusste ich nicht, du hättest mir es doch-"

Rica winkte ab. „War ein bisschen viel los." Das war es immer. Und War ein bisschen viel los belegte auf der Liste der besten harmlosen Ausflüchte den ersten Platz, noch vor Hab nur schlecht geschlafen. Es war der Standardsatz, der eigentlich nie fehlen durfte. „Ich hatte eigentlich gar keinen Grund", fuhr Rica weiter fort. „Das Hürdenlaufrennen lief gut, ich hab Lukas kennengelernt, ich war glücklich. Irgendwie, oder zumindest meistens." Sie legte den Kopf in den Nacken und schwieg. Raphael ertappte sich dabei, wie er selbst damit begann, an einem losen Faden zu ziehen, der aus der roten Polsterung ragte.

Ricas Griechen-Phasen hatten schon immer existiert.

Bloß waren sie irgendwann zu übermächtig geworden, als dass sie sie hätte alleine stemmen können. In der Grundschule war Rica ein aufgedrehter Flummi gewesen, ein Hampelmann, an dessen Gliedmaßen immer wieder gezerrt und gezogen wurde. Sie war wie ein Wirbelwind durch die Gänge gerannt, hatte sich in den Pausen vor dem dicken Daniel versteckt oder war bis in die höchsten Baumwipfel geklettert.

Trotzdem hatte sie noch vor Raphael lesen gelernt. Griechische Sagen, das waren ihre liebsten Geschichten. Und wenn der dicke Daniel sie mal wieder in die Fänge bekommen hatte, hatte sie sich danach in ihrer Welt aus Eulen, Götterblitzen und sprechenden Ziegen versteckt. Manchmal hatte sie Raphael ihre liebsten Sagen vorgelesen. Hatte immer neue gefunden und schon mit neun Jahren mehr über die Antike gewusst, als irgendwelche Lehrer.

Später, auf der weiterführenden Schule war es nicht mehr Daniel, der sie dazu zwang, auf dem Olymp Hilfe zu suchen. Es war alles Mögliche, das Raphael nicht mehr verstand. Ihre Ängste waren ungreifbarer geworden. Man merkte es Rica nicht an, wenn sie mal wieder in ihren Heldengeschichten versank. Auch wenn Raphael geglaubt hatte, inzwischen einen fein justierten Kompass entwickelt zu haben, der ihre Stimmungsschwankungen wahrnahm.

Mit der Zeit hatte sie gelernt, die gelegentlichen Tiefs zu akzeptieren, mit ihnen umzugehen und Raphael oder ihren Eltern durch beiläufig fallengelassene Fakten über antike Sklaven mitzuteilen, dass es mal wieder Zeit für Nussschokolade und eine Umarmung war.

„Celine ist nur so perfekt, oder kam mir zumindest so vor." Rica griff nach ihren Füßen und zog ihre ellenlangen Beine zu einem Schneidersitz zusammen. „Keine Ahnung, wie viele Monate ich Lukas schon auf dem Sportplatz hinterher geschaut habe, bevor ich mich das erste Mal getraut habe, ihn anzusprechen. Und dann ist da einfach Celine, mit der du noch nie geredet hast und die sich noch nie für dich interessiert hat, für die du dich noch nie interessiert hast, und dann, ein paar Minuten später heißt es plötzlich, sie steht auf dich und am Ende des Abends hattest du sie wie oft geküsst?"

Sie zog feixend die Augenbrauen hoch, trotzdem entging Raphael der säuerliche Unterton in ihrer Stimme nicht. „Definiere Ende des Abends-", setzte er an, aber Rica verdrehte die Augen mit einer solchen Entschlossenheit, dass Raphael sich wunderte, als ihre Pupillen wieder zum Vorschein kamen. „Das war eine rhetorische Frage. Danke."

Der Spinat tropfte weiter auf Raphaels T-Shirt, aber auf dem weißen Grund wirkten die einzelnen getrockneten rostroten Spritzer von But, der graue Schmutz der Straße, vereinzelte braune Erdkrumen und das frische grün des Spinats fast wie ein abstraktes Kunstwerk.

„Jedenfalls hat mir Lukas kurz vorher auf der Kirmes abgesagt, er würde es nicht mehr schaffen, dann sagst du mir plötzlich, ich hätte ihn mir sowieso nur ausgedacht und in meinem Hinterkopf spukt immer noch dieses platinblonde Wesen herum. Bei ihr hat es nur Sekunden gebraucht, bis ihr praktisch küssend aufeinander hingt. Und wir sind schon seit viel zu vielen Jahren befreundet und dann-" Rica schürzte die Lippen und zog sich an den Zehen bevor sie weiter sprach.

„Dann war ich auch schon wieder bei meinen Griechen angelangt." Ihr Rücken krümmte sich und mit den auf den Knien aufgestützten Ellenbogen war Rica plötzlich nicht mehr als ein zusammengestauchtes Fleck Elend auf einem zerfetzten roten Polster. Unter dem dünnen Stoff ihres T-Shirts zeichneten sich Wirbel und Schulterblätter ab. Rica nahm einen tiefen Atemzug und richtete sich auf.

„Letztendlich war ich felsenfest davon überzeugt, dass ich schon eine ziemlich furchtbare Person sein muss, wenn sich noch nicht mal der Typ, mit dem ich seit Jahren befreundet bin, für mich interessiert und dann aber offenbar Gefallen an einer einfach so daher gelaufenen blonden-" Sie fuchtelte mit den Händen in der Gegend herum.

„Celine ist gar nicht so", fiel Raphael ihr ins Wort, besann sich dann aber eines Besseren. „Du bist auch blond", unterbrach er sich selbst und Ricas Blick ließ ihn im Erdboden versinken. „Ich bin violett." Sie lächelte zaghaft, Raphael legte den Spinat auf den Tisch, um sich dann an der Tischkante entlang mit seinem Hocker in ihre Richtung zu ziehen. „Ach Rica." Er stupste sie vorsichtig mit dem Fuß an, wartete und stieß ein zweites Mal gegen ihr Knie, bis sie schließlich zurück trat.

„Menschen haben nicht immer einen Grund für die Dinge, die sie tun. Und wenn man sich über jede Kleinigkeit den Kopf zerbricht, dann ist es am Ende des Tages kein Wunder, wenn man Kopfschmerzen bekommt", sagte Raphael und lächelte sanft. Rica nickte. „Nicht so viel denken, ich weiß schon", murmelte sie. „Danke trotzdem."

Sie streckte sich und drehte sich zu Raphael um. „Und was ist mit dir?", fragte sie leise. „Abgesehen von den spinatgekühlten Blessuren alles in Ordnung?" „Mmh", machte Raphael rümpfte die Nase. „So in etwa." „Mmh", wiederholte Rica und lehnte sich schweigend gegen seine Schulter.

Es musste unbequem sein, weil sie immer noch ein bisschen zu weit auseinander saßen und Rica mehr in der Luft hing, als auf einem der Hocker zu sitzen. Raphael legte ihr vorsichtig eine Hand auf die Schulter und strich den gekräuselten Rand ihres T-Shirts glatt.

„Eigentlich bin ich ein bisschen froh, dass Paul und Vin heute zur Bushaltestelle gekommen sind", sagte er und spürte, wie sich Ricas Schulterblätter zwischen seine Rippen bohrten, als sie lachte. „Wir hätten das auch so wieder hinbekommen." „Bestimmt", murmelte Raphael und dachte unwillkürlich an Matthi.

Rica und er hatten Wochen kein Wort miteinander gewechselt, obwohl es noch nicht mal einen richtigen Grund für ihren Streit gegeben hatte. Matthi und er hatten zwei Gründe. Jeder einen. Irgendwie zumindest. Und anscheinend glich sich das nicht aus, sondern addierte sich zu einem ganzen Haufen an Problemen, den niemand beseitigen konnte.

„An wen denkst du?", fragte Rica nach einer Weile. „Mmh", antwortete Raphael wieder. „Warum denkst du, dass es jemand ist und nicht etwas?" Ricas Schultern hoben sich. „Weiß nicht. Nur so." „Mmh." Nach ein paar Minuten merkte Raphael, wie sein linkes Bein kribbelte und anfing taub zu werden.

„Matthi", sagte er schließlich und war froh, dass Rica ihm nicht mehr gegenüber saß und ins Gesicht sehen konnte. „Beeindruckend. Da redet man mal nicht mit dir und schon weiß Annika aus der zehn besser Bescheid über dich als man selbst." „Annika aus der zehn wusste von Matthi?", fragte Raphael und der Versuch, möglichst unbeteiligt klingen zu wollen misslang, ohne jemals die Chance gehabt zu haben, sich neutral an zu hören. Rica stützte sich an seinem Knie ab, um ihn einige Sekunden lang an zu starren.

„Ich hab Annika aus der zehn nicht geglaubt." Sie legte den Kopf schief und kniff die Augen zusammen. „Schau nicht so", sagte sie anklagend und rollte mit den Augen. „Davor die Woche hat sie behauptet, das Kind von Angelina Jolie folgt ihr auf Instagram. Ich meine hat Angelina Jolie überhaupt Kinder?" Sie schüttelte den Kopf und ließ davon ab, Raphaels Knie durch ihren Klammergriff Quetschungen zuzufügen. Ihr Kopf glitt zurück an seinen vorherigen Platz an Raphaels Schulter. „Jedenfalls ist Annika aus der zehn keine zuverlässige Quelle und jetzt gerade fühle ich mich, als hätte ich drei Stunden an einer Matheaufgabe gesessen, die über vier Seiten geht und deren Ergebnis eins lautet."

„Ich bin also eine eins in einer dämlichen Mathegleichung", stellte Raphael nüchtern fest. „Hättest du etwas Extravaganteres erwartet? Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen", sagte Rica und ohne ihr Gesicht zu sehen wusste Raphael, dass sie grinste, „aber Uranus ist auch nur ein Planet."

Raphaels linkes Bein war nun komplett eingeschlafen und erst als Rica ihr Gewicht verlagerte, spürte er, wie das angestaute Blut zurückfloss. „Ich hatte das Handy nicht zurückgegeben, weißt du?" Rica stöhnte auf, sagte aber nichts. „Aber nachdem ich das gemacht habe, hat er mich geküsst", fuhr Raphael leiser fort und seine Stimme klang plötzlich heiser und belegt.

„Und jetzt reden wir nicht mehr miteinander und ich stehe jeden Tag an dieser Bushaltestelle und frage mich, warum alles so sein muss, wie es ist. Vielleicht hätte ich damals, als Lissa den Unfall hatte, einfach auch nur da stehen müssen. So wie alle anderen. Dann hätten wir das ganze Problem jetzt nicht", schloss Raphael verbittert.

„Ein weiser Jemand hat mal gesagt, Menschen hätten nicht immer einen Grund für die Dinge, die sie tun. Aber wenn man sich über jede Kleinigkeit den Kopf zerbräche, dann sei es am Ende des Tages kein Wunder, wenn man Kopfschmerzen bekäme." Rica rutschte auf ihren eigenen Hocker zurück und sah Raphael eindringlich an.

„Du magst ihn doch. Und dich nicht zu mögen, kommt mir schwierig vor." Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. „Vielleicht ist es am Ende ein genauso dämlicher Streit wie unserer."

Raphael seufzte leise. Seine Gedanken fanden immer wieder zu Matthi zurück. Spannen sich um ihn herum, verhedderten sich an den Erinnerungen an seinen chaotischen Lockenkopf oder das spitzbübische Grinsen. An dem Tag, an dem Raphael ihm gebeichtet hatte, dass er seine Wollsocken geschrumpft hatte, hatte er das erste Mal das nun so vertraute schmerzhafte Ziehen in der Brust gespürt. Er fragte sich, was Matthi im Moment machte. Ob es ihn noch beschäftigte, oder ob Raphael einfach zu einem abgeschlossenen Handlungsstrang innerhalb eines unglücklichen Kapitels seiner Lebensgeschichte geworden war.

„Und vielleicht solltet ihr einfach euren Mut zusammennehmen, damit sich später niemand mit was wäre wenn Fragen rumschlagen muss.



Willkommen zurück zu "Raphael", der jetzt in "Uranus ist auch nur ein Planet"  umbenannt wurde. Ich hatte tatsächlich schon etwas länger mit dem Gedanken gespielt und das ganze hat auch noch eine anderen Grund, den Rica leider nicht mehr in diesem Kapitel erklären konnte (ich hoffe, sie kommt noch dazu). 

Generell hat mich dieses Kapitel ziemlich viele Nerven gekostet, ungefähr 1400 Wörter wurden überproduziert und teilweise... meh. Mag ich das hier nicht so. Oder nur in Teilen. Aber gut, so ist das manchmal. Ich hoffe, das ist nicht weiter aufgefallen. Ich wünsche euch noch eine schöne restliche Woche, bei mir wird morgen Bio Vorabi geschrieben, danach komme ich hoffentlich auch dazu, noch einige Kommentare zu beantworten, die mir in den letzten Tagen irgendwie durchgegangen sind...

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