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L.

I am so sorry to all the people I hurt while I was hurting.
2264 words

𝔻𝕖𝕔𝕖𝕞𝕓𝕖𝕣 𝟚𝟘𝟙𝟘

"Fuck", stöhnte ich genervt, als mir auffiel, dass mein Glas wieder leer war und meine Jackentasche auch nicht zufällig noch mehr Scheine hergab. Wieso war ich bei meinem fast schon fluchtartigen Verlassen vorhin auch so dämlich gewesen und hatte mein Portmonee nicht mitgenommen? Zu allem Überfluss war diese Bar hier auch noch teurer, als die in der ich mich sonst so rumtrieb, warum auch immer.

Bevor ich mich allerdings noch weiter drüber aufregen konnte, vernahm ich eine Bewegung in meinem Augenwinkel und kurz darauf schob sich ein leicht lächelndes Gesicht in mein Blickfeld.

"Darf ich dir einen Drink anbieten? Du siehst aus als ob du noch einen gebrauchen könntest." Ich seufzte leise und wandte meinen Blick auf das leere Glas in meiner Hand.

"Ist das so offensichtlich?"

"Tatsächlich ja. Ich würde dir gerne in deiner Misere aushelfen." Ich lachte kurz sarkastisch auf und schüttelte meinen Kopf.

"Kannst du nicht, aber den Drink nehm ich trotzdem." Der Unbekannte mit den schwarzen Haaren, die in einem lockeren Dutt auf seinem Kopf lagen, fing an zu lachen und nickte, ehe er mit dem Kopf in Richtung der Bar deutete. Ich stand auf und folgte ihm, um mich wenig später auf einen leeren Barhocker fallen zu lassen und erneut zu seufzen.

"Ich bin übrigens Noah", ließ er mich lächelnd wissen, nachdem er zwei Whiskey bestellt hatte.

Ich hasste Whiskey, aber das war mir in diesem Moment egal. Genauso wie es mir auch egal war, dass ich wie der unfreundlichste Mensch auf diesem Planeten rüberkommen musste, weil ich nichtmal versuchte sein Lächeln zu erwidern. Gefühlt hatte ich vergessen, wie man nochmal lächelte, selbst wenn ich wollte würde es wohl nicht gehen.

"Louis", erwiderte ich also nur knapp, ehe ich dankend das Glas annahm, welches er mir hinhielt. Wir stießen an und kippten den Whiskey in einem Zug weg, bevor Noah mich kurz musterte, sich zu dem Barkeeper drehte und nochmal zwei bestellte.

Normalerweise würde ich es jetzt nicht einfach so annehmen, dass er mir scheinbar nochmal einen viel zu teuren Drink spendieren wollte. Aber jetzt war nicht normalerweise. Jetzt genoss ich das Brennen in meinem Hals und die betäubende Wirkung, die der Alkohol hatte und hinterfragte diesen Mann vor mir einfach nicht weiter.

Nachdem wir auch noch die zweite Runde Alkohol in unserem Magen fließen ließen, wanderte Noahs Blick erneut an mir hinab, ehe er nun seufzte. Ich war mir sicher, dass man mir genau ansah, wie hart die letzten Tage gewesen waren und wie wenig ich auf mich selbst geachtet hatte. Die dunklen Schatten unter meinen Augen mussten schon alleine verraten wie wenig Schlaf ich bekommen hatte, doch trotzdem schien er nicht abgeneigt von mir zu sein.

"Okay, bevor wir jetzt das dritte Glas runterkippen.. darf ich erfahren was für einen Mist wir in Alkohol ertränken?" Er hielt demonstrativ sein gerade erst aufgefülltes Glas hoch und ich schluckte, ehe ich mir durchs Haar fuhr und seinen Blick erwiderte.

"Ich hab gestern meine Mutter beerdigt."

Statt dem in den vergangen Tagen so zur Gewohnheit gewordenen, mitleidigem Blick bekam ich von ihm, ganz zu meinem Überraschen, nur ein Nicken.

"Hart. Das ist ein großer Schluck", erklärte er und setzte daraufhin das Glas an seine vollen Lippen, um einen so großen Schluck zu nehmen, dass fast nichts mehr übrig blieb. Ich tat es ihm nach, trank aber das ganze Glas aus, ehe ich es wieder auf der Theke abstellte.

"Und mein.. Freund ist keine Ahnung wo, Meilen weit entfernt, weiß es vermutlich nicht mal und kommt wer weiß wann erst wieder", fügte ich noch hinzu und spürte, wie die Wut in meinem Inneren wieder zu brodeln begann.

"Was? Was für ein Arsch. Wir nehmen noch einen bitte!", rief er dem Barkeeper zu, der daraufhin gleich bei uns auftauchte und die Gläser auffüllte. "Wie gut, dass ich mich heute Abend in diese Bar verirrt habe."

Auch dieses Glas war schnell leer. Noah fragte nicht weiter nach und sah mich auch nicht mitleidig an. Stattdessen merkte ich wie er nach jedem weiteren Schluck Alkohol, immer näher rutschte und hin und wieder betonte, dass er es absolut nicht in Ordnung fand, dass Harry gerade nicht für mich da war. Ich erzählte ihm nicht, dass er bei der Army war und nicht freiwillig ausgerechnet jetzt nicht erreichbar.

Irgendwie war es angenehm Zustimmung zu bekommen für meine Wut Harry gegenüber. Alle anderen in meinem Umfeld waren der Meinung, dass es nicht seine Schuld war und er sicher für mich da sein wird, sobald er es kann. Doch das war mir egal. Ich war trotzdem enttäuscht. Enttäuscht, verdammt traurig und einfach wütend, auf alles und jeden - eben auch auf Harry. Unabhängig davon, ob meine Wut begründet war. Die ganze verdammte Welt machte mich einfach nur wütend.

Hier in diese Bar zu fliehen war mein verzweifelter Versuch wenigstens für ein paar Stunden der deprimierten, trauernden und tristen Welt zu entfliehen in der ich nun schon seit sechs Tagen feststeckte. Oder wahlweise auch einfach mal für mich da zu sitzen und zu weinen. Keine Ahnung ich wollte einfach nur einmal nicht von meiner Familie umgeben sein.

Noah kam da wie gerufen, er stellte keine nervigen Fragen in denen er wissen wollte wie es mir ging. Er hinterfragte Harry nicht und verstand meine Wut, ohne auch nur irgendein Wissen zu haben. Zugegeben ist sein Urteil und seine Zustimmung dadurch nicht wirklich glaubhaft, aber auch das war mir egal. Seine Zustimmung war da und in meinem vernebelten Gedanken war es das einzige was mich gerade irgendwie ablenkte.

Die Zeit verging, irgendwann folgte ich dem was Noah mir erzählte nicht mehr wirklich, konzentrierte mich nur noch auf den Alkohol, der ein leises Rauschen in meinen Ohren hinterließ und ein warmes Kribbeln in meinem Körper, während Noahs Hand seit einiger Zeit meinen Oberschenkel rauf und runter fuhr.

Unterbrochen wurde sie dabei nur, weil der Barkeeper uns irgendwann freundlich darauf hinwies, dass die Bar bald schließen würde und Noah sich dann meine Hand schnappte und mich hinter sich her in die kühle Nachtluft zog. Ich hörte ihm schon wieder gar nicht richtig zu, beobachtete stattdessen, wie die leichten Schneeflocken in seinem Gesicht landeten und gleich darauf wieder schmolzen, als er plötzlich mit seiner Hand vor meinem Gesicht fuchtelte und leise lachte, weil mich das dazu brachte den Kopf wild zu schütteln.

"Ablenkung?" Ich wusste worauf er hinaus wollte und bevor ich überhaupt drüber nachdenken konnte, verselbständigte mein Kopf sich schon und nickte. Noah grinste und griff erneut nach meiner Hand, bevor er mich sanft aber bestimmt in eine Richtung zog. Ich starrte auf dem Boden und hickste leise vor mich her, als ich mit jedem Schritt den Alkohol immer mehr spürte und mein Sichtfeld verschwamm.

Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, aber gleichzeitig auch nur ungefähr drei Sekunden, als wir plötzlich vor einem teuer wirkendem Wohnkomplex stehen blieben und er die Haustür öffnete. Wenig später standen wir im Fahrstuhl und ich konnte gar nicht so schnell schalten, wie meine Lippen mit seinen kollidierten und mein Rücken Bekanntschaft mit der Wand machte.

Ich übernahm schließlich die Führung und durch den Alkohol war mein Kopf sowieso schon nicht mehr in der Lage klar zu denken, in Kombination mit meiner aufgewühlten Gefühlslage funktionierte mein Verstand aber zusätzlich am wenigsten von allem. Kaum war ich auf seinem Bett gelandet, wusste ich schon gar nicht mehr, wie ich hier hin gekommen war, aber wie so vieles gerade war mir das egal.

Gesteuert von dem Alkohol und der verzweifelten Hoffnung irgendwas anderes zu fühlen als Schmerz und Trauer tat ich also etwas von dem ich nicht mehr dachte es jemals mit jemand anderem zu tun als mit Harry. Leider bereitete es mir mit dieser Person eher weniger Lust und Euphorie.

Nachdem ich den Mann unter mir schließlich zum Ende gebracht hatte, war mir nicht mal danach mich selber auch noch zum Höhepunkt zu treiben, weswegen ich mich von ihm löste und schließlich nach für mich unbestimmbarer Zeit vom Bett sprang, um mir hastig meine Klamotten wieder anzuziehen. Zu hastig, denn ich merkte wie meine Sicht schwummrig, mir schwindelig wurde und sich alles noch mehr drehte als sowieso schon. Ich ließ mich also einfach auf den Hintern fallen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spürte. Die Berührung ließ mich zusammenzucken und gleichzeitig wieder ins hier und jetzt zurück kommen, denn ich wusste schon wieder nicht, wo ich war und vor allem nicht mit wem.

"Wasser?", vernahm ich eine leise Stimme neben mir und nickte schwach, als ich das Glas schon in meiner Hand spürte und mich schließlich dazu durch drang etwas zu trinken. Ich versuchte noch ein paar Augenblicke tief durchzuatmen und schaffte es langsam, dass sich nicht mehr der ganze Raum drehte, als Noah, so glaubte ich zumindest, dass er hieß, sicher war ich mir nicht mehr, sich wieder zu Wort meldete. "Wo musst du hin? Soll ich dir ein Taxi rufen? Ich würde dir ja anbieten, dass du hier bleibst.. aber ich glaube das wollen wir beide nicht so wirklich, oder?" Ich schüttelte langsam meinen Kopf. Nein, das wollte ich gewiss nicht. Ich wollte weg, keine Ahnung wohin, aber weg, einfach weg. Ich rappelte mich auf und drückte ihm das Glas in die Hand.

"Kein Taxi", krächzte ich und zog mir auch noch die letzten Klamotten an, um mich dann suchend nach dem Ausgang aus der Wohnung um zu sehen.

"Sicher?"

"Ja. Laufen", erwiderte ich und er nickte, bevor er vorlief und mir die Haustür aufhielt.

"Komm gut nachhause, Louis", hörte ich ihn noch sagen, bevor ich die Treppe nach unten stolperte und mir kurz darauf erneut die kalte Luft um die Ohren pfiff.

Ich schlang meine Arme um meinen Körper, zog meinen Mantel, bei dem ich mich wunderte, dass ich ihn tatsächlich aus der Bar mitgenommen hatte, dabei enger um mich und seufzte laut, ehe ich mich dann versuchte zu orientieren.

Eine Weile lief ich plan- und ziellos durch die Stadt. Kurz überlegte ich zum Friedhof zu gehen, entschied mich dann aber dagegen, weil es sich irgendwie falsch anfühlte sich dorthin zu begeben, mitten in der Nacht und so betrunken wie ich war. Ich fischte mein Handy aus meiner Tasche und schaltete es laut ausatmend wieder an. Wie zu erwarten hatte Levi mich mehrmals versucht zu erreichen und das hatte schon gereicht, um mein Handy ein wenig genervt wieder in meine Jackentasche zu stecken und dann für einen Moment, angelehnt an eine Laterne meine Augen zu schließen.

Ich beschloss schließlich doch nachhause zu laufen, damit Levi sich zumindest nicht mehr sorgen müsste und weil ich so langsam verdammt fertig und durchgefroren war. Auf dem Weg nachhause merkte ich wie der Alkohol sich schon weniger bemerkbar machte, aber man vermutlich noch immer sagen würde ich sei betrunken. Trotzdem fiel mir zumindest das Laufen wieder leichter. Mein Denkvermögen war noch immer deutlich eingeschränkt, was ich aber willkommen hieß. Ich wollte nicht mehr denken und am liebsten auch nicht mehr fühlen.

Während ich mehrere Minuten lang versuchte den Schlüssel ins Schloss zu kriegen, konnte ich dabei im Augenwinkel meine leicht beleuchteten Füße sehen, da in der Wohnung scheinbar noch Licht brannte. Gerade als ich es leise fluchend aufgeben wollte, schaffte ich es doch noch irgendwie und wurde gleich mit einer angenehmen Wärme empfangen. Noch ehe ich aus meinen Schuhen schlüpfen konnte, bemerkte ich eine Bewegung im Türrahmen zum Wohnzimmer. Mein Blick blieb auf meinen Schuhen geheftet, auch ohne aufzusehen wusste ich, dass es nicht Levi war, der gerade im Flur aufgetaucht war.

In dieser Sekunde schien mein Kopf plötzlich wieder vollständig und klar denken zu können und die Schuldgefühle trafen mich wie ein Schlag. Ich hatte Harry betrogen, mit irgendeinem Typen aus der Bar, von dem ich nichtmal sicher war dass ich seinen Namen wusste. Ich hatte die Liebe meines Lebens, meine Person betrogen, weil ich wütend und verletzt war, dass er nicht da war. Dabei konnte er nichts dafür und stand jetzt direkt vor mir, strahlte so viel Geborgenheit aus, dass ich nichts dagegen tun konnte, als die Tränen sich aus meinen Augen lösten und ein lautes Schluchzen meine Lippen verließ. Meine Kehle schnürte sich zu, als ich es endlich schaffte meinen Blick zu heben und in die grünen Augen zu blicken, die mich besorgt musterten.

Ein Blick in seine Augen war genug und ich wusste, dass er es wusste. Ich brauchte es ihm gar nicht sagen, er wusste es. Neben der Besorgnis und der Trauer, konnte ich nämlich auch erkennen, dass er verletzt war. Mein Herz wurde schwer und die Tränen verschleierten meine Sicht immer mehr, als ich schwach den Kopf schüttelte und meine Hand auf meine Brust platzierte um den aufkommenden Schmerz irgendwie wegdrücken zu können.

"Oh Lou", hauchte Harry leise und keine Sekunde später spürte ich seine Arme, die sich wie eine schützende Wand um mich legten und mich eng an ihn drückten. Ich schluchzte erneut und presste mich an seine Brust, als einfach alle Dämme mit einer unfassbaren Wucht brachen und ich mich mit all meiner noch vorhandenen Kraft an sein T-Shirt krallte. "Ich bin da, ich bin hier.. es tut mir so leid, dass ich nicht da war mein Engel, so so so leid", murmelte er, ebenfalls mit Tränen erstickter Stimme.

Ich schaffte es nicht zu antworten, weinte einfach weiter, bis ich irgendwann keine Luft mehr bekam und mich von Harry ins Bett bringen ließ, wo er mich zurück in seine Arme zog, in denen ich Halt suchte. Viel zu groß war das Gefühlschaos, wobei ich nicht sagen konnte was überwiegte; die Schuldgefühle, oder doch die Trauer.

"E-es.. tut mir l-leid", flüsterte ich nachdem aus meinen Augen keine Tränen mehr fließen konnten und ich wie ein bebendes Wrack in seinen Armen lag, während er mir beruhigend über den Rücken strich.

[...]

Ich weiß gar nicht so recht was ich sagen soll... bin sehr gespannt auf eure Reaktionen. Meiner Meinung nach ist fremdgehen nicht nur schwarz und weiß. Auch wenn es das nicht okay macht, gibt es für mich dennoch halbwegs nachvollziehbare Situationen aus denen heraus jemand betrügt...

Vielleicht ist es für jemanden von euch ja auch nachvollziehbar warum Louis hier in seinem von Trauer geplagten Zustand getan hat was er getan hat. Lasst es mich gerne wissen, natürlich darf jeder Mensch seine eigene Meinung vertreten 🥰

Denkt ihr Harry wusste wirklich sofort Bescheid? Wie könnte es nun wohl weiter gehen 🤭

Wir wünschen euch ein schönes Wochenende!

Lots of love
Michelle &' Carina xx

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